Ursula von der Leyen: Kritik bitte nur quotenkompatibel

© Odd Andersen/AFP/Getty Images

Die Konsequenz heißt Kohle

Der Wehretat macht 1,3% des Bruttosozialprodukts aus. Man hätte Ursula von der Leyen ernst nehmen können, wenn diese zu Bestandsaufnahme vermeldet hätte: „Stand heute ist die Bundesrepublik Deutschland nicht verteidigungsfähig. Ich fordere aus diesem Grund eine Verdopplung des Wehretats auf 2,6% oder sogar 3%. Andernfalls sehe ich mich nicht in der Lage, die mir übertragene Aufgabe ausreichend erfüllen zu können.“ Das wäre konsequent – hätte aber Ärger mit Finanzminister Wolfgang Schäuble mit sich gebracht. Erst an diesem Wochenende sagt sie, man müsse über Geld reden. Das nennt man: Wenn das Kind im Brunnen liegt für eine Abdeckung plädieren.

Also hat Ursula von der Leyen nur Staatssekretäre und Spitzenbeamte in den teuren Ruhestand geschickt und ihre Kumpels aus den Familien- und Frauenressorts nachgezogen, die vom neuen Thema genau so wenig verstehen wie sie selbst.  Offensichtlich ist solche „Spezl-Wirtschaft“ wohl doch keine reine Männerspezialität, wie uns sonst immer eingeredet wird, sondern geschlechtsübergreifend.

Und was bedeutet das jetzt für die Verantwortung der Ministerin?

Sie hat die Verantwortung, auch für ihre falsche Weichenstellung am Anfang und den Missbrauch der Bundeswehr als Fototapete und Illustrationshintergrund für den Bildband „Ursels Reise durch die weite Welt“. Kay-Uwe von Hassel hat 1966 Konsequenzen gezogen, als die von seinem Vorgänger Strauss bestellten Kampfflugzeuge des Typs Lockheed Starfighter, sich immer wieder als fluguntaulich erwiesen und der Reihe nach vom Himmel fielen. So sah Haltung einmal aus. Und seit Hassel sind Minister im Dutzend zurückgetreten, weil sie für etwas Verantwortung tragen, auch wenn sie persönlich für keine Schraube am Starfighter verantwortlich sind.

Jetzt wird der Frauen-Bonus eingelöst

Von Verantwortung spricht Ursula von der Leyen gerne, aber trägt sie genau so wenig wie eine zerzauste Frisur. Sie zahlt jetzt mit dem Frauen-Bonus, den sie sich in den vergangenen Jahren als Vorkämpferin für die Frauenbewegung angehäuft hat. Die Reihen werden nun dicht geschlossen um unsere Ursel. Von denen, für die sie in den vergangenen Jahren so intensiv Politik gemacht hat. Alle Quotenfrauen dieser Welt rüsten sich zum Gefecht für die Geschlechtsgenossin. Sie hat keinen Frauenkongress ausgelassen, ständig Managerinnen eingeladen, auf dem Weltwirtschaftsforum alle mit der Quote verrückt gemacht und jeder Gleichstellungsbeauftragten und Genderlehrstuhlinhaberin die Hand geschüttelt. Und die zahlen jetzt zurück. Auch das ist sogar noch ok. Klientel-Politik ist vielleicht nicht das, was man sich staatspolitisch wünscht, aber weit verbreitet.

Aber jetzt geht das weiter. Mit dem Hinweis „Frau am Steuer“ werden jetzt die Verkehrsregeln geändert, damit Pannen-Ursel nicht zur Verantwortung gezogen werden kann: Sie trägt keine Verantwortung für ihre Fehler, es waren alles ihre Vorgänger, nämlich Männer. Sie hat es gut gemeint. Sie wird sich schon darum gekümmert haben, wir wissen es nur nicht – die Transparenz wird außer Kraft gesetzt um die Verantwortlichkeit zu verschmieren. Kritik darf sein – aber bittschön nur quotengerecht.

Merkel im U-Boot, und die Frisur sitzt

Man mag Angela Merkel mögen oder nicht – aber die Frauenkarte hat sie nie gespielt. Ihr Adressat ist immer die gesamte Bevölkerung, nicht nur die halbe. Anders wird man auch nicht mehrheitsfähig. Angela Merkel kontrolliert ihre Bilder so wie Ursula von der Leyen. Aber Merkel achtet auf den Kontext, will sich nicht optisch in einen Sachverhalt hineinziehen lassen. Sie unterbindet ein Foto, das sie beim Abstieg in ein U-Boot zeigt – weil sie die Zeile „Kanzlerin geht unter“ fürchtet. Sie ist in erster Linie Kanzlerin, und diese Position verteidigt sie mit aller Härte. Frau ist sie auch – zu Hause, aber nicht für die Wählerinnen und Wähler.

Von der Leyen dagegen liebt die Bilder, auf denen sie mit perfekter Frisur bevorzugt mit Frauen der Bundeswehr zu sehen ist – Frauenpolitik ist eben das Terrain, auf dem sie sich sicher fühlt. Ursula von der Leyen ist Frau, weil das ihr Programm ist, bislang aber auch ihr einziges. Für Talkshows hat sie immer ein passendes Kostüm im Dienstauto. Es geht eben immer nur um UvdL. Ausschließlich. Und wer sie kritisiert, kritisiert die Frau an und für sich, also alle. Die Kommentatoren haben Beißhemmung, lassen ihr mehr durchgehen als jedem Mann, weil sie das genau wissen: Es geht nicht um die Sache, immer um die Frau in Personalunion. Das ist ihre Verteidigungsstrategie, die dummerweise alles aushebelt, was die Demokratie so braucht: hartes, oft gnadenloses Durchleuchten ohne Rücksicht auf die Person. Es ist aber auch ihre Schwäche, weswegen sie längst den Zenith ihrer Karriere erreicht hat und warum es klug war von Merkel, sie auch nicht als Bundespräsidentin zuzulassen: Ganz oben reicht es nicht, nur für die Hälfte der Bevölkerung da zu sein.

Und warum schreibt Frau das? Weil es eben auch Frauen gibt, denen es peinlich ist, wie Ursula von der Leyen sich per Quote definiert und inszeniert. Es geht um mehr in diesem Amt – um Bedrohungen wie Krieg und um die Bewahrung des Friedens.

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Kommentare ( 2 )

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Eugen Karl
6 Jahre her

Ach, das Ding ist ja schon Jahre alt! Wie kommt das plötzlich aus der Versenkung? Und ich schreibe auch noch einen Kommentar….

Eugen Karl
6 Jahre her

Nagel auf den Kopf getroffen. Von der Leyen ist völlig ungeeignet für das Verteidigungsministerium, nicht weil sie eine Frau ist, sondern weil sie eine Feministin ist. All ihr Tun und Lassen wird aus dieser Perspektive und nur aus dieser Perspektive verständlich. Da gruselt’s einem.

Wenn ich dann von Jens Spahn im Interview mit TE lese, daß er VdL als „anerkannte Führungsfigur“ für eine CDU der Zukunft bezeichnet, dann bekomme ich nicht nur einen spontanen Lachanfall, sondern weiß auch, was ich von Herrn Spahn und dem Nachwuchs in der CDU zu halten habe.

Für die Bundeswehr bleibt dann wohl nur Pazderski.