Hulda – eine falsche Prophetin?

Ist zum Alten Testament tatsächlich alles gesagt? TE-Autor Tomas Spahn ist anderer Auffassung. TE veröffentlicht die Zusammenfassung seiner Überlegungen zur Entstehung des Monotheismus als Serie. Teil 4 handelte von Demokratie oder Gottesstaat. Lesen Sie heute Teil 5:

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Nach dem „zufälligen“ Fund eines Gesetzbuches schildern die Schnittmengenversion, wie König Josia dessen Wahrheitsgehalt verifiziert. Dabei steht eine Frau im Mittelpunkt, deren tatsächliche Funktion seit 2.600 Jahren unerkannt blieb.

(Vers 12) Josia zieht aus dem ihm verlesenen Text Konsequenzen. Er gibt dem Priester Hilkia, einem Achikam Sohn des Saphan (ןפש ןב םקיחא – áchjqém bén shéfén), bei dem es sich offensichtlich um den Sohn des Schreibers Saphan handelt, welcher ebenfalls auf den Weg geschickt wird, dem Stadtvogt Akbor bn Michaja (für Achikam und Akbor liefern Königsbuch und Chronik unterschiedliche Namen) und seinem Leibdiener einen Auftrag.

(Vers 13) Die Männer mögen sich auf den Weg machen, um für ihn als Repräsentanten von Jahudah den Jahɰah hinsichtlich der in dem aufgefundenen Text verzeichneten Worte zu befragen. Josia begründet diesen Auftrag damit, dass die Vorfahren der Männer offensichtlich nicht nach den hier von Jahɰah niedergeschriebenen Worten gehandelt hatten. – Oberflächlich betrachtet schien dieser Auftrag nicht von elementarer Bedeutung zu sein. Denn vordergründig liefert er nur eine Antwort auf die Frage, um was für ein Gesetz es sich gehandelt hat: Es war ein Gesetz des Jahɰah – mit anderen Worten: Wir haben es mit einem Glaubensstatut zu tun. Diese Auffassung bestätigte sich beim Blick in die Chronik, die in C2.3414 unmissverständlich darauf hinweist, dass es sich um das dem Mose von Jahɰah gegebene Gesetzbuch handelt. Da diese Information jedoch in der Text-Synopse nicht zu finden war, blieb sie vorerst unberücksichtigt. Bei näherem Hinschauen allerdings warf die Synopse zahlreiche Fragen auf. Unzweifelhaft beschreibt der ténék ein Gesetz, das eindeutig Bezug auf Jahɰah nimmt. Es ist folglich ein göttliches Gesetz. Ebenso unzweifelhaft war dieses Gesetz dem Josia vor der Verlesung nicht bekannt. Denn anders ist die Reaktion des Herrschers nicht zu erklären. Wenn darüber hinaus der Herrscher nunmehr noch den Jahɰah mittels „Prophetin“ befragen lässt, ob diese Worte authentisch sind – also entweder unmittelbar von ihm, dem allmächtigen Gott, stammen oder zumindest in seinem Sinne sind, drängt sich die Frage auf, was der konkrete Inhalt dieses Gesetzes ist.

Ein verlorenes Glaubensbuch?

Der ténék ist in seiner Gesamtheit vor allem eine umfassende Handlungsanweisung an die Anhänger des Jahɰah. Ein Kanon von Regeln des Handelns und des Unterlassens, verknüpft mit dem Aufzeigen der Konsequenzen, die eine Nichtbeachtung dieser Regeln zwangsläufig nach sich zieht. Wenn im Jahr 622 vc ein bis zu diesem Zeitpunkt unbekanntes Gesetzbuch – also nicht nur eine einzelne Anweisung – aufgefunden wird, dann ist dieses für die Glaubenswelt der Anhänger des Jahɰah von fundamentaler Bedeutung. Was also hätte näher gelegen, als dieses bislang unbekannte Gesetz an dieser Stelle explizit vorzustellen? Genau dieses aber geschieht in der Synopse nicht. Und das kann nur zweierlei bedeuten: Entweder, dieses Gesetz befindet sich irgendwo im ténék an anderer Stelle, ohne dass dort der entsprechende Hinweis auf den Fundzeitpunkt mitgeteilt wird, oder aber dieses Gesetz ist zwischenzeitlich wieder verloren gegangen.

Teil 1: Die Arroganz der Nachgeborenen
Serie: Die offizielle Geschichte in der Bibel
Letzteres wiederum ist überaus unwahrscheinlich. Wenn an dieser Stelle darauf hingewiesen wird, dass ein Gesetzbuch gefunden worden ist, dann wäre es für die religiös motivierten Autoren absolut zwingend gewesen, dessen Inhalt entweder hier mitzuteilen, einen Querverweis aufzuzeigen oder aber den späteren Verlust zu vermelden. Nichts von allem geschieht. Und das kann wiederum nur bedeuten, dass die Autoren sehr wohl wussten, um welches Gesetzbuch es sich gehandelt hat. Diese Information war für sie derart selbstverständlich, dass sie nicht einmal einen Hinweis darauf für notwendig erachteten. Folglich galt es nun, diesem Gesetz, das sich irgendwo im ténék versteckt haben musste, auf die Spur zu kommen.

Wer ist Hulda?

(Vers 14) Die von Josia beauftragten Männer gehen zu einer Frau namens Hulda, die als Prophetin vorgestellt wird. Diese chélédah (הדלח) ist die Gattin eines Sallum (םלש . shélém), der die Funktion eines Hüters der Kleider erfüllt. Beide wohnen im zweiten Bezirk Jerusalems. Mit dieser Frau reden die Beauftragten des Königs. – Um mich der Dame Hulda zu nähern, blätterte ich im Web und stieß unter www.wibilex.de auf das „Bibellexikon“ der Deutschen Bibelgesellschaft. Dort schrieb Irmtraud Fischer die folgende Erläuterung:

„Hulda ist zu jener Zeit offensichtlich die Autorität, wenn es gilt, den Willen Jahɰahs zu befragen“. Sie stehe daher in der Nachfolge des Mose als prophetische Gestalt, „die mit einer Gesetzespromulgation verknüpft wird.“

Bei www.bibelwissenschaft.de wird zudem eine Erklärung zu Sallum gegeben: Dieser sei der Kleiderverwalter des Königs gewesen.

Nun – für mich steht zwischenzeitlich fest, dass beide Behauptungen schlichtweg unwahr sind. Der Irrtum mag im Falle von Wibilex nachvollziehbar sein, denn scheinbar wird Hulda tatsächlich als Autorität in Sachen Jahɰah befragt. Wie allerdings Bibelwissenschaft.de auf die Idee kommt, Sallum zum Kleiderverwalter des Königs zu machen, wird mir ein ewiges Rätsel bleiben. Davon steht im ténék kein Wort – es wird nicht einmal angedeutet.

Unabhängig von diesen Irrtümern, die mir zu jener Zeit noch nicht bewusst waren, unterstrich die Darstellung der Hinwendung zu Hulda jedoch eine Unlogik des Quelltextes, die sich bereits beim theatralischen Auftritt des Königs andeutete. Wenn, so fragte ich mich, im Tempel des Jahɰah ein bedeutsames Gesetz des Jahɰah aufgefunden wurde – wieso war über dessen Inhalt den eingefleischten Jahɰahisten, als die uns Josia und sein Priester dargestellt werden, offensichtlich überhaupt nichts bekannt? Oder, um es noch deutlicher zu formulieren: Was waren die Grundlagen des Jahɰah-Kultes dieser Personen, wenn ihnen ein unzweifelhaft elementares Gotteswerk unbekannt war? Möglicherweise konnte die Aussage der Hulda hierzu eine Erklärung geben.

(Vers 15) Die Prophetin folgt der Aufforderung der fünf von Josia gesandten Männer und gibt Antwort. Hierbei übermittelt sie eine Mitteilung des „Jahɰah, Gott Israels“ (לארשי יהלא הוהי . jahɰah álahj jéshéréál). – Nur am Rande sei darauf verwiesen, dass álahj die Singularform der/des álahjm ist, der/die als Elohim in der mosaischen Tradition als pluralis majestatis ein Synonym des Jahɰah bilden. Kulturhistorisch betrachtet jedoch sind die álahjm in ihrer Pluralform die Zusammenfassung sämtlicher Personen des Götterhimmels – sie sind schlichtweg nur die „Götter“ bzw. das göttliche Pantheon. Um diese feinen, aber nicht unbedeutenden Unterschiede deutlich zu machen, hatte ich mich in einer recht frühen Phase meiner Überlegungen entschlossen, die traditionelle „Gott“-Übersetzung nicht mehr zu verwenden. Das álahjm des ténék wird daher als die „Allmächtigen“ im Plural und álahj als der „Allmächtige“ im Singular übersetzt. Der álahj jéshéréál ist insofern nicht der Gott Israels, sondern der Allmächtige Israels. Theologisch mag das unbedeutend sein – in der politischen Betrachtung allerdings ist dieses, wie wir feststellen werden, deutlich anders. Doch zurück zu der Mitteilung, die Jahɰah via Hulda dem Josia zukommen lässt.

Gott prophezeit Unheil

(Vers 16) Jahɰah kündigt dem Josia Unglück an, das er, der Allmächtige, über Jerusalem und dessen Bewohner bringen wird – so, wie es im Buch, das der König von Jahudah soeben gelesen hat, beschrieben ist.

(Vers 17) Denn, so Jahɰah weiter und liefert damit die Begründung für das Unglück, die Besagten hätten Jahɰah verlassen und anderen Göttern – korrekt: Allmächtigen – gehuldigt und ihnen Opfer gebracht. Sie hätten dieses mit Vorsatz getan mit allem, was ihrer Hände Arbeit geleistet habe. Und weil das so sei, werde der Zorn des Jahɰah nicht erlöschen. – Das sind harte Worte. Und je mehr ich darüber nachdachte, desto problematischer erschienen sie mir. Selbstverständlich ist es nachvollziehbar, dass ein Gott seine Anhängerschaft verflucht, weil sie sich vorsätzlich von ihm abgewandt hat. In radikal-islamischen Gesellschaften ist für ein solches Verhalten sogar der Tod vorgesehen – und das christliche Mittelalter sah die Konsequenz des Abfalls vom christlichen Gott nicht viel anders. Dieses setzt aber immer voraus, dass die Betroffenen dieses Fehlverhalten tatsächlich an den Tag legten. Konnten sie um ihre Missetat jedoch nicht wissen, so waren sie dafür auch nicht zu verurteilen. Doch genau so wird es uns hier geschildert. Dem König und offenbar auch dem Oberpriester war der Inhalt des aufgefundenen Buches zuvor nicht bekannt gewesen. Wenn diese beiden herausragenden Persönlichkeiten den entsprechenden Text nicht gekannt hatten – dann wird die Bevölkerung von Jerusalem ihn erst recht nicht gekannt haben können.

Wenn Gott Jahɰah nunmehr jedoch via Hulda Jerusalem und dessen Bewohner ohne Ausnahme wegen dieses Vergehens des Abfalls vom wahren Glauben kollektiv in Haftung nimmt, dann konnte dieses nur eines bedeuten: In Jerusalem gab es zu diesem Zeitpunkt keinen Jahɰah-Kult. Ihnen wurde kollektiv vorgeworfen, sich nicht an die Vorgaben des Kultes gehalten zu haben. Das aber impliziert gleichzeitig, dass es einen solchen Kult nebst Gesetzeswerk zu irgendeinem Zeitpunkt gegeben haben muss – womit dann auch die Erklärung geliefert worden wäre, warum das Buch bei den Renovierungsarbeiten des Tempels zufällig gefunden worden war: Es gab nur in irgendeiner früheren Zeit ein einziges Exemplar dieses Gotteswerkes – und irgendjemand hatte es – ob vorsätzlich oder aus Schusseligkeit – im Tempel verkramt oder versteckt, sodass es erst jetzt wieder zum Vorschein gekommen war.

Mit dem Verstecken oder Verschusseln aber musste zwangsläufig auch jegliche Erinnerung sowohl an dieses Gotteswerk als auch an seine Inhalte verloren gegangen sein, da diese niemandem bekannt waren. Das allerdings kann bei einem gelebten, präsenten Kult nur über einen längeren Zeitraum erfolgen. Hiskia und Jesaja, die rund achtzig Jahre zuvor noch gelebt haben sollen, werden als vehemente Anhänger des Jahwe-Kultes beschrieben. Konnte es sein, dass in nur achtzig Jahren jegliches Wissen über diesen Kult derart aus dem kollektiven Volksbewusstsein entschwand, dass sich niemand mehr daran erinnerte und diese Religion nur noch als inhaltsleere Hülle gelebt wurde? Schwer vorstellbar!

Doch angenommen, es wäre so gewesen – welche Schuld, für die Gott Jahɰah sie hätte verantwortlich machen können, traf die Menschen des Jahres 622 vc? Denn die Anhänger dieser Regionsauffassung hätten doch nur dann in die Kollektivhaftung genommen werden können, wenn sie um ihre Verfehlungen gewusst hätten. Das aber konnten sie nicht, wenn selbst dem Herrscher erst durch das Verlesen des aufgefundenen Buches bewusst wird, was das Volk hätte wissen müssen, um gottgefällig zu sein.

Hinzu kommt ein weiterer Punkt: Wenn dieser zornige Allmächtige alle Bewohner ohne Ausnahme in Haftung nimmt, dann kann es in Jerusalem zu diesem Zeitpunkt tatsächlich niemanden gegeben haben, der ein Anhänger dieses Gottes im Sinne des aufgefundenen Buches gewesen ist. Zumindest ist nicht nachvollziehbar, warum ein Gott seine ihm treu ergebenen Anhänger für das Fehlverhalten anderer bestraft – es sei denn, seine Anhänger hätten sich allein schon deshalb die Strafe verdient, weil sie es zugelassen hatten, dass andere eben genau so handelten. Selbst wenn dieses die Begründung für den Zorn gegen die eigene Anhängerschaft hätte gewesen sein könnte, so steht mit dieser Formulierung des ténék jedoch unzweifelhaft fest: Im Jerusalem jener Tage waren die Nicht-Jahɰah-Kulte die in jeder Hinsicht dominierend.

Der ungerechte Gott

Doch derart pauschal betrachtet es der Tanach nicht. Denn tatsächlich liefert Jahɰah eine Begründung, warum nicht nur die Andersgläubigen zur Bestrafung freigegeben sind, sondern erläutert auch, warum die eigene Anhängerschaft seinem Zorn nicht entgehen wird: Die eigentliche Ursache dafür ist tatsächlich das Gesetzbuch. Und da der bloße Fund eines Buches kaum einen unbegrenzten göttlichen Zorn heraufbeschwören wird, muss es um die in diesem Buch zu lesenden Wörter gehen.

Das allerdings wollte nun überhaupt nicht zu dem Bild des Jahɰah passen, das seit Jahrtausenden verbreitet wird. Ohne jeden Zweifel ist der hebräische Jahɰah – anders als der Gott des Jesus Christus – ein zorniger Gott. Aber er ist dabei immer gerecht. Wenn Jahɰah nun den Inhalt eines Buches als Begründung seines Zornes heranzieht und der Inhalt dieses Buches bis eben unbekannt war, dann ist er kein gerechter Gott mehr, sondern ein ungerechter, der sich von seinem Jähzorn um eine gerechte Beurteilung bringen lässt. An der Feststellung wiederum, dass der Inhalt des aufgefundenen Gesetzbuches bis zu diesem Zeitpunkt unbekannt war, kann es keinen Zweifel geben. Wäre es anders, so hätte Josia nicht derart theatralisch reagieren müssen. Und dann wäre es auch überflüssig gewesen, fünf Männer zwecks Autorisierung auf den Weg zu schicken. All das bedeutet: Weder die vorgeblich eingefleischten Jahɰahisten um Josia noch die möglicherweise in Sachen Religion etwas lockerer orientierten Normalbürger können dafür verantwortlich gemacht werden, dass sie sich nicht an die Worte des soeben erst aufgefundenen Gesetzbuches gehalten haben.

Ein Gott, der sich so verhält wie Jahɰah in diesen Zeilen des ténék, handelt in hohem Maße unseriös und ungerecht. Das wiederum wollte ich einem allmächtigen, allwissenden Gott nun wirklich nicht unterstellen – und insofern konnte an dieser Darstellung etwas nicht stimmen. Blicken wir wieder auf unsere Synopse.

(Vers 18 + 19) Nachdem Gott Jahɰah seine Zornesandrohung gegen das Fußvolk hat verkünden lassen, kommt nun doch eine Einschränkung. Und diese betrifft den Herrscher – und ausschließlich den Herrscher. Dessen Herz sei angesichts der Worte weich geworden, er habe sich gedemütigt und seine Kleider zerrissen, sogar geweint.

(Vers 20) Deshalb werde Jahɰah ihm nicht zumuten, all das Unglück selbst mitzuerleben. Vielmehr werde er, Josia, in Frieden sterben und dann in den Königsgräbern standesgemäß bestattet werden. So lautete die Antwort, die die Männer dem Josia im Auftrag des Jahɰah überbrachten. – Mit dieser Passage wird aus dem zornigen Gott mit einem Male ein zumindest scheinbar gnädiger Gott. Dem Herrscher wird eingeräumt, ob seiner Demut von dem Unheil nicht getroffen zu werden. Revidiert das nun das eben gezeichnete Bild eines jähzornigen, ungerechten Jahɰah?

Nein – und wenn überhaupt, dann nur auf den ersten Blick. Ganz im Gegenteil offenbart diese Darstellung etwas, was man bei einem Menschen als äußerst üblen Charakterzug beschreiben würde. Denn wenn Gott Jahɰah bereit ist, als Folge offensichtlicher Demut und Reue Gnade vor Recht ergehen zu lassen – wobei von Recht hier keine Rede sein kann, weil es an sich schon Unrecht ist, jemanden für etwas in Haftung zu nehmen, von dem er unmöglich wissen konnte – dann wäre es für einen gerechten Gott selbstverständlich gewesen, jedem Betroffenen die Möglichkeit zu Demut und Reue einzuräumen. Genau das aber macht der allmächtige Jahɰah nicht. Ausschließlich dem Herrscher – und nur diesem allein – wird die Möglichkeit der Gnade zuteil. All diejenigen, die bis zu diesem Zeitpunkt als unbedeutende Bürger in Unkenntnis des Gesetzes noch nicht einmal wissen können, dass sie mit Unglück bedroht sind, erhalten dieses Gnadenrecht nicht.

Dieser Gott Jahɰah, den uns der ténék in den Worten der Hulda schildert, ist nicht nur einmal ungerecht – er ist es permanent. Er verdammt die Unwissenden, Unbedeutenden und schmeichelt dem Bedeutendsten, einem der wenigen, die zu diesem Zeitpunkt bereits wissen. Jahɰah verhält sich wie eine Hofschranze, die den herrschaftlichen Zorn auf das einfache Volk lenkt, dem Herrscher aber die Füße leckt. Und damit nicht genug: Dieser Jahɰah lügt auch, wenn man unter Lügen das vorsätzliche Versprechen eines Vorteils versteht, den man entweder nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, zu erbringen. Denn in seiner Botschaft verspricht er dem Herrscher, in Frieden zu sterben. Am Ende des Tenek-Textes zu Josia erfahren wir jedoch, dass dieser Mann vom ägyptischen Pharao Necho getötet wird. Ein derartiges Ende als „friedlich“ zu bezeichnen, wäre mehr als zynisch.

Fassen wir all dieses zusammen, so haben wir es bei Jahɰah mit einem jähzornigen, ungerechten, zynischen und lügenhaften Schleimer zu tun. Das nun sind allerdings sämtlich Attribute, die zu einem Gott nicht passen wollen, der als Einziger über allem steht. Und daher kam ich bei meiner Untersuchung des Quelltextes zu der Überzeugung, dass dort etwas nicht stimmt – oder, um der jüdischen Tradition zu folgen, nicht koscher ist. Irgendetwas an der Schilderung des ténék musste falsch sein. Und dem galt es, auf den Grund zu gehen.

Da der ténék hier in gewisser Weise einen Abschnitt enden lässt – denn die folgenden Verse beschreiben nunmehr die Konsequenzen aus dem bisher Geschilderten – will es ebenso wie bei meinen frühen Überlegungen Sinn machen, zu verharren und sich dem bislang Dargebrachten dezidiert zuzuwenden.

Lesen Sie in Teil 6, welche Politik hinter dem Buchfund steckt.



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