Vorstandsfrau Evelyn Palla bekommt die Aufgabe, die seit Jahren in die größte Krise ihrer Geschichte fahrende Deutsche Bahn zu sanieren. Allerdings saß sie mitverantwortlich als DB Regio-Chefin seit mehreren Jahren an der Seite ihres erfolglosen Vorgängers.
picture alliance/dpa | Annette Riedl
So, so – nun soll im Auftrag des Bundes eine Frau Bahnchef werden. Die Zeit der Männer bei der Deutschen Bahn scheint zunächst vorbei. Evelyn Palla heißt der neue Boss oder heißt es schon Bossin? – an der Spitze des Schienenkonzerns im Staatsbesitz. Sie kommt aus Südtirol, wurde 1973 in Bozen geboren, studierte Betriebswirtschaft, arbeitete bei Siemens in Großbritannien, Infineon in München und anderswo meist im Controlling.
Bei der Deutschen Bahn mischt sie im Vorstandsbereich seit 2019 mit, zunächst als Vorstand für Finanzen bei DB Fernverkehr und ab 2022 im Konzernvorstand als Chefin der Nahverkehrssparte DB Regio. Erst 2024 wurde ihr Vertrag um fünf Jahre bis 2030 verlängert.
Sie saß also gut sechs Jahre mit am Vorstandstisch, also in einer Zeit, in der die Deutsche Bahn im Eiltempo in die größte Krise ihrer Geschichte fuhr. Das hält die frauenfreundlich eingestellten Medien daher ab, Kritik an der Besetzung der Bahnspitze mit einer Vorstandsfrau aus dem Konzern zu üben.
Palla kenne ja den Konzern aus dem Effeff und kann somit ohne große Einarbeitungszeit mit ihrer Sanierungsaufgabe beginnen. Aber warum hat sie das nicht schon Jahre zuvor im Vorstand getan?
Schließlich hätte Palla als bisherige Leiterin von DB Regio bewiesen, verbreiten die Medien, dass sie angeblich Ergebnisse liefern kann. Die Nahverkehrssparte der DB schreibe schwarze Zahlen. Ihr Verantwortungsbereich fahre deutlich pünktlicher als der chronisch verspätete Fernverkehr. Soso.
Mit angeschlagenen Zügen und S-Bahnen – das Wort „Türstörung“ dürfte jeder Nahverkehrskunde kennen – die täglich ausfallen, und somit nicht in der geschönten Nahverkehrsstatistik bei der Pünktlichkeit ins Zahlenwerk gelangen, soll Palla also erfolgreich sein. Im Regionalverkehr kamen im August – ohne registrierte Zugausfälle – noch 89,2 Prozent der Züge und S-Bahnen pünktlich an. Im Fernverkehr dagegen konnten im vergangenen Monat nur 66,7 Prozent der Bahnkunden ihr Ziel pünktlich erreichen.
Weil aber die DB ihre ausfallenden Züge nicht in der Verspätungsstatistik erfasst, fährt bei der Bahn im Fernverkehr kaum jeder zweite Zug pünktlich. Im Regioverkehr könnte durch tägliche Zugausfälle, wie gerne sonntags in Frankfurt am Main oder regelmäßig bei der Berliner S-Bahn oder Leipziger S 10, die wahre Pünktlichkeitsquote deutlich unter 80 Prozent liegen. Dann sähen die Jubelstürme für Frau Palla nicht so gut aus.
Über die geschönte Pünktlichkeitsstatistik der DB durch ausfallende Züge, die nicht darin berücksichtig werden, hat Tichys Einblick in dieser Kolumne regelmäßig berichtet. Das DB-Motto dabei lautet: Wer nicht fährt, kann auch nicht zu spät kommen.
Damit nicht genug: Die Nahverkehrszüge von Palla leiden unter Schmutz, nicht funktionierenden und dreckigen Toiletten, was jeder Bahnkunde täglich leidlich erlebt und die Fahrgastverbände ständig kritisieren. Denn die Regionalzüge stehen bei der Reinigung in den Bahnwerken ganz hinten an. Zuerst schrubben die Bahner bei ICE und IC die Züge und ihre Toiletten. Die Palla-Wagen müssen daher sehr oft ungereinigt und dreckig wieder im Nahverkehr fahren.
„Jetzt wird es schmutzig“ titelte erst diesen Sommer der Nordkurier über das Toilettenchaos in den Regionalzügen.
Da nützt es auch wenig, dass es Palla gelang, wie die Medien positiv berichten, den Verlust von Ausschreibungen an private Wettbewerber zu stoppen. Allerdings werfen die meist staatlich alimentierten Konkurrenten aus dem Ausland, wie etwa Abelio, vor allem aus Kostengründen das Handtuch: Wegen zu hoher Strom- und Dieselpreise, Netzgebühren, Bahn- und Personalvorschriften.
Asiatische Spitzenbahnen winken bei möglichen Deutschlandengagements schon seit Jahren ab. Das deutsche Bahnsystem sei zu teuer, zu bürokratisch und zu kompliziert.
Außerdem wäre die bald 52-jährige Bahnchefin in spe Palla, so das verbreitete Lob, vor ihrem Wechsel zur DB im Vorstand der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) tätig gewesen, die aus deutscher Massenmediensicht ohne Weiteres als vorbildlich taugen. Vielleicht können uns TE-Leser aus Österreich oder mit ÖBB-Erfahrung mit ihren Kommentaren da Eindrücke vermitteln.
Einen Vorteil jedoch hat die weibliche Besetzung gleich vorweg. Eine Frau ist in der woken Quotenwelt schwerer angreifbar. Sollten die Züge die nächsten Jahre auf ausgeleierten Gleisen weiterrumpeln und langsam fahren müssen, dann wird nicht gleich der Stab über einer Bahnchefin gebrochen. Denn nach dem offensichtlich unfähigen Vorgänger Richard Lutz, der den Staatskonzern über acht Jahre in den Abgrund fahren durfte, hätte eigentlich die bei DB-Cargo versagende Vorstandsfrau Sigrid Nikutta gleich mit gehen müssen.
„Besonders schockierend ist doch seit Jahren die schlechte Bilanz der Güterverkehrssparte DB Cargo“, mahnte gegenüber Tichys Einblick FDP-Bahnexperte Torsten Herbst im August dieses Jahres. Denn der Einzelwagenverkehr schreibe anhaltend tiefrote Zahlen.
Womöglich wolle die Bahn ihn sogar bis zu 80 Prozent aufgeben.
Laut Halbjahresbilanz sorgen die per Hand gekuppelten Einzelwagen für einen dreistelligen Millionenverlust bei der DB Cargo. Bis zu 8.000 Stellen könnten dem Güterverkehreinbruch zum Opfer fallen. Dabei subventionierte der Staat das defizitäre Geschäft 2024 mit rund 300 Millionen Euro.
Doch für Ex-BVG-Chefin Sigrid Nikutta scheint auch eine derart miserable Bilanz im Bahnvorstand kein Jobrisiko zu sein.
screenshot/ statistaPünktlicher fahren wir viel später!
Damit die Aufgabe für die neue Alte an der Spitze des deutschen Bahnvorstands nicht so schwierig wird – vor allem beim größten Wunsch aller Bahnkunden nach endlich pünktlichen Zügen, für die sie viel Geld zahlen, selbst wenn sie durch Baustellen wie jetzt zwischen Hamburg-Berlin oder Leipzig-Berlin viel länger zum Ziel brauchen – hat der eher unbekannte Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) gleich mal die Zielwerte für die Bahn bei der Pünktlichkeit nach hinten verschoben.
Erst ab 2029 sollen jetzt mindestens 70 Prozent der DB-Züge im Fernverkehr pünktlich sein. Zuvor war das bereits für 2026 geplant.
Unglaublich, aber Deutschland! Die bislang von der Bahn anvisierten Ziele seien „nicht annähernd erreichbar“, verkündet Schnieder bei der Vorstellung seiner Strategie für das Unternehmen.
Na denn, weiter eine schöne verspätete Reise mit der Deutschen Bahn, die nun noch viel länger nicht pünktlich kommt.




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Nach den Erfolgsfrauen Merkel, von der Leyen und Baerbock nun Frau Palla. Aber der Erfolg wird ihr schon recht geben.
„Die neue Alte“. Ich sehe, auch bei der Bahn wiederholt sich alles, genau wie im Privaten.
Im Prinzip kann man auf diesen Posten hinsetzen wen man will. An dem völlig undurchdringbaren Geflecht aus sinnlosen Vorschriften und Paragraphen wird jeder irgendwann scheitern. Wetten. Deutschland ist am Ende.
Und wieder eine neue Person an der Spitze der Bahn, die dann nach einem weiteren glücklosen Jahr für die Bahn mit einem Koffer voller Geld das Unternehmen verlassen wird.
Das ist seit Jahrzehnten massiver (legalisierter) Subventionsbetrug! Diese Bahn dient nur den staatsnahen und mit der Politik verbandelten „Managern“ sich die Taschen voll zu machen auf Kosten der Steuerzahler. Diese Palla hat längst gezeigt, dass sie es auch nicht kann. Regio ist ja die gleiche Katastrophe wie Fern. Hauptsache alles woke, denn diese Nicht-Leistung muss ja an die Steuerzahler als Gold verkauft werden. Problem ist, dass a) der Staat es als Unternehmer überhaupt nicht kann, das sieht man ja an der ganzen Politik der Alt-Parteiten seit Jahrzehnten. Und b) kann es schon mal nie was werden, wenn nicht radikal die… Mehr
Vorstandsposten und Aufsichtsratsposten bei den Bahn sind reine Versorgungsposten mit Bonuszahlungen für nicht erbrachte Leistung mit anschließender Luxus-Pension. Das hat bisher nichts gebracht und auch die Frau Palla wird daran nichts ändern. Die Bahn gehört zerschlagen und in ihre einzelnen Teile bzw. Sparten aufgesplittert. Die Beteiligungen im Ausland aufgelöst. Und dann dauert es mehrere Jahrzehnte bis die Bahn auch nur einigermaßen vernünftig und erfolgreich fahren wird.
Schon wieder ein Kommentar nicht zur Sache, sondern zur nur Grammatik: Die Bahn rettet diese Frau? Die Bahn kann nicht aktiv retten. Und die Frau ist trotz der Stellung im Satz nicht Objekt. Die Bahn ist Objekt der Rettung.
Eine Frau ist in der woken Quotenwelt schwerer angreifbar. Klar, Kritik wäre eindeutig Antifeminismus. Meine Erfahrungen mit der Bahn sind zweigeteilt. Vor kurzem mit dem Regio von Stralsund nach Berlin dann weiter mit dem ICE nach Frankfurt/Flughafen. Alles bis auf die Minute pünktlich. Zurück dann eine Katastrophe, ich will die Einzelheiten nicht weiter ausführen aber es war stressig. Unser Regio hier ist fast immer pünktlich und auch meißt sauber, auch die Toiletten, daß da randalierende Hansa Hooligens die Einrichtung eines ganzen Traktes zerstört haben kann man der Bahn nicht ankreiden. Als Heinz Dürr 1991 von Kohl gefragt wurde, ob er… Mehr
Zu den DB- Aufsichtsrat Sitzungen und zu den DB- Vorstands Sitzungen können die DB- Aufsichtsräte und die DB- Vorstände per Dienstwagen (mit Chauffeur) 🤣😂
Mhh, und was genau bitte befähigt nun jene Frau Palla zu ihren Job – ….also außer das sie eine „(Quoten-)Frau ist“ und seit mehreren Jahren an der Seite ihres erfolglosen Vorgängers gesessen hat? Oder hab ich nur nicht richtig gelesen und etwas übersehen?
Wir können hier sicher nicht die Leistungsfähigkeit der neuen Bahnchefin wirklich beurteilen, trotzdem erscheint der Eindruck, einer Quotenfrau die an die Spitze der Bahn gehoben werden soll. Warten wir aber ab, wie es mit der Bahn nun weitergeht.
Wie lange soll denn der Bürger noch warten? Nach den Vorstellungen der Verantwortlichen, die wahrscheinlich über angenehme Gehälter verfügen, bis zum St.Nimmerleins Tag. Auch hier zeigt sich mehr als deutlich das Interesse der Politik am Bürger. Ist dieser Staat überhaupt noch regierbar, oder besteht nur noch Interesse am eigenen Wohlergehen und am Machterhalt?