Bundeskanzler Olaf Scholz verlangt als Antwort auf Putin eine EU ohne „Blockaden“ und „Vetos“, die also als „geopolitischer Akteur“ auftritt. Von der Unverletzlichkeit der ukrainischen Staatsgrenzen ist keine Rede, sondern von einer akzeptablen „Vereinbarung“ mit Russland.

Die Deutschen haben sich nach 16 Jahren Angela Merkel vermutlich abgewöhnt, umwerfende Reden oder Texte von ihren Regierungschefs zu erwarten. Was Olaf Scholz in einer zweifellos dramatischen politischen Situation nun in der FAZ unter dem Titel „Nach der Zeitenwende“ anbietet, ist geradezu aufreizend langweilig. Er beginnt schon im ersten Satz mit einer der abgedroschensten Politiker-Phrasen („Politik beginnt mit der Betrachtung der Wirklichkeit“), um dann bis zum Ende einen einschläfernden Merkel-Sound durchzuhalten. Etwa indem er behauptet, „wir“ würden „stärker und unabhängiger aus der Krise hervorgehen, als wir hineingegangen sind“. Eine neue Beigabe von Scholz (oder womöglich seines Sprechers Steffen Hebestreit) ist nur die auch hier wiederholte pseudo-patriotische Wendung: „Wir müssen zusammenhalten und uns unterhaken“.
Das kann man als indirektes Eingeständnis oder gar Zugeständnis an Russland begreifen, dass dieser Krieg durchaus mit territorialen Veränderungen auf der Landkarte einhergehen dürfte. Eben eine „Vereinbarung“, die von den Ukrainern akzeptiert werden kann.
Diese Unklarheit der Begriffe in Scholz’ Text beginnt schon zuvor mit der Feststellung im dritten Satz: „Der Imperialismus ist zurück in Europa“. Natürlich ist Russlands Aggressionskrieg gegen die Ukraine gemeint. Dass Putin ein Verständnis von Russland als übernationales Imperium hat, ist wohl kaum zu bestreiten. Aber der Begriff „Imperialismus“ wird in der Geschichtswissenschaft nicht mit Bezug auf innereuropäische multinationale Reichsbildungen verwendet, sondern für das außereuropäische, koloniale Expansionsstreben europäischer Staaten vor allem im 19. Jahrhundert. Und es war und ist vor allem ein Begriff der linken, sozialistischen Kritik an dieser vermeintlich kapitalistisch motivierten Expansionspolitik europäischer Staaten (auch demokratischer!) in außereuropäische Regionen.
Den Begriff des „Imperialismus“ zur Bezeichnung von Putins Aggressionspolitik zu verwenden, dürfte für Scholz also vor allem den Zweck haben, das eigene Parteilager hinter sich zu bringen. „Imperialisten“ waren für Linke, einschließlich vieler Sozialdemokraten, immer die historischen Feinde an der Macht im eigenen Land und vor allem in den USA. Für Lenin galt bekanntlich „Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus“, wie er 1916 im Schweizer Exil schrieb.
Scholz schreibt: „Putins Neoimperialismus darf keinen Erfolg haben.“ Und er stellt diesem eben die Europäische Union entgegen, die „zum geopolitischen Akteur werden“ müsse. Die EU sei „die gelebte Antithese zu Imperialismus und Autokratie“, schreibt Scholz.
Man könnte zugespitzt folgern, dass diese „geopolitische“ Union, die sich Scholz als Gegengewicht zum autokratischen Reich Putins wünscht, selbst Eigenschaften eines – allerdings demokratischen – Imperiums aufweist. In einem Imperium haben schließlich die einzelnen politischen Teile auch kein Recht zu „Alleingängen“ und „egoistischen Blockaden“. Es wäre eine der dialektischen Ironien der Geschichte, wenn ausgerechnet die Gegnerschaft zu einem bedrohlichen Imperium die EU dazu verleitet, selbst Züge eines Imperiums anzunehmen.
Den kompletten Beitrag des Kanzlers finden Sie hier.
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„Es kann nicht sein,…“ Sieht man doch, dass es sein kann – besonders dann, wenn sich eine Seite (hier Schland) von Naivität, Wunschdenken & linken Träumereien leiten läßt und nur die finanziellen Vorteile sehen will, aber nicht die damit eingegangenen Abhängigkeiten. Hätte doch jedem vernünftig denkenden Politiker einleuchten müssen, dass man auf einem Bein nicht lange stehen kann, Weiß jeder erfolgreiche Kaufmann: nie nur auf einen Lieferanten setzen. Was Ihre herbeigewünschte Diplomatie angeht: die wurde seitens des Westen über zahlreiche Besuche im Kreml heftigst bemüht, bei denen Allen bis zum Stichtag versichert wurde, Russland würde die Ukraine nicht überfallen: „nur… Mehr
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Es ist Zeit erwachsen zu werden…
Die EU braucht die Freiheit ihrer Mitgliedsvölker (ich sage ganz bewusst Völker!) nach innen und brachialste Abschreckung nach außen.
Nach innen ein friedliches und freiheitliches Biotop, nach außen ein massives Bündel an geladenen Eisenrohren voller Blei.
Die Festung Europa muss ein Bollwerk der Freiheit gegen die Unfreiheit sein!
Jetzt will auch Kretschmer den Krieg „einfrieren“ und mal was wieder bei den Russen kaufen – die Krim erobern und ukrainisieren wohl nicht mehr?
https://www.welt.de/politik/ausland/article239989417/Michael-Kretschmer-Wir-muessen-dafuer-eintreten-dass-dieser-Krieg-eingefroren-wird.html
Nach Scholz und Schily (beide SPD) gibt jetzt auch die CDU Bellizismus auf?
Er steht nicht auf russischer Seite. Er steht nicht auf ukrainischer Seite. Und er steht erst recht nicht auf deutscher Seite. Auf wessen Seite steht er denn eigentlich? Wessen Interessen vertritt er?
Unglaublich….Von der Leyen will die EU-Länder zum Gas sparen zwingen
Ganz ehrlich, das wird hier nicht gern gehört, aber das hätte man auch schon vor dem Krieg mit Russland klar machen können, denn dann hätte es den erst gar nicht gegeben.
SCHOLZ ist eine Witzfigur, die bei den Drohungen Moskaus artig mitspielt. PUTIN droht mit Kernschlag und SCHOLZ hilft, den Deutschen dann Angst zu machen. So wie alle Hardcore-SPDler. Das ist ihre Aufgabe im Rahmen der COMINTERN – die Steigerung der Macht Moskaus.
Wäre SCHOLZ tauglich, würde er einen Kernschlag auf Moskau androhen. Er würde (analog zu PUTIN) in einem TORNADO des Luftwaffen-Geschwader 33 einen Einsatz-Übungsflug mit scharfer(aber nicht freigeschalteter) B61 mitmachen. Alles vor laufender Kamera. Muss ja kein Tiefflug mit hoher g-Belastung sein, das kann man ja vorher ohne Kamera alles abstimmen.
Für den Kernschlag braucht man Kernwaffen und Scholz hat nichtmal den olle B61 was zu sagen.
Und ja ja, die g-Kräfte beim Tiefflug sind schon was besonderes ….oder doch nicht?
Sehr geehrter Herr Kraus, Dieser Satz in Ihrem Kommentar: „Entscheidend ist, was hier fehlt, nämlich die Forderung eines Rückzugs der russischen Truppen aus ukrainischem Territorium“, ist total realitätsfern.
Unüberlegte Aussagen, um nicht zu sagen unverantwortliches dummes Geschwätz, wie von Frau Bearbock*in in de Welt hinaus posaunt: „Wir wollen Russland ruinieren“ (gleichzusetzen mit vernichten/zerstören), sind nicht dazu angetan um zu Friedensverhandlungen zu kommen.
Bevor das geschieht was Frau Bearbock*in will wächst in der Ukraine kein Gras mehr und Deutschland und die Rest-EU werden nicht in der Lage sein auch nur einen einzigen Euro Wiederaufbauhilfe für die Ukraine zu leisten.
HPK
„Für Russland führt kein Weg vorbei an einer Vereinbarung mit der Ukraine, die von den Ukrainerinnen und Ukrainern akzeptiert werden kann.“ Lachhaft. Als ob die Ukrainerin oder der Ukrainer irgendetwas zu sagen haben, wenn es sich nicht um Oligarchen und die von ihnen gesponsorten Truppen handelt. Und natürlich der Präsident im T-Shirt. Und die USA und die „Verbündeten“, die Waffen liefern und Milliarden verdienen. Versuchen Sie einmal in der Ukraine etwas ohne kleine Aufmerksamkeit zu erreichen. Nur zu. Man sollte die Ukraine als das sehen, was sie ist: Ein hochkorruptes Land. Es ist ein „failed state“, dem man die Mitgliedschaft… Mehr