EU handelt im deutschen Interesse – gegen den Bundeskanzler

Der EU-Gipfel beschließt eine restriktivere Migrationspolitik inklusive Grenzschutz. Ausgerechnet das zentrale Zielland Deutschland, das daran ein besonderes Interesse haben sollte, bremste. Von den Nachbarn und den eigenen Kommunen unter Druck gesetzt, klammert sich die Bundesregierung an pure Gesinnungsethik.

IMAGO / Le Pictorium
Bundeskanzler Olaf Scholz bei der Pressekonferenz nach dem EU-Gipfel in Brüssel, 10.02.2023

Nun hat also der Europäische Gipfel doch noch ein greifbares Ergebnis in der Migrationspolitik gebracht. Es werden „sofort substanzielle EU-Mittel“ aus dem Gemeinschaftshaushalt für die „Infrastruktur zum Grenzschutz“ zur Verfügung stehen. Konkret heißt das wohl, auch wenn es in der Abschlusserklärung nicht explizit steht: Zäune an den Außengrenzen auf dem Balkan. Außerdem sollen Abschiebungen beschleunigt und der Druck auf Länder erhöht werden, die bei der Rücknahme abgelehnter Asylbewerber nicht kooperieren. 

Der Handlungszwang kam von der Migrationswirklichkeit: Laut Schätzung der Grenzschutzagentur Frontex reisten 330.000 Menschen „irregulär“ in die EU ein, oft über das Mittelmeer und den westlichen Balkan – ein Anstieg von 64 Prozent gegenüber 2021. Das ist zwar weniger als in den Krisenjahren 2015/16, aber weil vier Millionen ukrainische Flüchtlinge dazukommen, ist die Handlungsnot mindestens ebenso groß wie damals. 

Grenzschutz und Zäune hoch im Kurs
Migration: Dieser Brüsseler EU-Gipfel könnte sich gegen Scholz wenden
Deutschland ist für beide – Asylzuwanderer und Ukrainer – ein besonders beliebtes Zielland. Seit Wochen erschallt ein Alarmruf nach dem anderen von Lokalpolitikern in Berlin. Pünktlich zum Gipfel forderte etwa der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes Gerd Landsberg „Grenzschutz auch mit Zäunen und Technik sowie schnelle Asylverfahren mit schnellen Rückschiebungen“. Eigentlich sollte man rational davon ausgehen, dass Deutschlands Kanzler Scholz deswegen zu denen auf dem Gipfel gehörte, die zu der nun gefundenen Entscheidung drängten. Aber das war gerade nicht der Fall.

Der politische Wille dazu kam vor allem von Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer und dem niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte, sowie einigen anderen kleinen Staaten. Aber auch die schwedische Ratspräsidentschaft hatte den Boden dafür bereitet, endlich gemeinsame Maßnahmen zur Reduzierung der Asylzuwanderungszahlen zu finden. Scholz dagegen gehörte auf dem Gipfel neben dem spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sanchez und dem luxemburgischen Ministerpräsidenten Xavier Bettel zu denen, die harte Formulierungen aus der Abschlusserklärung heraushalten wollten. Allerdings sind beide auch weniger von Asylmigration betroffen als Deutschland. 

Nach den Maßstäben der Realpolitik – also wenn man glaubt, dass Interessen die politischen Entscheidungen bestimmen – ist das Handeln (oder korrekter: das Nichthandeln) der Bundesregierung in der Migrationsfrage vollkommen unverständlich. Die Bundesregierung wird von der politischen Migrationswirklichkeit geradezu umzingelt, die Kosten dafür lasten extrem schwer auf den öffentlichen Haushalten – und dennoch muss sie von anderen politischen Kräften, also von den europäischen Partnerländern und den deutschen Kommunen gezwungen werden, wenigstens dem Handeln auf europäischer Ebene zuzustimmen.

Ein Begriff wird umgekehrt
Unesco-Preis für Merkel: „Mutig“ war ihre Entscheidung von 2015 gerade nicht
Das Ausmaß der deutschen Wirklichkeitsverweigerung ist gigantisch. Scholz übertünchte dies mit klassischem Whataboutism, also einem verbalen Ablenkungsmanöver. Er warb für legale Wege zur „Erwerbsmigration“ und sprach davon, Europa müsse „ein gemeinsames Interesse daran haben, dass diejenigen, die wir für unsere Arbeitsmärkte brauchen, auch herkommen“. Doch diejenigen sind eben gerade nicht mit illegalen Migranten und Asylbewerbern identisch. Ein Land, dass weitestgehend offen für Asylmigranten ist, wird dadurch nicht im geringsten attraktiver für qualifizierte Zuwanderer mit konkreten Arbeitsplatzaussichten. So sorgte Scholz dafür, dass in der Abschlusserklärung nun von „wechselseitig vorteilhaften Partnerschaften“ mit Herkunftsländern die Rede ist. 

Zu erklären ist dieses Verhalten der Bundesregierung nur durch den absoluten Vorrang dessen, was Max Weber als Gesinnungsethik bezeichnete. In der Bundesregierung, vor allem bei Grünen und SPD, aber auch im vorpolitischen Raum der sie tragenden Milieus und Medien dominiert dieses politisch-moralische Prinzip, das die Gesinnung, die Überzeugung, den Glauben etc. als einzigen Maßstab des Handelns zulässt, unangefochten. Die Frage, die das Gegenprinzip der „Verantwortung“ stellt: Wohin soll das nur führen?, ist dagegen tabu. Ein sprechendes Beispiel für diese Haltung war Bundesinnenministerin Nancy Faeser kürzlich. Auf die Notwendigkeit einer „Obergrenze“ vom Spiegel angesprochen sagte sie: „Sie können doch nicht eine Debatte über Obergrenzen anfangen, wenn mitten in Europa Krieg ist. Dann spielen Sie das Spiel der ganz Rechten, Sie verunsichern die Bevölkerung, Sie spalten“, sagte die SPD-Politikerin. „Friedrich Merz sollte aufpassen, wohin seine Partei steuert.“ Nicht die sachpolitischen Notwendigkeiten interessieren sie, sondern moralische Urteile über andere Politiker. 

„Die Bundesregierung tut alles, was sie kann, um den Kommunen weitere Unterkünfte zur Verfügung zu stellen. Außerdem haben wir Milliardenbeträge bereitgestellt, um Länder und Kommunen zu unterstützen“, sagte Faeser, außerdem sei doch die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung „riesig“. Unabsehbare Summen für eine unabsehbare Zahl von Zuwanderern bereitstellen, gleichzeitig auf die Duldsamkeit der Bevölkerung hoffen: Die deutsche Laissez-Faire-Migrationspolitik geht weiter ihren Gang, ohne dass sie zum Ende der Krise das Geringste beiträgt. Das müssen im Zweifel wieder wie schon unter Merkel 2015/16 die europäischen Partnerländer tun.

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Kommentare ( 41 )

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Protestwaehler
1 Jahr her

Jetzt will man also umsetzen was Orban all die Jahre praktiziert, und die AfD gefordert hat hahaha… kein Wunder dass Scholz dafür nicht zu begeistern war, zählen Orban und die AfD in Deutschland eben wegen solcher Forderungen zum Hassobjekt Nr.1 hahaha…
Das bekommt der Scholz dann wohl sehr bald um die Ohren gehauen.

Boudicca
1 Jahr her

Gérard Bökenkamp schrieb in seinem Artikel „Wie die Hindus die britische Politik verändern.“ den klugen Satz, den gerade die rot-grüne Politik ernsthaft überdenken sollte:
„Ethnisch-religiöse Minderheiten sind auf Dauer keine verlässlichen Verbündeten der Linken für eine „progressive“ Gesellschaftspolitik, sondern wickeln diese ab, sobald sie auf ihre linken Fürsprecher nicht mehr angewiesen sind und selbst die Richtung ihrer Politik bestimmen.“

elly
1 Jahr her

die ganzen Brandbriefe können sich die Kommunalpolitiker sparen. Konsequentes Handeln wäre angesagt und das kann nur Aufnahmestopp heißen. Punkt. Dann muss Nancy selber schauen, wohin mit den Menschen. Aber dann kommen wieder rührselige Relotius „Berichte“ und alle schmelzen dahin.
 außerdem sei doch die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung „riesig“.“ das ist eine von vielen Fluchtursachen.

Biskaborn
1 Jahr her

Die drängender Frage“ warum machen die Roten und Grünen mit Hilfe ihrer großen Anhängerschaft das“ , wurde auch hier nicht schlüssig beantwortet! Alleine dieses Gesinnungs- und Moralgerede kann es allein doch nicht sein. Da müssen doch andere Kräfte im Hintergrund wirken. Ein Land bewusst zu zerstören da gehört mehr dazu als nur Gesinnungsethik!

BHaven
1 Jahr her

Wer glaubt, dass diese linken Spinner, die derzeit die Regierungsverantwortung haben, nur den kleinsten Bruchteil von den Beschlüssen umsetzen werden, der sollte schleunigst einen Facharzt aufsuchen. Diese Politiker befinden sich auf einem Kreuzzug gegen unser Land mit seiner Kultur und fühlen sich dazu berufen (durch ihre Wahl). Solange diese Politiker an der Macht sind, wird diesem Land ein maximaler, irreversibler Schaden zugefügt. Jeder Wähler dieser Parteien trägt eine Mitschuld an der Ermordung unschuldiger Menschen, die zur falschen Zeit am falschen Ort waren und sich nicht zur Wehr setzen konnten.

ketzerlehrling
1 Jahr her

Die anderen Mitglieder sollten Deutschland in dieser Frage von der Abstimmung ausgrenzen und den Zaun bauen. Ein bisschen Feuerwerk dazu und schon entschärft sich das Problem und vielleicht können wir dann wieder atmen, zumindest ein wenig, in diesem Land.

Lotus
1 Jahr her

Wie konnte es dazu kommen, dass eine Nancy Faeser Innenministerin wurde? Wie kann es sein, dass die FDP mittlerweile tragende Säule einer für unser Land gefährlichen Politik ist? Warum werfen die dt. „Eliten“ jede Vernunft über Bord, um es sich in ihren Luftschlössern so lange gemütlich zu machen, bis es richtig ungemütlich wird? Nur drei von unzähligen Fragen. Ich begreife dieses Land nicht mehr. Das ist nicht nur so dahergesagt, ich begreife es wirklich nicht mehr.

Gaga-Oppa
1 Jahr her

Und im Deutschlandfunk wird dann auch gleich wieder der passende Indoktrinations-Journalismus betrieben, damit die Hörerschaft auch ja auf der Linie der links-grünen Gutmenschen-Ideologie bleibt. Was da die Kommentatorin Carolin Born heute Abend in den Äther gepupst hat, ist einfach nur widerwärtig! https://www.deutschlandfunk.de/gipfelbeschluss-zu-migration-eu-verstaerkt-schutz-der-aussengrenzen-dlf-9f8ce4bd-100.html Hier das Transkript: „Fast 1000 Kilometer Mauern und Zäune umgeben die EU. Teilweise ragen sie meterhoch in den Himmel, sind ausgerüstet mit Bewegungsmeldern und Kameras. Aber damit nicht genug. Viele Staaten wollen noch mehr Grenzanlagen errichten und diese noch stärker hochrüsten. Dass es dafür in Zukunft Geld aus dem EU Haushalt gibt, war nur eine Frage der Zeit.… Mehr

Lotus
1 Jahr her
Antworten an  Gaga-Oppa

Wenn man die heutige DLF-Presseschau hört, stimmen etliche Kommentatoren in das Lied von Carolin Born ein. Stellvertretend dafür die im DLF unvermeidliche, ultralinke „Frankfurter Rundschau“. Es wird gejammert über eine EU, die sich abschottet und einmauert, die das Grundrecht auf Asyl praktisch beseitigt. Tenor: Deutschland sei „eingeknickt“ vor dem Druck „kleiner Länder“.
Es gibt mittlerweile allerdings auch viele andere Stimmen, die das Handeln der EU als längst überfällig begrüßen. Da kommt auch der DLF nicht dran vorbei.

AnSi
1 Jahr her

Ich fordere wiederholt: fliegt sie alle ein! Es können nicht genug sein!
Bitte in diesem Zusammenhang auch beachten (Welt online): „Die Bundesregierung prüft, wie Betroffene des Erdbebens, die Angehörige in Deutschland haben, möglichst unkompliziert nach Deutschland einreisen könnten. Visaerleichterungen solle es aber nicht geben, so eine Sprecherin.“ 😀 VISAerleichterungen! Brüller! UN geht von 5 Mio. Obdachlosen aus. Auch hier: FLIEGT SIE EIN! ALLE!
Besser ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende!
RIP Deutschland!

Kassandra
1 Jahr her
Antworten an  AnSi

Sie halten uns für „schlechte Menschen“. So der Mann aus Somalia in LU-Oggersheim, der die beiden Maler erstach und einen Kunden eines Drogeriemarktes anging. „Er habe die beiden Männer für „schlechte Leute“ gehalten, die seiner Lebensgefährtin und deren Kinder etwas antun wollten, erklärte der 26-Jährige am Freitag mithilfe eines Dolmetschers.“  https://www.welt.de/vermischtes/article243707725/Mordprozess-in-Ludwigshafen-Blutiger-Messerangriff-Er-hielt-die-Maenner-fuer-schlechte-Leute.html Man müsste den Dolmetscher natürlich fragen, ob er Kultur wie Islam kennt, um passend übersetzen zu können – oder ob es gar ein übersetzender Moslem ist, der Taqiya anwendet und uns nicht wissen lassen will, dass wir für solche alle als „haram“ gelten. „Er habe Somalia „mit 17 oder… Mehr

Kristina
1 Jahr her

Natürlich wird Deutschland, besser die Ampel, sich nicht an die Beschlüsse halten, sondern sie mit dem üblichen Moralgeschwurbel aushebeln. Es wird erst aufhören, wenn die ganzen Probleme dieser Migrationspolitik auch bei den „sie tragenden Milieus und Medien“ direkt ankommt. Erst hat man die Probleme in den Vierteln der Städte abgeladen, wo die Geringverdiener leben. Jetzt ist die Landbevölkerung an der Reihe. Die Viertel der gutsituierten Wähler, die gerne linksgrün wählen, aber nicht linksgrün leben, wurden verschont. Dort muss es ankommen. Ich fand zum Beispiel das Verhalten der Lindnergattin Lehfeld im Interview mit H.G.Maaßen ganz schlimm, wie sie ihn wegen seiner… Mehr

Contra Merkl
1 Jahr her
Antworten an  Kristina

Grade die von Erdbebengebiet betroffene Region um Allepo wo der IS und die Islamisten ihr Unwesen treiben, diese Leute will man hier einfliegen ? Dann hat man gleich die nächsten Gotteskrieger, Terroristen, Vergewaltiger und Messermörder direkt nach Deutschland importiert. Die werden sich ganz sicher an Messerverbote an Bahnhöfen und Innenstädten halten. Die Politiker hier müssen geistig behindert sein. Weder ist die ganze Türkei noch ganz Syrien vom Erdbeben betroffen, dann müssen die Menschen innerhalb des Landes verteilt werden. Es gibt schlicht keinen Grund diese Leute nun auch noch alle herzuholen, zumal die das Land nie wieder verlassen werden. Und das… Mehr