Saudischer Verteidigungsminister in Teheran und US-Iran-Atomgespräche in Rom

Trump strebt in seiner Nahost-Vision ein Gleichgewicht zwischen Iran und Saudi-Arabien an. Damit wird es Trump auch gelingen, die Beziehungen zwischen Tel Aviv und Riad zu normalisieren. Das Nuklearabkommen mit dem Iran könnte dabei entscheidend sein.

Imago/ Zuma Press Wire

Die zweite Runde der amerikanisch-iranischen Atomverhandlungen unter der Leitung der beiden Chefunterhändler, des iranischen Außenministers Abbas Araghtschi und des amerikanischen Sondergesandten Steve Witkoff, fand am Wochenende in Rom statt. Die Verhandlungen seien gut vorangekommen, so der iranische Spitzendiplomat. Konkreter wurde er allerdings nicht. US-Präsident Donald Trump erklärte auch zwei Tage nach der zweiten Verhandlungsrunde über Teherans Atomprogramm, die USA hätten sehr gute Gespräche mit dem Iran geführt.

Wenige Tage vor der zweiten Gesprächsrunde zwischen den USA und dem Iran hatte Trumps Sondergesandter in einem Interview mit dem Sender Fox News erklärt, die USA wollten lediglich das „Anreicherungsprogramm“ des Iran eindämmen. Einen vollständigen Stopp des iranischen Atomprogramms hatte der US-Vertreter nicht gefordert. Stattdessen schlug Witkoff vor, der Grad des angereicherten Urans solle 3,67 Prozent nicht überschreiten.

Dies entspricht dem Höchstwert, der im Atomabkommen von 2015 als zulässig vereinbart worden war, aus dem die USA zu Trumps erster Amtszeit einseitig ausgestiegen waren. Kurz nach Fox-Interview machte aber Witkoff – offenbar unter dem Druck der Iran-Hardliner im engeren Kreis um Trump – einen Schwenk und bestand darauf, dass Teheran die Urananreicherung komplett einstellen müsse. Gleichzeitig gibt es genug Anzeichen, dass die Trump-Administration die Urananreicherung im Iran als Teil ihres Nahost-Plans anerkennen will.

Atomprogramm des Irans: Zwei Flügel in der Trump-Administration

Nach der zweiten Verhandlungsrunde zwischen den beiden Konfliktparteien in Rom einigten sich beide Seiten auf eine Fortsetzung der technischen Verhandlungen und dazu eine weitere politische Runde am kommenden Wochenende. Die Bereitschaft beider Seiten zu technischen Verhandlungen deutet darauf hin, dass Iran und die USA einen gewissen Konsens über das Nuklearprogramm Teherans gefunden haben.

Der Kurzfrist-Fokus hilft langfristig nicht
Der Iran ist unkalkulierbarer, als der Westen sehen will
In den USA sind die Meinungen über das Atomprogramm des Irans gespalten: Mike Waltz, der Nationale Sicherheitsberater, beharrt auf einer „vollständigen Demontage“ des iranischen Atomprogramms. Der israelische Premier Netanjahu sieht das ähnlich: Er plädierte für ein Abkommen „nach dem Vorbild Libyens“. Iranische Atomanlagen sollten nach libyschem Modell unter amerikanischer Aufsicht gesprengt, die gesamte Ausrüstung soll demontiert werden, hieß es aus Tel Aviv. In Trumps Umfeld gibt es jedoch auch Personen, die ganz anderer Meinung sind.

In einem Interview mit Tucker Carlson, einem einflussreichen Pro-Trump-Podcaster, sagte der Nahost-Gesandte Witkoff, sein Ziel sei ein „Verifizierungsprogramm, damit sich niemand Sorgen über mögliche iranische Atomwaffen machen muss“. Dieser Mechanismus würde es dem Iran erlauben, sein Atomprogramm beizubehalten. Dies scheint ein realistischeres Ziel zu sein. Es scheint auch die Unterstützung des US-Präsidenten zu haben – und die der isolationistischen Republikaner wie Vizepräsident J.D. Vance. US-Geheimdienstler haben im vergangenen Monat erklärt, sie glaubten nicht, dass der Iran beschlossen habe, eine Atomwaffe zu bauen. US-Beamte gehen jedoch davon aus, dass Teheran nur wenige Monate für den Bau einer solchen Waffe benötigen würde.

Israel in höchster Alarmbereitschaft

Die israelische Regierung ist inzwischen in Alarmbereitschaft und befürchtet, dass sich Trump und die Iraner hinter den Kulissen über den Grad der Urananreicherung und die Aufhebung einiger Sanktionen gegen Teheran einigen könnten. Israel erwägt laut einem Reuters-Bericht, die Atomverhandlungen zwischen dem Iran und den USA durch eine Provokation zu sabotieren. In den vergangenen Monaten hat Israel der Trump-Administration eine Reihe von Optionen für die massiven Angriffe auf iranische Anlagen vorgeschlagen. Die Pläne beinhalten eine Mischung aus Luftangriffen und Kommandooperationen, die Teherans Fähigkeit, sein Atomprogramm waffenfähig zu machen, um Monate oder ein Jahr oder mehr zurückwerfen könnten.

Diktatfrieden oder Bombardierung des Iran
Gefahr militärischer Eskalation zwischen Teheran und Washington
Die New York Times enthüllte aber, dass Trump Netanyahu bei ihrem jüngsten Treffen im Weißen Haus mitgeteilt habe, dass Washington diplomatischen Gesprächen mit Teheran Priorität einräumen wolle und nicht bereit sei, einen Angriff auf die Atomanlagen des Landes zu unterstützen. Israelische Beamte glauben nun nach Reuters-Informationen, dass das Militär stattdessen einen begrenzten Schlag gegen Iran führen könnte, der weniger Unterstützung durch die USA erfordern würde. Es bleibt aber unklar, ob oder wann Israel einen solchen Schlag durchführen würde. Ein solcher Schritt würde Trump wahrscheinlich verärgern und könnte eine breitere Unterstützung der USA für Israel gefährden. Ein hochrangiger iranischer Sicherheitsbeamter sagte gegenüber Reuters, Teheran sei sich der israelischen Planungen bewusst und ein Angriff würde „eine harte und unerschütterliche Antwort des Irans“ hervorrufen.

Rivalität zwischen Saudi-Arabien und dem Iran

Parallel zu den Gesprächen in Rom war der saudische Verteidigungsminister nach Teheran gereist. Seine Reise erfolgte vor dem Hintergrund der Befürchtungen arabischer Staaten über ein erneutes Konfliktrisiko in der Region, falls diplomatische Bemühungen die eskalierende Pattsituation zwischen dem Iran und den USA nicht lösen können. Saudi-Arabien soll Teheran die klare Botschaft übermittelt haben, dass es sich in keiner Weise an der Seite Washingtons an einem möglichen US-Angriff auf den Iran beteiligen werde.

Die Rohölpreise sind in den vergangenen Tagen auf den tiefsten Stand seit mehr als vier Jahren gefallen. Das Förderkartell Opec+ will sogar an einer Produktionssteigerung im Mai festhalten. Inzwischen gilt es als offenes Geheimnis, dass sich die Saudis und Trump darauf geeinigt haben, den Ölpreis mitten im Handelskrieg niedrig zu halten. Saudis sind nun auf Wohlwollen der Iraner angewiesen: Ein möglicher Angriff des Irans auf Ölanlagen (wie der Huthi-Angriff 2019 auf Aramco-Anlagen) im Zuge eines möglichen Krieges mit den USA würde die Ölpreise in die Höhe treiben.

Zur saudischen Delegation im Iran gehörte deswegen der saudische Botschafter im Jemen, wo das Königreich seit langem Krieg gegen die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen führt. Der Jemen-Krieg ist inzwischen eingefroren. Aber es gibt genügend Anzeichen für eine neue Eskalation. Nach Trumps Zolleskalation wissen die Iraner nun, wie eine „inszenierte“ Wirtschaftskrise die westlichen Finanzmärkte erschüttern und den Entscheidungsspielraum der Politik im Westen einengen könnte.

Trumps Modell für Nahost

Das saudische Königreich strebt seit Jahren nach Atomenergie und sucht die Unterstützung der USA. Während eines Besuchs in Riad sagte vor Kurzem der US-Energieminister Chris Wright, dass USA und Saudi-Arabien derzeit über ein neues Energie-Abkommen verhandeln, das den Weg für ein Atomprogramm in dem Wüstenstaat ebnen könnte. Eine Einigung zu einem saudischen Atomprogramm könnte es noch dieses Jahr geben, sagte Wright der Nachrichtenseite Arab News. Die Ankündigung dazu könnte von US-Präsident Donald Trump kommen, der im Mai nach Saudi-Arabien reisen will. Hinzu kommt, die USA hatten zuvor bereits mit Saudi-Arabien Gespräche geführt über eine mögliche Normalisierung der bilateralen Beziehungen mit Israel. Das Königreich hofft im Gegenzug auf Sicherheitsgarantien der USA und auf Hilfe beim Aufbau eines zivilen Atomprogramms.

Interessanterweise haben sich die Atom-Gespräche zwischen Saudi-Arabien und den USA zu einem Zeitpunkt intensiviert, zu dem der Iran und die USA ein Nuklearabkommen anstreben. Mit der Anerkennung des iranischen Nuklearprogramms unter der Bedingung einer massiven Einschränkung der Urananreicherung und der Zustimmung zum Bau einer Nuklearanlage in Saudi-Arabien scheint Trump ein regionales Gleichgewicht zwischen den beiden Rivalen im Nahen Osten herstellen zu wollen. Damit wird es Trump auch gelingen, die Beziehungen zwischen Tel Aviv und Riad zu normalisieren und eine neue Sicherheitsarchitektur in der Region zu etablieren. Allerdings hängt alles von dem Ausgang der direkten Verhandlungen zwischen Teheran und Washington ab, und zwar inwieweit beide Seiten zu Zugeständnissen bereit sind und wie Neocons, Israel und Demokraten den Verlauf der Atomverhandlungen beeinflussen können.

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Kommentare ( 1 )

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Magdalena
21 Tage her

Mir unbegreiflich, weshalb Trump nicht die vollständige Demontage des iranischen Atomprogramms verlangt, wie es Mike Waltz, der Nationale Sicherheitsberater, und natürlich Israel fordern. Der Iran, dessen oberstes Staatsziel seit 1979 die Vernichtung Israels ist, hätte niemals in die Lage versetzt werden dürfen, Atomwaffen zu bauen. Doch Obama, der 2009 dem Iran erlaubte, Uran anzureichern, hat dafür gesorgt, dass für Israel die atomare Bedrohung durch den Iran mit jedem Jahr weiter zunimmt. Trump und Steve Witkoff sollten vor Augen haben, dass der Iran kein Staat wie jeder andere ist. Oder gibt es noch irgendein Land, dessen oberstes Staatsziel die Vernichtung eines… Mehr