Knappes Ergebnis in Polen: Konservativer Nawrocki sieht sich als Wahlsieger

Das ist kein guter Tag für Brüssel: Der konservative Kandidat Karol Nawrocki hat die Stichwahl um das polnische Präsidentenamt mit knappem Vorsprung gewonnen.

Screenprint X / Karol Nawrocki
Karol Nawrocki

Wie mehrere große polnische Medien – darunter Rzeczpospolita und Onet.pl – unter Berufung auf die Auszählung von mehr als 99 Prozent der Stimmen berichten, erhielt Nawrocki rund 51 Prozent der Stimmen. Die nationale Wahlkommission bestätigte diesen Trend in der Nacht zum Montag.

Schon im ersten Wahlgang vor zwei Wochen lagen Nawrocki und Trzaskowski dicht beieinander: Der Warschauer Bürgermeister Trzaskowski erzielte damals 31 Prozent, der parteilose Historiker Nawrocki 30 Prozent. In Umfragen vor der Stichwahl sah es nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen aus – mit einem hauchdünnen Vorsprung für Trzaskowski, der mit 50,1 Prozent gegenüber Nawrockis 49,9 Prozent vorne lag.

Umso überraschender der aktuelle Ausgang: Nawrockis Sieg galt lange als unwahrscheinlich. In der Stichwahl mobilisierte der politische Quereinsteiger (42) jedoch große Teile des konservativen Lagers. „Wir werden gewinnen und Polen retten“, hatte Nawrocki am Wahlabend betont – und versprach, die Politik Donald Tusks zu stoppen. Der ehemalige Boxer zeigte sich kämpferisch, präsentierte sich als Mann des Volkes – und nutzte dabei seine Nähe zur nationalen PiS-Partei, die auch seinen Wahlkampf unterstützte.

Die Wahlbeteiligung war mit 72 Prozent außergewöhnlich hoch – ein Rekord bei Präsidentschaftswahlen in Polen. Auch das zeigt, wie richtungsweisend diese Wahl für viele Wähler war. Der Ausgang dürfte weit über Polen hinaus Bedeutung haben.

Mehr Widerstand gegen Tusk

Die Präsidentschaftswahl war nicht nur ein nationales Kräftemessen zwischen liberal und konservativ, sondern auch ein möglicher Wendepunkt für Europas politische Balance. Ein Sieg Trzaskowskis hätte Regierungschef Donald Tusk und seinem pro-EU-Kurs Auftrieb verliehen. Tusk will Polen stärker an die EU anbinden, die Justiz im EU-Sinne „reformieren“ und das Abtreibungsrecht „liberalisieren“. Doch Nawrockis Sieg bedeutet, viele dieser Vorhaben dürften auf deutlichen Widerstand stoßen.

Ähnlich wie sein Vorgänger Andrzej Duda steht Nawrocki für eine konservative Agenda. Er gilt als Kritiker „liberaler“ Gesellschaftspolitik, lehnt eine Lockerung des Abtreibungsverbots ebenso ab wie die Anerkennung von LGBTQ-Rechten. Aussagen, in denen er ukrainischen Flüchtlingen vorwarf, sich „an Polen zu bereichern“, ergänzen sein Bild. Auch zur Nato-Erweiterung bezog Nawrocki klar Stellung: Ein Beitritt der Ukraine sei für ihn nicht vorstellbar. Damit könnte sich Polens bisherige klare Unterstützung für Kiew im Ukraine-Krieg abschwächen.

Nawrocki sucht außenpolitisch Nähe zu den USA – besonders zu Präsident Donald Trump, den er mehrfach bewunderte. Während des Wahlkampfes traf er Trump persönlich in Washington; auch US-Heimatschutzministerin Kristi Noem sicherte ihm öffentlich Unterstützung zu: „Er muss der nächste Präsident werden.“

Rafał Trzaskowski (53), ein erfahrener Politiker, ehemaliger EU-Abgeordneter und Bildungsminister, war der Hoffnungsträger der liberalen Kräfte. Er versprach eine Öffnung Polens im EU-Kommissions-Sinne, mehr gesellschaftlichen Zusammenhalt und eine Reform des Erbes der PiS-Regierung. „Ich werde ein Präsident sein, der verbindet“, sagte er am Wahlabend. Besonders bei Frauen und gebildeten Wählern konnte Trzaskowski punkten: Laut Exit-Polls erhielt er 54,2 Prozent der Frauenstimmen und über 60 Prozent der Stimmen von Akademikern. Doch gegen Nawrockis populären Stil und die Mobilisierung des ländlichen, konservativen Lagers reichte es nicht. Mehr als 73 Prozent der Wähler mit einfachem Schulabschluss stimmten für Nawrocki.

Die EU-Spitze blickt besorgt nach Warschau

Mit Nawrockis Wahlsieg droht eine neue Belastungsprobe im Verhältnis zwischen Warschau und Brüssel. Experten warnen, dass es erneut zu Konflikten um Rechtsstaatlichkeit, Pressefreiheit und Justizreformen nach EU-Kommissions-Verständnis kommen könnte – Themen, die bereits unter Präsident Duda für Spannungen mit der EU sorgten. Sicher ist: Nawrockis Präsidentschaft markiert eine Zäsur – für Polen und für Europa.

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Kommentare ( 21 )

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Ernst K.
22 Tage her

„Rafał Trzaskowski (53), ein erfahrener Politiker, ehemaliger EU-Abgeordneter und Bildungsminister, war der Hoffnungsträger der liberalen Kräfte.“

Herr Schmitt, unter liberal verstehen Sie offenbar, daß Polen seine Rechte an Brüssel abgibt – eine Beschreibung, die auch in den Mainstream-Medien stehen könnte.

RiverHH
22 Tage her

Polen hat eine gute Wahl getroffen. Alles was gegen diese unsägliche EU mit ihrer Spitzenfachkraft ist, daß ist gut, richtig und wichtig.
Allerdings darf nicht vergessen werden, Polen hat unsägliche Verbrechen nach dem 2. Weltkrieg mit der Vertreibung und Besetzung unserer Ostgebiete begangen. Daher ist jede Reparationsforderung eine Frechheit, wenn jemand Forderungen hat, dann sind das wir Deutsche.

Micci
22 Tage her

Mittlerweile werden Wahlen außerhalb Deutschlands für uns wichtiger als unsere eigenen:

Ungarn – schon lange Garant echter Freiheit. Seit 1989.
USA – hat insbesondere uns den Hals gerettet.
Polen – uff, gerade noch mal gut gegangen. Hoffnung keimt auf!

Und demnächst -hoffentlich/vielleicht- Frankreich: Sieg le Pens – das endgültige Waterloo der woken Brüsseler Linksextremisten!

Und Deutschland?
Wen juckt denn dieses kranke Land …

Last edited 22 Tage her by Micci
imapact
22 Tage her

Rechtsstaatlichkeit, (Presse-)Freiheit, Justizreformen – auf diesen Feldern gibt es auch in Deutschland viel zu tun. Und nun mal sehen, ob das Ergebnis bestehen bleiben darf. Immerhin hat sich ja das Ausland eingemischt….

Ralph Martin
22 Tage her

Auch ohne Kenntnisse polnischer politischer Verhältnisse, weisst das kollektive Gejammer der Einheitsmedien auf ein wahrscheinlich gutes Ergebnis für die Menschen in Europa hin.

Mikmi
22 Tage her
Antworten an  Ralph Martin

War nicht die PIS der Meinung, Deutschland müsse noch 1400 Mrd. Entschädigungen zahlen? Die Rentner und Sparer in Europa werden sich freuen.

Biskaborn
22 Tage her

Jeder Sieg eines Politikers, einer Partei in dieser Linken EU der der nicht nach deren Pfeife tanzt, ist ein Gewinn für die EU! Leider sind Italien, Schweden, Niederlande mit eher konservativen Regierungen immer noch auf Linie dieser verheerenden EU Politik!

Wilhelm Roepke
22 Tage her

Ja, wer die Pressefreiheit abschaffen will, muss mit Konflikten rechnen.

Wilhelm Roepke
22 Tage her

Vielleicht schlägt die EU ja vor, es wie in Rumänien, Thüringen, der Türkei oder Frankreich zu machen? Rückgängig machen ist ein Wesenszug „unserer“ Demokratie.

Jens Frisch
22 Tage her

„Laut Exit-Polls erhielt er 54,2 Prozent der Frauenstimmen und über 60 Prozent der Stimmen von Akademikern.“
Roland Baader hat ein Buch geschrieben, das davon handelt, wie die akademische Welt vollständig verblödet – der Titel des Buches ist daher naheliegend:
„totgedacht“

Inga
22 Tage her
Antworten an  Jens Frisch

So ist es. Und mich stört der Satz „73% der Wähler mit einfachem Schulabschluss stimmten für Nawrocki“ . Soll im Umkehrschluss heißen, die geistig Minderbemittelten stimmten halt wieder für rechts.
Meine lange Erfahrung ist die, dass akkurat Akademiker in ihrer Blase leben und oft genug die Volltrottel sind. Studium hat nichts mit Lebenserfahrung zu tun.

Mikmi
22 Tage her

Wer hat da nur wieder gezählt? Und dann noch nicht einmal EU konform, läßt sich da noch was machen, oder gleich rausschmeißen?