Istanbuler Konferenz: Keine Entwaffnung der Hamas – Dschihad gegen Israel in „allen Formen“

In Istanbul wurden Israelis als „hartnäckiger Erreger“ bezeichnet, von dem Palästina zu säubern sei. Gesagt hat es Diyanet-Chef Ali Erbas, der auch die deutschen Ditib-Gemeinden führt. Die Religionsgelehrten riefen zum Dschihad in „allen Formen“ auf. Derweil tobt ein verdeckter Krieg zwischen Israel und der Türkei.

picture alliance / Anadolu | Turkish Presidency/Murat Kula
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan empfängt den Chef der türkischen Religionsbehörde Diyanet Ali Erbas, Ankara, Türkei, 30.08.2025

In der Türkei darf man allmählich die Frage stellen, wer sie eigentlich regiert: der gewählte Präsident oder dessen unterirdische Verbindungskanäle nach Katar und in die Muslimbruderschaft bis nach Gaza. In Istanbul fand in den letzten Tagen eine achttägige Konferenz zur Lage in Gaza statt. Ausgerichtet wurde sie von der in Katar sitzenden Internationalen Union muslimischer Gelehrter (IUMS) und der türkischen Stiftung für islamische Gelehrte. Auch Präsident Erdogan empfing die IUMS.

Auch auf der Konferenz vertreten waren: der Leiter der türkischen Religionsbehörde Diyanet, Prof. Dr. Ali Erbas, sowie Marwan Abou Ras, ein Hamas-Offizieller und Mitglied im IUMS-Kuratorium. Abou Ras hat auch schon über den exquisiten „Moschusduft“ gesprochen, den „Märtyrer“ aus den Reihen der Hamas – also Terroristen gegen Israel – angeblich nach ihrem Tod verbreiten.

Sowohl Katar als auch die Türkei gehören zu den engsten Verbündeten der Hamas, alle drei sind der internationalen Muslimbruderschaft verbunden. So lebte der frühere Hamas-Chef Ismail Haniyya auf großem Fuß in Katar. Auch in der Türkei Erdogans war Haniyya stets willkommen. Die Hamas wurde auch mittels türkischer Banken finanziert. Für Erdogan und die Kataris sind die Muslimbrüder-Bezüge das, was jenseits aller Politik, aber auch in der Politik eigentlich zählt.

Kriegerische Töne in Istanbul

Auch auf der Istanbuler Konferenz dominierten die kriegerischen Töne gegen Israel. Der Hamas-Prediger Abou Ras rief zu einem nachhaltigen Dschihad aller Muslime auf: „Wenn unsere Waffen, unsere Mittel, unsere Kraft heute nichts nützen sollen – wann dann? Sofort, ja, genau jetzt muss der Dschihad in Gaza unterstützt werden.“ Der IUMS-Präsident Ali Al-Qaradaghi nahm den Völkermord-Vorwurf gegen Israel auf und war der Meinung, dass das aktuelle Geschehen „sogar die Verbrechen von Hitler übertrifft“. Weiter: „Wir sind nicht nur hier, um das zu verurteilen, sondern um eine globale Front von Gelehrten, Denkern und freien Menschen aufzubauen, die sich dem neuen Nazismus entgegenstellen.“ Das waren erkennbar keine Einzelstimmen, sondern die Grundtendenz der Konferenz.

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In deren Abschlusserklärung heißt es: „Wir, die Gelehrten, die an der Konferenz teilnehmen, sind entschieden gegen die Entwaffnung des Widerstands. Wir lehnen alle Aufrufe, die darauf abzielen, das palästinensische Volk von seinem legitimen Recht auf Widerstand abzuhalten, kategorisch ab. Wir bekräftigen mit Nachdruck, dass das palästinensische Volk alle legitimen Widerstandsformen gegen die zionistische Besatzung hat, einschließlich des bewaffneten Widerstands. Daneben halten wir es für notwendig, die Ummah [Gemeinschaft der Muslime] für alle Formen des Dschihad auf dem Wege Allahs zu mobilisieren.“

Auch der Terror-Angriff vom 7. Oktober war also in den Augen dieser „Religionsgelehrten“ gerechtfertigt, obwohl offenkundig ist, dass er auf einen Völkermord an den jüdischen Bewohnern Israels abzielte. Hätte man den Terroristen keinen Einhalt geboten, dann wären sie durch weitere Siedlungen gezogen, um deren Einwohner auf bestialische Art zu töten, zu verschleppen und zu missbrauchen.

Nahost-Krieg wird nach Deutschland importiert – via Ditib

Der Chef der türkischen Diyanet, Ali Erbas, wird nun mit den schon unglaublichen Worten (geäußert auf der Istanbuler Konferenz) zitiert: „Heute sind die völkermörderischen Zionisten die größte Bedrohung für die Muslime. Sie sind die größte Plage für die Menschheit. Ein hartnäckiger Erreger, der universelle Werte zerstört. Wir müssen das palästinensische Land von diesem Erreger säubern.“ Das ist ziemlich eindeutig ein Aufruf zum Völkermord gegen die Israelis. Es ist die Zuspitzung und Ausbuchstabierung des bekannten Spruchs „Vom Fluss bis zum Meer“.

Kritiker heben die Romantisierung der Hamas als „Widerstandsbewegung“ hervor, wie man sie ja auch aus ultralinken Kreisen im Westen kennt. Hinzu kommt aber der offene Aufruf zum Dschihad in allen seinen Formen und der Aufruf zur Vertilgung aller Juden aus Israel. Kritisch ist aber auch: Diyanet-Chef Ali Erbas ist der oberste Leiter auch von Ditib, der zahlreiche muslimische Gemeinden in Deutschland angehören und mit der deutsche Länder Staatsverträge über Religionsunterricht an Schulen abschließen.

Damit ist der Nahost-Krieg in noch einmal neuem Gewand in Deutschland angekommen. Deutsche Ditib-Gemeinden und Ditib-Lehrer in Deutschland haben fortan jeden Grund, ihrem religiösen Führer zu folgen und sich ebenfalls in den Dienst dieses „Dschihads in allen Formen“ zugunsten der Muslimbrüder-Hamas im Gazastreifen zu stellen. Man darf gespannt sein, in welcher Form das geschehen wird.

Ankara ruft neue Boykott-Stufe aus

Dass die islamischen Prediger durchaus Politik machen, zeigt eine weitere Entwicklung dieser Tag. Schon früher hatte der Diyanet-Chef Ali Erbas zum Boykott israelischer Waren aufgerufen – im Interesse „unserer unterdrückten Brüder und Schwestern in Gaza und auf der ganzen Welt“ (Nordic Monitor, 7. März 2025). Nun sagte Professor Nasrullah Haci Muftuoglu, Präsident der türkischen Islamgelehrtenstiftung, Sanktionen gegen Israel seien „eine Priorität, die auf den Gesetzen der Scharia und internationalen humanitären Grundsätzen beruht“ (Türkiye Today, 23. August 2025).

Eisern geschlossene Grenze
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Am Samstag hat Außenminister Hakan Fidan angekündigt, dass die Türkei alle Handelsbeziehungen zu Israel einstellen wolle. Apportiert da ein Außenminister für die Religionsgelehrten? Fidan teilte der Presse mit, der türkische Luftraum werde für israelische Flugzeuge und türkische Häfen für israelische Schiffe gesperrt. Gemeint sind vor allem israelische Regierungsflugzeuge und Waffenlieferungen. Normale Flüge können wohl weiter stattfinden, wie die Times of Israel mit Verweis auf die Fluglinien Arkia und Israir berichtet.

Trotzdem erklärte Fidan markig: „Wir haben den Handel mit Israel vollständig eingestellt. Wir haben unsere Häfen für israelische Schiffe geschlossen. Wir erlauben türkischen Schiffen nicht, israelische Häfen anzulaufen.“ Laut Reuters haben türkische Hafenbehörden schon letzte Woche Schiffsmakler „inoffiziell“ aufgefordert, schriftlich zu versichern, dass ihre Schiffe in keinem Zusammenhang mit Israel stehen und vor allem keine militärische oder gefährliche Fracht dorthin bringen.

Konflikt hinter den Kulissen

Schon früher hatte die türkische Führung Einschränkungen für den Handel mit Israel angekündigt und behauptet, dass seit Mai 2024 kein Handel mehr mit dem Land stattgefunden habe. Davon wäre aber vor allem die Türkei betroffen, denn deren Exporte nach Israel überwogen zuletzt deutlich die israelischen in die Türkei. Ein Boykott träfe vor allem türkische Exporteure. Und so darf man durchaus fragen, was die neuen Ankündigungen des türkischen Außenministers eigentlich bedeuten und was sie begründet.

Mehrere Faktoren kommen in Frage: etwa ein israelischer Angriff auf türkisches Überwachungsgerät, das der Spionage gegen Israel dienen sollte, in der Nähe von Damaskus Mitte letzter Woche. Zwei Tage vor der Boykott-Ankündigung hatte Benjamin Netanjahu zudem die türkisch-osmanischen Völkermorde an den Armeniern und Pontos-Griechen anerkannt. Die Wetterzeichen zwischen Israel und der Türkei scheinen allgemein auf Sturm zu stehen. Die Muslimbrüder-Verbindungen der Türkei wirken in dieselbe Richtung, darin besteht ihre politische Bedeutung.

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Kommentare ( 35 )

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Dieter Rose
3 Monate her

Die Türkei muss unbedingt in die EU! Wer das bisher nicht begriffen hat. Sie wird als einzige Macht dafür sorgen können, dass ein Bürgerkrieg kurz und (fast) schmerzlos für uns verläuft….

Phil
3 Monate her
Antworten an  Dieter Rose

Es ist ja schon bedenklich das die Türkei die grösste Armee Europas ihr eigen nennt, jetzt will man sie auch noch bei politischen Entscheidungen in Europa mitmischen lassen und dem Islam Tür und Tore öffnen? Nein, der Islam gehört nicht zu Europa, obwohl irgendwelche retardierten Globalisten und Berufssozialisten dies die ganze Zeit behaupten. Der Islam ist eine expansive und kriegerische Religion, in welcher, anders als im Westen üblich, keine Teilung zwischen Kirche und Staat existiert und anders als in der christlichen Religion, welche sich zum Konzil von Nicäa zum ersten mal auf eine Deutung der heiligen Schrift festgelegt hat, über… Mehr

siebenlauter
3 Monate her

Sowohl in der Ditib als auch in den Regierungsparteien der Türkei gibt es auch andere Stimmen. Mal sehen, was in diesem aufkommenden Wahnsinn, dieser Raserei, noch zu machen ist.

Deutscher
3 Monate her
Antworten an  siebenlauter

Genau, schau mer mal! ☺️
Das ist immer die beste Position: Abwarten, bis Fakten geschaffen sind. Danach kann man mit vollem Recht die manifesten Zustände beklagen, ohne das Risiko einer unbewiesenen eigenen Meinung einzugehen. 👍🏻

Last edited 3 Monate her by Deutscher
siebenlauter
3 Monate her
Antworten an  Deutscher

Keine wirklich gute Idee und sie werden das ironisch gemeint haben. So war das allerdings von mir weder gemeint, noch geht es darum. Meinereiner wird etwas machen – und auch an durchaus einflussreicher Stelle. Die Frage ist nur, wie weit meine Kräfte reichen und ob es dann Erfolg hat. Es wird mir einiges an Diplomatie abfordern.

Wilhelm Rommel
3 Monate her

Die Masken fallen und offenbaren das, was helle Köpfe schon seit langen Jahren und Jahrzehnten kommen sahen bzw. prophezeit haben: Diese Leute können (um es metaphorisch-niederdeutsch) zu sagen „in heiler Haut nicht leben“! Dabei bleibt es rätselhaft, warum den offenen oder ‚heimlichen‘ Ditib-Funktionären und -predigern hierzulande noch immer bei jeder Gelegenheit rote Teppiche ausgerollt werden oder man sich vor ‚politisch korrekter Begeisterung‘ überschlägt, wenn etwa wieder mal eine ‚Eroberer-Moschee‘ eingeweiht wird; aber ein genaueres Hinsehen auf ‚ganz persönliche‘ Verflechtungen – meinetwegen auch Verrenkungen – unseres ‚Spitzenpersonals‘ hilft da schon weiter – es ist allerdings tabu-behaftet wie der kariöse Mundgeruch gewisser… Mehr

Last edited 3 Monate her by Wilhelm Rommel
Haba Orwell
3 Monate her

Wie es scheint, die Türkei schwenkt vom Westen zum Globalen Osten mit BRICS und SOZ: https://tkp.at/2025/08/31/der-soz-gipfel-in-tianjin-und-dilemma-der-tuerkei/ > „… Das Interesse der Türkei an der SOZ ist das Ergebnis von Schwierigkeiten in ihren Beziehungen zum Westen: Die EU-Beitrittsverhandlungen sind seit Jahren ins Stocken geraten, die Spannungen innerhalb der NATO sind eskaliert wegen Operationen in Syrien, dem Kauf des russischen Raketensystems S-400 und Energiestreitigkeiten im östlichen Mittelmeer. Die Partnerschaft bietet Ankara ein Forum, um seine Interessen ohne ideologische Zwänge und mit der Möglichkeit der Institutionalisierung seiner regionalen Agenda zu verfolgen. …“ Wie man es auch drehen möchte, Israel ist eng mit den… Mehr

Paul Brusselmans
3 Monate her

Die Türkei ist immer noch EU-Beitrittskandidat, bekommt allein dadurch massive Hilfe, und hält EU-Territorium , sprich den Norden des EU-Mitglieds Republik Zypern als „Türkische Republik Nord Zypern“ völkerrechtswidrig besetzt. Solang hier kein Schlussstrich gezogen wird, scheint es mit den „europäischen Werten“ nicht weit hergeholt zu sein. (s. auch die harmonischen Beziehungen von der Laiens mit Aserbeidschan, Diktatur, armenienfeindlich und wesentlich an den Unruhen in Neukaledonien aufgrund des Schutzes Frankreichs gegenüber Armenien beteiligt). Die Türkei ist ein Scheinriese auf tönernen Füssen, dem man wirtischaftlich recht schnell den Garaus machen könnte, wenn man es denn wollte. Aber auf den Israelis herumhacken, die… Mehr

Haba Orwell
3 Monate her
Antworten an  Paul Brusselmans

> und hält EU-Territorium , sprich den Norden des EU-Mitglieds Republik Zypern als „Türkische Republik Nord Zypern“ völkerrechtswidrig besetzt

Lesen Sie in der Geschichte nach – 1974 wollten Putschisten aus dem Süden die Insel an Griechenland anschließen, die Türkei kam den Landsleuten im Norden zur Hilfe. Damals war auch Griechenland noch nicht in der EUdSSR und Zyperns Süden erst recht nicht.

Memphrite
3 Monate her

Das türkische Säbelrasseln ist nur Show für die eigene Bevölkerung. Die Türkei und Aserbaidschan sind quasi Alliierte von Israel. Das darf natürlich nicht so aussehen, deshalb das Säbelrasseln. Es gibt starke Indizien das Israel den Iran auch von Norden, über das Kaspische Meer, angegriffen hat. Wie konnten Jets dahin kommen? Nur durch den türkischen und Luftraum. Aserbaidschan unterhält israelische Basen für die Ausspionierung de Irans. Israel hat Aserbaidschan militärisch bei seinen Kriegen gegen das Christliche Armenien unterstützt. Und Aserbaidschan ist ein Bündnispartner der Türkei. Das meiste Öl nach Israel kommt durch die Türkei aus Aserbaidschan. Wenn die Türkei Israel wirklich… Mehr

Haba Orwell
3 Monate her
Antworten an  Memphrite

Bei derart undurchsichtigen Fronten wundert umso mehr, dass Manche so gerne in diesen Krieg rennen möchten. Für was genau?

Michael W.
3 Monate her

Erdogan ist ein Islamist. Das ist aber schon seit vielen Jahren bekannt.

Vati5672
3 Monate her

Sehr witzig!

Man holt sich fremde Konflikte ins Land. Ob Frankreich, GB, NL; E,
und D. Aus Ungarn und Polen ist so etwas nicht bekannt, aber
Orban wird „gezwiebelt“.

Das hat Martin Neuffer (LINKS SPD) schon in seinem Buch von 1981
vorhergesagt. Auszüge sind mit „Die Reichen werden Todeszäune ziehen“
Zu finden. Man landet beim Spügel.

Elmar
3 Monate her

An die Entwaffnung der Hamas kann doch eigentlich nur jemand geglaubt haben, der Schwierigkeiten damit hat, bis drei zu zählen. Das gleiche gilt für das Gelaber über die Entwaffnung der Hisbollah.

Marcel Seiler
3 Monate her

Der Islam ist nicht einfach eine Religion gemäß Art. 4 Grundgesetz; dafür qualifizieren sich nur gewisse Teile des Islams. Deutschland muss anfangen, das militärische und ideologische politische Potential des Islams, das grundgesetzwidrig ist, ernst zu nehmen und aktiv zu bekämpfen.

Ein Anfang könnte ein Islamgesetz sein, das festlegt, welche Lehren des Islams in Deutschland geduldet werden können und welche Lehren als grundgesetzwidrig zensiert und verfolgt werden müssen. Gerade die Muslime, die nach Deutschland wegen seiner Freiheiten, seiner westlichen Rechtsstaatlichkeit und seines Wohlstands gekommen sind, werden ein solches Gesetz unbedingt begrüßen.