Regionalwahlen in Italien: Meloni und das rechte Lager bestätigt

Giorgia Meloni hat die erste Nagelprobe nach ihrem Amtsantritt bestanden: in den beiden wichtigen Regionen Latium und Lombardei holt das Mitte-Rechts-Bündnis mehr als 50 Prozent der Stimmen. Verlierer sind die Linken – und Matteo Salvini.

IMAGO / ZUMA Press

Während die Bundesrepublik auf das kaum regierbare Berlin schaut, ereignet sich in Italien das eigentliche Wahlbeben in Europa – mal wieder. In der Lombardei, der demographisch wie wirtschaftlich bedeutendsten Region des Landes, sowie der Hauptstadtregion Latium haben die italienischen Wähler ein deutliches Votum abgegeben. Nach jetzigem Stand gewann das Mitte-Rechts-Bündnis von Attilio Fontana (Lega) mit 54,4 Prozent in der Lombardei; in Latium errang Francesco Rocca (FdI) 52 Prozent. Das Linksbündnis kam dagegen nur auf 34 Prozent in der Lombardei und auf 35 Prozent in Latium.

Damit verteidigen die bürgerlichen und konservativen Parteien die Lombardei mit der Wirtschaftsmetropole Mailand. Schon 2018 hatte das Lager dort annähernd 50 Prozent erreicht. Latium dagegen war in den letzten Jahren zum umstrittenen „Swing state“ geworden. Rocca, der früher als Präsident des Italienischen Roten Kreuzes fungierte, verbesserte das Gesamtergebnis der bürgerlich-konservativen Parteien um rund 20 Prozentpunkte.

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Für Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, deren Partei Rocca angehört, ist die Doppelwahl die erste Abstimmung über ihre Politik. Mehr als 100 Tage sind seit ihrer Amtseinführung vergangen. Zur Nagelprobe hatte sie das Votum dabei selbst gemacht: sie nannte die Regionalwahlen einen Test. Diesen hat sie nicht nur bestanden. Sie dürfte so fest wie nie im Sattel sitzen.

Denn ein „Meloni-Faktor“ wohnt den Ergebnissen inne. Das gilt nicht nur für Latium, wo die Nationalkonservativen nach fast 20 Jahren wieder den Ministerpräsidenten stellen. Die Lombardei war bis zur Parlamentswahl im Herbst 2022 kein gutes Pflaster für die als süditalienisch wahrgenommene Meloni und ihre Partei. Stattdessen gilt sie als Stammland von Matteo Salvinis Lega, die dort 2018 rund 30 Prozent errang.

Doch die verliert jetzt wie schon im Herbst wichtige Stimmen. Nach jetzigem Stand kommt die Partei von Infrastrukturminister Salvini nur noch auf rund 16 Prozent. Melonis FdI erreicht rund 23 Prozent. Das ist für lombardische Verhältnisse eine Revolution. Zwar wird die Lega mit Fontana den Ministerpräsidenten behalten. Aber Melonis Partei hat damit ein Standbein in Norditalien aufgebaut, das in dieser Größe ein Novum ist.

Möglicherweise hat am lombardischen Debakel auch die Corona-Politik ihren Anteil, so galt das Krisenmanagement am Beginn der Krise im Jahr 2020 als mangelhaft. Nachdem Fontana zuerst der Vorwurf traf, er hätte in der Corona-Krise anfangs zu wenig getan, beklagten sich später insbesondere die mittelständischen Unternehmer, dass die Corona-Politik ihnen die Luft zum Atmen abschnüre. Die FdI hatten sich dagegen als Maßnahmenkritiker hervorgetan. Möglich, dass sich diese Vergangenheit nun rächte.

Die Popularität Melonis und der ruinöse Zustand der italienischen Linken tat ihr übriges. Doch nicht nur Salvinis Partei hat schlechter als erwartetet abgeschnitten. Das Ergebnis von Silvio Berlusconis Forza Italia halbierte sich von 14 auf 7 Prozent. Schlimmer traf es nur noch die Fünf-Sterne-Bewegung (M5S): Sie stürzte von 18 auf 5 Prozent ab.

Ein weiteres Thema: die verheerend niedrige Wahlbeteiligung. Gingen 2018 noch 73 Prozent der Lombarden an die Wahlurne, so waren es diesmal nur 42 Prozent. Die niedrige Wahlbeteiligung dürfte dabei aber weniger den Sieg des rechten Lagers begünstigt haben, denn vielmehr ein Grund für den Abstieg von Lega und Forza Italia sein, die ihre Hochburgen in diesem Urnengang eingebüßt haben. In Latium, das eine ähnlich historisch niedrige Wahlbeteiligung (37 Prozent) verzeichnete, litt dagegen die Linke unter der Apathie der Wählerschaft.

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Trotz dieser Wehrmutstropfen können die FdI jedoch eines der besten Ergebnisse ihrer Parteigeschichte einfahren. Meloni gewinnt damit sowohl gegenüber dem linken politischen Gegner wie auch im Wettstreit mit den anderen rechten Parteien an Raum. Berichte der vornehmlich linken Presse, die Aufhebung des Tankstellenrabats hätte sie ihre Popularität gekostet, bewahrheiten sich nicht. Stattdessen goutieren die Wähler offenbar ihre Politik und verlängern den Vertrauensvorschuss. Für die gebürtige Römerin ist der Sieg in der Heimatregion dabei eine besondere Genugtuung, nachdem sie 2016 als Bürgermeisterkandidatin der Ewigen Stadt scheiterte.

Aber der Wahlsieg ist nicht nur eine inneritalienische Angelegenheit. Ohne innenpolitischen Druck hat Meloni den Rücken für europäische Projekte frei. Frankreichs Präsident Emanuel Macron muss mit einem unsicheren Parlament verhandeln, die Schwäche der deutschen Ampelkoalition hat sich herumgesprochen. Dagegen kann Meloni trotz aller Unkenrufe durchregieren. In Libyen hat sie kürzlich einen Gasdeal vorangetrieben und möchte die Stabilität des Landes und dessen Rückkehr in die italienische Sphäre beschleunigen. Und in Brüssel hat die Rückkehr Italiens als Machtfaktor bereits dafür gesorgt, dass sich die Akzente in der europäischen Migrationspolitik ändern sollen.

Anders als in Berlin muss man in Italien derzeit weder knappe Wahlen, noch unbeliebte oder wacklige Koalitionen fürchten. Während die Berlinwahl nicht zuletzt ein Sinnbild für die verfahrene politische wie gesellschaftliche Lage Deutschlands ist, herrschen im politischen Italien so klare Verhältnisse wie seit 20 Jahren nicht mehr. Was Meloni aus dieser einmaligen Vorlage macht, muss sie in den kommenden Monaten zeigen.

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Kommentare ( 21 )

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Daimondoc
1 Jahr her

Mein herzlichen Glückwunsch, und ein weiter so es gibt doch noch Staaten wo die Wähler Hirn im Kopf haben.

Waldorf
1 Jahr her

Frau Meloni ist eine glückliche Hand zu wünschen. Sie hat jedenfalls das Potenzial, eine Art italienische Muddi „Merkel“ zu werden, egal wie entfernt sie von Merkels Positionen steht. Sie ist jung und charismatisch genug, lange MPin bleiben zu können, was die italienische Tradition kurzer Amtszeiten brechen könnte. Sie muß nur alle Wettbewerber und Neider alt aussehen lassen, selbst die Jungen. Klar ist jedenfalls, wer ihre politischen Feinde sind und sie lieber gestern als morgen in die Wüste schicken würden, die mittlerweile fast schon offizielle Allianz der „üblichen Verdächtigen“ aus „linken“ Vorfeldorganisationen und ihren reichen Hintermännern. Insbesondere über die EU werden… Mehr

doktorcharlyspechtgesicht
1 Jahr her

Man wird sehen, ob und wie Meloni neofaschistische Klientel bedienen muss und will. Man sollte das nicht unterschätzen, Faschismus gilt bei vielen inzwischen wieder als schick, bekommt gar einen intelektuellen Anstrich und nach Predappio zum Grab Mussolinis wird auch wieder eifrig gepilgert. Die NATO hatte zur Zeit des Kalten Krieges die Rechten in Italien für Gladio und stay-behind-Netzwerke vereinnahmt; es sind also keine Underdogs, die hier neue Lösungen aus dem Hut zaubern. Meloni bedient USA und NATO auch aufs beste. Eine richtige Linke gibt es wie in Italien nicht mehr; früher gab es dort eine sehr fortschrittliche und kampfstarke KP,… Mehr

Edwin
1 Jahr her

Sehr richtig, nur dass der Faschismus zwischenzeitlich von den Öko-Linken kommt.

alter weisser Mann
1 Jahr her

Kann in Deutschland nicht passieren, hier gibt es zwar ein linkes Lager, aber kein rechtes. Rechts gibt es nichtmal zarte Versuche, sich zu so etwas zu bewegen, weil sich zu viele lieber geschmeidig den Linken andienen wollen.
Das endet dann wie aktuell in Berlin zu beobachten, ein Wahlsieger, der im Zweifel gegen die Koalition der linken Verlierer verliert.

Last edited 1 Jahr her by alter weisser Mann
fatherted
1 Jahr her

Vielen Dank für das News-Update aus Italien…aus anderen „Medien“ erfährt man ja nichts darüber….wie man auch nichts aus dem Rest Europas erfährt, was nicht positiv mit links/grün zu tun hat. Es bleibt zu hoffen, dass das Bündnis hält und Frau Meloni ihre Politik fortsetzen kann. Wenn ich mir die letzten Berichte (Scholz + Meloni) aus den ÖR-Nachrichten anschaue…so wurde darüber nur berichtet, weil man 4-5 mal hintereinander Frau Meloni als Post-Faschistin bezeichnen konnte. Wahrscheinlich weiß beim ÖR sowieso niemand was Faschismus eigentlich bedeutet.

Kuno.2
1 Jahr her

Frau Meloni kann nicht viel falsch gemacht haben, wenn diese seit der Parlamentswahl nunmehr in der Regionalwahl bestätigt wurde.

Sonny
1 Jahr her

Herzlichen Glückwunsch Frau Meloni! Meine Sympathie gilt der italienischen Bevölkerung, die sich anscheinend nicht so leicht ins Bockshorn jagen läßt, wie die Deutschen. Und das die Wahlen in Italien auch weiterhin auf Europa abstrahlen werden. Italia, Italia! Und jetzt weiter so, voran!
Wenn Deutschlands Macht in der EU gebrochen sein wird, weil in der mittelfristigen Zukunft D das Geld der Bürger ausgeht, ist Schluss mit lustig.
Der Ausverkauf Deutschlands hat sowieso schon begonnen. Die Abstimmung der Biodeutschen mit den Füßen, also diejenigen, die dieses Land bereits verlassen haben oder mitten in den Vorbereitungen stecken, ist überwältigend.

IJ
1 Jahr her

Ich gratuliere Giorgia Meloni herzlichst zur weiteren Einigung des liberal-konservativen Lagers in Italien. Ihre Integrationskraft kann man nur bewundern. Ein großes Glück für Italien. Friedrich Merz hat noch nicht einmal begriffen, dass genau dies seine Aufgabe in Deutschland wäre. Daran, dass er die Aufgabe mit der gleichen Bravour wie Frau Meloni lösen würde oder könnte, wenn er sie denn begreifen würde, ist schon gar nicht zu denken. Profis drüben und bornierte Nieten hüben. Leider.

Rene Meyer
1 Jahr her

Herr Gallina, eine Frage habe ich (damit ist noch keine Kritik verbunden): Warum schreiben Sie vom rechten „Lager“? Würden Sie auch vom linken Lager oder von einem Lager der Mitte sprechen?

JamesBond
1 Jahr her

Italien war in den letzten (in Deutschland Corona Diktatur) Jahren einfach nur Spitze (Freiheit und keine FDP-Maske) und mit Meloni wird es noch besser: Bella Italia, wir lieben Dich!!!!