Thomas Gottschalk: Wutrede über Corona-Krisenstäbe und Öffentlich-Rechtliche

Der Entertainer sprach dem Zwangsgebührenfernsehen im Verlauf einer Clubhouse-Runde fast dessen Existenzberechtigung ab.

IMAGO / STAR-MEDIA

Gerade erst hatte der Moderator Thomas Gottschalk im Windschatten eines viel größeren Shitsturms ein paar Brocken abbekommen, als er sich in einer nur von Herkunftsdeutschen besetzten Talkshow für die Beibehaltung des Begriffs „Zigeunersauce“ ausgesprochen hatte und u.a. davon erzählte, dass er sich mit schwarzbemalten Gesicht mal als Jimmy Hendrix verkleidet mit den Problemen von Rassismus beschäftigt hätte.

Diesen Auftritt empfanden manche als Ärgernis. Aber anstatt sich für den Moment mit polarisierenden Äußerungen zurückzuhalten, nahm sich der 70-Jährige auf der in Deutschland gerade stark angesagten Plattform „Clubhouse“, einer Audio-App mit Talkshow-Anleihen, die Öffentlich-Rechtlichen vor, jene per Zwangsgebühren finanzierte Institution, die Gottschalks Prominenz ebenso wie seinen Wohlstand ermöglicht hat. Die Zuschauer und Zuhörer nehmen solches dankbar an.

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Passiert sein soll es am Sonntagabend gegen 19:10 Uhr, als Thomas Gottschalk Teilnehmer einer – bezogen auf die aktive Teilnahme – geschlossenen Clubhouse-Gesprächsgruppe war, die sich ursprünglich um die RBB-Intendantin Patricia Schlesinger gebildet hatte. Entsprechend des Konzeptes der Audio-App wurde Gottschalk von einem, der die Aufgabe des Moderators übernommen hatte, „auf die Bühne geholt“ und um sein Statement gebeten.

Und schon brach es aus dem bisher zwar für seine mitunter flapsige Schnauze, aber doch nicht für Brandreden bekannten Prominenten heraus – eine Brachialkritik am öffentlich-rechtlichen Fernsehen:

„Wir senden uns hier in einem Verwaltungsmoloch zugrunde, wo die Anstalten sich gegenseitig nicht das Schwarze unter den Nägeln gönnen. (…) Ich bin der Meinung, dass es jetzt Corona-Stäbe gibt, die schon Angst davor haben, dass die Seuche in den Griff zu kriegen ist, weil dann sämtliche Krisenstäbe eingestampft werden. Sowas können sie.“

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Weiter, so vermeldete u.a. ein Online-Portal, das zufällig Ohrenzeuge im Background der Sendung war, hätte Gottschalk erklärt, der Unterschied zwischen Anspruch und Wirklichkeit im öffentlich-rechtlichen Fernsehen sei einfach katastrophal. Seine Wutrede dauerte geschlagene drei Minuten. Und wer würde bestreiten, das Gottschalk nicht nur ein großer Profiteur, sondern auch ein intimer Kenner der Öffentlich-Rechtlichen ist:

„Sie sind ja nicht mal in der Lage ihre eigenen Programme zu promoten, ins Fenster zu stellen, weil dann der MDR sagt: Moment, wir senden gegen den SWR im Dritten. Die treten sich gegenseitig auf die Füße, da ist kein Gesamtmanagement dahinter. (…) Ich bin voll heiligem Zorn, was die Chancen des öffentlich-rechtlichen Fernsehens betrifft und wie wenig daraus gemacht wird. Und wenn man jetzt nach 50 Jahren sagt, wir lernen ja dazu – dann muss ich sagen, das hat wirklich gedauert.“

Und weil es so schön war, sprach Gottschalk dem Zwangsgebührenfernsehen im Verlauf der Clubhouse-Runde gleich mal fast ganz dessen Existenzberechtigung ab, die Zukunft der ARD sei Radio, da gäbe es noch „geniale Beiträge“ und „unglaublich tolle Features“. Das sei im übrigen auch der „öffentlich-rechtliche Auftrag“.

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Sagt einer, der Jahrzehntelang nichts dabei fand, auf „geniale Beiträge“ und „unglaublich tolle Features“ zu verzichten und dafür Millionen zu verdienen mit einer Art gigantomanem Rummelplatz-Fernsehen rund um sportliche Wetten und Auftritte prominenter Weltstars, die dieses Forum aktiv nutzen ihr neuesten Produkte unter die Leute zu bringen.

Aber wir dürfen nicht undankbar sein: Erst so einer eigentlichen Illoyalität ist es ja zu verdanken, wenn mal ein paar Wahrheiten gesagt werden. Und in diesen lauten Wahrheiten ist Thomas Gottschalk dann wieder der Mann von der Straße, für den er so lange den Samstagabend-Unterhalter gegeben und die große weite Welt – freilich auf Gebührenzahlerkosten – nach Gelsenkirchen ins Wohnzimmer gebeamt hatte.

Weniger als eine halbe Stunde später um 19:38 Uhr war der Spuk vorbei und Gottschalk wieder aus dem Clubhouse entschwunden. Der neuen App dürfte es jedenfalls genutzt haben, mal sehen, ob es da demnächst in den Pausen Gummibärchen regnet.

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Kommentare ( 103 )

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103 Comments
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Donostia
3 Jahre her

„Wir senden uns hier in einem Verwaltungsmoloch zugrunde, wo die Anstalten sich gegenseitig nicht das Schwarze unter den Nägeln gönnen. (…) Ich bin der Meinung, dass es jetzt Corona-Stäbe gibt, die schon Angst davor haben, dass die Seuche in den Griff zu kriegen ist, weil dann sämtliche Krisenstäbe eingestampft werden. Sowas können sie.“ Ja so ist es. Es werden Behörden oder Krisenstäbe usw. aus der Taufe gehoben um ein Problem zu bearbeiten. Eigentlich müsste man dann irgendwann diese Behörden oder Krisenstäbe usw. aufheben wenn das Problem behoben ist. Das tut man aber nicht. Ein weiteres Beispiel ist zum Beispiel die… Mehr

Ralf Poehling
3 Jahre her

Der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk soll die informationelle Grundversorgung der deutschen Bevölkerung sichern. Er ist also keine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, deren Ziel nur die Beschäftigungstherapie von Menschen wäre, die in der Privatwirtschaft keinen Fuß auf den Boden bekommen. Dass der Ö-R Funk über die Jahre so massiv gewuchert ist und dabei seine eigentliche Kernaufgabe mehr und mehr vernachlässigt, geht Hand in Hand. Grundversorgung bedeutet eben nicht Marktdominanz und der Ö-R Funk ist auch kein(!) Wettbewerber auf dem freien Markt. Er finanziert sich faktisch aus Steuermitteln. Die ursprünglich angedachte Staatsferne ist aus programmatischer Sicht auch nicht gegeben. Als kann man den Ö-R- Funk finanziell auch… Mehr

Ulrich
3 Jahre her

Warum in aller Welt sollen nur die ein Recht auf Kritik eines Systems haben dürfen, die nicht Bestandteil des Systems sind oder waren? Oder macht man das am Einkommen fest (Neidfaktor)? Das Öffentlich-Rechtliche hat sich sukzessiv von seinem ursprünglichen Bildungsauftrag getrennt (wenn man einmal von der Sendung mit der Maus absieht) und ist zur Propagandamaschine einer links-grünen Ideologie verkommen. Und gleichzeitig wird von beiden Seiten, Parteien der Nationalen Front Deuschlands und dem „Apparat“ des ÖR, dafür gesorgt, dass diese Verbindung inniger wird. Und dabei geht es weniger um Regierungsnähe als um eine enge Verbindung zu den hinter der aktuellen Regierung… Mehr

Andres
3 Jahre her

Unzählige andere trauen sich in der gleichen Situation nicht und plappern den anti-irgendwas-Neusprech völlig kritiklos nach.

Oneiroi
3 Jahre her

Man kann seinen Arbeitgeber nicht mögen, obwohl man von ihm profitiert. Das nennt sich Kosten-Nutzen Verhältnis.
Wenn kein Nutzen für den Arbeitnehmer mehr erkennbar ist und das Arbeitsverhältnis nicht mehr besteht, kommen in solchen Fällen regelmäßig die Leichen im Keller zum Vorschein.

Neumann
3 Jahre her

Die ÖRR haben nicht nur nichts dazu gelernt, die haben verlernt, ein leidlich ausgewogenes und interessantes Programm zu machen. Die haben Friedrichs Neutralitätsanspruch in die Tonne getreten und sich zu einer Mischung aus dicker Pensionskasse und Schulfunk entwickelt!

HavemannmitMerkelBesuch
3 Jahre her

Gottschalk am Pranger der vereinigten sozialistischen Linkenmedien, war doch klar, das wir das irgendwann erleben, wer sich noch an seine Sprüche in den alten Demokratietagen in seinen Sendungen erinnert – sexistisch, chauvinistisch, antifeministisch, in Teilen rassistisch, imperialistisch, kapitalistisch, Minderheitenfeindlich, homophob, antiislamisch – insgesamt also hochtoxisch und überhaupt vollkommen LGBTHIQJXXwasauchimmer-feindlich, konnte nicht glauben das es so lange ruhig bleibt um einen der alten weissen Männer! Der gehört doch längst gecancelt in der Jungkomsomolzenrepublik! Eigentlich gleich ins Wiedergutmachungslager zum Abarbeiten alter Privilegienschuld. Er kann ja mal versuchen an einer der rotrotgrünen Antifa-UNIs Deutschlands Vorträge über Meinungsfreiheit und Demokratie zu halten, man würde… Mehr

Klaus H. Richardt
3 Jahre her

Welcher ARD-Intendant versteckt sich denn hinter dem Kürzel GMNW? Anders ist Ihr Beitrag nicht zu verstehen. Die ÖRs sind 100% kritikfest solange ÖR-Karrieren vom Wohlverhalten gegenüber Anstaltsoberen und Politikern abhängen. Lieber GMNW, nennen Sie mir nur eine einzige konstruktive Kritik, die die Qualität des ÖR-Angebotes gehoben hat. Ich bin gespannt auf Ihre Antwort.

Sonny
3 Jahre her

Herr Gottschalk war in seiner jahrzehntelangen Bühnenpräsenz immer authentisch. Er ist nach wie vor ungeheuer beliebt und für die Meisten auch absolut glaubwürdig. Er kennt die öffentlich-rechtlichen Strukturen bis in die kleinsten Winkel und braucht überhaupt keine Angst davor zu haben, die Existenz zu verlieren, wenn er die Wahrheit sagt und massive Kritik äußert.
Insofern liegt es mir absolut fern, ihn für seine Wutrede zu kritisieren, weil er vorher mit dem besagten Medium viel Geld verdient hat. Im Gegenteil, von allem abgesehen: ER HAT SO WAS VON RECHT!!!

country boy
3 Jahre her

Gottschalk hat sich doch brav vom Regierungsfernsehen einspannen lassen, als es darum ging, gemeinsam gegen Trump zu agitieren. Da wurde er uns dann als intimer Kenner der USA in den eingschlägigen Polti-Talk-Shows vorgestellt. Da hat er sein wahres Gesicht gezeigt.

Ratloser Waehler
3 Jahre her
Antworten an  country boy

Gottschalk hat sich doch brav vom Regierungsfernsehen einspannen lassen, als es darum ging, gemeinsam gegen Trump zu agitieren.

Das stimmt, hat mich auch extrem gestört. Vor allem weil er sich sonst politisch nicht positioniert.