Habeck-Skandal: Graichens Trauzeuge ist nicht mal ein Bauern-Opfer

Der Trauzeuge des vetternwirtschaftenden Staatssekretärs Patrick Graichen soll nicht Dena-Chef werden. Das ist weniger als ein Bauern-Opfer. Die Grünen versuchen, den eigentlichen Skandal auszublenden.

IMAGO / photothek
Patrick Graichen, Staatssekretär im BMWK

Erstens besitzen die Grünen keine Erfahrung mit dem Krisen-Management, denn über alle möglichen Krisen, in die sie hätten geraten können, sahen die Medien bisher wohlwollend hinweg. Es gilt eben der eherne Grundsatz des aktivistischen oder „planetarischen“ Journalismus, wie ihn jüngst wieder die FAZ empfahl: Grüne kritisiert man nicht, Grüne lobt man, man stellt keine Nachfragen, sondern nimmt ihre Statements demütig entgegen. Die jetzige Krise der Grünen ist also letztlich auch eine Krise des woken oder aktivistischen oder planetarischen Journalismus. Zweitens ist das Selbstbild der Grünen so hochmoralisch imprägniert, dass sie keine Fehler begehen können, sondern stets die anderen die Schuld tragen. Jede Kritik empfinden sie deshalb gut verschwörungstheoretisch als Kampagne dunkler Kräfte, bspw. als Verschwörung der fossilen Industrie. Gern übersehen sie die Finger, die auf sie zeigen, wenn sie ihren unverhältnismäßig großen Zeigefinger auf andere richten.

Habeck und Graichen machten keinen Fehler – ihr Politikverständnis ist das Problem
Nicht anders als alle von ihnen bisher heftig kritisierten Parteien üben sich nun auch die Grünen in der Habeck-Graichen-Affäre in der stumpfesten Salamitaktik, und das auch noch so ungeschickt, dass sie sich dabei in den eigenen Finger schneiden. Unter Ausblendung des wirklichen Skandals, der in einer Art feudalistischen Nepotismus besteht, versuchen die Grünen, daraus den „kleinen“ dena-Fehler zu machen. Dieser „kleine“ Fehler, der dem überbeschäftigten Patrick Graichen unterlaufen sein soll, als mit mindestens seinem Zutun sein Trauzeuge Michael Schäfer für den Job als Chef der Deutschen Energie-Agentur (dena) ausgewählt wurde, soll nun geheilt werden, indem das Verfahren neu ausgeschrieben wird.

Was bleibt Michael Schäfer anderes übrig, als vom Vertrag zurückzutreten und auf eine Abfindung zu verzichten? Für ihn ist es der beste Weg, denn, dass er in einem neuen Verfahren bestätigt werden würde, scheint ausgeschlossen zu sein. Bild zitiert einen Grünen mit den Worten: „Es ist doch klar, dass beim neuen Verfahren das Ergebnis nicht wieder Michael Schäfer heißen kann, egal, wie gut er ist.“ Warum eigentlich nicht? Wenn er der beste Bewerber war und ist, warum sollte eine unabhängige Kommission dann nicht doch für ihn stimmen? Doch daran scheinen sogar selbst die Grünen zu zweifeln. Aber vielleicht – und das ist viel wahrscheinlicher – ist für sie die Frage der Eignung nicht relevant, genügend Führungspersonal, deren Ausbildungsstand mehr als zweifelhaft ist, haben sie ja. Wie sollte eine abgebrochene Theologie-Studentin wie Katrin Göring-Eckardt fachliche Eignung bewerten können, oder eine Studentin wie Jamilla Schäfer?

Um Michael Schäfer muss man sich keine Sorgen machen, seine Loyalität wird sicher mit einem hübschen Posten irgendwo, wo die Grünen Einfluss ausüben können, belohnt werden.

Graichens Skandalwirtschaft
Wozu Graichen seinen Trauzeugen als Chef der Deutschen Energieagentur gebraucht hätte
Doch darum geht es nicht. Es geht darum, Graichen zu halten und Habeck nicht weiter zu beschädigen. Es geht um die Wahl in Bremen und vor allem um die Wahl in Hessen, wo die Grünen hoffen, den Ministerpräsidenten stellen, zu können. Mit der Krisenkommunikation der beiden Parteivorsitzenden, Lang und Nouripour, scheint man in der Partei nicht recht glücklich zu sein, denn der plumpe Versuch, den Skandal auf einen Nebenbei-Fehler zu reduzieren, dürfte nicht funktionieren. Dazu liegt inzwischen schon zu viel auf dem Tisch – und es steht zu erwarten, dass das nicht alles ist. Deshalb sucht man intern nach weiteren Skandalen.

Schon ein Bauern-Opfer wäre in der Causa Graichen-Habeck kaum ausreichend, doch Michael Schäfer ist, um im Bild zu bleiben, eher einer seiner Knechte, statt der Bauer selbst zu sein. Der Bauer in diesem Spiel ist Patrick Graichen – und nur sein Opfer kann Robert Habeck schützen, es sei denn, es erfolgt nicht zu spät.

Im Krisenmanagement kommt alles auf das Momentum an, darauf, nicht getrieben zu werden, sondern die Agenda zu bestimmen – doch die Grünen sind inzwischen Getriebene, das Momentum steht gegen sie, zumal auch ihnen wohlgesonnene Medien auf Distanz gehen müssen, wenn sie nicht ihre letzte Glaubwürdigkeit einbüßen wollen.

Inzwischen, heißt es, steht schon die bange Frage, wen man statt Graichen dem Minister Habeck an die Seite stellen kann? Vielleicht Habecks Namibia-Beauftragten Rainer Baake? Doch auch damit entkommt man letztlich nicht dem Skandal, denn Baake als früherer Chef und Förderer Graichens gehört mit der Stiftung Klimaneutral zum ins Gerede geratenen Netzwerk.

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Kommentare ( 29 )

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29 Comments
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Chrisamar
10 Monate her

„Staatssekretär“…
Mafiöse Strukturen in einem shithole country in dem man Mobster zum Staatssekretär macht. Und die Justiz schaut zu.

Contra Merkl
10 Monate her

Wenn der Habeck den Graichen entlassen muss steht der geistig insolvente Habeck ohne seinen Think Tank da, völlig hilflos mit seiner Inkompetenz. Hoffentlich fliegt ihm sein Wärmepumpendesaster derart um die Ohren das ich heute Abend ein Rücktritt der ganzen Dilletanten in den Nachrichten sehe. Mit mir als Privatmann wurden keine Verträge geschlossen das ich mich zur Co2 Einsparung verpflichte, warum soll ich mich da vor anderen Leute Karren spannen lassen und die finanziellen Folgen tragen ? Selbst in ungeheizten Räumen im Haus hab ich keinen Schimmel, ich werde einen Teufel tun mein Haus zu isolieren den Taupunkt in die Wände… Mehr

Index
10 Monate her

Man fragt sich doch bald, wofür das „K“ in „BMWK“ steht. Für K wie Korruption? Märchenprinz Habeck ließ bereits ihm unbequeme Angestellte vom VS ausspionieren! Zu „russlandfreundlich“ sei gearbeitet worden (Q.: TP v. 19. September 2022). Die eigenen Leute, das muss man sich wirklich mal vorstellen. Habeck hat nicht nur Graichens und Giegold um sich platziert, sondern gleich 70 neue Leute ins BMWK geholt, er hat Ressorts neu- bzw. umstrukturiert (RND v. 15.12.21) Wenn Habeck nichts zu verbergen hat, soll er alle Karten auf den Tisch legen. Aber einen Teufel tut er. Stattdessen: Ein Bauernopfer und guck‘ mal, dahinten steht… Mehr

ersieesmussweg
10 Monate her

Postenschacherei und Filz gibt es in anderen Parteien auch. Das ist nichts grundsätzlich Neues.
Ich glaube aber, dass sich die Grünen und die Graichens mittlerweile derartig korrupt, dreist und unverschämt verhalten wie man es bisher noch nicht kannte.

Dellson
10 Monate her

Hinter den Türen wird nichts passieren! Selbst als man den Dieb mit der Hand in der Kasse erwischt hat, streitet er seine Schuld vehement ab. Und wenn man wie hier jetzt versucht ihm noch einen Nagel in die Hand zu schlagen in der Kasse, sprechen die Bandenmitglieder von Körperverletzung! Die Krake, die Hydra der tausend Arme, das Efeu im hohen Haus hat sich in dem System bereits so stark ausgebreitet, das es in alle Ritzen der Institutionen gewachsen ist und das Gebäude der Demokratie einsturzgefährdet gemacht hat. Hier hilft kein guter Hirte, kein wachender Gärtner auf gleichem Weg mehr, hier… Mehr

Juergen P. Schneider
10 Monate her

Im grünen Sumpf kann man auch versinken, es dauert nur etwas länger. Es wird unseren grünen Gehirnakrobaten nicht helfen, die eigene Dummdreistigkeit als kleinen Flüchtigkeitsfehler zu bezeichnen. Die links-grüne Medienlandschaft kämpft um den letzten Rest an Glaubwürdigkeit. Nun muss einmal einer über die Klinge springen, vorher gibt es keine Ruhe mehr. Die grünlackierten Kommunisten wähnten sich schon als unangreifbar in der von ihnen schon weit entwickelten Räterepublik. Man darf sich eben nie zu sicher sein.

Biskaborn
10 Monate her

Heute in unserer Landeszeitung ein Leserbrief zum Thema Clan- und Vetternwirtschaft wie sie übrigens die Zeitung mehrfach beschrieben hat. Der Leser schreibt ernsthaft sinngemäß, es gibt keine Vetternwirtschaft im Wirtschaftsministerium sondern Habeck hat Graichen und die anderen in Rede stehenden Personen wegen ihrer hohen Kompetenz und ihrer richtigen Entscheidungen in sein Ministerium geholt. Ja, auch solche Meinungen gibt es!

Andreas aus E.
10 Monate her
Antworten an  Biskaborn

Das sehe ich genau so wie der Leser Ihrer Landeszeitung. Selbstverständlich nominierte Herr Dr. Habeck diese Leute nur wegen ihrer überragenden Kompetenz, vermutlich hätte er sie auch dann ins Amt geholt, wenn sie nicht zum Familien- bzw. Verwandtenkreis gehörten oder gar AfD-Mitglieder wären, es geht im Ministerium für Klima und Wirtschaft ausschließlich um das fachliche Können! In der Sache vermag ich Herrn Dr. Habeck nicht immer folgen, aber wenn er mit bedeutungsschwerer Miene, den Kopf philosophengerecht etwas schräg geneigt, mit gerunzelter Stirn, gedankenschwer metaquantenphysikalische Grundlagen der Wirtschaftsinsolvenzklimatologie erläutert, dann verstehe ich als Laie meist nur Bahnhof, aber habe volles Vertrauen,… Mehr

fatherted
10 Monate her

Robin Hood nahm es von den Reichen und gab es den Armen. Habeck nimmt es von den Armen und gibt es dem Graichen.

Frau U.
10 Monate her

Es fehlt der Bundestag Antrag der Opposition, ausländische Finanzierungen (Harvey aus USA, Michael Schmidt-Ruthenbeck aus der Schweiz) an Stiftungen/Vereine/NGO‘s aus Gründen der Transparenz (u.a. Geldwäsche) zu verbieten. Desweiteren sind Zahlungen aus dem Ausland an Parteifunktionäre wie Rainer Baake, Caio Koch-Weser, Rüdiger Frohn) aus meiner Sicht, als verdeckte Parteienfinanzierung zu werten und zu bestrafen, wenn der karitative zu einem reformorientierten/lobbyierenden Ansatz geändert wird, wie von Bernhard Lorenz formuliert. Auch muss die Gemeinnützigkeit entfallen, da die Ziele nicht demokratisch legitimiert. Bei Graichen greift das Beamtenrecht, also könnten längst Disziplinarische Massnahmen eingeleitet werden. Personalrat, worauf warten? https://www.dbb.de/lexikon/themenartikel/k/korruption.html#:~:text=Wer%20als%20Beschäftigter%20des%20öffentlichen,%2C%20333%20Strafgesetzbuch%20%2D%20StGB). Man kann leicht diesen korrupten Klima… Mehr

Last edited 10 Monate her by Frau U.
Disconnected
10 Monate her

Meine Prognose: Es wird REIN GAR NIX PASSIEREN. Da wird jetzt eine Weile rumgedruckst und ausgesessen bis die Aufmerksamkeit der abgestumpften schon länger hier Lebenden wieder nachlässt. Dann gehts mit dem gleichen Fleiße wieder an die selbe Sch….