Geheimoperation AfD-Verbot: Der Club der Feigen?

Ein Antrag, für dessen Formulierung und Bewerbung in den Medien der Abgeordnete Marco Wanderwitz seit Monaten vom deutschen Volk königlich bezahlt wird, soll im Bundestag beraten werden – ein Antrag, der allerdings eher einer geheimen Verschlusssache ähnelt: Kaum einer der Unterstützer bekennt sich offen dazu.

picture alliance / dts-Agentur | -

Man könnte es fast für ein klassisches Sommerloch-Thema halten, den Versuch einiger Bundestagsabgeordneter, einen Antrag für ein Verbot der AfD als Partei zu stellen, genauer „über die Einleitung eines Verfahrens zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit der ‚Alternative für Deutschland‘ gemäß Artikel 21 Absatz 2, Absatz 3, Absatz 4 des Grundgesetzes i. V. m. § 13 Nummer 2, §§ 43 ff. des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes“.

Auf der Webseite zum Antrag verkündet indessen eine Überschrift: „Wer wir sind & was uns zu diesem Schritt bewegt“. Im Impressum zeichnen für diese Seite verantwortlich: Martina Renner, Stefan Seidler, Till Steffen, Marco Wanderwitz, Carmen Wegge. Doch offensichtlich kennt der Abgeordnete Marco Wanderwitz, der den Antrag initiierte, nicht die Semantik des Interrogativpronomens „wer“, denn wenn man eines nicht erfährt, dann, wer die 38 Abgeordneten des Deutschen Bundestages sind, die Wanderwitzens Antrag unterstützen. Schaut man dann auf den Antrag selbst, kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus, denn dort steht: „Antrag der Abgeordneten […]“. Üblich ist es bei Anträgen für den Deutschen Bundestag, dass dort, wo die eingeklammerten Pünktchen stehen, die Namen der antragstellenden Abgeordneten aufgeführt werden.

Fraktionsübergreifender Antrag
Abgeordnete bringen Bundestagsantrag für AfD-Verbotsverfahren ein
Deshalb fragten wir den Abgeordneten Wanderwitz: „welche Abgeordneten unterstützen Ihren Antrag auf ein Verbotsverfahren der AfD beim Bundesverfassungsgericht? Bitte nennen Sie uns die Unterstützer namentlich.“ Eine einfache, in klarem und verständlichem Deutsch ausgeführte Frage, möchte man meinen. Darauf antwortete eine Mitarbeiterin des Abgeordneten Wanderwitz schmallippig: „dazu gibt es keinen Kommentar unsererseits.“ Doch wir wollten keinen Kommentar, sondern lediglich eine Information, eine Auskunft. Weiß Marco Wanderwitz nicht, wer hinter ihm steht? Kennt er am Ende seine Unterstützer nicht? Wollen seine Unterstützer nichts öffentlich mit dem Antrag, den sie unterstützen, zu tun haben?

Wie immer, wenn statt Transparenz Geheimhaltung bevorzugt wird – und das in den öffentlichen Angelegenheiten –, entstehen Gerüchte: So tauchte in den sozialen Medien eine Liste von Bundestagsabgeordneten auf, die angeblich Wanderwitzens Antrag unterstützen. Deshalb – aus Gründen der Transparenz – schrieben wir wieder an Marco Wanderwitz: „informieren und kommentieren werden wir, wie es unsere Aufgabe ist. Unsere Frage lautet deshalb, welche Bundestagsabgeordneten unterstützen die Initiative zum AfD-Verbot. Im Internet kursiert diese Liste: Marco Wanderwitz (CDU), Roderich Kiesewetter (CDU), Irene Mihalic (G), Mishba Khan (G), Taher Saleh (G), Jamila Schäfer (G), Aydan Özoguz (SPD), Ralph Stegner (SPD), Reem Alabali-Radovan (SPD), Adis Ahmetovic (SPD), Martina Renner (L), Carmen Wegge (SPD), Holger Becker (SPD), Ina Latendorf (L), Anke Domscheid (L), Kathrin Henneberger (G), Tim Klüssendorf (SPD), Nezahat Baradari (SPD), Jan Korte (L), Helge Lindh (SPD), Canan Bayram (G), Paula Piechotta (G), Cornelia Möhring (L), Hakan Demir (SPD), Volker Ullrich (CSU), Gökay Akbulut (L), Clara Bünger (L), Sanae Abdi (SPD), Gesine Lötzsch (L), Maja Wallstein (SPD), Metin Hakverdi (SPD), Anika Klose (SPD), Bruno Hönel (G), Karamba Diaby (SPD), Anikó Glogowski (FDP), Erik v Malottki (SPD), Petra Sitte (L), Karoline Otte (G), Sebastian Roloff (SPD), Ana-Maria Trăsnea (SPD).“ Ana-Maria Trăsnea fällt aus der Liste heraus, weil sie im Zuge der Wahlwiederholung ihr Bundestagsmandat verlor.

Auf unsere erneute Anfrage erhielten wir von dem Abgeordneten Wanderwitz, der als Volksvertreter zur Offenheit und zur Information verpflichtet ist, keine Antwort mehr.

Verbote statt Argumente
Wanderwitz will AfD-Verbot erzwingen
Deshalb fragten wir alle Bundestagsabgeordneten (außer Ana-Maria Trăsnea), die auf der Liste standen, die im Internet kursiert, ob sie den Antrag von Marco Wanderwitz unterstützen. Schließlich besitzt der Bürger das Recht, von seinen Volksvertretern, generell von Politikern zu erfahren, wo sie stehen, was sie unterstützen, was sie ablehnen, wofür und wogegen sie sich engagieren, denn es handelt sich um die res publica, um die öffentlichen Angelegenheiten. Und die öffentlichen Angelegenheiten sind, wie der Namen nunmal sagt, öffentlich. Vor diesem Hintergrund war auch die Reaktion der Volksvertreter erstaunlich. Von den 38 Abgeordneten, die angefragt worden waren, antworteten nur 5.

Ganz gleich, wie man zu dem Antrag steht, hat der Politiker der Grünen, Bruno Hönel sich dazu bekannt, den Antrag von Marco Wanderwitz zu unterstützen. Und auch Gökay Akbulut von den Linken antwortete klar und deutlich, dass sie diesen Antrag unterstützt. Tim Klüssendorf von der SPD teilte mit, dass er „den Antrag von Marco Wanderwitz daher derzeit nicht“ unterstützt, weil vorher klar sein müsste, dass dieser Antrag vor Gericht auch besteht und Erfolg hat.

Volker Ullrich, Rechtspolitischer Sprecher der CSU im Deutschen Bundestag, antwortete uns: „Die AfD ist insgesamt ein rechtsextremistischer Verdachtsfall, einige Landesverbände gelten auch als gesichert rechtsextrem. Allerdings ist der Weg eines Parteiverbots juristisch und politisch schwierig. Der Weg eines Parteiverbots ist auch verfahrensmäßig sehr langwierig. In der Abwägung und im Endergebnis bin ich daher gegen ein Verbotsverfahren. Vielmehr müssen wir die AfD noch deutlicher politisch und inhaltlich stellen.“

Sehr klar war auch das Statement von Anikó Glogowski-Merten (FDP), die uns wissen ließ: „Ich sehe einen Verbotsantrag weder rechtlich, noch politisch begründbar. Der Versuch, die AfD politisch klein zu halten, würde die Partei lediglich diffus stärken und die vermeintlich demokratische Idee dahinter konterkarieren. Als Liberale unterstütze ich diesen Antrag nicht und behalte mir rechtliche Schritte hinsichtlich meiner ‚Namensverwendung‘ vor.“ Ihr Statement leitete Frau Anikó Glogowski-Merten mit dem Satz ein: „Ihre Auffassung hinsichtlich der Transparenz teile ich uneingeschränkt und beantworte Ihnen Ihre Frage entsprechend gerne.“ Sie weiß offenbar, was die eigentliche Grundlage politischen Handelns sein sollte.

Verbotsverfahren gegen die AfD
CDU, Linke, SPD und Grüne wollen potenzielle Wähler einschüchtern
Der immer sehr entschlossene Vorkämpfer für Demokratie und Freiheit usw., Roderich Kiesewetter, antwortete automatisch in schönster Klarheit: „Sehr geehrte Damen und Herren, wegen des enorm großen Ausmaßes an Zuschriften per E-Mail verzögern sich Antworten derzeit unter Umständen länger.“ Und zwar konkret bis zum Sankt Nimmerleinstag. Dennoch zeigten wir Verständnis für die Überlastung im Bundestagsbüro Kiesewetter und fragten 30 Tage später noch einmal nach, in der Hoffnung, dass der Stress im Abgeordnetenbüro etwas nachgelassen habe, und bekamen als Antwort: „Sehr geehrte Damen und Herren, wegen des enorm großen Ausmaßes an Zuschriften per E-Mail verzögern sich Antworten derzeit unter Umständen länger.“ Die Antwort auf eine Frage, die 5 Sekunden dauert, weil man sie einfach mit Ja oder mit Nein beantworten kann, gelingt dem Büro Kiesewetter „wegen des enorm großen Ausmaßes an Zuschriften per E-Mail“ nicht einmal in drei Wochen?

Ein Antrag, für dessen Formulierung und Bewerbung in den Medien der Abgeordnete Wanderwitz seit Monaten vom deutschen Volk königlich bezahlt wird, soll im Bundestag beraten werden, ein Antrag, der allerdings eher einer geheimen Verschlusssache ähnelt, von dem nicht nur die Unterstützer bis auf drei Ausnahmen nicht bekannt sind und zu dem sich ein Großteil dieser Unterstützer offensichtlich nicht bekennen. Warum? Ist das Demokratie? Ist das Transparenz? Es dürfte jedenfalls neu sein im deutschen Volksvertretungswesen. Hoffen die Unterstützer, dass der Bundestag in aller Heimlichkeit den Antrag annehmen wird und kaum ein Abgeordneter namentlich in Erscheinung treten muss?

Am 15. Oktober hatte die Unionsfraktion über den Gruppenantrag beraten und kam zu dem Schluss: „Mit überragender Mehrheit hat unsere Fraktion sich dazu entschieden, dem Gruppenantrag zur Einleitung eines Verbotsverfahrens gegen die AfD nicht beizutreten. Die Fraktion hält den Versuch eines Verbots der AfD zum jetzigen Zeitpunkt für juristisch nicht erfolgversprechend und politisch kontraproduktiv.“ Allerdings wird der Antrag „von einer einstelligen Zahl von Abgeordneten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion“, wie es im Briefing der Fraktion heißt, unterstützt. Aus der Fraktion hört man, dass es wohl sieben Abgeordnete seien. Auch lässt sich aus Kreisen der Fraktion vernehmen, dass der Abgeordnete Roderich Kiesewetter zu den Unterstützern des Antrags gehören soll. Es liegt an ihm, für Klarheit zu sorgen. Sein Schweigen und Ausweichen zeugt nicht von der Achtung, die er dem Souverän schuldig ist. Demokratie ist kein geheimes Kommandounternehmen.

Von welcher Seite man es auch betrachtet, nichts ist gerade an dem Vorgang, bizarr ist er in jeder Wendung. In den höchsten moralischen Höhen zu argumentieren, macht einen Vorgang nicht besser, der in keiner seiner Wendungen lauter ist. Man versucht administrativ etwas zu regeln, das man argumentativ nicht in der Lage ist zu bewältigen.

Aber vielleicht gelingt es ja Robert Habeck und den grünaffinen Medien noch, dem staunenden Volk weiszumachen, dass selbst an der Krise bei VW die AfD schuld ist.


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Kommentare ( 63 )

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63 Comments
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Wolfgang Schuckmann
21 Tage her

Wie armselig. Da spekuliert man jahrelang darauf etwas wirklich Gerichtsfestes zu ergattern und wie wird man fündig? Mit Nonsens. Wer ist denn dieser seltsame Wandersmann, der seine Wanderschaft so witzig findet? Er muss noch ziemlich jung sein, sonst wäre er nicht so ungeduldig seine Ziele auf kurzer Distanz zu suchen. Ich bin ein ziemlich alter Knochen mit viel Zeit und ich würde mich freuen mit diesem wandernden Witz einige nette Freundlichkeiten auszutauschen. Natürlich auf privater Basis, sozusagen ohne Netz und doppelten Boden. Dabei könnte ich bestimmt das angestrebte Parteiverbot der AFD ganz anders einordnen, so richtig live und ohne Telepromter.… Mehr

Reinhold
1 Monat her

Faeser freut sich in ihrem Kommentar wie ein Schulmädchen über ihre „Leistung“.

Wursthans
1 Monat her

Kaum auszudenken hätten sich diese Separatisten
mit der Rollatorgang verbündet.
Dann hätte uns doch spätestens übermorgen
wieder die ganze Welt gehört.

Last edited 1 Monat her by Wursthans
Joe X
1 Monat her

Dieser Antrag beinhaltet noch ganz andere Merkwürdigkeiten.
Ich frage mich ja immer, welche Belege es denn für die Verfassungswidrigkeit der AfD gibt. Also habe ich mir auch mal diesen Antrag angesehen. Und da steht dann in der „FAQ“: Bei Antragstellung müssen die Belege noch gar nicht vorhanden sein, sondern die können auch noch im Laufe des Verfahrens eingereicht werden.
Mit anderen Worten: Die Antragsteller haben noch gar nicht ausreichende Belege für eine Verfassungswidrigkeit, sondern hoffen, dass die dann später noch auftauchen werden.

Querdenker73
1 Monat her

Welch ein Witz, der Herr Wander!

AndreasH
1 Monat her

Wir sind ja in der vollkommen absurden Situation, dass die Parteispitzen von CDU und SPD versuchen, den Wanderwirtz’schen Antrag zu torpedieren. Kein Wunder, dass die MdBs sich bedeckt halten.

Elmar
1 Monat her

Die AfD solle darauf bestehen, dass die Abstimmung durch den bei den „transparenzverliebten“ Linksgrünen durch den bekannten Hammelsprung durchgeführt wird. Damit erhalten die „echten Demokraten“ im Bundestag endlich die Gelegenheit, in aller Öffentlichkeit zu zeigen, wie es um ihre demokratische Gesinnung steht. Eventuell erfahren wir im Nachgang der Abstimmung durch die Befragung durch Pressevertreter sogar, wer Mitläufer, wer Trittbrettfahrer und wer wirklich ein Befürworter von dem antidemokratischen Zirkus ist.

Micci
1 Monat her

Das Schweigen bzw. Ausredensuchen der Angeschriebenen erklärt sich recht schlüssig, wenn man einmal klarstellt, was die vorhaben. Nimmt man die wohlklingenden Worte „Alle Staatsgewalt geht vom Volk aus“ (unser GG!) ernst, bedeutet deren Vorhaben folgendes:   20 – 30 % der Wähler können, falls die Erfolg haben sollten, demnächst ihr Wahlkreuz nicht mehr dort setzen, wo sie es in freier, selbstbestimmter Entscheidung setzen wollen.   Daran werden sie mit Gewalt gehindert, denn die Stelle des Wahlzettels, wo sie ihr Recht wahrnehmen wollen, ist durch Einflussnahme der politischen Gegner verschwunden. Man hindert sie also mit Gewalt an der Ausübung des Wahlrechts!… Mehr

Wolfgang Schuckmann
21 Tage her
Antworten an  Micci

Und also wird diesen Herrschaften auch sehr transparent klar gemacht, dass sie sich in der Klaviatur leicht vergriffen haben.

Eberhard
1 Monat her

Diese lieben Abgeordneten sollten ihre knappe Zeit dafür nutzen, endlich die Aufklärung bewiesener extremistischer Straftaten zu fordern. Ich denke da nur an den TESLA -Fall Grünheide und dessen Millionenschaden mit einer Versorgungsgefährdung weiterer wichtiger Einrichtungen und mit Zehntausenden davon tatsächlich betroffener Bürger. Über die vielen ähnlichen, die es vorher mit Verkehrsgefährdung usw. gab, soll wohl langsam Gras wachsen. Das sind keine Verdachtsfälle, sondern bereits erfolgte echte Straftaten von extremen organisierten antidemokratischen Kräften. Auch hierfür gibt es bereits eindeutige juristische Beweise.

Kaktus 61
1 Monat her

Na sowas, Merkels ehemaliger Ostbeauftragter Wanderwitz, der in dieser Funktion die Ostdeutschen als für die Demokratie nicht mehr Erreichbare abstempelte, sinnt offenbar auf Rache für seinen an die AfD verlorenen Wahlkreis. Seine werte Gattin und Bundestagsvizepräsidentin Ivonne verkündete unlängst ihren Rückzug aus der Politik wegen Unverträglichkeit gegen Anfeindungen. Ein schlechter Verlierer zeigt halt Feigheit und Hinterlist. Warum? Weil man es mit einem Familieneinkommen von ca. 30.000€ monatlich und zukünftigen Pensionen kann. Von Volksvertretung keine Spur, wo liegt der Fehler?