Die EZB bestimmt, was grün ist?

Die EZB will immer größeres erreichen, auch wenn sie bisher mit allen Rettungsorgien grandios versagt hat. Ist das Hybris, spätrömische Dekadenz oder einfach nur purer Aktionsmus? Ist das eine Mandatsüberschreitung? Darf die EZB das überhaupt? Fragen über Fragen.

© Hannelore Foerster/Getty Images

Zuerst wurden unter anderem Staatsanleihen von faktisch bankrotten Staaten wie Italien, Griechenland … erworben, dann folgten Unternehmensanleihen von ebenso faktisch bankrotten Unternehmen wie beispielsweise italienische Banken, vom Volksmund auch gerne Zombieunternehmen genannt, und jetzt soll die Europäische Zentralbank (EZB) im Rahmen des Klimawandels konkret in Aktion treten. Nichts als die gesamte geldpolitische EZB-Strategie soll auf den Prüfstand. Offenkundig will die EZB jetzt mit einer neuen „grünen“ Geldflut, für die die Steuerzahler der Euroländer über ihre Notenbanken haften, das Klima retten. Kann das denn gut gehen?

Planwirtschaft 2.0

Die Zeiten des Kapitalismus, in dem der Markt alles regelt, sind längst passé. Die Devise lautet Sozialismus und Planwirtschaft, obwohl eben diese in der Vergangenheit bekanntlich noch kein Land Europas in den volkswirtschaftlichen Olymp sondern an den Rande des Bankrotts befördert hat. Aber auch weltweit ist die Erfolgsbilanz der Planwirtschaft gelinde gesagt miserabel. Venezuela und Nordkorea sind abschreckende Beispiele. Aber egal, heute soll augenscheinlich das Heil in der Planwirtschaft liegen.

Unverkennbar befindet sich die Eurozone immer weiter auf dem Weg in die Planwirtschaft – der Planwirtschaft der Notenbank EZB. Jetzt soll diese Planwirtschaft auch noch einen grünen Anstrich bekommen! Erst wurden die Banken gerettet, jetzt wird das Klima mit der Notenbankpresse gerettet. Die neuen Master of the Universe sind erkennbar nicht mehr Investment- sondern heute Notenbanker.

Laut den Europäischen Verträgen ist das vorrangige Ziel der EZB die Gewährleistung der Preisstabilität. Die neue EZB-Chefin Christine Lagarde sieht diesen Sachverhalt bekanntermaßen grundlegend anders. Sie will die Geldpolitik auf „Klimawandel, Umweltschutz und Nachhaltigkeit als zusätzliche Kernaufgaben“ ausrichten. Noch weiß keiner wieviel zusätzliches Geld aus dem Nichts die EZB unter ihrer neuen Königin Lagarde, hervorzaubern zu beabsichtigt und um wie viele Euros mehr die gigantische Notenbankbilanz weiter aufgebläht wird. Offensichtlich ist man bei der EZB nach wie vor davon überzeugt, dass man mit Gelddrucken Probleme lösen kann. Dieser Sachverhalt ist jedoch grundlegend falsch. Sie lassen sich keinesfalls lösen, sondern lediglich in die Zukunft verschieben.

EZB entscheidet zukünftig was „grün“ ist

Mit dem Einstieg in die Klimapolitik betreibt die EZB Industriepolitik. Es kann nicht sein, dass die EZB entscheidet, was „grün“ ist und lediglich jener Kredit erhält, welcher für die EZB passende Investitionen tätigt. Auch EZB-Ratsmitglied und seines Zeichens Bundesbankpräsident Jens Weidmann sieht vollkommen zu Recht jeden Versuch, die geldpolitischen Maßnahmen der EZB zur Bekämpfung des Klimawandels umzuleiten, „sehr kritisch“. Sollte die EZB bewusst im Rahmen ihrer planwirtschaftlichen Maßnahmen dennoch „grüne“ Anleihen kaufen, dann ist der Grundsatz der Marktneutralität nicht mehr gegeben. Denn die EZB darf mit ihren Anleihekäufen weder einzelne Unternehmen noch Staaten bevorzugen. Abgesehen davon, wie beabsichtigt die EZB zu prüfen, welche Konzerne tatsächlich „grün“ sind und welche lediglich Greenwashing betreiben damit die EZB ihre Anleihen kauft und die Konzerne dank der billigen Kredite nur einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz erschlichen haben?

Der Kampf gegen den Klimawandel ist die Aufgabe von Regierungen und Parlamenten auf Landes- sowie EU-Ebene, aber gewiss nicht die Aufgabe einer Notenbank. Denn klimapolitische Maßnahmen, welche maßgeblichen Einfluss auf unsere Wirtschaft und Gesellschaft haben, sind von Politikern zu bestimmen, welche vom Wähler ge- und abgewählt werden können, aber Gewiss nicht von Notenbankern, welche keiner von uns gewählt hat und welche niemals für ihr Tun zu Verantwortung gezogen werden können. Die Unabhängigkeit der Notenbanken war bestimmt nicht dazu gedacht, dass diese ihre eigenen Mandate kontinuierlich erweitern

Nicht nur wir, sondern auch der langjährige EZB-Chefvolkswirt Otmar Issing kommen zu dem Schluss: „Eine „grüne“ Geldpolitik kann es nicht geben. Ein Politikbereich, der weit außerhalb des eigentlichen Mandats der Notenbanken liegt, hat in der Geldpolitik nichts zu suchen. Entsprechende Versuche werden unweigerlich ein mehr oder weniger schlimmes Ende nehmen.“


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Kommentare ( 7 )

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Wilhelm Cuno
4 Jahre her

L’EU c’est moi. Die EU bin ich. Dieses gedankliche Risiko haben alle EZB-Präsidenten, weil die Unabhängigkeit der Institution sie von parlamentarischer und juristischer Kontrolle befreit. Im Gegenzug braucht es Verantwortungsbewusstsein. Pöhl oder Schlesinger hatten das bei der Bundesbank. Aber Frau Lagarde? Wir werden es sehen. Ihre Aussagen zur grünen Geldpolitik machen mir da eher Angst.

Gisela Fimiani
4 Jahre her

Es ist mein Eindruck, dass die Unabhängigkeit der EZB dazu genutzt wird, auf politischer Ebene die „Macht“ der Unabhängigkeit zu missbrauchen. Wer kontrolliert die EZB? Wer wagt Kritik? Auch bei anderen „unabhängigen“ Institutionen sind starke Zweifel berechtigt. Das BVG scheint inzwischen seine Macht politisch zu nutzen, indem Richterposten nicht nur zwischen Parteien ausgehandelt, sondern Politiker auf direktem Wege an Ort und Stelle befördert werden. Institutionen werden von Menschen besetzt. Woher kommen die „unabhängigen Unabhängigen“? Wovon sind sie unabhängig? Ich vermute vor allem vom Bürger, dem politischen Souverän. Die EZB erschleicht sich durch „Unabhängigkeit“ politische Machtbefugnisse, die Politikern womöglich entgegen kommen.… Mehr

Schwabenwilli
4 Jahre her

Der „Green Deal“ soll ja den Ausschlag für Jonson fulminanten Sieg gegeben haben.

Biskaborn
4 Jahre her

Die grüne Geldpolitik wird kommen und voranschreiten wird Deutschland, wetten. Erst wenn alles in der EU und Deutschland in Scherben liegt wird ein Umdenken einsetzen, bis dahin wird es noch dauern und es wird nicht schön.

Marc Hofmann
4 Jahre her

Der Kampf gegen den Klimawandel ist auch keine Aufgabe der Politik. Das Klima wandelt sich immer und wenn ich den Wandel des Klima zur Politik mache, dann bin ich schon mitten im Sozialismus!
Und jetzt noch was….
Der Mehrwert von Wind und Sonne liegt in der Nutzung der Energieträger von Öl, Gas und Kohle und der Mehrwert von diesen Energieträger liegt in der Nutzung der Kernenergie.
Der Mehrwert eines Batterie Auto liegt im Verbrennungsmotor.
Der Mehrwert einer Null Zins Währungspolitik liegt in einer Positiven Zinspolitik = gesunder Haushalt und optimale volkswirtschaftliche Rahmenbedingungen einer freien Marktgesellschaft.

Heinrich Niklaus
4 Jahre her

So ist es! Es gibt keine Institution mehr, die diesen Irrweg stoppen könnte. Wir sind der Hybris von Politikerrinnen ausgeliefert, die nicht gewählt gewählt wurden und damit demokratisch nicht legitimiert sind. Was sollen wir jetzt machen?

jwe
4 Jahre her

Die EZB betreibt nur das, was ihr die Regierenden in Europa vorgeben. Gegen den Willen von Merkel und Co wird die EZB nicht agieren. Die EZB ist lediglich nach außen der böse Bube für Eingriffe, die Merkel und CO nicht auf ihre Kappe nehmen wollen, aber sehr wohl lancieren. Merkel und Co müssen schließlich an ihre Wiederwahl denken.