Biologisches Geschlecht, soziales Geschlecht, Geschlechtsidentität – offenbar drei Paar Stiefel

In Kürze rechnen wird damit, dass Parken auf Frauenparkplätzen allen geschlechtlichen Identitäten erlaubt sein muss. Denn auch der alte, weiße Mann kann sich ja gelegentlich als bedrohte Frau fühlen und damit das Verwarnungsgeld einer Politesse zurückweisen.

IMAGO/Christian Ohde

Wir haben mächtig dazugelernt. Erstens haben wir verinnerlicht, dass jeder Mensch zwei geschlechtliche Identitäten hat: eine biologische (englisch: Sex) und eine soziale (englisch: Gender). Zweitens haben wir verinnerlicht, dass der geschlechtliche Genotyp nicht verändert, aber der geschlechtliche Phänotyp operativ oder künstlich-hormonell manipuliert werden kann. Stichwort: „Trans“! Drittens haben wir verinnerlicht, dass beide Identitäten (Sex und Gender) nicht identisch sein müssen.

Viertens haben wir verinnerlicht, dass seine eigene soziale Geschlechtlichkeit jede/jeder/jedes mittels gegenderter Sprache selbst definiert – gegebenenfalls auch rasch wechselnd. Fünftens haben wir verinnerlicht, dass es seit 2017 laut Bundesverfassungsgericht und Bundestagsbeschluss ein „drittes“ Geschlecht gibt und dass dieses Geschlecht „divers“ heißt. Sechstens haben wir verinnerlicht, dass es nicht ein einziges „drittes“ Geschlecht gibt, sondern rund sechzig davon. Siehe unten!

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Siebtens haben wir verinnerlicht, dass jede einzelne individuelle Gender-Identität, vor allem eine Nicht-hetero-Identität ein Recht auf Gleichbehandlung, ja gar auf positive Diskriminierung (Bevorzugung oder zumindest Nachteilsausgleich) hat und ein Zuwiderreden oder gar Zuwiderhandeln gegen dieses Recht ein schweres Diskriminierungsvergehen ist. Deshalb rechnen wir in Kürze auch damit, dass ein Parken auf Frauenparkplätzen allen geschlechtlichen Identitäten erlaubt sein muss. Denn auch der alte, weiße Mann kann sich ja gelegentlich als bedrohte Frau fühlen und damit das Verwarnungsgeld einer Politesse zurückweisen.

Was hat das mit der Europäischen Union zu tun? Eine Menge! Wir meinen damit noch nicht einmal, dass dort die Begriffe „Vater“ und „Mutter“ mehr und mehr als „bäh“ betrachtet und durch parent one / parent two oder progenitor A / progenitor B usw. ersetzt werden sollen. Dass eine Frau ein Mensch mit Gebärmutter ist. Dass Muttermilch Menschenmilch heißen soll, weil der Begriff Frau ja auf „strukturell heteronormative Gewalt“ hindeutet usw. Nein, die EU toppt sich nun selbst.

Am 17. März 2022 hat der zuständige Ausschuss des Europäischen Parlaments mit 65 Pro- und 16 Contra-Stimmen sowie bei 10 Enthaltungen einen „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Stärkung der Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit durch Lohntransparenz und Durchsetzungsmechanismen“ verabschiedet. Darin findet sich folgende Passage:

(Erwägung 3b) Mit dieser Richtlinie wird ein menschenrechtsorientierter Ansatz verfolgt, der darauf abzielt, Menschen vor Lohndiskriminierung ungeachtet ihres biologischen Geschlechts, sozialen Geschlechts, ihrer Geschlechtsidentität, ihres Ausdrucks der Geschlechtlichkeit oder ihrer Geschlechtsmerkmale zu schützen, weswegen der Begriff Diskriminierung aufgrund des Geschlechts in der Rechtsgrundlage, so weit und umfassend wie möglich ausgelegt wird, um die Gleichstellung der Geschlechter zu fördern und Menschen in all ihrer Vielfalt einzubeziehen. Arbeitgeber sollten Arbeitnehmer berücksichtigen, die bei den Pflichten zur Berichterstattung über das Entgelt weder als Frauen noch als Männer eingestuft werden, und sie in einer von weiblichen und männlichen Arbeitnehmern getrennten Kategorie angeben. Bei der Berechnung des geschlechtsspezifischen Lohngefälles sollte das Einkommen dieser Arbeitnehmer mit dem Durchschnittseinkommen männlicher Arbeitnehmer verglichen werden. Ein Arbeitgeber sollte Arbeitnehmer, die nicht als weiblich oder männlich eingestuft werden, in ihren Pflichten zur Berichterstattung über das Entgelt nur erwähnen, wenn diese Arbeitnehmer gesetzlich nicht als weiblich oder männlich registriert sind oder wenn diese Informationen dem Arbeitgeber in Eigeninitiative und freiwillig offengelegt wurden. 

It’s the biology, stupid!
Geschlecht als willkürliche Selbstdefinition
Beachte: Es wird hier unterschieden zwischen biologischem Geschlecht, sozialem Geschlecht und Geschlechtsidentität. Womit wir wieder bei unseren sieben Verinnerlichungen (siehe oben) wären: Die Festlegung des sozialen Geschlechts bzw. der Geschlechtsidentität ist ein Akt individueller Selbstdefinition. Das heißt: Sie ist ständig und willkürlich veränderbar. Auch wiederholt. „Autopoiesis“ (Selbsterschaffung) heißt das in der soziologischen Systemtheorie.

Aber wieder konkret: Es gibt nicht einfach nur zwei Geschlechter, nicht einfach nur ein diverses Geschlecht, sondern über sechzig. Das erklärt uns die Bundeszentrale für politische Bildung. Namentlich sind das die folgenden:

androgyn, bigender, cisgender  Frau zu Mann (FzM), gender variabel, genderqueer, intersexuell (auch inter*), Mann zu Frau (MzF), weder noch, geschlechtslos, nicht-binär, Pangender, Pangeschlecht, Trans, transweiblich, Transmännlich, Transmann, Transmensch, Transfrau, trans*, trans*weiblich, trans*männlich, Trans*Mann, Trans*Mensch, Trans*Frau, transfeminin, Transgender, transgender weiblich, transgender männlich, Transgender Mann, Transgender Mensch, Transgender Frau, Transmaskulin, transsexuell, weiblich-transsexuell, männlich-transsexuell, transsexueller Mann, transsexuelle Person, transsexuelle Frau, Inter*, Inter*weiblich, Inter*männlich, Inter*Mann, Inter*Frau, Inter*Mensch, intergender, intergeschlechtlich, Zweigeschlechtlich, Zwitter, Hermaphrodit, XY-Frau, Butch (maskuliner Typ in einer lesbischen Beziehung), Femme (femininer Typ in einer lesbischen Beziehung), Drag, Transvestit, Cross-Gender, Demiboys, Demigirls … 

ALSO: Wenn ich mich bei meinem Personalchef oder meinem Aufsichts- oder Verwaltungsrat als vormals (?) weißer Hetero-Mann nun autopoetisch als Frau oder als irgendwie divers identifiziere, dann habe ich einen Anspruch auf positive Diskriminierung. Zum Beispiel auf einen Sitz in der Firmenleitung oder im Aufsichtsrat, wo ja rein statistisch immer noch die Hetero-Männer dominieren. Oder: Ich gehe als vormalige (?) Hetero-Frau dorthin und oute mich als Mann: Dann habe ich Anspruch auf ein „männliches“ Gehalt und leiste damit einen Beitrag zur Einebnung des „gender-pay-gap“ und so weiter.

Frage zum Schluss: Wer möchte in einem solchen gendergerechten, restlos egalisierten Laden noch Chef/_:*In sein?


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Kommentare ( 17 )

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CIVIS
2 Jahre her

Definitiv reicht ein, das eine Geschlecht, nämlich das „Biologische Geschlecht„.
Das sagt der -zumindest früher- noch existierende gesunde Menschenverstand, und außerdem die gesamte Entwicklung der Menschheit von Adam und Eva an.

Soziales Geschlecht sowie Geschlechtsidentität sind künstlich geschaffene Gebilde. Diese zwei Paar Stiefel dienen allenfalls als künstliche Gehhilfe bzw. Gehprothese, unterliegen diversen Abnutzungserscheinungen und werden auf Dauer der „Definition von Geschlecht“ nicht gerecht.

Rene Meyer
2 Jahre her

Bei Asterix und Obelix würde es jetzt heißen: Die spinnen, die Römer! Einen kleinen, wahren Kern hat das Ganze natürlich. Absurd wird es jedoch, wenn sehr seltene, individuelle Schicksale auf eine gesellschaftliche Ebene gehoben und in der Öffentlichkeit wie eine Monstranz zur Schau getragen werden. Mit Sicherheit dient dies nicht den wirklich betroffenen Menschen, sondern denjenigen, die um ihrer eigenen Macht willen uns alle unter Vorhaltung vorgeblicher Gerechtigkeit und Solidarität blenden und manipulieren wollen. Sie wollen uns ablenken und beschäftigen, sie wollen, dass wir uns gegenseitig in Schach halten mit tausenderlei, geschürter Ressentiments untereinander. Es handelt sich dabei um eine… Mehr

Stephan Lindemann
2 Jahre her

Sehr interessante Informationen, ein kleiner Hinweis sei gestattet, weil ihr Beispiel nicht funktioniert: „Frauenparkplätze“ kennt die StVO nicht. Es gibt auch kein entsprechendes Schild im Verkehrszeichenkatalog. Es handelt sich also nur um eine Bitte, meist auf privaten Parkplätzen/in privaten Parkhäusern. Dafür gibt es kein „Knöllchen“, und wenn doch, erledigt ein Einspruch das schnell.

Skeptischer Zukunftsoptimist
2 Jahre her

Nach dem vor-vorletzten Absatz, lieber Herr Kraus, musste ich dann erst mal aufhören zu lesen. Mir wurde nur noch schlecht.

Last edited 2 Jahre her by Skeptischer Zukunftsoptimist
LM_978
2 Jahre her

Ich muss dabei an „das Leben des Brian“ denken…da haben wir vor 30 Jahren als Scherz drüber gelacht….“ ich möchte, dass ihr mich Loretta nennt“.

Heute halt Realität.

Ich frag‘ mich, ob irgendwo ein „erlesener eingeweihter“ Kreis sich darüber kaputtlacht, wie wir uns veräppeln lassen.

Aber meinetwegen soll jeder nach seiner Facon leben…mir nur nicht vorschreiben, wieich zu reden hab.

FBH
2 Jahre her

Es geht doch bei dem ganzen Geschlechter-Blabla vorrangig um simple Machtpolitik und Herrschaftstechniken: 1. Aufspaltung und Atomisierung: Sechzig Geschlechter statt zwei weicht die gesellschaftlichen Fronten auf, erst recht, wenn man das Geschlecht auch noch individuell switchen kann statt kollektiv für seine Rechte zu kämpfen wie es die Frauenbewegung einst getan hat. 2. Ablenkung: Mit dem ständigen Rumgetue um Klos, Pronomen, Stottersprech und sonstigem Gedöns führt man die Menschen auf politische Nebengleise und zieht viel ungestörter seine viel bedeutsameren Agenden durch. Ist ja nicht so, dass uns die nächsten Jahre nicht große Umwälzungen ins Haus stünden, aber kaum zum Thema im… Mehr

H. Priess
2 Jahre her

Ich habe u.a. einen Ordner den ich „cancel cultur-genern und anderer Wahnsinn“ benannt habe und genau dort speichere ich mir alle Blüten der degenerierten Gesellschaft ab. Alles was ich bis jetzt zusammen getragen habe ist eine Sammlung des Irrsinns und schon lange nehme ich diese ganzen Verwirrten nicht mehr ernst. So findet auch dieser Kommentar einen würdigen Platz auf meiner Festplatte. Etwas möchte ich beifügen:
Steffen Königer über Genderwahn (Original AfD-Video) [Historical Speeches auf Youtube in der eine würdige, nichtausgrenzende Begrüßung gesprochen wurde. https://youtu.be/QTsbRIWbJfo

Danton
2 Jahre her

Zu ihrer Frage am Schluß: kommt ganz auf den Laden an. Als Chef eines ‚Clubs‘ in dem Menschen, gegen Geld, ihre sexuell Orientierung austauschen können, ist ihre Frage die Frage nach dem Geld was man einnimmt. Natürlich wird dort die Frau mit männlichen Geschlecht und bisexuellem Verlangen genau so bezahlt wie ein hermaphrodites Zwitterwesen. Als Chef bin ich da ganz der überzeugte Dienstleister mit dem besten Service. Gehen sie doch einfach davon aus, das in keinem Metall-Stanzwerk je eines dieser konstruierten Geschlechter arbeiten wird. Ein maskuliner Typ in einer lesbischen Beziehung will ja nicht arbeiten, sondern Sonderrechte geniessen. Also wird… Mehr

Helmut Kogelberger
2 Jahre her

Ich kann meine in der Heimat verbliebenen Landsleute beruhigen. Sobald die erste islamische „Wohlfahrtspartei“ mit nennenswerten Prozenten in den Parlamenten der Länder und des Bundes sitzen wird, hört das auf.
Und die von der Ampel betriebene Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre wird die Mehrheitsgeneration mit Migrationsvordergrund noch schneller an die Wahlurnen bringen.

j.heller
2 Jahre her

Ich fühle mich „weder noch“ und möchte Bundestagsvizepräsident-wedernoch werden. Wie Frau Özoguz, die weder deutsch noch Deutsch ist, weil sie keine derartige Identität kennt, außerhalb der Sprache.
Das ist ja wohl das Mindeste. Ich frage mal bei den Grünen nach.