Die Grünen vom Gentechnik-Feind zum Gentechnik-Freund?

Noch 2013 sollten Schüler nach grünem Willen nicht einmal lernen dürfen, was es mit DNA, RNA und Basen auf sich hat. Nun jubelt die grüne Spitzenkandidatin in Rheinland-Pfalz über »Lightspeed« von Biontech, über Gentechnik reinsten Wassers.

imago Images/MiS
Der Jubel ist unüberhörbar: »Toll, dass die Grünen in Rheinland-Pfalz ihren Widerstand gegen Gentechnik aufgegeben haben!« twittert etwa Kommunikationsfachmann Hasso Mansfeld. Anne Spiegel, grüne Spitzenkandidaten in Rheinland-Pfalz und Ministerin für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz in Rheinland-Pfalz, jubelt: »Vorsprung Made in Rheinland-Pfalz: Mainzer Unternehmen entwickelt Corona-Impfstoff«.

Spiegel: »Eine gute Nachricht aus Rheinland-Pfalz: Das Mainzer Unternehmen Biontech hat einen Impfstoff entwickelt und getestet, der gegen Covid 19 schützen soll. Laut Angaben des Unternehmens soll für den Impfstoff nächste Woche die Zulassung beantragt werden. Ich freue mich, dass die Entwicklung eines Impfstoffs, der vermutlich vielen Menschen das Leben retten und uns helfen wird die Pandemie zu meistern, aus Rheinland-Pfalz stammt. Schön zu sehen, was Innovationskraft und Forschergeist erschaffen können für unsere Gesellschaft.«

Es geht um einen neuen Impfstoff, der gegen das Coronavirus wirken soll. Weltweit ist ein heftiges Rennen entbrannt, wer als erster eine Zulassung für sein Produkt bekommt. Angesichts der Milliarden Menschen, die angeblich geimpft werden müssen, winken noch weit mehr Milliarden an Gewinnen. Kein Wunder, dass immer wieder »Wir sind kurz davor«-Meldungen rausgehauen werden.

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Zwei deutsche Firmen sind mit im Rennen, CureVac aus Tübingen und die Mainzer Biontech. Mit »Lichtgeschwindigkeit« will Biontech seit Januar den Stoff entwickelt haben. Das Projekt wurde dementsprechend »Lightspeed« genannt. Normalerweise dauert ein solches Unterfangen schon mal acht bis zehn Jahre. Nach bisherigen Maßstäben müssten schon längst große grüne Protestmärsche losgetreten worden sein. Denn es handelt sich um Gentechnik reinsten Wassers.

Pflanzte früher ein Agrarunternehmen etwa eine neue Kartoffelsorte, deren Gene nicht mit radioaktiven Strahlen oder durch Züchtung verändert, sondern gentechnisch hergestellt wurden, pflügten Stoßtrupps der Gegner durch die Äcker und zerstörten Pflanzen und viel dahinterstehende Arbeit. Deshalb haben viele Unternehmen Deutschland verlassen und forschen und entwickeln in den USA weiter.

1988 verboten die Grünen in Hessen unter ihrem damaligen Anführer Joseph »Joschka« Fischer eine Produktionsanlage für Insulin in Frankfurt-Hoechst. Das Insulin wurde mit Hilfe der Gentechnik hergestellt, heute kommen die lebensrettenden Mittel aus dem Ausland.

»Die neuen Fortpflanzungs- und Gentechniken sind Instrumente einer ausbeuterischen und gewaltsamen Naturbeherrschung: Ihre Folgen sind weder überschaubar, noch rückgängig zu machen. DIE GRüNEN lehnen diese Techniken ab«, hieß es im grünen Programm zur Bundestagswahl 1987. Das war zu Zeiten, als sich die Grünen auch gegen Computer wandten.

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2013 stand im Koalitionsvertrag der neuen niedersächsischen Landesregierung: »Das Projekt HannoverGEN wird beendet.« Niedersachsen sollte gentechnikfrei sein, proklamierten die grünen Maschinenstürmer. Damit war auch ein sehr erfolgreiches, bei den Schülern beliebtes Schulprojekt gestorben, bei dem Schüler selbst einfache biotechnische Experimente durchführen konnten und Grundbegriffe der Gentechnik erlernten. Initiiert hatte das Projekt der renommierte Professor für Molekulargenetik, Hans-Jörg Jacobsen. Doch die Schüler sollen nach grünem Willen nicht einmal lernen dürfen, was es mit DNA, RNA und Basen auf sich hat.

»Bündnis90/die Grünen« lehnen Gentechnik grundsätzlich und für alle Anwendungsbereiche ab.« Denn die steht eben dem »ökologischen Umbau« auch des Gesundheitswesens im Wege. »Wir sind nicht die Bedenkenträger der Nation, sondern die Vorhut für eine verantwortbare Zukunft«, so Gunda Röstel 1996; die studierte Sonderpädagogin war damals Sprecherin von »Bündnis 90/Die Grünen«.
Doch ohne Gentechnik hätte Biontech nicht an die Entwicklung herangehen können. Die ist Gentechnik reinsten Wassers und zwar nicht nur bei Weizen, Mais und Reis oder Schwein, sondern direkt im Menschen.

Es handelt sich um ein gentherapeutisches Agens. Die Wissenschaftler bauen einem Erkältungsvirus, das einem Schimpansen entnommen wurde, eine zusätzliche genetische Information ein.

Bei herkömmlichen Impfungen wird ein abgeschwächter Erreger geimpft in der Hoffnung, dass das Immunsystem besser auf eingedrungene Erreger einer Krankheit vorbereitet ist und sie schneller bekämpfen kann. Ein mühsamer Prozess, die abgeschwächten Erreger zu entwickeln, zu produzieren und genau dosiert in den Körper zu bringen. Vor allem, wenn sich der Erreger schnell verändert.

Einfacher ist es, wenn man den Körper selbst dazu bringen kann, dass seine Immunzellen Antikörper und T-Zellen zur wirksamen Bekämpfung des Erregers produzieren. Das ist jedenfalls die Idee, an der seit längerem geforscht wird.

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Dabei wird ein sogenannter viraler Vektor mit einer neuen, auf den jeweiligen Erreger abgestimmten Geninformation eingebracht. Mit dieser neuen Geninformation soll der Organismus veranlasst werden, selbst eine Schutzantwort gegen das Coronavirus zu erzeugen, also selbst Proteine zu produzieren. Die menschliche DNA im Zellkern kann dabei nicht verändert werden.

Doch das Risikoprofil ist ungeklärt, ebenso weiß über Langzeitwirkungen niemand etwas. Für möglich halten Wissenschaftler eine verstärkte Tumorbildung, sollten zufällig sogenannte Onkogene zu stark aktiviert werden. Umgekehrt könnten diejenigen Proteine blockiert werden, die das Zellwachstum regulieren oder den Zelltod auslösen.

Kein Wunder, dass die Haftung der Steuerzahler übernehmen soll, wie die EU-Kommission bereits angedeutet hat. Die Pharmaindustrie, drohende Haftungsrisiken für Folgeschäden klar im Blick, will natürlich nicht geradestehen.

Diese neuen Therapieformen sind also Gentechnik pur – sowohl bei der Herstellung als auch bei der Gentherapie im Menschen.

Darüber weiß Anne Spiegel vermutlich nichts. Aber immerhin: Gut, dass die Grünen mal über Gentechnik gesprochen haben.

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Kommentare ( 37 )

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Citizen
3 Jahre her

In der Tat produzieren die menschlichen Zellen nach der m RNA Injektion die dadurch codierten Spikes des Corona Virus, gegen das Immunsystem dann Antikörper entwickeln, die auch das „echte“ Virus bekämpfen Können. Ich verstehe Ihre Bedenken hinsichtlich der Umprogrammierung. ABER: genau das ist es, was ein Virus in einer Zelle tut: es programmiert die Zelle so um, dass sie fortan Viren herstellt, und zwar komplette, infektionsfähige Viren und nicht nur die Spikes! Insofern entscheide ich mich dann doch für die Impfung aber das sollte jeder Mensch nach Risikoabwägung selbst entscheiden.

Deutscher
3 Jahre her

Passt auch dazu: KGE hat bekannt gegeben, dass die Grünen nun für Auslandseinsätze der Bundeswehr auch ohne UNO-Mandat sind. Hoppla, was ist denn da los? Die Grünen wollen nicht, dass ein Land durch sein Veto einen Krieg verhindert – freilich geht es den Grünen einzig und allein um „humanitäre Hilfe“. Also etwa, wenn man vor ein paar Jahren in Syrien gegen Assad hätte kämpfen sollen, damit ISIS gewinnt. Es ist einfach nicht von der Hand zu weisen, dass die Grünen irgendwie eine Vorliebe für den islamischen Krieg und Terror haben. Oder sie wollen einfach sicherstellen, dass sie in Regierungsverantwortung Ländern,… Mehr

Last edited 3 Jahre her by Deutscher
the NSA
3 Jahre her

Hoechste Vorsicht ist geboten bei allen Ankuendigungen. Wie der Author auch sagt, dauern solche Vaccine von der Entwicklung bis zur Clinical Phase III, eine Stage IV soll es gar nicht geben, gut 10 Jahre. Weil die Politik verlangt, dass ein Vacc. auf Teufel komm raus, produziert wird, werden alle seit Jahrzehnten bewaehrten Testmethoden quasi ausgesetzt. Pfizer trompetet, dass ihr Vacc 90 \% efficient sei…….NUR: bei welchen Patienten, mit welchen Preconditions, welchem Alter, und welchen CO-MORBIDITES (diabetes, heart-disease, neurolog. diseases, cancer, morbus Crohn etc.), und wirkt es bei schwerer Obesity ? (> 130 kg auf > 1.65 m…etc.).  Entscheidend wird die STAERKE… Mehr

KorneliaJuliaKoehler
3 Jahre her

Wenn die Hersteller die Impfstoffe tatsächlich unter Haftungsausschluss vertreiben dürfen, wird das das größte Geschäft aller Zeiten. Die Hersteller haften nicht, die Ämter, die die Impfstoffe zulassen nicht und die Politiker, die die Bürger zur Impfung nötigen, auch nicht. Besser geht’s nicht. Impfstoffe sind wohl die nie versiegenden Geldquellen der Zukunft. Bill Gates und seine Freunde haben doch mal wieder aufs richtige Pferd gesetzt. Die Grünen sollten allerdings ihre Wähler nicht unterschätzen. Diese Querdenker-Demonstranten, darunter auch viele Impfgegner, sind wohl überwiegend bisherige Grünen-Wähler, die durchaus auch Demo-freudig sind. Daraus könnte sich schon noch eine breite Front gegen diese Gentechnik-Impfstoffe entwickeln.… Mehr

Ulrich
3 Jahre her
Antworten an  KorneliaJuliaKoehler

In Großbritannien wird an einer Software gebastelt, um mit Hilfe von KI mögliche Nebenwirkungen der Corona-Impfstoffe zu eruieren. Die stehen dann auf einem 2m langen Beipackzettel. Wer dann trotzdem in einigen Jahren an einer solchen Nebenwirkung leidet, Pech gehabt!! Deutschland verlässt sich da weniger auf KI, jeder Impfling erhält eine App zum Protokollieren seiner Befindlichkeiten. Das ist neu in der Medizingeschichte: schreibende Versuchskaninchen!!

Deutscher
3 Jahre her

Die Grünen können sich gar keine andere Meinung leisten, denn die könnte sich mit der Meinung der AfD decken.

CIVIS
3 Jahre her

Da werden sich aber die Bauern freuen, wenn sie jetzt mit Zustimmung der Grünen gentechnisch basierten Dünger verwenden und genbasiertes Obst und Getreide etc. ernten dürfen.

Das wird dann ja ein wunderschönes „Erntedankfest“, …dank grüner Politik !

Biskaborn
3 Jahre her

Wahnsinn diese Partei. Man ist natürlich gegen Gentechnik und wird es auch weiter sein. Bei dem Impfstoff gegen das Coronavirus werden die Grünen und mit ihnen die Einheitsmedien natürlich das Wort Gentechnik komplett aussparen. Klar, man will auf diesen Widerspruch zur eigenen Haltung nicht aufmerksam machen und die impfwillige Bevölkerung die man bislang so eindringlich indoktriniert hat, nichts genverändertes zu kaufen nicht verunsichern. Man dreht sich die Dinge wie man sie braucht und alle spielen mit. Der naive Deutsche merkt ohnehin schon lange nichts mehr.

Anti-Merkel
3 Jahre her

Teilweise sind daran auch die Medien schuld, die immer einen Oberbegriff finden müssen, und dann denken, jeder muss entweder für oder gegen den Oberbegriff sein. Gerade Gentechnik — natürlich ist gentechnisch hergestelltes Insulin oder gentechnisch hergestellter Labersatzstoff gut, auch gegen gentechnisch erzeugte Baumaterialien (strapazierfähigere Seile usw) spricht nichts. Gentechnisch veränderte Nahrungsmittel sind bedenklich, weil langzeitfolgen erst erforscht werden müssen – und dabei wird sich wohl herausstellen, das manche Veränderungen unproblematisch sind und andere zu Problemen führen, und dass evtl. in manchen Fällen die Veränderungen selbst weniger problematisch sind, als was damit erreicht wird (z.B. Veränderung, um eine Pflanze gegen Glyphosat… Mehr

Donostia
3 Jahre her
Antworten an  Anti-Merkel

Nennen Sie mir einen Fall bei dem ein Mensch an gentechnisch veränderten Lebensmittel gestorben, oder gesundheitlich beeinträchtigt wurde. Wissen sie was da in den USA für Klagewellen losgetreten würden wenn auch nur der leiseste Verdacht da wäre? Das ist wie das Argument, dass Biolebensmittel gesünder sind. Dafür gibt es keinen einzigen Beweis oder Studie das dies so ist. Wenn das so wäre würde dieser Beweis uns ständig um die Ohren gehauen werden. Gentechnisch veränderte Lebensmittel gibt es schon Jahrzehnte. Und wie wollen Sie Langzeitfolgen erforschen, wenn es keiner essen sollte. Final muss es immer am Menschen getestet werden. EINE 100%… Mehr

Werner Geiselhart
3 Jahre her

In der „Schwäbischen Zeitung“, inzwischen auch der grünroten Verblödung Erleuchtung anheimgefallen, stand vor ca.5 Jahren ein Artikel über „Golden Rice“, eine an der Uni Freiburg entwickelte Reissorte, die sehr viel Vitamin A enthält. Mit dieser Reissorte hätte man Millionen Erblindungsfälle in Entwicklungsländern verhindern können, das Gentechnikprojekt war nicht kommerziell. Zu meiner Verwunderung war der Artikel äußerst positiv, die Vorteile der Reissorte wurden klar erkannt. Am Schluß des Artikels dann die Erklärung, warum. Die Entwickler hatten den Reportern ein Schnippchen geschlagen „Laut Prof. XXX handelt es sich bei der Züchtung nicht um Gentechnik“. Leider merkten es Greenpeace und andere grüne NGOs… Mehr

nachgefragt
3 Jahre her

Ja, das ist schon witzig. Im Zuge der Pandemie-Maßnahmen wurden ja schon einige heilige Kühe geopfert, Grundrechte beschnitten und gerade auf linker Seite möchte man ja noch schnell die ganz große Transformation durchdrücken. Aber dass völlig unbeachtet im Windschatten wieder einmal eine linksgrüne Grundfeste und Doktrin weggefegt wurde, ohne dass die Pappnasen und Weichbirnen das überhaupt mitgekriegt haben, ist schon sehr unterhaltsam. Nachdem der Vogelschutz und der Naturschutz dem Bau von Windkraftanlagen weichen musste – vorbei die Zeiten, wo Tierrechte den Menschenrechten gleichgestellt werden sollten – , nachdem die E-Mobilität und deren Bedarf an Rohstoffen weltweit übelste Umweltverschmutzungen und Menschenrechtsverletzungen… Mehr