Maas auf Migrationsmission: Pakistan will keine Afghanen aufnehmen

Außenminister Heiko Maas erfährt in Pakistan wie in den anderen Nachbarländern Afghanistans Unwillen zur Aufnahme von Flüchtlingen. Man weiß dort eben, was Interessen sind und wie man verhandelt. Deutschland dagegen hat längst demonstriert: Man ist bereit zu zahlen und aufzunehmen.

IMAGO / photothek
Bundesaussenminister Bundesaußenminister Heiko Maas, SPD, bei einer Pressekonferenz in Islamabad, 31.08.2021

Heiko Maas macht noch einmal eine große Auslandsreise. Heute war er in Pakistan, zuvor schon in anderen Nachbarländer Afghanistans. Es geht vor allem um die zu erwartenden zusätzlichen Auswanderer aus dem Taliban-regierten Land. Was Maas da wirklich erreichen will, ist unklar und paradox – wie Deutschlands Außen- und Migrationspolitik seit jeher ist. Einerseits will man, dass noch möglichst viele Afghanen den Herrschaftsbereich der Taliban verlassen können. Aber es sollen dann doch nicht übermäßig viele davon nach Deutschland kommen. Klar, man will wieder vielen Menschen Gutes tun, aber 2015 soll sich eben doch nicht wiederholen. Am besten gerade so viele, damit man sich des guten Werkes rühmen kann, ohne dass es den Wählern am 26. September doch noch irgendwie mulmig wird. Von rund 40000 ist die Rede. Dass von den bisher evakuierten Afghanen nur ein Bruchteil tatsächlich „Ortskräfte“ waren, wird in der Kommunikation der Bundesregierung selbstverständlich kaum erwähnt. Es geht ums „Retten“, wen genau und weshalb, scheint letztlich egal zu sein.

Pakistan ist ein armes, furchtbar korruptes, ganz und gar nicht demokratisches Land, das seit Jahrzehnten ökonomisch auf keinen grünen Zweig kommt, so wie die anderen Nachbarländer der Region auch. Aber wie man verhandelt und eigene Interessen vertritt, weiß dessen Führung – im Gegensatz zur Bundesregierung. Pakistans Botschafter hat gegenüber einer Berliner Tageszeitung schon klargestellt: „Wir werden keine weiteren Flüchtlinge aus Afghanistan aufnehmen“. Kein Nachbarland Afghanistan zeigt sich begeistert für die Aufnahme von Migranten, jedenfalls nicht in großer Zahl. Jenseits des politischen Horizonts von Maas und Co ist das ein ganz normales Verhalten: Am Anfang stellt man Maximalforderungen und lässt sich dann jedes Entgegenkommen teuer bezahlen. Zumal man ja weiß, dass die Migranten selbst am liebsten nach Europa, vor allem Deutschland, wollen und die Deutschen nicht viel dagegen haben.

Die deutsche Diplomatie hat schon wenige Tage nach der Machtübernahme der Taliban gezeigt, was „Verhandeln“ für sie bedeutet: 100 Millionen für Soforthilfe hier, 500 Millionen Euro „humanitäre Hilfe“ dort. Maas hat heute in Islamabad schon gesagt, dass Deutschland auch „darüber hinaus“ unterstützen wird. Womöglich wird Pakistan dafür dann beim „Transit“ der Flüchtlinge helfen. Das will auch Erdogan gerne. Den Flughafen Kabul betreiben zum Beispiel, damit die Migranten nicht durch die Türkei durch müssen und dort Kosten verursachen. Letztlich wird Deutschland also wohl einen Teil der Reisekosten der zuwandernden Afghanen übernehmen und hoffen, dass die Migration möglichst ohne beunruhigende Bilder vonstatten geht.

Angesichts der Lage in Afghanistan wird wieder deutlich, dass Deutschland im Staatssystem des frühen 21. Jahrhunderts vor allem in einer Hinsicht Weltspitze ist: Bei der Inszenierung der eigenen Moral statt materieller und Machtinteressen. Moralische Selbstinzsenierung gehört in der (Außen-)Politik immer dazu. Aber so konsequent zum Schaden der eigenen Steuerzahler wie die deutsche praktiziert es wohl keine andere Regierung weltweit. Während die Anrainer Afghanistans und nicht zuletzt auch die Taliban-Machthaber alles tun, um möglichst viel Geld von anderen zu erhalten und möglichst wenig durch Armutsmigration belastet zu werden, hat sich Deutschland sofort als derjenige positioniert, der viel bezahlt und dennoch am Ende einen Großteil der Zuwanderer selbst aufnehmen wird. Kein Wunder, dass nicht nur die Regierenden zwischen Bosporus und Indus daraus ihre Schlüsse ziehen, sondern auch die Migranten selbst. Deutschland wird wie schon bisher ihr bevorzugtes Ziel sein.

Dass es durchaus auch anders ginge, auch als Regierung eines „reichen“, westlichen, humanitär gesinnten Landes, zeigt gleichzeitig Österreich. Sebastian Kurz hat im Gespräch mit Merkel heute wieder klargestellt: Keine Aufnahme von Afghanen. Kurz sagte in der Pressekonferenz in Berlin, man leiste bereits einen „überproportional großen Beitrag“ in der Region. Österreich habe seine Schuldigkeit getan: „Wir haben pro Kopf gerechnet die viertgrößte afghanische Community weltweit“, so Kurz. Und ohnehin sei seine Haltung in der Frage ja „bekannt“. Im Anschluss an das Gespräch forderte Kurz per Twitter erneut, dass die EU ihre Außengrenze „ordentlich sichern“ und illegale Migration bekämpfen müsse. Solche Tweets liest man von der Bundesregierung und erst recht vom Bundesaußenminister nicht.

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Kommentare ( 52 )

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52 Comments
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Nibelung
2 Jahre her

Die Sozialisten und Kommunisten fangen meistens erst an, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist und nehmen wir die Beispiele Fukushima, Corona, Flutkatastrophe und sinnlose Kriege die uns nichts einbringen außer großem Verdruß und hohem Kapitalverlust und das alles nennen sie vorausschauende Politik und hecheln wie immer jedem Ereignis nach und tun so. als ob sie völlig überrascht wurden und wenn dem so wäre, dann käme es einer Katastrophe gleich, denn die Erkenntnis im Vorfeld ist eines der wichtigsten Markenzeichen verantwortungsvoller Politik und da versagen sie total. Was will man auch von dieser Truppe heutzutage erwarten, man muß sie… Mehr

powerage
2 Jahre her

Nicht einfliegen sondern ausfliegen. Kann da jemand mal unserem kleinen Zwergpinscher Bescheid geben. Im Interview mit der Krone bestätigt ein Taliban-Führer, dass sie bereit sind, ihre Straftäter zurückzunehmen im Gegensatz zu der vorherigen korrupten Regierung. Da durften höchstens 50 Leute im Flieger sitzen, während Erdogan die Abschiebeflieger ohne Probleme voll machen durfte.
https://www.krone.at/2495862

EinBuerger
2 Jahre her

Ich kenne mich ja nicht aus, aber ich halte das für einen Witz. Ich denke, dass zumindest jeder Paschtune aus Afghanistan, der das will, einfach nach Pakistan gehen kann. Paschtunen leben auf beiden Seiten der Grenze. Die Grenze mit den Gebirgen ist nicht zu kontrollieren. Und ich vermute, dass Pakistan nicht mal weiß, wer in seinem Paschtunengebiet lebt. Und wie viele.
Pakistan „muss keine Flüchtlinge aufnehmen“. Wenn Paschtunen nach Pakistan wollen, gehen sie dort einfach hin.

Timur Andre
2 Jahre her
Antworten an  EinBuerger

Briten haben ja auch willkürlich die Grenzen einfach durch Stammesgebiete gezogen. Paschtunen haben auch in großer Zahl (%) unter den Briten gedient, auch WK! und 2.

Lux Patria
2 Jahre her

Das ist ein alter, billiger Trick. Man sondiert mehr oder weniger lustlos, erzielt keinen Erfolg und kann sein unerbittliches Migrationsprogramm auf eigenem Boden durchziehen mit der Begründung: „Tja, Leute, ich hab ja alles versucht, aber leiiiiider….und deswegen, im Sinne der Humanität…“ Wenn schon jemand „wg.Auschwitz“ in die Politik gegangen ist, gell…

Klaus Maier
2 Jahre her

Kroatien hat schon 19 Afghanen und Afghaninnen (schreibt man das so?) aufgenommen und auf der Airbase in Rammstein warten über 20.000 auf den Weiterflug über den großen Teich – so schlimm wird’s für D also diesmal gar nicht werden, nicht wahr?

MeHere
2 Jahre her
Antworten an  Klaus Maier

Wollen die 20000 überhaupt nach USA oder sind die ohnehin gerade auf dem Weg zur Dt. Erstaufnahmestelle ? Sind ja alle politisch verfolgt, oder ?

Kassandra
2 Jahre her
Antworten an  MeHere

Die USA wollen erst prüfen. Ob sie die Jungs so lange in Ramstein lassen, wird man sehen.
Drüben sind jedenfalls „Camps“ vorbereitet, bis Klarheit über den Status herrscht. Ein abgeschobener „Rapist“ ist ihnen schon durchgerutscht und soll wieder in den USA gelandet sein.

Boudicca
2 Jahre her

Maas SPD hat mal wieder seinen Job nicht erledigt als es Zeit dazu war. Nahezu schamlos, trotz des von der Umweltministerin Schulze SPD, beschworenen Klimawandels und CO²-Apokalypse, jettet er durch die Welt um die Kenntnis von Kontennummern zu erlangen, für die eine einfache Telefonkonferenz vom Homeoffice (Wir bleiben zu Hause) aus möglich wäre.

fatherted
2 Jahre her

Die Lösung…..eine Dauerhafte Luftbrücke von dem in kurzem wieder eröffneten (mit Deutschem Geld unter türkischer Führung) zivilen Flughafen in Kabul. Einfach einsteigen in den nächsten „kostenfreien“ Flieger und ab nach Deutschland. Wie sagte Laschet….nicht nur Ortskräfte sondern auch alle die sich gegen die Taliban engagiert haben und „die mit den Taliban unzufrieden sind“ müssen aufgenommen werden. Das wird ein Riesen-Konjunktur-Programm der Deutschen Fluglinien….unzählige Flugzeuge chartern und Hunderttausende da raus holen. Da braucht es keine Grenzöffnungen mehr.

pcn
2 Jahre her

Eine unglaubliche Rücksichtslosigkeit, was sich hier die Bundesregierung gegen uns Bürger erlaubt, gegen uns, die die Schäden in Form von finanzieller Ausbeutung ertragen muss! Und obendrein die zunehmende Gewaltkriminalität dieser Migranten! Aber jeden Euro umdrehen, wenn es darum geht, Infrastruktur zu erneuern, bis hin zu Luftfiltern in Schulen anzuschaffen. Grenzen dicht! Und zwar mit allen Mitteln und unter allen gewollten und nicht gewollten Umständen! Diese Migranten sollen gefälligst in Afghanistan bleiben. Schließlich haben sie nichts anderes gewollt, als die Taliban. Ansonsten hätten sie sich gewehrt!

alex01130
2 Jahre her

Warum sollten muslimische Länder Muslime aufnehmen? Wenn die Europäer das tun, haben sie doch einen doppelten Nutzen. Sie brauchen die Migranten nicht versorgen und die muslimische Einwanderung in westliche Länder kommt doch dem Ziel Mahammeds, die muslimische Weltherrschaft näher.

Aegnor
2 Jahre her

Auf Kurz sollte man hier nicht zu viel geben. Auch der praktiziert nur die pübliche Verhandlungstaktik mit den Maximalforderungen. Außerdem kocht die österreichische Volksseele immer noch wegen dem afghanischen Kindermord. Am Ende wird er dem Drängen seiner linken Koalitionspartner nachgeben (müssen). Das Gleiche gilt auch für die afghanischen Nachbarländer. Es ist nicht vorstellbar, dass Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan Flüchtlinge ihrer eigenen Volksgruppe aus Afghanistan an der Grenze zurückweisen würden (andere schon). Und Pakistan ist bzgl. Flüchtlinge sowieso nicht betroffen. Der ganze NW Pakistans ist Paschtu-Land. Dort herrschen die gleichen Zustände wie unter den Taliban, die ja de facto eine Paschtu-Miliz… Mehr

Last edited 2 Jahre her by Aegnor