Das Elend der Intendanten

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk steckt tiefer in der Krise, als seine Intendanten wahrhaben wollen. Die Glaubwürdigkeit sinkt noch schneller als die Einschaltquoten. Einseitige Berichterstattung, die die Grenze zur Propaganda immer öfter überschreitet, Nichtberichten und Framen sind mittlerweile Standard beim ÖRR.

Es brennt lichterloh, doch die Biedermänner in den Chefetagen haben es noch immer nicht kapiert. Sie beklagen den Qualm, der durch alle Ritzen quillt. Dass ihre Bude brennt, nehmen sie nicht zur Kenntnis. Das Feuer unter dem Dach des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bekommt regelmäßig neue Nahrung, für das die Anstalten selbst sorgen. Wie ist das gekommen?

I.

Intendanten und ihre Direktoren sind heute überwiegend blasse Funktionäre, die weder von Journalismus noch vom Wert der Meinungsvielfalt viel verstehen. Was sie lieben, ist Ruhe im Kuhstall. Sie wollen es bequem. Also keine Debatten, sondern gefällige Quoten. Wer die Marktführerschaft über den Auftrag stellt, glaubt, er stehe außerhalb der politischen Auseinandersetzung. Lange hielten die Sender alles für gut, was dem Mainstream gefällt. Also alles, was irgendwie links und grün war. Nur blöd, dass sich das Meinungsklima dreht, und die Programme immer noch von denen gemacht werden, die unter den alten Vorzeichen angeheuert wurden. Jetzt spüren die Intendanten Widerstand. Statt darauf zu reagieren, igeln sie sich ein. Und die linke Meinungsphalanx verschwört sich gegen die Mehrheit der Zuschauer, weil sie um ihr Überleben kämpft. Wen die Reschkes und Restles ganz sicher nicht zu fürchten haben, sind ihre Vorgesetzten. Die wollen vor allem keinen Ärger – genau deshalb bekommen sie ihn.

II.

Ich behaupte: Die tieferen Gründe für das Versagen liegen nicht in der ideologischen Fixierung der Anstaltsleiter. Die Intendanten sind überwiegend graue, brave Konformisten, aufgestiegen durch Anpassung an die herrschenden Verhältnisse. Sie schmoren im eigenen Saft und es fehlt ihnen an Mumm, ihre ganz überwiegend linken Redaktionsstäbe durchzulüften und ihre Läden zu entideologisieren. Es müsste wieder gestritten werden in den Programmen. Kontroversen auszutragen, wäre der Auftrag. Statt dessen ein endlos frömmelnder protestantischer Feldgottesdienst. Moralisieren geht vor Analysieren, Rechthaben vor Recherchieren.

III.

Früher kuschten die Intendanten oft genug vor Parteien, denen sie ihre Jobs verdankten. Heute haben sie das nicht mehr nötig. Heute kuschen sie nur noch vor linken Medien, statt für die gute, alte Ausgewogenheit zu sorgen. Es ginge nicht darum, sich auf die andere Seite zu schlagen, sondern das Spielfeld zu erweitern. Genau das geschieht nicht. Die Linken beharren auf ihrer Dominanz, und die Intendanten ducken sich weg. Im Zweifel opfern sie lieber ein Feigenblättchen wie Julia Ruhs dem linken Redaktionsmob oder sie lassen linke Scharfmacher wie Böhmermann an der längsten Leine. Wenn ein Nachplapperer wie Elmar Thevesen bei Klugscheißer Markus Lanz Lügen verbreitet, geschieht ihm nichts. Die Rundfunk-Gremien haben die Kontrolle aufgegeben.

IV.

Es gab Zeiten, da standen große, namhafte Journalisten an der Spitze der Sender (Friedrich Nowottny, Fritz Pleitgen), die waren weder rechts noch links, und es moderierten und kommentierten erfahrungsgesättigte Reporterlegenden wie Peter Scholl-Latour, Hans-Joachim Friedrichs oder Gerhard Löwenthal wichtige Sendungen. Heute stehen überwiegend Showfiguren des verblassenden Zeitgeists in den Studios. Das Fernsehen wird auch schlechter, weil es an Persönlichkeiten mangelt. Unverwechselbare, unabhängige Handschriften werden nicht gesucht, sind nicht mehr gefragt. Es herrscht eine verhängnisvolle Arbeitsteilung: abhängige freie Mitarbeiter und Produzenten bedienen den Formatstalinismus der Anstalten. Die Leitung haben Medienmanager, nicht Journalisten. Und wenn es Journalisten sind, dann (wie im RBB) meist nicht gerade die besten.

V.

Für meine hartnäckigsten Freunde unter den Kommentatoren dieser Zeilen: Obwohl ehemaliger ZDF-Redakteur, sitze ich nicht im Glashaus. Ich wurde als Studioleiter in Bonn gefeuert, als Skepsis gegenüber Werk und Wirken des heiligen Kanzlers der Einheit verboten war. Nur war damals die öffentliche Empörung in den Medien wie bei den Ministerpräsidenten nicht halb so groß wie heute. Die Sitten waren aber damals schon versaut. Es hat kaum jemand ernst nehmen wollen, wohin die Reise geht. Galt doch die Wiedervereinigung nach Kohls Rezept als so alternativlos und moralisch geboten wie heute Willkommenskultur und Energiewende. Es trifft mit Julia Ruhs eine Kollegin, die gegen eine – heute linke – Moralisierung der Politik aufmuckt. Aber die Mechanismen sind lange bekannt.

VI.

Jenseits von lechts und rinks, öffentlich-rechtlich und privat: Fernsehmacher verwechseln Beachtung mit Bedeutung – weil in diesem Medium Beachtung das einzige von Bedeutung ist. Das hat zwangsläufig Folgen für die Qualität des Programms. Das ist der tiefere Grund für die Schäbigkeit des Programms.

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Kommentare ( 70 )

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Teiresias
2 Monate her

Intendanten verdienen etwa doppelt soviel wie ein Bundeskanzler.
Warum?
Weil sie harmlos sind und keine wirklichen Ziele verfolgen?
Oder weil sie eingeweiht sind in die Agenda, die „unsere“ Regierung zu unserem Schaden verfolgt?

Last edited 2 Monate her by Teiresias
Kassandra
2 Monate her
Antworten an  Teiresias

Was auf den Gedanken bringt zu fragen, was die Tochter von Schäuble, eine verheiratete Strobl, Innenminister von BW, inzwischen dort in die Wege leitet? „In ihrer Funktion als einflussreiche Programmdirektorin der ARD[15] führt Strobl seit Amtsantritt einen umfangreichen Umbau der ARD-Fernsehprogramme durch. Für die Art und Weise und die Prioritätensetzung ihres geplanten Programmumbaus wird Strobl von vielen Medienschaffenden aus der ARD kritisiert.[16] Strobl setzt auf mehr Unterhaltung und weniger Nachrichten. Zudem soll die ARD Mediathek gestärkt werden, um mit Streaming-Diensten konkurrenzfähig zu sein. Dies wirkt sich auf die produzierten Formate aus, die zeitüberdauernder werden sollen. Strobl plante eine Verringerung der… Mehr

Last edited 2 Monate her by Kassandra
Dr.Remberg
2 Monate her

Was muss es für Sie als ehemaligen Mitarbeiter dieses Imperiums ÖRR bedeuten, mit ansehen zu müssen, wie verkommen diese in allen Bereichen aufgeblasene Institution heute ist! Ich kenne in diesem Land keine andere Organisation, die sich mit milliardenschweren Zwangsgebühren finanziert und ihren Mitarbeitern ein Auskommen wie in einem Beamtenstaat garantiert, wenn sie sich nur schön angepasst verhalten und nicht gegen den Strom schwimmen. Wer einmal drin ist, vom sog. „Moderator“ bis zum x-ten Fernsehkoch,  und sich wohlfeil verhält, hat offenbar ausgesorgt. Jedes Bundesland leistet sich zudem seinen eigenen Sender mit eigenen Redaktionen, eigenen Korrespondenten usw. usw. , und doch beten alle… Mehr

spindoctor
2 Monate her

„Anstaltsleiter“ – eine mehr als treffende Formulierung, Respekt!

Dr. Rehmstack
2 Monate her

Das ist ja wohl ein bisschen zu kurz gegriffen, die absurd überzahlten Intendanten, deren Bezüge an Bestechungsgelder erinnern, als Alleinverantwortliche in den Vordergrund zu stellen. Das ganze Konstrukt ist von Grund auf falsch. Was haben die Politiker in den Aufsichtsgremien zum Beispiel des ZDF zu suchen, wieso ist in den Kontrollgremien Kreti und Pleti aus Politik, Gewerkschaften, Kirchen und was sonst noch vertreten, nur der jenige, der es bezahlt eben nicht. Diese Kontrollgremien müssten von den Gebührenzahlern gewählte unabhängigen Personen ZB. Ehemalige Richter sein und niemandem sonst. Es müsste auch auf Lebenszeitstellen in den Redaktionsstuben generell verzichtet werden. Hier dürften… Mehr

T. Pohl
2 Monate her

Einstampfen. Es gibt inzwischen eine ausreichende Zahl alternativer Medien die die „Grundversorgung“ übernehmen kann.

T. Pohl
2 Monate her

Ich stimme Herles rückhaltlos zu, bin jedoch überrascht, so etwas erst jetzt von Ihm lesen zu dürfen, da die Situation bereits mindestens seit 10 Jahren so ist. Früher gerne Deutschlandfunk gehört, schalte ich diesen zwischenzeitlich sofort ab wenn das erste Mal gegendert wurde – die Halbwertszeit ist zwischenzeitlich unter einer Minute. Das selbe mit ZDF und ARD, linke Dreckschleudern die ich mir zwischenzeitlich nur noch ein Mal am Tag antue, für die Heute-Sendung, nach der das ZDF die Heute-Show benannt (!) hat. Und das nur, um zu sehen welche Information diesmal ausgelassen bzw. verbogen (eingeordnet!) wurde. Aber das ist nur… Mehr

Kassandra
2 Monate her
Antworten an  T. Pohl

radio.garden
Radio aus aller Welt.
Und man ist überrascht, von wo überall auf deutsch gesendet wird!

Freigeistiger
2 Monate her

Die Intendanten sind grau, blass und feige, weil sie sich das leisten können und zwar wegen der milliardenschweren Zwangsfinanzierung des ÖRR. Regierung bzw. Staat treiben die Gebühren ein und der ÖRR revanchiert sich mit regierungsfreundlicher, d.h. heutzutage linksgrüner Propaganda. Das ist ein System zum gegenseitigen Vorteil und man spricht zurecht vom polit-medialen Komplex. Die Öffentlichkeitsarbeit des Fernsehens ist damit dem Wettbewerb weitgehend entzogen, man muß sich dort nicht um objektive Information kümmern, sondern kann sich ganz auf Propaganda konzentrieren, um die Bürger zu manipulieren und zu erziehen. Wie bei den Altparteien geht es bei den „Medienschaffenden“ vor allem um Macht-… Mehr

Last edited 2 Monate her by Freigeistiger
Guzzi_Cali_2
2 Monate her

Der ÖRR hat sich schlicht überlebt. Er wird nicht mehr gebraucht. X hat längst übernommen. Man braucht auch kein „Programm“ mehr – und somit auch keine „Programm-Macher“. Der einzige Grund, wieso man diesen Apparat noch am Leben erhält, ist die Lautsprecherfunktion PRO Regime und zum anderen die monströs aufgelaufenen Pensionsverpflichtungen für die ehemaligen Mitarbeiter (u.a. Herrn Herles) und die, die jetzt in Pension gehen. Würde man die Zwangsgebühren kappen, wäre von jetzt auf gleich kein Geld mehr für irgendwelche Sendungen mehr übrig. Die Herrschaften aus Politik und ÖRR wissen ganz genau, daß eine Umstellung auf Bezahlfernsehen nach dem Muster vorn… Mehr

HansKarl70
2 Monate her

Es stimmt schon, die Zeiten ändern sich, nicht immer zum Besseren aber wir arbeiten dran. Auf längere Sicht gesehen ist links nicht mehr so aktuell. Die Zeit ist wie eine Wellenlinie. Im Moment steht links auf stark abwärts.

T. Pohl
2 Monate her
Antworten an  HansKarl70

Das ist wie Krebs, man bekommt es nicht mehr weg, ebenso wie unsere „Neuzugänge“.

flo
2 Monate her

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat wohl gleich auf mehreren Ebenen Verbesserungsbedarf. 1.  sind die Intendanten i. d. R. eher keine mutigen, erfahrenen Journalisten. 2.  funktioniert die Kontrolle durch die Rundfunk- und Fernsehräte nicht hinreichend. Das hat auch damit zu tun, dass das Gesamtangebot von ARD und ZDF (Funk, Online-Auftritte, usw.) gegenüber den Anfängen so riesig geworden ist, dass man annehmen muss, die Kontrolleure, die ja nicht 8 Stunden am Tag ihren Sender konsumieren, bekommen vieles gar nicht mit. Vielleicht liegt es auch daran, dass sich nicht jeder Repräsentant einer bestimmten Gruppierung als Vertreter der „Allgemeinheit“ sieht, wie er es theoretisch sollte, eher eben… Mehr