Warum Israel und Ukraine den Krieg nicht gewinnen können

Ob sich Washington mit einem Staat Palästina abfindet und einer kleineren Ukraine, ist nicht die Frage, sondern nur wann. Von Biden oder Trump im Weißen Haus hängt das nicht ab. Beide haben auf die bürokratischen US-Eliten als Agentur der Big-Tech-Oligarchie zu hören, die Amerika beherrscht.

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US-Präsident Joe Biden, Washington, D.C., 16. Januar 2023

„Die Ukraine darf den Krieg nicht verlieren.“ Diesen Satz aus einer Wortmeldung von Jürgen Habermas spießte Tomas Spahn Mitte Februar 2023 auf, um seinerseits zu konstatieren: „Nicht verlieren bedeutet nicht zu gewinnen. Wer solcherart nach Verhandlungen verlangt, hat die Ukraine schon im Stich gelassen.“ Die Überschrift zu Spahns Beitrag war dann zugleich die Zusammenfassung: Eine Ukraine, die nicht verlieren, aber auch nicht siegen darf.

Die Parallele drängt sich auf: Ein Israel, das nicht verlieren, aber auch nicht siegen darf. Für ihre geopolitischen Interessen sind die USA im Vorderen Orient und am Schwarzen Meer zu ähnlichen und unterschiedlichen Schritten bereit, aber immer der gleichen Gründe wegen: des innenpolitischen Taktierens in Washington im voll laufenden Präsidentschaftswahlkampf.

In der Ukraine nähert sich die Lage deshalb nicht aus kühler, überlegter Strategie einem Zustand, den man zynisch so fassen kann: Wenn die in Washington verzögerten Raketen doch in der Ukraine ankommen, hat die dortige Armee gar nicht mehr die Leute, um sie abzufeuern. Dass vorher die vollmundigen Ankündigungen von Präsident Macron – natürlich auch seinem Wahlkampf geschuldet – auf Entsendung französischer Truppen wahr werden, die dann anstelle der Ukrainer feuern, darf bezweifelt werden. Auch Freiwillige aus dem früheren Litauen-Polen könnten das Szenario nur verzögern.

Free Palestine in America

In Israel hat die weltweite Islamgemeinde mit der Frage der Verhältnismäßigkeit im Vorgehen Israels gegen die Hamas den Krieg praktisch gewonnen. Araber und Mohammedaner in den Staaten des Westens haben mittels ihres Gewichts als Wählergruppen der Democrats das Massaker an Kindern, Frauen und Männern, bei dem 1.200 getötet und 250 verschleppt wurden, mithilfe wahlkampfführender Politiker, Establishment und westlichen Medien aus dem öffentlichen Gedächtnis gelöscht und durch die Bewegung Free Palestine ersetzt.

Ihr Ziel, Israel durch das Massaker in einen Krieg zu zwingen, den es nicht gewinnen kann, hat die Hamas erreicht. Nun ist die Hamas dabei, mithilfe der Araber und Mohammedaner als Bewegung Free Palestine bei den UN Schritt für Schritt einen Staat Palästina neben dem Staat Israel zu etablieren. Von dort bis zum Ende Israels als einzigem Staat der Juden ist es gefährlich nah.

Kriegswirtschaft Russland

Aber auch Putin muss innenpolitisch kalkulieren. Sein neuer Verteidigungsminister Andrej Beloussow will gegen die Ukraine mit möglichst geringen Verlusten bei den eigenen Streitkräften gewinnen und kündigte an, dass es keine neue Mobilmachung zur Rekrutierung weiterer Soldaten geben werde. Die Perspektive für die Ukraine aus Moskauer Sicht war nie so eindeutig wie jetzt. Präsident Putin hat mit der Ernennung des Wirtschaftsstrategen Beloussow der großen Transformation Russlands zu einer konsequenten Kriegswirtschaft vorderste Priorität verordnet.

Gegen diese Langzeitstrategie hat die Ukraine keine Chance. In seiner langen Geschichte hat das Land östlich des Flusses Dnjepr mehrfach zu Russland gehört, nachdem es Teil von Litauen-Polen gewesen war. Das wird nun wieder so kommen und auch dieses Mal nicht für immer. Die Ukraine kommt nicht ohne Landverluste aus diesem Krieg.

America First

Ob sich Washington damit abfindet wie mit einem Staat Palästina, ist für mich nicht die Frage, sondern nur wann. Von Biden oder Trump im Weißen Haus hängt das übrigens nicht ab. Beide haben auf die bürokratischen US-Eliten als Agentur der Big-Tech-Oligarchie zu hören, die Amerika beherrscht. Und diese kalkuliert ein, was sie der Bewegung Free Palestine geben muss. Big Business ist Big, weil es kalkuliert.

Von der Ukraine wird nach dem Krieg genug Land übrig bleiben für ihre Bürger, deren Vorfahren im Laufe der Geschichte Litauer, Ruthenen, Polen, Russen und Ukrainer waren. Die Ukraine kann sich – wenn nicht anders möglich – mit Russland auch ohne den Westen einigen.

Israel muss bei seiner begonnenen Zusammenarbeit mit den Herrschenden in Riad, Katar, Amman und Kairo anküpfen, die nicht wollen, dass Teheran ein Kalifat am Mittelmeer errichtet. Wenn das mit Netanjahu nicht geht, muss Netanjahu gehen.

Dass die USA in beiden Ländern nicht mehr riskieren werden, als die Herrschenden für ihre eigene Macht gut finden, steht hingegen fest – jetzt und immer schon.

Und soll die Freiheit im Westen gewinnen, muss dort der Einfluss der weltweiten Islamgemeinde, der Bewegung Free Palestine zurückgedrängt werden. Von den Herrschenden ist das nirgendwo zu erwarten. Aber in der Geschichte haben sich schon immer die Probleme ihre Löser selbst gesucht.

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Kommentare ( 68 )

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DELO
2 Monate her

Vereinfachte Weltgeschichte in 3 Minuten nach dem Motto: Das Kapital gewinnt immer. Nur leider ist es eben nicht so einfach. In den USA sitzen die Falken neben den Bankern und nehmen denen gern mal den Stift aus der Hand. In der Ukraine haben sie doch erreicht, was sie wollten: Russland wurde nachhaltig geschädigt und mußte auf Kriegswirtschaft umstellen, was sie im internationalen Ranking um Jahre zurück wirft. Die Ukraine selbst interessiert längst nicht mehr. Sie wird aufgeteilt werden, wie Kissinger es schon vorhergesagt hat und dann wird es nicht allzulang dauern, bis Polen seine Ansprüche auf Teile der Westukraine vorträgt.… Mehr

Fafnir
2 Monate her

Also eines verstehe ich nicht. Wie kann es eigentlich sein, daß die Ukraine nicht mit einer Generalmobilmachung reagiert. Wie man hört, sind nicht mal eine Million Soldaten an der Front. D.h. nicht einmal 2,5% der Bevölkerung kämpft. Wäre es nicht sinnvoll alle personellen Ressourcen auszuschöpfen?

Manfred_Hbg
2 Monate her
Antworten an  Fafnir

Nun ja, das keine Generalmobilmachung erfolgt, könnte vielleicht duch daran liegen, dass dann all diese neuen Leute irgendwo untergebracht, ausgebildet und mit Waffen & Zeug’s versorgt werden müßten. Außerdem braucht die Ukraine wohl auch noch weiterhin Leute die die ukr. Wirtschaft am,laufen halten und Gelder in die Staats- und Kriegskasse fluten. Wenn ich mich aber nicht täusche, dann müßte jetzt das neue Einberufungs-/Wehrgesetz in Kraft treten. Das wird wohl dzu führen, dass die Ukraine nun mehr Leute einziehen wird. – – – – – Was ICH aber nicht verstehe ist: dass es der Ukraine offenbar von der USA und den… Mehr

Der Ketzer
2 Monate her

„Und soll die Freiheit im Westen gewinnen, muss …“

Welche Freiheit?
Die Art und Weise, wie der Westen – auch die deutsche BReg als Teil desselben – mittlerweile mit Meinungsäußerungen umgeht, die den „bürokratischen US-Eliten als Agentur der Big-Tech-Oligarchie“ nicht passen, lässt diese Frage aufkommen.
Frei … sind jene, die es sich leisten können, zu gehen …

ISC
2 Monate her

Ihr letzter Satz im Artikel in Gottes Ohr!
Hoffentlich sind auch die deutschen Probleme intelligent genug die richtigen Problemlöser zu finden.

giesemann
2 Monate her

Sowjet-Russland? Von mir aus, wenn sich die Russen das Leben versauen wollen. Sowjetunion? Da würden sich außer der UA zB Kasachstan schon bedanken. Vom Baltikum ganz zu schweigen. Belarus? Die wollen auch anständig leben … . Wenn sie mal dürfen. Wenn sie der Friedensherrscher lässt.

Wolfgang Schuckmann
2 Monate her
Antworten an  giesemann

Diese Aussage könnte ich nicht machen, weil ich selbst noch nicht dort war. Sie allerdings müssen vor Ort gewesen sein, was ja bei den menschlichen Verquickungen heutzutage durchaus nicht unwahrscheinlich wäre.
Ist immer gut Leute neben sich zu haben, die den Dingen näher sind . Kann mich natürlich irren.

Georgina
2 Monate her

Der Zeuge, Zuheir Mohsen, Anführer der palästinensischen Terrogruppe As Saiqa, klärt auf. 1970 in einem Interview mit James Dorsey, Mitarbeiter der niederländischen Zeitung Trouw. Mohsen erklärt warum das palästinensische Volk erfunden wurde. Das palästinensische Volk existiert nicht, stellt er klar. Diese politische Erfindung dient einzig und allein dem Ziel, die Araber unter einer Fahne zu einigen. In Wahrheit, so Mohsen, ist kein Unterschied feststellbar, zwischen Jordanier, Palästinenser, Syrer und Libanesen. Nur aus politischen und taktischen Gründen spricht man heute vom palästinensischen Volk, um deren Ziel, den Zionismus zu bekämpfen, aus Ablehnung. Warum? Schiitische, sunnitische Islamschriften. Er führt weiter aus. Sobald… Mehr

Last edited 2 Monate her by Georgina
Tupperpartyloewe
2 Monate her
Antworten an  Georgina

„ An der Privatuni Yale (USA) kann man die Beweise nachlesen, die allein den Juden ein Anrecht auf Israel zugestehen. Seit mindestens [!!] 3.500 Jahren. Nur den Juden versteht sich“

Habe auf yale.edu diese Beweise auf die Schnelle nicht gefunden. Könnten Sie sie kurz beschreiben oder besser noch verlinken?

Wolfgang Schuckmann
2 Monate her

Vielen Dank für diese Glasklare Ansage zu diesem Problem. Soviel fürs erste. Selbstverständlich regieren nicht die Statisten in White House, sondern, wie Sie richtig schreiben jene, die die Dollars generieren. Der momentane Kampf um die besten Tröge geht (fast) nur um die Frage welche Schweine sich in USA die nächsten 4 Jahre die Bäuche vollschlagen werden. Ich sehe das Ganze als eine riesige, immer wieder durch sogenannte Wahlen mit ihren falschen Gewichten, die auf die politische Balkenwaage gelegt werden, als den Versuch an, sich vom jeweiligen anderen Schwein nicht vom Trog stoßen zu lassen. Was Israel betrifft, da bin ich… Mehr

Georgina
2 Monate her
Antworten an  Wolfgang Schuckmann

Dem jüdisch-christlichem „archaische[m] Religionsverständnis“ verdankt Europa all seine außergewöhnliche Größe und Reichtum, von dem auch Sie noch heute zerren.

Und den USA, bevor die Linken sie erfolgreich unterwandert haben.

Diese vorgebliche Religion ist keine, sondern beruht auf einer Offenbarung. Der Einzigen, weltweit. Daß die pol. Aufklärung das leugnet, ist irrelevant.

Haba Orwell
2 Monate her
Antworten an  Georgina

> Und den USA, bevor die Linken sie erfolgreich unterwandert haben.

Dennoch sind die USA aktuell fest in Woken Händen – Finanzkonzerne, Big Tech usw. Unter Reagan mag dort mehr Freiheit geherrscht haben, doch das ist bereits 40 Jahre her – man kann heute von seinem Vizeminister Paul Craig Roberts lesen. Was schreibt übrigens dieser zum Banderastan? Er kritisiert Putin… für das Trödeln, statt die Sache schnell zu beenden, bevor die Neocons (mit einem Konservativen alter Schule nicht verwechseln) daraus einen Nuklearkrieg machen.

Wolfgang Schuckmann
2 Monate her
Antworten an  Georgina

Ich halte es lieber mit nicht so einseitigen Ansichten, denn wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten.
Explizit davon auszugehen, daß es ein äußerer Einfluss war, der unsere Entwicklung positiv beeinflusst habe, ist, so glaube ich, nicht ausschlaggebend .Aber ihr Einwurf ist schon bemerkenswert, zeigt er doch, dass man zu jeder Zeit viel lernen kann wenn man will.

Georg Caltern
2 Monate her

Ich denke eher, dass das Jahr 2024 den Beginn des Unterganges der US-Hegemonie markiert. Konnten die USA gegenüber der Öffentlichkeit noch verschleiern, dass sie die Nord Stream Pipelines zu Lasten ihres Verbündeten (besser: tributpflichtigem Vasallen) Deutschland gesprengt haben, wird die Weigerung ihrem Verbündeten Israel Waffen zu liefern, zu einem irreparablen Vertrauensverlust führen. Irreparabel weil sich der Kreis der Wissenden diesmal eben nicht auf ein paar hundert Minister und Geheimdienstler weltweit beschränkt. In der nicht-westlichen Wirtschaft sorgt die de facto-Beschlagnahme des Vermögens Russlands ebenso für Vertrauensverlust, wie das mühelose umgehen des Ausschlusses Russlands aus dem westlichen Banksystem für Angstverlust sorgt. Ich… Mehr

Brauer
2 Monate her
Antworten an  Georg Caltern

Daraus ergibt sich eine spannende Frage, was würde geschehen, wenn ein Politiker des Nach-Ampel Versagens, ausplaudern würde, dass Polen, USA, Ukraine, Deutschland u.a. dafür verantwortlich waren?

Manfred_Hbg
2 Monate her

Zitat 1: „Von der Ukraine wird nach dem Krieg genug Land übrig bleiben für ihre Bürger, deren Vorfahren im Laufe der Geschichte Litauer, Ruthenen, Polen, Russen und Ukrainer waren“ > Mhh, und was sollen die Ukrainer dann auf den „übrig gebliebenen“ Land wirtschaftlich anfangen? Ich bin nun ja auch kein Ukraine-Experte und auch sonst nicht sehr belesen. Doch so viel ich mit Blick auf die Ukraine heute weiß, ist doch für die Ukraine vor allem der sog. Donbas die wirtschaftlich stärkste Region. Und wenn man nun diese Region sowie auch Luhanks und die Krim der Ukraine gewaltsam weg nimmt und… Mehr

Peter Pascht
2 Monate her

Das in den USA möglicherweise genausogroße Verbrecher wie Putin an der Macht sind, kann kein Freibrief dafür sein dass Putin diesen Krieg gewinnen darf. Denn schon im 2WK waren in Russland, USA, England und Frankreich genausogroße Verbrecher an der Macht wie Hitler. Es gibt keinen einzigen akzeptirbaren Grund warum Putin diesen Krieg gewinnen dürfen sollte. keinen geschichtlichen keinen völkerrechtlichen keinen moralischen auch um keine phantasierte Bedrohung durch die NATO Ja im Gegenteil, es gibt viele Gründe die dagegen sprechen, wovon der wichtigste ist, dass Putin den Stalinistischen Faschismus wiederbelebt hat, der nach der Ukraine nicht halt machen wird, sondern die… Mehr

MELTA
1 Monat her
Antworten an  Peter Pascht

Der Donbas war und ist nie die stärkste wirtschaftliche Region der Ukraine gewesen. Ich rede hier natürlich von der postkommunistischen Ukraine. Die stärksten Regionen sind: Zentrum, Kiew Stadt, Osten und dann erst Donbaz, knapp gefolgt von Westen. Der Anteil am BIP des Donbaz betrug 2012 15.7%. Zugegeben, gemessen an der Fläche war die Wirtschaftsleistung im Donbas relativ hoch aber absolut eben nicht. Im Zuge der Wirtschaftstransformation hin zu einer Dienstleistungsgesellschaft sinkt die Wirtschaftsleistung des Donbas stetig. So ist die wirtschaftliche Produktion zB von 71% im Jahre 1998 auf 40% im Jahre 2012 zurückgegangen. Haupthandelspartner der Ukraine war übrigens Russland. Da… Mehr