Salzburg: vierte Landtagswahl gegen „Oben“

In Österreich fanden nicht nur die drei Landtagswahlen in den ÖVP-geführten Ländern Niederösterreich, Oberösterreich und nun Salzburg statt, sondern im März auch die Landtagswahl im SPÖ-geführten Kärnten. Die Verluste der Landeshauptleute-Parteien waren gleich verheerend hoch. Viele Leute „Unten” stimmten gegen „Oben” - nicht für bestimmte Parteien.

IMAGO / Manfred Siebinger - Collage: TE
KPÖ-Spitzenkandidat Kay-Michael Dankl war 2015 bis 2017 Bundessprecher der Jungen Grünen

Österreichs Bundesland Salzburg ist mit gut einer halben Million Einwohnern von österreichweit  9,1 Millionen das drittkleinste nach Vorarlberg und Burgenland. Nun wurde dort ein neuer Landtag gewählt und eine dritte ÖVP-FPÖ-Landesregierung nach Ober- und Niederösterreich auch in Salzburg möglich. Die Alternativen für Landeshauptmann Haslauer (ÖVP) sind ÖVP-SPÖ oder ÖVP-SPÖ-Grüne. Soweit die in den Zeitgeistmedien übliche Benutzeroberfläche.

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Daneben stellen die Zeitgeistmedien die Sensation ins Bild, dass die KPÖ nicht nur seit 1949 zum ersten Mal wieder in den Landtag einzog, sondern gleich mit 11 Prozent. Sie erinnern sich daran, dass 2021 die zweitgrößte Stadt Österreichs und Landeshauptstadt der Steiermark – Graz – eine kommunistische Stadtregierung erhielt. Die KPÖ in Graz gewann 28,9 Prozent mit ihrem Fokus auf den Sorgen der kleinen Leute, vor allem der Wohnungsnot. Mit dieser Blaupause zusammen mit dem aktuellen Thema Teuerung holte sich die KPÖ in Salzburg 11 Prozent.

In Graz beschrieb ich damals meinen Wählerbefund so: Alles was nicht ÖVP und FPÖ wählt, kann von Wahl zu Wahl bei Grünen und SPÖ landen, kommunal in Graz bei der KPÖ. Bei der Nationalratswahl 2019 waren die Grünen die großen Nutznießer dieser Beweglichkeit, 2017 war es die SPÖ gewesen.

Bei all meiner Skepsis gegen Wählerstromanalysen taugt der im ORF für die Betrachtung der Salzburger Wahl allemal als Beleg für meine damalige Grazer Betrachtung.

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In einem Beitrag über die Gründung von neuen Parteien formulierte ich:

Die alten parteipolitischen Lager „bürgerlich“ und „links“ gibt es nicht mehr. An ihre Stelle sind alle „alten“ Parteien einschließlich der Grünen einerseits getreten, ich nenne sie mal „Zeitgeist-Block“, und andererseits die AfD – die Sonstigen lassen sich fast alle dem „Zeitgeist-Block“ einerseits und der AfD-Richtung andererseits zuordnen. Wählerbewegungen in nennenswertem Umfang finden innerhalb des „Zeitgeist-Blocks“ und innerhalb der „Anti-Zeitgeist-Gruppe“ statt, zwischen den beiden fast gar nicht. Neugründungen verschieben also die Verhältnisse innerhalb des „Zeitgeist-Blocks“ und innerhalb der „Anti-Zeitgeist-Gruppe“, sind daher ein Nullsummenspiel – für einzelne Beteiligte allerdings ein schönes und am Ende, wenn’s ganz gut geht, einkömmliches.

In Graz wie in Salzburg wurde nur innerhalb des Zeitgeistblocks Rot-Grün-Türkis umgeschichtet.

In Österreich fanden aber nicht nur die drei Landtagswahlen in den ÖVP-geführten Ländern Niederösterreich, Oberösterreich und Salzburg statt, sondern im März auch die Landtagswahl im SPÖ-geführten Kärnten. Die Verluste der Landeshauptleute-Parteien waren gleich verheerend hoch. Viele Leute „Unten” stimmten gegen „Oben” – nicht für bestimmte Parteien.

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Was mir hinter der in den Zeitgeistmedien üblichen Benutzeroberfläche immer wieder auffällt: Die Grünen in Österreich wie in Deutschland gehen ihres früheren Images als Kontrolle der Herrschenden verlustig, weil sie in Österreich mitregieren, in Deutschland auch noch die Regierung dominieren. Dass die Neos in Salzburg mit ÖVP und Grünen auch mit in der Landesregierung waren, hat sie ebenso aus dem Landtag gebracht wie den Grünen Verluste beschert. Die FPÖ als Opposition auf Bundesebene und in Salzburg punktete mit den selben Themen wie die KPÖ – und zusätzlich mit dem Thema Coronapolitik.

Die Wahlberechtigten in Österreich und anderen Nachbarländern sind beweglicher als die in Deutschland, aber irgendwann schwappt die Welle auch ins Land der grenzenlosen Obrigkeitsunterwürfigkeit.

Österreichs ORF-Chefguru für solche Fragen, Peter Filzmaier, der sich nicht mit der Benutzeroberfläche der Zeitgeistmedien zufrieden gibt, sondern die Hintergründe ausleuchtet, berichtete im ORF von einer regelmäßig gestellten Frage von Meinungsforschern (sinngemäß): Wie sind Sie mit Ihrer persönlichen Lage heute zufrieden im Vergleich mit vor fünf Jahren? Sagen die Befragten wie jetzt vor der Salzburger Wahl mit deutlicher Mehrheit: schlechter, dann werden die „Oben”  abgestraft.

Nationalratswahlen sind planmäßig im Herbst 2024 nach den EU-Wahlen im Sommer. Ab heute befindet sich Österreich im Vorwahlkampf. Dass die schwarz-grüne Ära in Österreich vorbei ist, darauf wette ich, darauf dass die Grünen 2024 mehr abgestraft werden als die Schwarzen auch.

Frei nach dem deutschen Bundespräsidenten Theodor Heuss: Na, dann straft mal schön.

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Kommentare ( 70 )

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Nibelung
11 Monate her

Gegensätze wie die FPÖ und KPÖ ziehen sich an, insbesondere dann, wenn die etablierten Parteien total versagen und das war zwischen Weimar und Berlin ebenso, wo viele Jahre im Vorfeld ein Kampf geführt wurde zwischen den gleichen Kräften und die braunen Sozialisten nach vielen Jahren erfolgloser Bemühungen die Oberhand gewonnen haben und das merkwürdigerweise über das Bürgertum und nicht über das Prekariat, denn die wählten schon damals die Sozis oder die Kommunisten, während der sich anbahnende Mittelbau der Steigbügelhalter Hitlers war und das könnte wieder kommen, wenn sie so weiter machen. Es wird immer dann gefährlich, wenn sich Parteien von… Mehr

gorbi
11 Monate her

Daß Menschen die Kommunisten wählen , ist ihr ureigenstes Recht. Viel schlimmer ist Tatenlosigkeit und Desinteresse der bürgerlichen Politiker. Es besteht so gut wie keine Aufklärung darüber, welch unsägliches Leid kommunistische Regime über die Menschen gebracht haben. Historiker sprechen von Millionen ermorderter Menschen. In Deutschland + Österreich. ???? Schweigen im Walde.

Richy
11 Monate her
Antworten an  gorbi

Durch die Kommunisten in China, Sowjetunion und Kambodscha sind mehr Menschen getötet worden als durch den von Hitler angezettelten WK II. Wird gern vergessen.

Rudolf H.
11 Monate her
Antworten an  gorbi

Wenn nächstes Jahr Herr Kickl endlich Kanzler sein wird, dann wird eine seiner ersten AMtshandlungen darin bestehen, diese ganzen Linken und Linksextremisten zu verbieten. Das ist für das Wohl der österreichischen Nation überlebenswichtig.

Kampfkater1969
11 Monate her
Antworten an  gorbi

Ich sehe das etwas anders!
Es stellt sich die Frage, warum die Bürger es in Kauf nehmen, lieber von Kommunisten regiert zu werden als von den etablierten Politikern!
Es ist einfach so, die etablierten Politiker nehmen weder den Bürger, noch seine Sorgen und Nöte ernst!!!

Robert Tiel
11 Monate her

Kapitalismus ist die Ausbeutung des Menschen
durch den Menschen.
Im Sozialismus ist es andersherum.

Spruch im Museum in Kuressaare/ Estland.

SB
11 Monate her

„Zeitgeist-Block“ klingt recht verniedlichend, wenn man bedenkt, daß dieser „Zeitgeist“ für die komplette Auslöschung der individuellen Freiheit und ökonomischen Unabhängigkeit, den Verlust der öffentlichen Sicherheit, die ethnische und kulturelle Verdrängung, die Unterordnung unter ein digitales Kastensystem und die unwiderbringliche Zerstörung von Natur- und Kulturlandschaft steht. Man kann m. E. gar nicht drastisch genug ausformulieren, welche Bedeutung diese Wahlen für die Freiheit des Einzelnen haben.

Rudolf H.
11 Monate her

Das ist einfach nur großartig zu sehen, wie die FPÖ immer stärker wird. Dass die FPÖ den nächsten Kanzler stellt, ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Dann wird es Österreich sofort besser gehen als je zuvor. Da kann man mal sehen, was neutrale Berichterstattung von seriösen Medien wie ServusTV und AUF1 so alles ausmacht. Mit Herrn Kickl als Kanzler wird endlich aufgeräumt und wer keinen österreichischen Pass hat, muss sofort gehen, Das wird geradezu paradiesisch werden. Ich werde meinen Wohnsitz jetzt nach Österreich verlegen, dort ist es so viel besser als hier. Nichts hält mich mehr.

Kampfkater1969
11 Monate her
Antworten an  Fritz Goergen

Ich denke, in jedem Land ist jeder willkommen, der zur Wohlfahrt des Landes beiträgt, indem er zuförderst für seinen Lebensunterhalt selbst aufkommt. Naja, ausser in D. Da werden arbeitende Menschen aus ihren Betten geholt und abgeschoben, während Verbrecher hier bleiben dürfen, weil ihnen zuhause eine Bestrafung droht, meist zurecht.

Gerhard Lieb
11 Monate her
Antworten an  Rudolf H.

Würde gerne zurück in die Heimat, aber die Wohnraumpreise sind exorbitant hoch, oft sogar jenseits von den Ballungsgebieten…

KorneliaJuliaKoehler
11 Monate her

Mein Reden seit Jahren. Je mehr die Konsequenzen einer rot-grün-roten Politik die sprichwörtlich dummen Kälber in die Armut treibt, desto mehr sehnen sie sich nach einem vermeintlich gerechten Sozialismus/Kommunismus, deren Ideologie bekanntlich nur bittere Armut, Unterdrückung, Gefangenschaft, Massenmord und Faschismus zur Folge hat. Sozialismus/Kommunismus statt Freiheit, Selbstverantwortung und Sozialer Marktwirtschaft.
Von der Wohlstandsverwahrlosung direkt in die selbstgewählte sozialistische/kommunistische Klimadiktatur. Sie werden nichts mehr besitzen und sehr glücklich sein……..Der Schwachsinn ist zur bedrohlichen Volkskrankheit geworden.

Wolfgang Schuckmann
11 Monate her
Antworten an  KorneliaJuliaKoehler

Kommunismus in seiner absoluten Ausprägung wäre , ja, wäre die richtige Medizin für ein ehrliches Miteinander, wenn sich jeder an die Grundsätze hielt
.Tut das aber wirklich auch nur ein Einziger? Es wäre eine gute Politik des Ausgleichs der Interessen, lässt sich aber nicht wirklich durchsetzen weil der Mensch bestechlich istpp.
Und dies hat die Geschichte doch zur Genüge bewiesen.

Thomas
11 Monate her

Besteht in D und Ö die Möglichkeit einer „Querfront“ um die erstarrte „Mitte“ aufzubrechen?

honky tonk
11 Monate her
Antworten an  Fritz Goergen

Im Kommunismus ist das Oben aber besonders stark vom Unten abgegrenzt und dem Unten geht’s da wesentlich schlechter als im sozialen Kapitalismus.Schlicht eine Verzweiflungstat oder doch wieder nur Doofheit?

Kampfkater1969
11 Monate her
Antworten an  Fritz Goergen

Exakt das ist der Punkt. Es fehlen persönliche Erlebnisse und Erfahrungen. Zudem werden die Einwürfe alter (weißer) Menschen nicht mehr für beachtenswert angesehen.
Abgesehen davon habe ich manchmal das Gefühl, dass auch über 40 Jährige ihre Vergangenheit vergessen haben.

Thomas Holzer
11 Monate her

Das Problem ist halt, daß de facto eigentlich alle Parteien auf der Verbots- und Klimaschiene fahren. Solange dem nicht abgeschworen wird, wird sich für die Untertanen nichts zum Positiven wenden ??????