Merkel: türkischer Bluff!

Merkels Versuch als Flüchtlingskanzlerin überbordender Barmherzigkeit in die Geschichte einzugehen, fußt nahezu ausschließlich auf ihrem sogenannten Türkei-Deal. Doch spätestens, wenn die Türkei die ersehnte die Vollmitgliedschaft in der EU erreicht haben wird, was jetzt mit Volldampf vorbereitet wird, werden alle Menschen in der Türkei inklusive der Flüchtlinge die europäische Reisefreiheit genießen.

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Vorab zu Erinnerung: Die wendehälsische Kanzlerin Merkel war die Atomkanzlerin, bis ein Tsunami im März 2011 den konventionellen Teil der Atomkraftwerke in Fukushima stark in Mitleidenschaft gezogen hatte. Wer baut schon Atomkraftwerke in Reichweite von, wenn auch seltenen, Tsunamis? Da war sie dann von nix auf null, die Energiewende, mit der sich das Land seit fünf Jahren im Alleingang gegen alle anderen umliegenden Länder herumschlägt.

Merkel war die Wende herself, als sie von ihrer teutonischen Ablehnung der Multikulti-Ideologie, zack, einen auf Einwanderungskanzlerin machte, spätestens seit Sommer 2015. Haben Wendehälse im klassischen Sinn eine politische Meinung oder gar eine politische Grundüberzeugung? Wohl kaum!

Bis ein gewisser türkischer Präsident Erdogan im Sommer 2016 alle Rekorde im „Quälen“ westlicher Werte und Verfassungsideen an den Tag legte, war Wendekanzlerin Merkel die Verfechterin einer sogenannten privilegierten Partnerschaft, die die EU der Türkei anbieten könnte. Oder meinte Merkel von Anfang an, dass es doch eher die Türkei sein würde, die der EU eine privilegierte Partnerschaft zugestehen sollte?

Wie auch immer, Merkels grausame List, ihren Platz in der Geschichte als Flüchtlingskanzlerin überbordender Barmherzigkeit abzusichern, bestand und besteht in ihrem sogenannten Türkei-Deal, den sie zuletzt vor wenigen Tagen wieder einmal verbissen verteidigte.

Der Türkei-Deal war in der Tat die Grundlage ihrer sehr primitiven, aber bislang einigermaßen wirksamen Veralberung der deutschen und gar der Weltöffentlichkeit. Mit ihrem sogenannten EU-Türkei-Deal, oder besser Türkei-EU-Deal wollte Merkel die Masseneinwanderung nach Deutschland, die ihr plötzlich, spätestens im Oktober 2015, auf den Geist ging, kanalisieren – sprich möglichst unauffällig und elegant eilig auf Null herabsetzen, allerdings ohne ihren Gesinnungswandel zu kommunizieren oder zu verbalisieren oder gar ihre gravierenden Fehler einzugestehen.

Die Geister, die sie gerufen hat, wird sie nicht los und sie hat die Geister der grün-roten Einwanderungsideologen, denen es mitnichten um das individuelle Schicksal jedes einzelnen Einwanderers geht, gerufen. Deswegen sieht sich Merkel im Zugzwang ihr „Weiter so“ oder ihr „Wir schaffen das, wir schaffen das, wir schaffen das“ jeden Tag aufs Neue abzusondern und von ihrem Oberadlatus Peter Altmeier, zuletzt im Fernsehtalk Plasberg, verteidigen zu lassen

Ein Blick zurück: Im Sommer 2015 übte sich Merkel in Sachen Masseneinwanderung in einem schon gespenstisch wirkenden Schweigen, was ihr grün-rote Kritik einbrachte. In Panik, die grün-rote Gunst und damit auch die Mediengunst zu verlieren, drehte sie auf und wurde schnell die Selfiekanzlerin in der Einwandererfrage. Ihr Zickzackkurs, erst Abwarten, dann ein volles Ja zur Einwanderung spätestens seit Anfang September und dann ihr heimliches Zurückrudern bei störrischem Aufrechterhalten ihrer Willkommens-und Einladungskultur, macht Merkel zu einer gefährlichen Kanzlerin für das Land.

Plötzlich als ihre Konzeptlosigkeit thematisiert wurde, meldete sich Merkel zu Wort und verkündete geheimnisvoll, sie hätte einen Plan. Bei Deutschlands ARD-Cheftalkerin Anne Will, bei der Merkel als Solitär ungestört von Mitrednern ihre „Regierungserklärung“ abgeben durfte, brachte Merkel ihre Nummer mit dem „Plan“ ( „Ich habe einen Plan“) breit unter das Volk, allerdings ohne ihre Plan zu enthüllen.

Später kam heraus, wiederum, ohne dass diese Tatsache explizit thematisiert wurde, dass ihr „Plan“ aus nichts anderem als aus einem ebenso peinlichen wie absurden Türkeiabkommen bestand: Die Türkeiroute für Flüchtlinge dicht machen, die Türkei, die sonst für ihre schuldenbasierten, wirtschaftlichen Erfolge in den Himmel gelobt wird, Milliardenbeträge für Flüchtlingsversorgung zahlen und in undefiniertem Umfang von der Türkei ausgewählte „Flüchtlinge“ nach Deutschland fliegen. Das waren, über den Tag hinausgesehen, die wichtigen Punkte des Türkeideals.

Die Erdogan-Türkei ist außerstande, die nahe der syrischen Grenze in Lagern internierten Flüchtlinge an der Weiterreise Richtung Ägäis zu hindern? Sie ist nicht in der Lage, die oft türkischen Schlepper festzusetzen? Wenn die Türkei gewollt hätte, was Merkel von Erdogan offenbar geheimdiplomatisch erfleht hat, dass via Türkei niemand nach Europa „flüchtet“, dann hätte die Türkei gewiss, ob rechtstaatliche oder unrechtsstaatliche Mittel gewählt worden wären, Wege zur weitgehenden Abwanderung von Flüchtlingen aus der Südosttürkei gefunden. Erdogan hatte  doch bis dahin wahrscheinlich eher genüsslich zugeschaut, wie sich Merkel wand und windet angesichts der Ströme der Menschen, die nach Europa wollten, immerhin alles Glaubensbrüder von Erdogan.

Im Zweifel muss die aktuelle Geschichte von Merkels Flüchtlingsdeal korrekterweise in das Gegenteil der herrschenden Lesart umgeschrieben werden: Erdogan hat  Merkel vorgeführt und führt sie vor. Und Merkel, die sich hierzulande keine Blöße geben will, nicht vor ihrer eigenen Partei, nicht vor der CSU, nicht vor den Medien, nicht vor den Grünen und den Roten und last but not least auch nicht vor dem gemeinen Mann auf der Straße, frisst Erdogan für ganz kurzfristige Scheinlösungen, wahrscheinlich zähneknirschend aus der Hand.

Und Erdogan lässt keine Quälerei, keine Provokation, keine Grenzüberschreitung aus. Er lässt Merkel Männchen machen und die hüpft artig. Merkel hat dem in Sachen Türkeipolitik ohnehin hysterischen Westen eingeflüstert, dass der Westen die Türkei einfach rundum bräuchte und tausend Mal mehr bräuchte als die Türkei den Westen. Tatsächlich ist die Türkei für den Westen wirtschaftlich, finanzpolitisch, strategisch, militärisch, welchen Aspekt man auch nimmt, völlig bedeutungslos. Ihre strategische Bedeutung gegenüber den Ländern des Warschauer Paktes war schon damals weit überschätzt worden. Seit dem Zusammenbruch des Warschauer Paktes 1989 ist die Bedeutung der Türkei für den Westen restlos implodiert. Das wollen Merkel und die bundesrepublikanische Nomenklatura und auch sonst kaum jemand im Westen nicht wahrhaben.

Die wahnwitzigen Reaktionen der Bundesregierung auf Erdogans Politik

Als Erdogan sich von einem gewissen Jan Böhmermann auf seinen Schlips getreten fühlte, verausgabte Merkel sich prompt und schoss, wie man weiß, versehentlich übers Ziel hinaus. Und bewies damit wie eilfertig sie eilfertig zur Verfügung steht.

Dass Erdogan sich oder sein Land von der Bundeswehr auf Kosten der Bundesrepublik nahe der syrischen Grenze schützen lässt, ist per se, solange die Türkei Nato-Land ist, in Ordnung. Außer, dass die Türkei schon der Symbolik wegen die Kosten des Bundeswehreinsatzes selber tragen könnte. Dass Erdogan aber die Chuzpe hatte, deutsche Politiker an einem Besuch der deutschen Militäreinheit in der Südosttürkei zu hindern, in dem er die Einreise in sein Land verweigerte, ist schon einigermaßen grenzenlos.

Allerdings noch wahnsinniger ist die Reaktion des Merkel-Establishments, das mit Empörung, Flehen und Zugeständnissen reagierte und sich jetzt auch noch freut, dass Erdogan es nun genehmigt, dass beispielsweise deutsche Parlamentarier Bundeswehrsoldaten bei deren Auslandseinsatz besuchen. Sich ein Veilchen schlagen lassen und sich dann auch noch bedanken, das geht über die Möglichkeiten dessen, was ein Mensch psychisch verkraften kann: Erdogan hat Merkel längst angezählt. Rechnet man die bekannten Daten hoch, bleibt kaum eine andere sinnvolle Interpretation des Geschehens übrig: Erdogan, der sein Land re-islamisiert und auch in Deutschland ähnliche Aktivitäten entfaltet, lässt die deutschen Politiker Empörungstänze aufführen, in dem er lanciert, die Todesstrafe in der Türkei einführen zu wollen und amüsiert zuschaut, wie sich die teutonischen Kämpen jetzt erleichtert freuen, dass es ihnen gelungen ist die Einführung der Todesstrafe in der Türkei abzuwenden. Wie tief kann ein politisches Establishment in einer westlichen Demokratie eigentlich sinken?

Erdogan will die Vollmitgliedschaft seiner Türkei in der EU, allerdings zu seinen Bedingungen, die eher auf eine privilegierte Mitgliedschaft seiner Türkei in Europa hinauslaufen. Auf dem Weg dorthin beschäftigt er die Merkelregierung mit seiner Forderung nach Visa-Freiheit für seine Bürger oder auch mit seinem Theater gegen die Bundestagsresolution, die den türkischen Völkermord gegen die christlichen Armenier vor 100 Jahren, an dessen Faktizität nichts zu ändern oder zu manipulieren ist, beim Namen nannte.

Dass die Bundesregierung in Sachen Völkermord je derart opportunistisch handeln könnte, wie jetzt geschehen und ihren Opportunismus auch noch umständlich in Anrede stellt, muss man mit Fug und Recht menschenverachtend nennen. Frank-Walter Steinmeier, Merkel und Co. sind komplett entgleist. Sie haben menschenrechtliche Essentialia beschädigt und sie werfen Zweifel an dem Inhalt ihrer Sonntagsreden zum Holocaust auf. Es ist einfach widerwärtig, was in Sachen Völkermord an den Armeniern auf dem politischen Parkett Berlins abläuft. Und wofür? Für Erdogan, der sich gerade in seinem eigenen Land unrechtsstaatlich austobt.

72 Pünktchen zur Vollmitgliedschaft der Türkei in der EU

Aber Erdogan ist, das darf man nicht vergessen, Merkels Vehikel ihrer höchstpersönlichen ganz eigennützigen Zweckverfolgung bis zur Bundestagswahl im September 2017, ihre katastrophale Einwanderungspolitik so zu kaschieren, um eine vierte Amtszeit in Angriff nehmen zu können. Merkel hat jedenfalls dafür Sorge getragen, dass Europa, das sich in den letzten Wochen in kritischer Schaumschlägerei gegen Erdogan dicke tat (hinter den Kulissen noch intensiver als in der Öffentlichkeit) jetzt erst recht einen schnellen Fahrplan zur türkischen Vollmitgliedschaft in der EU auflegt.

Die Türkei ist vom Grundgesetz, von den Verfassungen der anderen Mitgliedstaaten und von den europäischen Regelwerken und der europäischen Idee meilenwert entfernt. Hastig sind plötzlich wieder die 72 kleinen Pünktchen, die die Türkei schnell noch abhaken soll, in aller Munde und dann zickedizack wäre alles klar. Das ist der Zickzackkurs Merkels, die von ihrer eben noch propagierten privilegierten Mitgliedschaft der Türkei in weiter Ferne lautlos abgerückt ist.

Merkels Türkeideal sieht also bei nüchterner Betrachtung so aus: Der Weg zur türkischen Vollmitgliedschaft wird irreversibel installiert, damit sich die Türkei kurzfristig für ein paar Monate oder ein bis zwei Jahre daran beteiligt, dass weniger Menschen über die Türkeiroute nach Europa kommen. Allerdings: wenn die Türkei Vollmitglied in der EU ist, gibt es selbstverständlich die Freizügigkeit und das heißt, das nicht nur jeder türkische Staatsbürger, sondern auch jeder in der Türkei Lebende, also auch jeder „Flüchtling“, wie es jetzt heißt, ganz einfach und easy, ohne Binnenkontrollen sowieso in Europa einreisen, bleiben und wieder gehen kann.

Merkels Türkeideal hat also im Ergebnis von erkennbar kurzfristigen Aspekten abgesehen, überhaupt keine Relevanz in Sachen der von Merkel intendierten und just for Show vorgeführten Herabsetzung der Zahlen der nach Europa einwandernder Menschen. Merkels Türkeibluff ist so durchschaubar wie irgendetwas.

Dass die in Gang gesetzten Völkerwanderungen dieser Welt die Türkei für ihre Einreise nach Europa nicht wirklich benötigen und sich andere Wege suchen, sei nur der Vollständigkeit halber angemerkt und ebenso, dass die grüne Einwanderungspolitik der Groko nichts mit Moral und Mitmenschlichkeit zu tun hat. Wer Menschen gleicher oder übersteigender Bedürftigkeit ab jetzt aussperren will, ist nicht anders zu beurteilen als derjenige, der die geschehene Einwanderung ablehnt und rückgängig machen möchte, zumal die Versorgung der Menschen hierzulande unverhältnismäßig viel teurer ist als die Versorgung der Menschen in ihren Herkunftsländern, hier also Mittel gebunden werden, die in den Herkunftsländern nicht mehr ausgegeben werden können.

Merkels Türkei-Bluff ist ein Ego-Trip der Kanzlerin, der die Bundesrepublik historisch belasten, oder korrekt formuliert, überlasten wird. Fatalerweise ist es der grünen rot-schwarzen Groko gelungen, das innenpolitische Klima zu vergiften, eine Mixtur von moralinem Hass und Helfersyndrom zu etablieren und eine Einwanderung entgegen viel Integrationsgeschrei einfach ablaufen zu lassen, chaotisch,  zielverfehlend und immer neue Probleme kreierend.

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