Syrien: Italiens Außenminister im Alltag, Deutsche Minister vor Trümmern

Syrien als Kulisse: Wadephul, Baerbock und Schulze lassen sich vor Trümmern und apokalyptischen Motiven für die heimische Flüchtlings- und Entwicklungshilfeindustrie ablichten, während Italiens Außenminister durch die belebte Innenstadt von Damaskus geht. Die Fotokulissen fürs heimische Publikum zeigen, wie Deutschland mit Bildern manipuliert wird.

IMAGO, picture alliance/dpa | Marcus Brandt - Collage: TE
Zwei Syrienbesuche, links der ital. Außenminister Tajani beim Syrien-Besuch am 10.1.2025, rechts der dt. Außenminister Wadephul am 30.10.25

Wenn Johann Wadephul eine Reise macht, besonders nach Syrien, fühlen sich Berliner an den alten Gassenhauer erinnert „Bolle reiste jüngst zu Pfingsten“. Euro News berichtete dagegen über den Besuch des italienischen Außenministers: „Tajani machte in Damaskus auch einen Rundgang durch die Stadt und besuchte die Umayyaden-Moschee in Damaskus. Sie beherbergte früher einen heidnischen römischen Tempel, der später in eine christliche Kirche umgewandelt wurde, und ist eines der bedeutendsten Beispiele der frühen islamischen Architektur.“ Von Ruinen, vom II. Weltkrieg oder von Zerstörung liest man da nichts. Tajani wurde auch nicht mühselig mit dem Auto zu Ruinen gefahren wie der deutsche Außenminister Wadephul, sondern schlenderte locker zu Fuß durch die Innenstadt von Damaskus. Johann Wadephul, der nur einen rotgrünen Geschichtsgeschichtenunterricht gehabt haben dürfte, verstieg sich nach seinem Besuch zu der Aussage, dass es in Syrien schlimmer als in Deutschland 1945 aussehe.

Während der Italiener Rückführungen von Syrern befürwortet, damit sie ihr Vaterland wieder aufbauen können, zeigt sich der nahe am Wasser gebaute Außenminister Deutschlands davon überzeugt, dass man keinen Syrer nach Syrien zurückschicken darf, bevor, möchte man bitter spotten, die deutschen Trümmerfrauen Syrien wieder aufgebaut haben. Aber das ist wirklich nicht fair gegenüber Johann Wadephul, denn er scheint der Auffassung zu sein, dass nicht die Trümmerfrauen Deutschland aufgebaut und im Westen das Wirtschaftswunder nicht den Deutschen, sondern den türkischen Gastarbeitern zu verdanken ist.

Während der italienische Außenminister mit den neuen syrischen Machthabern über „Zusammenarbeit in Schlüsselsektoren wie Energie, Infrastruktur“ sprach, aber auch über „Schleuser und Schmuggler“, wie Euro News berichtet, will Wadephul, dass Deutschland die Führung bei der Finanzierung des Wiederaufbaus Syriens übernimmt. Patricia Mauro, Generaldirektorin von Confindustria Assafrica & Mediterraneo, sieht eine lohnendes Geschäftsfeld für die italienische Wirtschaft in Syrien: „Die EU hat für 2025 und 2026 2,5 Milliarden Euro für die sozioökonomische Erholung des Landes bereitgestellt …“ Wohlgemerkt die EU, nicht Italien. Doch wenn die EU und Deutschland vor allem extra zahlen, kann „der italienische Privatsektor … eine führende Rolle im Wiederaufbau Syriens spielen und Fachwissen, Technologie und Partnerschaftsfähigkeiten einbringen, die in Jahrzehnten der Zusammenarbeit im Mittelmeerraum entwickelt wurden“. Deutschland darf gern beim Bezahlen eine führende Rolle einnehmen, Italien gern beim Verdienen. So sehen es die Italiener – und so scheint es auch Johann Wadephul zu sehen.

Doch wie zerstört ist Syrien wirklich und kann man wirklich niemanden nach Syrien zurückschicken? Die Syrer dürften den deutschen Außenminister für einfältig gehalten haben, denn sie fuhren ihn dorthin, wo in der Tat viele Ruinen zu besichtigen waren. Nur Harasta liegt in der Provinz Rif Dimashq, aus dem nur 2 % der in Deutschland lebenden Flüchtlinge aus Syrien stammen. Nach neuesten Daten, deren Auswertung die Neue Zürcher Zeitung veranlasst hatte, kamen 2/3 aller syrischen Flüchtlinge aus Gegenden, in denen weniger als 25 % des Wohnraums zerstört wurde. Selbst in Aleppo, das am meisten zerstört wurde, kehrt der Alltag zurück.

Interessant ist jedoch folgender Gegensatz, während in der Provinz Rif Dimashq, die Damaskus umgibt, die Infrastruktur zu 61 % zerstört sein soll, gilt das eben nicht für Damaskus. Und so steht zu vermuten, dass die syrischen Gastgeber dem italienischen Außenminister, mit dem die Syrer über wirtschaftliche Zusammenarbeit und die Ansiedlung italienischer Firmen sprachen, die unzerstörte Altstadt zeigten, während sie den deutschen Außenminister, von dem sie nur deutsche Steuermilliarden erwarten, aus der Stadt herausfuhren, um mit ihm einen Ruinen-Tour zu unternehmen. Auch Wadephuls Vorgängerin und Leitstern Annalena Baerbock ließ sich zu verschiedenen Besuchen gerne durch solche zerstörten Vororte wie Dschubar fahren, um die passenden Fotos für Daheim zu produzieren, nach dem Motto: Seht her, hierher kann man doch niemanden zurückschicken, seid ihr denn des Wahnsinns fette Beute?!

Als Baerbock die Südesseinsel Palau besuchte, phantasierte sie: „Wir können uns leicht vorstellen, was mit diesem friedlichen Paradies passiert, wenn der Meeresspiegel hier noch höher steigt.“ Es heißt, dass man sie mit einem Motorboot zu einer weit vor der Insel liegenden Sandbank fahren musste, damit sie sehen konnte, was sie sehen wollte, um völlig evidenzlos und sinnfrei formulieren zu können, was sie zu formulieren wünschte: „Heute habe ich gelernt, dass es nicht um 30 bis 50 Jahre, sondern um 10 Jahre geht.“

Es scheint, dass spätestens seit Heiko Maas das deutsche Außenministerium drei Aufgaben wahrzunehmen hat, erstens die Beziehung zu möglichst vielen Staaten zu verschlechtern, zweitens Deutschland in aller Welt lächerlich zu machen und drittens möglichst viel an deutschem Steuergeld ins Ausland zu schaffen.

— Liv von Boetticher (@journa_liv) November 4, 2025

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