Putins erschossener Minister: Politkrimi in russischer Regierung

Meldungen aus Moskau besagen, der von Wladimir Putin gefeuerte und wenig später tot aufgefundene Verkehrsminister Roman Starowojt (53) habe mehr als 43 Millionen Euro veruntreut – bei einem Gerichtsverfahren hätten ihm bis zu 20 Jahre Gefängnis gedroht. Es ist nicht der einzige ungeklärte Todesfall seit Beginn des Ukrainekriegs.

picture alliance/dpa/Russian President Press Office | Mikhail Metzel

Der bekannte Politiker wurde laut offiziellen Angaben mit einer Schusswunde am Kopf unweit seines Fahrzeugs in Odinzowo, einer Stadt in der Nähe von Moskau, entdeckt – exxtra24 hat berichtet. Die Ermittler gehen von einem Suizid aus, doch politische Beobachter in Moskau vermuten weit mehr hinter seinem Tod, berichtet El País.

Starowojt war zuvor Gouverneur der an der Ukraine grenzenden Region Kursk gewesen, bevor er im Mai 2024 das Verkehrsressort übernahm. Seine Abberufung kam am Montag für viele überraschend, ebenso wie die Nachricht über seinen Tod nur kurze Zeit später.

Korruptionsvorwürfe im Raum

Laut Insiderkreisen der Moskauer Politik soll Starowojt kurz vor seiner Entlassung einer umfassenden Korruptionsermittlung entgegengesehen haben. Mehrere Verdächtige, darunter sein Nachfolger in Kursk, Alexej Smirnow, der kürzlich wegen eines mutmaßlichen Betrugs in Höhe von umgerechnet 10 Millionen Euro festgenommen wurde, sollen belastende Aussagen gegen ihn gemacht haben.

Der Skandal betrifft den Bau von Verteidigungsanlagen in der Region Kursk. Von den ursprünglich 19 Milliarden Rubel (etwa 190 Millionen Euro), die für die Fortifikationen bereitgestellt wurden, sollen laut dem amtierenden Gouverneur Alexander Chinstein vier Milliarden Rubel veruntreut worden sein – das wären 43 Millionen Euro. Die militärische Wirksamkeit der Bauprojekte war spätestens seit der erfolgreichen ukrainischen Offensive im August 2024 massiv infrage gestellt worden.

Widersprüchliche Berichte zum Todeszeitpunkt

Offizielle Stellen gaben an, Starowojt sei am Montagmorgen gestorben. Laut Informationen des Kanals Mash, der dem Sicherheitsapparat nahe steht, habe der Ex-Minister noch am selben Morgen sein Büro betreten und dort schriftlich Hinweise hinterlassen, wo man seine Leiche finde. Der Kommersant berichtet hingegen, Starowojt sei bereits am Sonntagabend von Ermittlern verhört worden.

Verwirrung stiftete zudem eine Mitteilung des Verkehrsministeriums vom Sonntagabend, laut der Starowojt an einer Sitzung zu einem Ammoniakaustritt im Hafen von Ust-Luga teilgenommen haben soll. Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses der Duma, Andrej Kartapolow, erklärte dagegen am Montag, Starowojt sei „bereits vor einiger Zeit“ gestorben.

Weitere Todesfälle im Ministerium

Am selben Tag wurde auch der plötzliche Tod eines weiteren hochrangigen Beamten des Verkehrsministeriums gemeldet. Andrej Korneitschuk, stellvertretender Abteilungsleiter der föderalen Straßenbauagentur Rosavtodor, sei während einer Sitzung plötzlich zusammengebrochen und gestorben. Die Ursache ist bislang unklar.

Reihe weiterer Verdachtsfälle

Starowojts mutmaßlicher Suizid wäre der erste Fall dieser Art auf so hoher Ebene in Russland seit dem Ende der Sowjetunion. Er reiht sich jedoch in eine wachsende Zahl ungeklärter Todesfälle von Führungspersonen seit Beginn des Ukraine-Kriegs ein. Erst vor wenigen Tagen war Andrej Badalow, Vizepräsident des russischen Pipelinekonzerns Transneft, nach einem Sturz aus dem 17. Stock in Moskau gestorben.

Auch im Umfeld des Verteidigungsministeriums laufen seit Monaten Ermittlungen. Der langjährige Minister Sergej Schoigu wurde im April entlassen, sein ehemaliger Stellvertreter Timur Iwanow wurde vergangene Woche wegen Bestechlichkeit zu 13 Jahren Haft verurteilt.

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Kommentare ( 29 )

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Moses
5 Monate her

In den letzten drei Jahren gab es 14 verdächtige Todesfälle im Zusammenhang mit dem Öl- und Gassektor, Gazprom, LUKoil und der Militärindustrie.
In den herrschenden Kreisen Russlands kommt es, wie in allen kriminellen Gruppen, regelmäßig zu „Showdowns“.
Irgendwo habe ich gelesen, dass allein in den ersten vier Monaten mehr als hundert Menschen in arabischen israelischen Städten auf diese Weise getötet wurden.

Haeretiker
5 Monate her

Daran erkennt man das kriminelle System Russlands. Es bestraft Kriminelle ohne Rechtsmittel. Das freiheitliche System in anderen Ländern bestarft Kriminelle mit Rechtsmitteln gar nicht oder milde.
Und mal ehrlich, 43 Mio bei Baumaßnahmen sind doch gar nichts, woanders kassieren das Leute mit ein paar Stofffetzen ab.

Hannibal ante portas
5 Monate her

Vielleicht ist doch was dran, dass die Ukraine eine Erfindung der Österreicher war. Klein- und Großrussen scheinen doch ziemlich ähnliche Verhaltensmuster aufzuweisen.

MeHere
5 Monate her

Die Bürger RUSSLANDS sind immer noch LEIBEIGENE .. zuerst unter dem Zaren, dann unter den Bolschewisten, und nun unter dem Dämon Putin und seinem KGB.
Auch uns droht die Rückkehr der Stasi und der DDR 2.0 -> es ist nicht mehr weit. Die Ideologen geben keine Ruhe und die Mehrheit schweigt …

Haba Orwell
5 Monate her
Antworten an  MeHere

> Die Bürger RUSSLANDS sind immer noch LEIBEIGENE

Was für Glück, dass die hiesige Kakistokratie die Freiheit des grenzenlosen Klauens hat, wie in TE immer wieder angesprochen wird.

Edwin Rosenstiel
5 Monate her

Natürlich kann man jetzt wieder über den bösen Putin herziehen. Aber betrachten wir es doch mal so: In Deutschland können Poltiker Milliardenschäden anrichten, ob sie sich dabei persönlich bereichert haben, steht gar nicht zur Debatte, weil keiner fragt, bzw. die Herrschaften sakrosankt sind. Wenn es zu Verfahren kommt, danken unerwartet Staatsanwälte ab, verschwinden Akten, eMails und SMS, die Täter lügen, sind nicht verhandlungsfähig erkrankt, haben plötzlich Erinnerungslücken oder Gedächtnisschwund, und können sich im Übrigen ungestraft davonmachen und die Früchte ihrer „Arbeit“ genießen. Rechtsstaatlich ist diesen Leuten nicht beizukommen. Wollen wir das? Mehr brauche ich nicht zu sagen. Jeder kann selbst… Mehr

Digenis Akritas
5 Monate her

In Spanien wurde vor nicht langer Zeit ein ukrainischer Exil-Politiker und Zelenskyi-Kritiker erschossen. Die sind nicht besser.

Dundee
5 Monate her

Man sieht an dem Beispiel, Korruption lohnt sich nur im großen Stil. Starowoijt starb mit 53 Jahren weil er nur 43 Millionen veruntreute. Er konnte offensichtlich nicht genug für eine Lebensversicherung abzweigen. Hätte er 430 Millionen veruntreut wäre das einzige, das ihn belasten würde eine mit geschwärzten Seiten gefüllte Untersuchungsakte. Hätte er 430 Milliarden veruntreut, wäre er Präsident irgend einer ehemaligen Sowjetrepublik geworden und könnte wöchentlich eine andere Hauptstadt der Welt bereisen und weitere Gastgeschenke scheffeln.

Elmar
5 Monate her

Was ist daran ungeklärt? Der Autor geht selbst von Selbstmord aus und die russischen Medien schreiben, dass ihm bis zu zwanzig Jahre Haft gedroht haben, wegen Veruntreuung von Millionen an Steuergeldern und weiterer Korruption. Ich verstehe, in Deutschland hätten ihm nur ein paar Monate auf Bewährung gedroht, wenn überhaupt.

Hubbel
5 Monate her

Man stopft sich halt die Taschen voll, hier wie dort. Er hat dabei übersehen dass es Putin in diesem speziellen Fall wohl wirklich ernst war. Ausnahmsweise war kein Bakschisch inkludiert, das Geld sollte offenbar tatsächlich für das ausgegeben werden, wofür es gedacht war. Über den Daumen 25% waren wohl einfach zu gierig, besonders in der aktuellen Situation. Hätte man wissen können, man denke nur an die Zähmung der Oligarchen zu Beginn von Putins Herrschaft. Es gibt halt ein paar Sachen bei denen der Chef keinen Spaß versteht. Schoigu ist mWn ein privater Kumpel von Putin, man war wohl gar öfters… Mehr

Haba Orwell
5 Monate her

> Meldungen aus Moskau besagen, der von Wladimir Putin gefeuerte und wenig später tot aufgefundene Verkehrsminister Roman Starowojt (53) habe mehr als 43 Millionen Euro veruntreut – bei einem Gerichtsverfahren hätten ihm bis zu 20 Jahre Gefängnis gedroht.

Was für unmenschliche Diktatur wider westliche Werte, wo für das Klauen von 43 Millionen EUR gleich 20 Jahre Knast drohen! So etwas wäre in „unserer Demokratie“ nie möglich.