„Let’s go Brandon“ oder: Wie Biden seine Präsidentschaft in Rekordtempo verspielt

Der Enthusiasmus für Joe Biden fand ein jähes Ende - selten machte sich ein Präsident in so kurzer Zeit so unbeliebt. Eine Mischung aus Untätigkeit, fehlendem Charisma und fatalen Fehlentscheidungen könnten jetzt Donald Trump den Weg wieder ebnen.

IMAGO / ZUMA Wire

„Let’s go Brandon“, das ist der neuste Anti-Biden-Schlachtruf, ironischerweise in die Welt gesetzt von Biden-freundlicher medialer Schadenskontrolle. Denn immer häufiger hörte man bei Sportveranstaltungen in den USA, dass aus der Menge der Spruch „Fuck Joe Biden“ ertönt. Als eine Sportjournalistin den NASCAR-Rennfahrer Brandon Brown live interviewte, interpretierte sie die Rufe in „Let’s go Brandon“ um – während jeder Zuschauer hören konnte, dass es sich stattdessen um Wut gegen den Präsidenten handelte.

„Es ist klar geworden, dass Biden – oder zumindest das, was er vertritt – nach neun Monaten im Amt für viele Trump-Anhänger zunehmend Hassobjekt ist. Die Bissigkeit spiegelt teilweise Trumps eigene wiederholte unbegründete Behauptungen wider, dass Biden ein Usurpator ist“, schrieb die Washington Post jüngst in einem Beitrag über Anti-Biden-Schilder.

Das ist die inzwischen schon gebetsmühlenartige wiederholte Charakterisierung jeder Unmut auf den Präsidenten durch die Hauptstadtpresse. Jeder der „Fuck Joe Biden“ oder “Let’s go Brandon“ ruft, muss auf einmal sowohl ein eingefleischter Trump-Unterstützer sein, als auch die letzte Präsidentschaftswahl als von vorne bis hinten gefälscht sehen?

Alternativ könnte es auch sein, dass bei dem Durchschnittsamerikaner Bidens Politik schlicht immer unbeliebter ist. Laut RealClearPolitics sind nur noch 42 % der Amerikaner mit seiner Politk zufrieden, 51% dagegen nicht – zum Vergleich, noch zu Beginn des Jahres lautete die Zahlen noch 55% Zustimmung und nur 35% Ablehnung. Biden hat innerhalb kürzester Zeit seinen Vertrauensbonus verspielt.

Während Befürchtungen rund um Inflation in den USA schon seit Monaten für Schlagzeilen sorgen, verbreitete das Weiße Haus etwa im Juli die Botschaft „Der Wirtschaftsplan von Biden funktioniert. Und das können wir alle genießen“, denn ein typischer Independence Day-Grilleinkauf sei um ganze 16 Cent (!) gesunken. Inzwischen ist der US-Verbraucherpreisindex allerdings um 5,4 Prozent verglichen mit dem Vorjahr angestiegen.

Auf Fragen, wann sich Biden das Chaos rund um den Rekordansturm illegaler Einwanderer an der US-Grenze selbst anschauen werde, heißt es von seiner Pressesprecherin Jen Psaki, er wäre schließlich bereits an der Grenze gewesen – nämlich im Wahlkampf 2008, vor 13 Jahren also. Gefragt nach der aktuellen Lieferkettenkrise, die mancherorts für leere Regale sorgt und bei der die US-Regierung sogar über den Einsatz der Nationalgarde nachdenkt, machte sich Psaki bei einer Frage zu verspäteten „Möbel, Spülmaschinen und Laufbänder“ über die „Tragödie des verspäteten Laufbandes“ lustig.

Sinkendes-Schiff-Unterhaltung

Auf Nachfrage dazu, was Pete Buttigieg, Bidens Verkehrsminister, gegen die Krise unternehme, kommt dann heraus, dass der seit Monaten schon im Vaterschaftsurlaub für sein adoptiertes Kind ist – ohne dass die Öffentlichkeit davon wusste. Probleme in seinem Vaterschaftsurlaub quer durchs Land zur Premiere eines Films über ihn zu reisen, hatte er allerdings nicht – nur sein Job als Minister scheint betroffen zu sein.

Biden selbst stellt sich auch kaum der Presse. Er gab gerade mal 16 Interviews seit Januar, ein Fünftel dessen, wo sein Vorgänger Trump mit 82 Interviews in der gleichen Zeit der Präsidentschaft lag. Obama gab in der Zeit 131, selbst Reagan gab bis Oktober 1981 ganze 32 Interviews, obwohl ihn Monate zuvor bei einem Attentat eine Kugel in die Lunge traf. Joe Biden bleibt pressescheu, so wie schon im Wahlkampf 2020 – bloß jetzt spürt jeder Amerikaner seine Politik.

Auch seine Vizepräsidentin Kamala Harris hat wohl Sorge vor falschen Fragen – und zwar womöglich sogar von Kindern. Anders kann man es sich kaum erklären, dass bei einem Auftritt mit der Vizepräsidentin in einem NASA-Beitrag über Weltraumreisen bizarrer Weise bezahlte Kinderschauspieler einer kanadischen Firma angeheuert werden mussten, statt ein Gespräch mit normalen Schulkindern zu führen. Der Name der Produktionsfirma lautete übrigens sehr passend „Sinking Ship Entertainment“ (also zu dt. etwa „Sinkschiffsunterhaltung“).

Und nicht nur das öffentliche Auftreten der Biden-Regierung grenzt häufig an eine Clown-Show, auch die Dinge, die hinter verschlossenen Türen laufen, sind völlig chaotisch. Vor einigen Wochen stand Amerika kurz vor einem „Government Shutdown“ und der Zahlungsunfähigkeit, nur weil es Biden und die Führung der Demokraten in all den Verhandlungen über ihre Kongressvorhaben versäumt hatten, sich rechtzeitig um den Haushalt und die anstehende Erhöhung der Schuldengrenze zu kümmern. Am Ende mussten ihnen die oppositionellen Republikaner für eine Übergangslösung bis Dezember aushelfen – obwohl die Demokraten in beiden Kammern eigentlich die Mehrheit stellen.

Bidens Wunschpaket ist derweil immer noch nicht geschnürt, das liegt auch daran, dass er mit der Erwartung auftritt, ein „Veränderer“-Präsident wie Franklin D. Roosevelt zu sein und Billionen für neue Sozialprogramme auszugeben. Dabei hat Biden im Kongress nur hauchdünne Mehrheiten, im Senat steht es gar 50 zu 50, nur mit der Stimme der Vizepräsidentin zur Mehrheitsbeschaffung – er ist dort auf jeden Senator angewiesen. Senator Joe Manchin (Demokrat) aus West Virginia, einem tiefroten Staat den Donald Trump mit 38,9 % Vorsprung holte, denkt laut darüber nach, die Partei zu verlassen. Er ist bisher noch gegen Bidens geplante 3,5 Billionen teure Paket und sagte jüngst zum selbst-erklärten Sozialisten Bernie Sanders, den die Demokraten zum Vorsitzenden des Haushaltsausschusses gemacht haben: „Wir sollten es gar nicht tun. […] Ich fühle mich wohl mit nichts.“ Eine Horrorvorstellung für Parteilinke wie Sanders, aber nicht wunderlich aus der Sicht Manchins. Aktuell versucht Biden, doch noch irgendein abgespecktes Paket zusammenzubasteln.

All das ist das Resultat von Bidens Selbstüberschätzung: Er scheint immer noch nicht einzusehen, dass er eben gerade nicht gewählt wurde, um eine radikale Agenda durchzudrücken – noch hat er die Mehrheiten dafür. Mit diesem Kurs wird er seine Präsidentschaft an die Wand fahren. Im nächsten Jahr sind die „Midterms“, die nächsten Wahlen für den Kongress – sechs Sitze im Repräsentantenhaus, ein Sitz im Senat und Biden steht auf einmal ganz ohne Kongressmehrheiten da.

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Kommentare ( 46 )

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Jens Frisch
2 Jahre her

Hier ab Minute 4:00: Das original Interview:
https://www.youtube.com/watch?v=9suQV0olw38

jugend_attacke
2 Jahre her

Wenn „Let’s go Brandon“ die übertragene Version von „F Joe Biden“ ist, dann ist „F Joe Biden“ die übertragene Version von „F the Left/Media/Democrats/Modern world/Fake Conservatives/Woke people/…“.

Denn bei aller Liebe, dieser Tattergreis rafft nun wahrlich nicht mehr, für was er hier so eingespannt wird.

Es ist also verkürzt, wenn man sich an Beliebtheitswerten hochschaukelt. Die Leute wollen DAS SYSTEM nicht mehr.

Evero
2 Jahre her

Im Netz kursieren gemeine Gerüchte, dass Biden bei der Papstaudienz eine Unpässlichkeit gehabt hätte, d. h. er musste vornehm ausgedrückt den „bathroom“ aufsuchen. Darüber lassen sich Leute in Twitter unwürdig aus.
Daran verwundert mich zweierlei:
1. Wer hat diese nur eingeweihten Kreisen zugängliche Informationen lanciert mit welchem Interesse?
2. Wieso stoppt Twitter nicht diese Schmutzkampagne, wo sie doch päpstlicher als der Papst sind, wenn ein User unliebsame Wahrheiten über Corona publiziert?

Republikaner haben vorausgesagt, die Demokraten selbst würden Biden nach spätestens 2 Jahren zugunsten von Camala Harris absägen. War das so eine Intrige?

Oneiroi
2 Jahre her

Das man immer mehr in Chiffren Unterhaltungen durchführ ist schon recht nervig. Aus propagandatechnischer und Gesellschaftsspalterischer Sicht hat das den Vorteil, dass nur noch Gruppen mit ähnlichem Vokabular sich untereinander Verständigen können und Feindschaften so zementiert werden. So schaut die Entwicklung derart aus, dass immer mehr Rechte in Memes, Chiffren und verschlüsselten Wörtern die Computer-Algorithmen austricksen um komminizieren zu können, während Linke die Definition von Wörtern ändern (linke sind weder intelligent noch kreativ genug für Abstraktionen und Memes). Faszinierend ist das beim Rassismusbegriff, wo Linke für Rassistische Übergriffe gegen Weiße regelmäßig entschärfende Worte benutzen aber lustigerweise den Rassismus selbst nie… Mehr

Thomas
2 Jahre her

Mir scheint es als ob die Democrats versuchen die „rechten“ Amerikaner so zu provozieren mit all dem Wahnsinn, daß einige gewaltsam reagieren und dann der Vorwand für Kriegsrecht und repressivstes Reagieren Seitens des Staates geschaffen wird.
Um die Wahl 2022 zu gewinnen werden sie massenhaft illegale Einwanderer zu Wählern machen und noch mehr betrügen als 2020.
Ich sehe Parallelen zu Deutschland.

Sabine Ehrke
2 Jahre her

Selbstüberschätzung aller Ortens. Auch und ganz besonders in Deutschland angesichts dessen, was für unwissende Unfähigkeiten die Mehrheit des Deutschen Volks per Wahl in Ämter verholfen hat, um eines der einst wichtigsten Industrienationen zu führen. Grauenvoll, was wir alle sehr bald ausbaden müssen. Schmidt wusste, dass dieses 21 Jahrhundert schlimmer werden wird, als das vergangene. Und hat es erläutert, klar und überzeugend bei Maischberger vorgetragen. Clash of Civilizations ! Freut Euch.

Oneiroi
2 Jahre her
Antworten an  Sabine Ehrke

Das schöne ist, wenn der Fisch am Kopf anfängt zu stinken, folgt meist der Rest. Man kann also davon ausgehen, dass bei allen Behörden im Laufe der Zeit Leistungseinbußen zu verzeichnen sind, auch wenn man die sich schön rechnen wird. Diese Leistungseinbußen äißern sich in Form von längeren Bearbeitungszeiträumen, innere Kündigungen, Fehler, Korruptionanfälligkeit usw.
Der Bürger, der weiß, wie das im Ostblock noch lief, kommt also um das ein oder andere Knöllchen drumherum und kann bei entsprechender Bonität recht frei agieren.

ludwig67
2 Jahre her

Für alle, die 3-6 Monate vor der allgemeinen Berichterstattung sein wollen, empfehlen sich die folgenden Podcasts: Ganz vorne: Steve Bannon „War Room“ mit jetzt über 100 Millionen Downloads täglich. Er führt auch den Kampf gegen Wahlbetrug, die Lügen über den Sturm aufs Capitol und CRT an. „Human Events“ bietet einen sehr guten täglichen 20 Minuten Überblick. „Buck Sexton“ überzeugt vor allem mit wunderbaren Joe Biden Parodien, die er zufällig einstreut. „Dan Bongino“ ist ebenfalls gut aber nicht mehr so aktuell wie „War Room“. Zum Lesen gibt es auch den Bongino Report. „Revolver News“ bringt viele spektakuläre Enthüllungen, zuletzt einiges über… Mehr

chino15
2 Jahre her

Bidens fehlende Präsenz in der Öffentlichkeit ist kaum verwunderlich: der Mann ist zumindest prädement und muss für jeden Aufritt gründlich vorbereitet werden – und selbst dann stolpert er von Peinlichkeit zu Peinlichkeit. Sein Umgang mit den Angehörigen der Opfer des Bombenanschlags von Kabul ist nur ein Beispiel dafür. Biden ist ganz offensichtlich nur eine Präsidenten-Marionette, deren Fäden von anderen gezogen werden. Obama dürfte hier eine wichtige Rolle spielen. Unklar ist die Bedeutung von Harris: nur farbige Quotenfrau oder echte Playerin? Eins zumindest dürfte klar sein: wenn die US-Regierung so weiter macht, dürften die nächsten Wahlen für die Republikaner zum Selbstläufer… Mehr

Kassandra
2 Jahre her

Auch uns machen sie lächerlich. Wer auch immer das einfädelt: https://www.tichyseinblick.de/tichys-einblick/bundestagspraesidium-gruppenbild/

andreask90
2 Jahre her

Herrlich, der Satz zum Schluß: „Er scheint immer noch nicht einzusehen, dass er eben gerade nicht gewählt wurde, um eine radikale Agenda durchzudrücken“ – Der Teilsatz nach dem letzten Komma gehört da eigentlich nicht mehr hin.