Kann sich die EU einen Frieden in der Ukraine überhaupt leisten?

Die EU steht vor einem Kipppunkt, ab dem es kein Zurück mehr gibt: volle Konfrontation mit Russland, komme, was wolle. Das Ziel: ein europäischer Quasi-Staat. Widerstand wird gebrochen.

IMAGO

Sechs Dinge sind in den letzten Tagen und Wochen passiert, die zusammen betrachtet den Schluss nahelegen, dass die EU auf ihrem wankenden Weg in die falsche Richtung vor einem Kipppunkt steht, von dem es kein Zurück mehr gibt.

1) Am 4. Dezember veröffentlichte die amerikanische Regierung ihre neue Nationale Sicherheitsstrategie (NSS). Darin wird überraschenderweise die EU als eines der größten Sicherheitsrisiken für die USA bezeichnet. Weil sie sich in eine autoritäre, antidemokratische und selbstzerstörerische Richtung bewege, deren Folgen den USA perspektivisch große Probleme bereiten könnten. Die EU, so heißt es da, verabschiede sich von gemeinsamen Grundwerten wie Meinungsfreiheit und Demokratie.

2) Wie um diese Analyse zu bestätigen, verhängte die EU-Kommission ein Bußgeld von 120 Millionen Euro gegen X, ehedem Twitter, was von der US-Regierung als Frontalangriff gegen die Meinungsfreiheit verstanden wurde. X-Eigentümer Elon Musk hatte zuvor von Erpressungsversuchen der EU berichtet: Entweder er willige ein, EU-Schnüffler nach Belieben auf X Zensur ausüben zu lassen, oder aber er müsse eine schmerzhafte Strafe zahlen. Die EU weist das zurück: Musk selbst habe nach den Prozeduren gefragt, mit denen er Strafen vermeiden könne, und diese dann abgelehnt. Nun herrscht Krieg: Musk ruft auf zur Zerschlagung der EU.

Worum es in Wirklichkeit geht, ist die Umsetzung des neuen „Digital Services Act“, ein Regelwerk, das von vielen als Einengung der Meinungsfreiheit gesehen wird. Diese historische, erste DSA-Strafe ist dazu da, die Macht der EU-Aufseher zu demonstrieren.

Immerhin, die DSA hatte im Zuge ihres Entstehens so viel Aufregung, Widerspruch (besonders von Verlegern) und Debatten ausgelöst, dass in der Endfassung einiges weggelassen wurde, was noch mehr Kontrolle hätte bedeuten können: Plattformen galten als eben das, Plattformen, nicht Verleger, die für ihre Inhalte haften. Letztendlich haftete nur der für die tatsächlichen Inhalte, der sie ins Netz stellte.

3) Das kann sich nun ändern, nachdem der EuGH in einem obskuren rumänischen Fall entschied, dass nicht nur der Verfasser eines Inhalts für diesen haftet, sondern auch die Plattform, auf der dieser Inhalt erscheint.

Überhaupt, der EuGH (und sein Pendant, der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte): Es ist zwar Mode, auf die EU zu schimpfen und ihren unersättlichen Hunger auf immer mehr Macht und Kompetenzen, zum Nachteil der Mitgliedsstaaten. Eigentlich ist es aber der EuGH, der das überhaupt erst ermöglichte: Es waren die Richter selbst, die das Konzept eines „Primats des EU-Rechts“ gegenüber nationalem Recht eines Tages einfach erfanden und danach immer wieder in ihren Urteilen durchsetzten.

Fast ist man versucht, sich zu fragen, woher denn die Richter kommen, die dort sitzen. Eine Studie aus dem Jahr 2020 deckte auf, dass ein erheblicher Teil der Richter am EGMR aus dem NGO-Umfeld von George Soros kam. Es waren auch Richter mit Verbindungen zum Soros-Universum, die das bizarre Urteil gegen Ungarn fällten, das Land müsse 200 Millionen Euro plus täglich eine Million Euro Strafe zahlen, weil es keine illegalen Migranten auf sein Staatsgebiet lässt.

Apropos Rumänien: Das Land scheint ein beliebtes Experimentierfeld zu sein, wenn es darum geht, Regeln zu dehnen. 2024 wurde dort eine bereits erfolgte Wahl storniert wegen „ausländischen Einflusses“, ohne dass dieser Vorwurf stichhaltig bewiesen worden wäre – man musste sich auf das Ehrenwort des rumänischen Geheimdienstes verlassen.

4) Noch etwas passierte in Brüssel, das uns beunruhigen sollte: Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen versuchte vor einem Monat, sich selbst einen Geheimdienst zu geben. Es gibt freilich bereits eine solche Stelle, im European External Action Service, dem die EU-Außenministerin Kaja Kallas vorsteht. Ja, das ist die Behörde, bei der die belgische Polizei kürzlich eine Razzia abhielt wegen Korruptionsverdacht. Von der Leyens Vorstoß hätte also Kallas’ Amt geschwächt und von der Leyen selbst gestärkt. Kallas schoss sofort zurück, und auch mehrere Mitgliedsstaaten signalisierten, dass sie das nicht wollen. Dass aber von der Leyen – offenbar ohne mehrere Mitgliedsstaaten zu informieren – überhaupt solche Pläne schmiedet, zeigt klar, was im Schilde geführt wird: eine weitere Zentralisierung von Macht und Kompetenzen in der Kommission.

5) In diese Richtung zielt auch das neueste Drängen der EU um mehr Geld für die Ukraine. Entweder sollen die Mitgliedsländer mehr geben, oder aber die eingeforenen russischen Gelder in der EU sollen als „Kredit“ an die Ukraine gegeben werden, die das nie zurückzahlen wird. Das soll beim EU-Gipfel am 18. Dezember festgezurrt werden. Ganz sauber ist das juristisch nicht, insofern zögert Belgien, wo sich der überwiegende Teil der eingefrorenen russischen Gelder befindet. Schon droht man den Belgiern: Sagt Ja, oder wir tun euch weh. 

Der Grund, warum man plötzlich neues Geld braucht, ist, dass die USA sich nicht mehr an der Finanzierung der Ukraine beteiligen, und korrupte ukrainische Potentaten einen Teil der bereits bewilligten Hilfen gestohlen haben. Es ist aber auch nötig, weil die Ukraine ohne das frische Geld einen fälligen G7-Kredit von 47 Milliarden Euro nicht zurückzahlen kann. Man will also offenbar mit russischem Geld G7-Banken vor einem Ausfall des Ukraine-Kredits retten. All das bedeutet: Beschreitet die EU diesen Weg, kann sie unmöglich einem Frieden zustimmen, der mit einer Aufhebung der Sanktionen gegen Russland einhergeht und mit einer Rückgabe der russischen Gelder. Denn die wären bis dahin weg.

6) Da kommen wir zum letzten Punkt der bemerkenswerten Nachrichten der letzten Tage. Ungarns MInisterpräsident Viktor Orbán sagte, es werde Krieg geben, weil die EU das bereits entschieden habe. Krieg gegen Russland. Von der Aufmachung her war es eine Wahlkampfbotschaft: Die Wahlen 2026, so Orbán, würden „die letzten Wahlen vor dem Krieg“ sein. Die Regierung, die die Ungarn sich dann geben, wird entscheiden, ob sie sich in den Krieg mitreißen lässt oder dem widersteht. Damit meinte er, dass ein Sieg der Opposition Ungarn in einen Krieg mit Russland führen würde.

Die Frage ist, ob seine Aussage mehr ist als nur Wahlkampfslogan. Könnte die Analyse stimmen? Eigentlich schon – einerseits nutzt die EU den Ukraine-Krieg, um ihre institutionelle Zentralisierung voranzutreiben („wir müssen alle zusammenhalten, wer dagegen ist, der ist mit Putin“). Und andererseits schickt sie sich an, den Punkt zu überschreiten, ab dem sie sich einen realistischen Frieden gar nicht mehr leisten kann. Denn wenn Russland am Ende „siegt“, (also bei einem Friedensschluss gut abschneidet), dann wird es für die EU teuer.

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Kommentare ( 21 )

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Elmar
5 Minuten her

Wenn die Idioten tatsächlich das Geld der russischen Zentralbank klauen, müssen sich nicht nur auf die Beschlagnahme von EU-Eigentum in Russland und eine Klagewelle gefasst machen. Sehr wahrscheinlich werden die Russen auch den Schuldendienst gegenüber Banken in der EU einstellen oder aussetzen. Das dürften dieselben Banken sein; die den G7-Kredit an das korrupte Regime in Kiew vergeben haben. Ich kaufe schon mal einen Berg Popcorn.

verblichene Rose
6 Minuten her

Es ist ja bereits teuer für die EU, vornehmlich für Deutschland. Vor, mit und nach diesem Krieg wird und wurde daher schlicht alles mögliche versucht, die Missetaten dieses Moloch namens EU zu vertuschen. Wenn man nur sagen könnte, daß sie nicht wußten, was sie taten, aber jeder vernünftige Mensch konnte eigentlich das genaue Gegenteil davon zumindest erkennen. Von Milchseen über Fleisch- und Butterberge bis hin zur Krümmung einer Salatgurke: Diese EU hat dem europäischen Individuum ausschliesslich geschadet! Oder gibt es auch nur ein Beispiel dafür, daß die EU dem „Kollektiv“ nützlich war? Vom vermeintlichen Vorteil für den einzelnen Bürger ganz… Mehr

Rico
14 Minuten her

Ein Krieg zwischen der EU (die EU ist NICHT Europa!!) und Russland wird nicht lange dauern!
Dies hat der russische Präsident bereits klargemacht, indem er sagte: „Wir wollen keinen Krieg, aber wenn die EU den Krieg will, wird es danach niemenden mehr geben, der für die EU verhandeln kann“.
Das fände ich gut – die Politiker aller aktuellen Regierungen in der EU nd insbesondere die gesamte EU-Kommission inklusive EU-Parlament gehört ins Gefängnis und vor ein Nürnberger Tribunal, wo mit diesem Polit-Gesoxe kurzer przess gemacht werden sollte!

Autour
19 Minuten her

Die EU würde einen Krieg mit Russland keine 2 Monate durchhalten!!!! Sobald die ersten Raketen in den Hauptstätten eingeschlagen sind war es das! Das Europäische Militär also die Nato … ist ein absoluter Papiertiger! Da funktioniert ohne die Amis NICHTS! Und die werden sich da schön raushalten… genau wie die 2. grösste Armee der NATO, die Türken… Bleibt also ein zusammengewürfelter Haufen von pseudo Armeen die KEINE Munition haben, die KEINE Ahnung von Krieg haben … die sich untereinander NICHt verstehen … lächerlich! Ein komisches Manöver irgendwo in der Pampa hat so gut wie nichts mit einem „modernen“ Krieg zu… Mehr

Turnvater
20 Minuten her

 Das Ziel: ein europäischer Quasi-Staat. Widerstand wird gebrochen.“

Staaten und Gesellschaften, die auf Lüge, Betrug und Krieg gründen, pflegen erfahrungsgemäß in einem Meer aus Blut unterzugehen.

Aber wer liest schon Geschichtsbücher.

Unglaeubiger
22 Minuten her

Abgesehen davon, dass Soros in der EU kräftig mitmischt, ist der EuGH fast nur von „seinen“ ihm bezahlten Richtern besetzt. Hinsichtlich Krieg in Europa will j die Teufelin den Notstand in Europa per Gesetz ausrufen um an die Milliarden in Belgien zu kommen. Dieses hochkriminelle Weib mit ihrer ebenso hochkriminellen Gefolgschaft will durch diesen Schachzug Ungarns Veto umgehen. Regierungen, gewählte oder Nichtgewählte erst recht wenn Korrupte oder mit dem Rücken zur Wand Stehende sehen ihren Ausweg immer im Krieg. Sollte es wirklich wieder dazu kommen, müssen diese Verbrecher an der Flucht ins Ausland gehindert, ihre Vermögen eingezogen und hat verurteilt… Mehr

Klaus D
24 Minuten her

Die EU steht vor einem Kipppunkt…..die EU bzw wir europäer sollten einfach akzeptieren das wir nix zu sagen haben. Wir sollten tun was die USA und Russland wollen und uns unserem „schicksal“ hingeben das andere über uns bestimmen – mehr oder weniger. Und je länger wir das rauszögern desto härter wird Trump uns (die EU) fertig machen.

prague
29 Minuten her

Die westliche EU will unbeding Krieg aus vielen Gründen. Ablenkung von der desaströse Politik, wenn der Krieg sein sollte, werden Wahlen verschoben und ein Paar werden sich wieder die Taschen voll stopfen und es werden die Kriegstreiber.

greenman
34 Minuten her

„Die Schlafwandler“
heißt das historische Meisterwerk von Sir Christopher Clark,
oder… wie Europa in den ersten Weltkrieg zog.
Ich werde das Gefühl nicht los, dass durchgeknallte EU-Politiker sich wieder auf diesen kriegerischen Pfad drängen.

Last edited 33 Minuten her by greenman
Memphrite
35 Minuten her

Die EU ist kein Staat und kann auch keinen Krieg führen. Es könnte nur über die NATO gehen. Aber ohne die USA hätte die EU-NATO kein Chance. Die Russen haben überlegenen Waffentechnik, besonders im Bereich von Raketen, Drohnen und Luftabwehr, eine im Krieg des 21en Jahrhunderts kampferprobte Armee, die industrielle und Ressourcen Basis sowie auch jede Menge potenter Alliierter. Die EU-Armee sind reine Beamten-Armeen, mit „Null“ Kampferfahrung. Die EU ist ressourcenarm und die industrielle Basis, an ja, existiert mehr auf dem Papier. Die Russen könnten alleine mit 50 Oreschniks die gesamte Strom-Infrastruktur der EU ausradieren. Und was dann ohne Strom?… Mehr