Wassermassen und Überschwemmungen in Dubai

Das Unwetter in den Golfstaaten stellt Infrastruktur und Flugverkehr vor gewaltige Herausforderungen. Zu den Ursachen kursieren mittlerweile die erstaunlichsten Theorien.

picture alliance / Anadolu | Stringer
Der Himmel färbte sich schwarz, kaum Sicht, Blitze schlugen durch das dunkle Grau, es regnete »wie aus Eimern«. Im sehr trockenen und im Sommer heißen Dubai eher unbekannt. Laut dem nationalen Zentrum für Meteorologie (NCM) sollen es die stärksten Regenfälle seit Beginn der Aufzeichnungen vor 75 Jahren gewesen sein.

Im Einkaufszentrum stürzen Wassermassen herab und setzten luxuriöse Einrichtungen unter Wasser, als eine Decke herunterbricht. Es sollen bis zu 150 Millimeter Niederschlag gewesen sein, die am Dienstag herunterkamen. Diese Menge an Wasser kommt sonst innerhalb eines Jahres vom Himmel. Bei der Katastrophe im Ahrtal waren es 115 Liter pro Quadratmeter innerhalb von 36 Stunden.

Allerdings sind die Emirate wesentlich schlechter auf Wassermassen vorbereitet. Die Mengen können kaum abfließen, Kanalisation gibt es kaum. Die Bilder schwindelten etwas, richtig überschwemmt waren nur die Niederungen. Dort sah man praktischerweise einen Jetski, nicht als Spaßgerät vor der Küste, sondern als Fortbewegungsmittel in überschwemmten Teilen. Der U-Bahn-Betrieb wurde tagsüber unterbrochen, die Fahrzeiten bis 3 Uhr nachts verlängert, um alle Fahrgäste transportieren zu können.

— Lumia (@BuildOnLumia) April 17, 2024

Aus dem benachbarten, im Gegensatz zu Dubai bergigeren Oman wird von mindestens 18 Menschen berichtet, die bei den Überschwemmungen ums Leben kamen.

Stark betroffen war auch der Flughafen von Dubai. Die Regenmassen hatten das Vorfeld in eine Wasserlandschaft verwandelt, das ähnelte einem Landeplatz für Wasserflugzeuge. Das wichtige Drehkreuz zwischen Europa, Afrika und Asien ist einer der am stärksten frequentierten Flughäfen der Welt.

»Aufgrund des heftigen Sturmes wurde am Dienstag der Flugbetrieb für 25 Minuten unterbrochen, konnte aber wieder aufgenommen werden«, so der Flughafen Dubai laut Gulf-News. Starts und Landungen verzögern sich, viele Flüge fielen aus. Crews treffen verspätet ein oder sind am falschen Ort, so der Flughafen. Am Dienstagabend musste der Flugverkehr sogar kurzzeitig komplett eingestellt werden.

Mindestens 50 Flüge wurden abgesagt. Viele Maschinen mussten in Holdings stundenlang Warteschleifen ziehen. Dort tummelten sich A 380 Riesen, Langstreckenflugzeuge vom Typ 777 und 787 Dreamliners – jedes mit vielen Dollars Kosten pro Flugstunde.

Auch am Zayed international Airport im benachbarten Emirat Abu Dhabi kam es zu Verspätungen teilweise von drei bis vier Stunden. Ein Zeichen für die Fähigkeiten von Personal und System, dass ungeachtet des Durcheinanders alles reibungslos funktionierte und es trotz extremer Witterungsbedingungen zu keinen Unglücksfällen kam.

Kaum verwunderlich, dass rasch Theorien auftauchten, warum gerade jetzt und in solchem Ausmaß die Unwetter auftauchten. Die Bild-Zeitung spekulierte dabei über »Cloud Seeding« und titelte: Haben die Scheichs das Unwetter selbst verursacht?

»Cloud Seeding« – dabei werden feine Partikel von Flugzeugen aus in den Himmel ausgetragen. Die sollen als Kondensationskeime dienen und es regnen lassen.

Demgegenüber soll auch das genaue Gegenteil funktionieren. Sogenannte »Hagelflieger« sollen vor drohenden Unwettern mit Hagel vor allem Obstplantagen und Weinbaugebiete schützen, indem sie meist Silberjodid-Partikel in die Wolken sprühen oder »injizieren« in der Hoffnung, dass sich kein Hagel bildet, sondern die Feuchtigkeit harmlos abregnet. Beweisen lässt sich nichts von allem.

Der Haken: Es war ein Unwetter mit Ansage. Die Wettermodelle zeigten über der arabischen Halbinsel und in der Golfregion die drohende Lage mit Tiefdruckgebieten und kritischen feuchtlabilen Luftmassen an; und frühzeitig warnte auch das meteorologische Zentrum der VAE vor instabilem Wetter mit Sturm und Starkregen. Wolkenfilme zeigten eindrucksvoll heftige Unwetter über der arabischen Halbinsel, die sich bis in den Iran und nach Pakistan zogen. Es tobten sich in weiten Arealen heftige Unwetter aus. Wolkenerzeuger hätten viel im Himmel zu »säen« gehabt.

Merkwürdig still waren bisher nur die Potsdamer Klimaalarmsirenen, die mit wilden menschengemachten Unheilsursachen immer schnell zur Hand sind. Ab Mittwoch war alles vorbei, die Unwetter sind nach Osten abgezogen. Es wird wieder trocken und heiß, der Sommer steht vor der Tür.

Früher – auch daran muss erinnert werden – wurden aus den heute trockenen und heißen Wüstengegenden der arabischen Halbinsel immer wieder Savannengebiete mit üppiger Vegetation, sogar Seen mit Flusspferden und einer reichen Tierwelt. Mindestens fünf Mal verwandelte sich die Landschaft in feuchten Klimaphasen in einen Garten Eden. Vor allem im Oman finden Archäologen heute vielfältige Spuren menschlicher Besiedelung bereits aus der Steinzeit. So etwa Steinwerkzeuge aus der Zeit bis vor 420.000 Jahren. Doch das Klima änderte sich immer wieder von selbst.

Das Klima in den Megastädten der Golfregion ändert sich derzeit ebenfalls von selbst. Schon früh mit der Verstädterung achteten Regierung und Bauämter, dass auch reichlich Grünflächen mit Büschen und Bäumen angelegt wurden. Selbst entlang der Autobahnen sind häufig Bäume zu finden – alles künstlich mit Schläuchen tröpfchenbewässert. Das führt zu einer verstärkten Verdunstung und Luftfeuchtigkeit über den Metropolen und häufiger zu leichten Niederschlägen.

In den kommenden Tagen könnte sich in den Wüstengebieten wieder ein Naturereignis wiederholen. Nach kräftigen Regenfällen beginnt es häufig zu grünen und blühen. Die Wüste lebt auf. Allerdings nur kurz – wenn sich die Trockenheit wieder über alles legt und alles verdorren lässt. Bis irgendwann wieder eine Warmzeit kommt und mit ihr die Feuchtigkeit und die Wüste in eine Savanne verwandelt. An der südlichen Sahara sehen wir, wie sie wieder grüner wird.

Der Mensch kann staunend zusehen – und sich anpassen.

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