Donald Trump inszeniert sich mit einem heiligen Buch

Mit seinem Auftritt vor einer Kirche und mit Bibel in der Hand zeigt sich Trump als Fuchs der Selbstinszenierung. Das Bild ist offen für tausend-und-eine Projektion und Deutung. Die Reaktionen mancher Journalisten sind das nicht.

imago images / Poolfoto

Donald Trump geht energisch und entschlossen vom Weißen Haus zu einer Kirche. Er ist begleitet (nur) von weißen Männern. Vorbei an einer wehrhaften Reihe von weißen Polizisten. Hin zu einer Kirche im alten weißen Baustil, auf die zuvor ein Brandanschlag von „friedlichen Demonstranten“ ausgeübt worden war.

Dort vor der vernagelten Kirche hält Sir Donald eine Bibel hoch.
Doch der „dumme“ Trump ist zu dämlich, die Bibel richtig zu halten. Nicht mal das kann er. Trump hält das Buch verkehrt herum, so dass nur die schwarze Rückseite ohne Titel „Holy Bible“ zu sehen ist.

Doch halt. Vielleicht ist das gar nicht so dumm. Vielleicht ist Trump auch cleverer als viele seiner Kritiker. Vielleicht hat er die Bibel intuitiv verkehrt herum gehalten. Denn damit wurde aus der christlichen Bibel ein heiliges Buch. Es könnte halt auch ein Koran oder eine hebräische Bibel sein. „All are welcome“ steht in dem Schaukasten, neben dem er sich inszeniert ablichten lässt.

„All are welcome“ – bei Trump sogar die in Misskredit geratenen weißen Männer, die in manchen Kreisen für alles Böse auf der Welt wie Rassismus, zerstörerischen Kapitalismus, Kolonialismus und Klimazerstörung als Sündenböcke herhalten müssen. Trump macht hier ganz ungeschminkt weiße männliche Identitätspolitik.
Doch bei dem Schlussfoto mit dem unbestimmten heiligen Buch in der Hand neben dem Schaukasten mit „all are welcome“ weitet Trump den Horizont: Ich bin für weiße Männer der richtige Mann, doch bitte legt mich nicht darauf einseitig fest. Meine Politik ist weit offen für andere Kulturen. Ich bin der richtige Mann für alle Menschen, die gegen durchgeknallte weiße Polizisten und gegen durchgeknallte schwarz-weiße Randalierer an heiligen alten und bewährten Ordnungen festhalten.

Ein Kotau nach dem anderen
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So vielleicht möchte Trump sich mit diesem Werbefoto inszenieren. Vielleicht aber auch ganz anders. Sein Foto ist ja ohne Worte. Geschickt, dieser alte hochgradig narzisstische Fuchs. Denn damit ist sein Foto offen für tausend-und-eine Projektion und Deutung. Jeder wird seins hineinlesen. Nach dem Motto: „Ich bin Realist. Ich weiß, dass ich nur sehe, was ich glaube.“ Die Voreinstellung gegenüber Trump wird entscheidend beeinflussen, was ich aus dem Bild herauslese, bzw. was ich in das Bild hineinlese.

Darum löst dieses Werbefoto auch bei allen Trump-Gegnern heftigste Reaktionen aus. Da ist einmal die Bischöfin der besagten vernagelten Kirche, vor der Trump sich inszeniert hat. Ihr scheint das mehr als peinlich zu sein, dass sich der Präsident der USA ausgerechnet vor einer ihrer Kirchen mit ihrem heiligen Buch fotographieren ließ. Ihre Kirche habe Trump „ohne Erlaubnis benutzt“, um eine Botschaft zu verbreiten, die im Widerspruch zu den Lehren Jesu stehe. Man distanziere sich von der „aufhetzenden Sprache dieses Präsidenten“.

Braucht man in Amerika eine Erlaubnis, um sich vor einer verschlossenen Kirche mit einem heiligen Buch fotographieren zu lassen?

Auch der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski, meldet sich zu Wort mit einer Videobotschaft. Die Bibel hoch halten, das sei ja eigentlich etwas Gutes. „Aber“ – und mit diesem „aber“ wird sich klar gegen Trump positioniert: „Aber wie hält man die Bibel hoch? Man hält sie hoch, indem man einander achtet, indem man aufeinander zugeht; indem man Menschen, die anders sind, akzeptiert, ihnen die gleiche Würde zubilligt, die man selber hat; indem man Brücken baut und nicht die Spirale des Hasses weiterdreht und nicht unterscheidet zwischen DIE und WIR.“

Irgendwoher kommen mir diese Worte bekannt vor – vielleicht von dem agnostischen Fussballspieler, der letzte Woche Ähnliches gesagt hatte, als er zum Anti-Rassismus-Projekt der Bundesliga befragt wurde?

Ich mache mir ernsthaft Sorgen, wenn die Kirche meint, die Bibel hochhalten zu können, ohne überhaupt den Namen von Jesus Christus zu nennen, ohne das menschliche Schuldverhaftetsein in ethischen Dilemmata zu erwähnen, ohne die Sehnsucht der ganzen Schöpfung auf Erlösung und auf ewige Geborgenheit jenseits von ethischer Leistung anzusprechen.

Zum Schluss möchte ich noch auf die Zeit eingehen, die natürlich auch die Projektionsfläche „Trump mit Bibel vor Kirche“ ausgiebig für einen Anti-Trump-Kommentar genutzt hat. Der Titel lautet: „Eine Kriegserklärung“ (Zeit-online, 3.6.2020). Unterhalb solcher bombastischer Titel für ein Werbefoto geht es bei Trump natürlich nicht.

Interview TE 07-2020
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Und dann kommt es noch dicker. Im Anschluss an die Washington Post wird Trumps Werbefoto-Bibel gedeutet als „eine Art Talisman…, der spiritiuelle Autorität auf einen unwahrscheinlichen ‚Auserwählten’ übertrage… Damit erweist sich Trump für seine rechtsevangelikalen Anhänger einmal mehr als Sprachrohr Gottes und letzte Rettung in einer Endzeit voller Zerfall jener Ordnungen, die von ihnen als christlich angesehen werden und die in Wahrheit vor allem rassistisch und homophob sind.“
Und nachdem die Zeit in diesem überdrehten Duktus dann sogar noch vom selbsterkorenen „Messias Trump“ spricht, endet der Text mit folgenden Sätzen: „Der Zweck der Geste ist es nun, die Fundamentalisten zu vereinnahmen und alle anderen abzuspalten. Sie ist damit, nicht zuletzt, eine Kriegserklärung.“
Was für ungeheuerliche Spekulationen aufgrund eines projektionsfreundlichen Werbefotos.

Es lebe der deutsche Qualitätsjournalismus! Aber bei der journalistischen Kriegserklärung gegen Trump scheint genau das die Qualität auszumachen, dass alle Mittel recht sind.

Und die nächste US-Wahl im November ist mit diesem Zeit-Online-Artikel bereits entschieden. Ganz sicher. Denn indem sich Trump einseitig auf die hirnlosen fundamentalistischen homophoben rassistischen weißen männlichen bösen Rechts-Evangelikalen festgelegt hat und allen anderen den Krieg erklärt, wird er nicht mehr als 3% der Wählerstimmen bekommen. Trump ist nun einmal dumm. Noch nicht einmal Wahlkampf kann er. Noch nicht einmal die Bibel richtig halten kann er. Aber die „Zeit-Online“ hat den Durchblick.

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Kommentare ( 32 )

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benali
3 Jahre her

Auf die Bäume, ihr Affen… Viele ähnliche Aktionen von Trump stehen unter dem Motto: auf die Bäume, ihr Affen. So auch beispielsweise, als er den Gouverneuren in der Corona Krise androhte, selbst das Szepter in den Bundesstaaten zu übernehmen, wenn sie nicht tätig würden. Die gemeinten Gouverneure sind auf die Bäume geklettert und haben wie Gorillamännchen auf die Brust trommelnd bekräftigt, dass die einzigen sind, die die Autorität hätten, ihre Bundesstaaten souverän zu regieren. Jetzt waren sie auf den Bäumen und mussten Verantwortung übernehmen. Von dem Baum sind sie nicht wieder runtergekommen. Und so verhält es sich auch mit dem… Mehr

te1234
3 Jahre her

Was nützt es die Bibel hochzuhalten, wenn christliche Werte (auch in unserem Land) nur geheuchelt werden.
Solange viele Gottesdienstgänger dieses Buch nicht leben, sondern es nur auswendig lernen, kann man sich diese Sammlung Papier auch sparen.

bfwied
3 Jahre her

Das Unglück, schlechte Zeiten kommen immer durch Gedankenlosigkeit, naiven Glauben und Dummheit zustande. So durchdachten sie anno 1919 den Kommunismus nicht, auch nicht in den 20er-Jahren, so durchdachten sie den Nationalsozialismus nicht, obwohl die alles angekündigt hatten, und so durchdenken sie auch nicht die Auflösung des Staates, die freie Einwanderung, die Zerschlagung der Energieversorgung und der Industrie und der Bildung.
Die Kriegserklärung liegt im Islam, bestätigt durch Immame, durch Erdogan, durch Taten und Verhalten der Moslems, sie liegt in der linksgrünen Ideologie, die einteilt in angebliche Opfer und Täter und am liebsten zurückstrebt in Höhlen und Ackerbau mit Grabstock.

Emsfranke
3 Jahre her

Unsere oberen (Kirchen-) Fürsten halten keine Bibel (egal wie herum) bzw. Symbole hoch.
Unsere Fürsten legen Amtskreuze ab oder werfen Deutschlandfähnchen in die Ecke, wenn es darauf ankommt, mit Symbolen Identität zu zeigen.

bfwied
3 Jahre her

In Umbruchzeiten wird maßlos viel maßloser Quatsch geschrieben und gesagt, und diese Zeiten führten immer in Chaos und zumindest in sehr schlechte Zeiten. Gute Zeiten müssen evolutionär entwickelt werden, das dauert, weil es kompliziert ist. Schnelle Umbrüche sind radikal, einseitig und schaffen nur Anarchie. Das war zu allen Zeiten und bei allen Gelegenheiten so. Wenn die christliche Kirche für alle offen sein soll, auch für Muslime, die an ihren Mohamed und ihre Höherwertigkeit glauben, die sie mit dem Schwert verteidigen, s. Sharia/Koran, ist sie keine christliche mehr, und das haben die Bischöfe deutlich gemacht, als sie ihre Kreuze bei den… Mehr

Schwabenwilli
3 Jahre her

Donald Trump steht mit der Bibel vor einer Kirche auf die ein Brandanschlag verübt wurde. Joe Biden besucht die Familie des Ermordeten George Floyd und verspricht, nachdem er sich seit 40 Jahren in der Politik rumtreibt, sich ganz dolle für die Rechte der Schwarzen einzusetzen. Ich an deren Stelle hätte ihn hochkant rausgeworfen.

achijah
3 Jahre her
Antworten an  Schwabenwilli

„Mit heiliger Ordnung gegen unheilige Randale“. Damit hat m.E. Trump den Nerv vieler Amerikaner getroffen. George Floyds Familie mag man ja auch besuchen. Aber von dem gesamten Land her gedacht, war die unheilige Randale das noch viel größere Problem als die schreckliche Tötung durch den Polizisten. Die unheilige Randale, die sogar mehreren Schwarzen das Leben gekostet hat!

Schwabenwilli
3 Jahre her

Besten Dank für diesen Kommentar, es ist nicht so dass ich es nicht schon gewusst hätte, auch ich habe mir dieses Machwerk durchgelesen und meine Gedanken darüber gemacht. Man stelle sich nur einmal vor dieser Kommentar würde im Spiegel oder in der oben genannten Zeit erscheinen, undenkbar. Unter immer wieder gelöschten verschiedenen Accounts habe ich eine Zeitlang bei der Zeit auch Kommentare geschrieben am Ende habe ich resigniert aufgegeben. Anfeindungen, Denunziationen, Löschungen nicht genehmer Kommentare sind die Regel. Genauso wie den Spiegel klicke ich diese linksradikalen Medien nicht einmal mehr an.

Mayor Quimby
3 Jahre her

Noch mal zur Erinnerung die öffentliche Kriegserklärung der Medien an Trump, zwei Tage vor seiner Amtseinführung, als sie wußten, daß sie ihn nicht mehr verhindern konnten:

https://meedia.de/2017/01/18/sie-werden-es-mit-einer-einheitlichen-front-zu-tun-bekommen-us-press-corps-mit-einer-art-kriegserklaerung-an-donald-trump/

„WIR werden die Regeln bestimmen, nicht SIE“ – Brief des US Presse Corps an den gewählten Präsidenten der USA:

http://www.ndtv.com/world-news/we-will-set-rules-not-you-us-media-tells-donald-trump-in-open-letter-1650439

https://www.thequint.com/world/2017/01/18/we-will-set-the-rules-not-you-us-media-to-president-elect-trump-white-house-press-corps-journalists-journalism

Deutlicher geht’s ja nicht, oder? Eine ‚Unverschämtheit‘ sonder gleichen. SIE bestimmen was läuft und wie, nicht etwa der direkt vom Volk gewählte Chef der Exekutive.

Ernst-Friedrich Behr
3 Jahre her

Vor 45 Jahren als Student hatte ich die „Zeit“ sogar mal aboniert, danach dann auch noch die „FAZ“. Das ist lange her und Geschichte. Wo ist es denn für uns ein Problem, wenn der US-Präsident die Bibel falsch in der Hand hält? Haben unsere Profi-Schreiberlinge nicht interessanteres zu berichten? Unser Bildungssystem ist so kaputtgespart, dass die Schüler an den Klima-Unfug glauben und unter dem Beifall von Lehrern und Politik die Schule schwentzen, in Deutschland drohen wegen einer Rezession, die schon vor der SARS-CoV2-Pandemie mit der „Energiewende“ und dem Madigmachen des Dieselmotors begann, zehntausende Arbeitsplätze verloren zu gehen, die Regierung und… Mehr

Teufelskralle
3 Jahre her

Ich bin dafür, dass TE einen Karl-Eduard von Schnitzler-Preis auslobt. Die Zeit-Redaktion würde zumindest bei mir auf der Kandidatenliste an vorderster Position rangieren. Da alle, die gegen Trump hetzen, meine von Lügen, Borniertheit und Totalitarismus zerfressenen politischen Gegner sind, kann ich, egal, ob er ein so schlimmer Mensch ist, wie er diffamierend dargestellt wird, oder nicht, ihm nur die Wiederwahl im Herbst wünschen, gegenwärtig die Höchststrafe für alle Vertreter rotgrüner Ideologie – Merkel und ihre Claqueure eingeschlossen.