Regierung in Erklärungsnot: Viele Zuwanderer in Beschäftigung? 

Bundesregierung: „Die Teilnahme an einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme, einem berufsbezogenen Sprachkurs oder einem Integrationskurs beendet die Arbeitslosigkeit. Maßnahmeteilnehmende sind also keine Teilmenge der Arbeitslosen.“

© Getty Images

Ende Dezember des vergangenen Jahres haben wir über eine „Vorweihnachtliche Märchenstunde mit BDA-Präsident Ingo Kramer“ berichtet, der glaubte, feststellen zu können: „Wir schaffen das mit der Integration.“

Belegen wollte Kramer die frohe Botschaft, wonach Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit ihrem Satz „Wir schaffen das“ Recht behalten hätte, mit der Feststellung, dass von mehr als einer Million Migranten, die gekommen seien, bereits knapp 400.000 einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz hätten.

Die Sprachkenntnisse wären schon nach einem Jahr Aufenthalt ebenfalls erstaunlich gut. Kramer geriet damals direkt ins Schwärmen, als er behauptete, die große Mehrheit der erwerbstätigen „Flüchtlinge” arbeite in sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung und sei somit integriert. Mehr noch: Viele Migranten seien „eine Stütze der deutschen Wirtschaft geworden“.

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„Wir schaffen das mit der Integration“ – Vorweihnachtliche Märchenstunde mit BDA-Präsident Ingo Kramer
Dass die Einschätzung des Arbeitgeberpräsidenten blauäugig war, haben wir ihm bereits attestiert, aber wie wackelig oder gar fahrlässig seine Aussagen tatsächlich sind, offenbart jetzt die Antwort der Bundesregierung (Drucksache 19/6369) auf eine Kleine Anfrage (Drucksache 19/5952) vom 10. Dezember 2018. Die AfD-Fraktion wollte darin u.a. wissen, wie den die Bundesregierung den Begriff „Beschäftigung“ gemäß einer  Mitteilung der Bundesagentur definieren würde – Angaben, auf die sich ja auch die Äußerungen Kramers stützen müssten.

Die Fragesteller zweifelten insbesondere an, dass solche Zahlen überhaupt korrekt mitgeteilt werden können, wenn die Bundesagentur für Arbeit aus technischen Gründen die neu Zugewanderten überhaupt nicht von jenen Migranten, die schon länger hier leben, unterscheiden könne. Nach wie vor würden die Zahlen der Agentur alleine mit dem Sekundärmerkmal Staatsangehörigkeit der acht Hauptasylherkunftsländer ermittelt.

Tatsächlich bestätigt die Bundesregierung diesen Sachverhalt:

„Die Daten der Beschäftigungsstatistik basieren auf Meldungen der Arbeitgeber.
Die Meldebögen beinhalten keine Informationen zum Aufenthaltsstatus, nur zur
Staatsangehörigkeit einer Person.“

Und weiter:

„Da das Merkmal „Person im Kontext von Fluchtmigration“ ein Aggregat von drei Aufenthaltsstatus ist, liegen in der Beschäftigungsstatistik keine Informationen zum Merkmal „Person im Kontext von Fluchtmigration“ vor.“

Mit anderen Worten: Nichts genaues weiß man. Aber solche Genauigkeiten waren dem Arbeitgeberpräsidenten Ingo Kramer offensichtlich ziemlich schnuppe, ihm ging es primär um die Verkündung der frohen Botschaft: Wir haben es geschafft!

Wenn nun aber so viele so schnell in Beschäftigung gekommen sein sollen, was genau meint dann eigentlich diese Beschäftigung, wollten die Fragesteller weiter wissen. Die Antwort unter 1.4. ist erstaunlich: Beschäftigt ist demnach, wer mindestens eine Stunde die Woche tätig ist, also mindestens vier Stunden im Monat. Im Umkehrschluss hieße das dann, dass ein in Deutschland vollbeschäftigter Arbeitnehmer (40 Std. /Woche) im ungünstigsten Falle die Arbeit von vierzig beschäftigten „Person im Kontext von Fluchtmigration“ erledigt.

Weiter antwortet die Bundesregierung:

„Ebenso zählen folgende Personen zu den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten:

  • Beschäftigte in einem Ausbildungsverhältnis,
  • Beschäftigte in Werkstätten für behinderte Menschen und ähnlichen Einrichtungen
  • und Beschäftigte in Freiwilligendiensten.“

Fast die Hälfte (47,3 Prozent) der „beschäftigten“ Ausländer aus nichteuropäischen Asylherkunftsländern würden einer ungelernten Helfertätigkeit nachgehen. Im Bundesdurchschnitt seien es 12,8 Prozent, unter Ausländern immerhin noch 36,2 Prozent.

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Weiter wollten die Fragesteller von der Bundesregierung wissen, wie viele der „Beschäftigten“ Leistungen nach dem zweiten Buch Sozialgesetzbuch
(SGB II) beziehen.

Antwort der Bundesregierung: Im März 2018 wären 662.000 Menschen aus den nichteuropäischen Asylherkunftsländern erwerbsfähig und Leistungsempfänger gewesen. Lediglich 96.000 Personen aus dieser Gruppe der Leistungsempfänger sei tatsächlich erwerbstätig gewesen (also mindestens eine Stunde die Woche in mindestens Helfertätigkeit).

Wie viele aus dieser Gruppe vor 2015 nach Deutschland gekommen sind, kann die Bundesregierung nicht beantworten. Die Fragesteller haken erfolglos nach: „Wie hoch ist die Beschäftigungsquote in der Gruppe der ab 2015 zugezogenen
Personen aus den Hauptasylherkunftsländern?“

Antwort auch hier:

„In der Beschäftigungsstatistik liegen keine Informationen zum Einreisezeitpunkt
einer Person vor.“

Der Arbeitgeberpräsident ist also in seiner Einschätzung nicht nur optimistisch, sondern kühn, wenn er ableitet: Merkel hätte geschafft, was sie schaffen wollte. Die Ausflüchte der Bundesregierung in der Beantwortung der Kleinen Anfrage lesen sich jedenfalls bescheiden, nein, sogar richtiggehend verdruckst:

„Die vergleichsweise geringe Quote (Beschäftigung) für Staatsangehörige aus den Asylherkunftsländern ist auch darauf zurückzuführen, dass die Bevölkerungszahl (als Bezugsgröße zur Berechnung der Beschäftigungsquote)
stark zugenommen hat, während Beschäftigungsaufnahmen nach der Anerkennung des Flüchtlingsschutzes zeitverzögert und langsamer realisiert
werden.“

Wie verzerrend und in Schieflage das alles in Wahrheit ist, zeigt ein weiteres Frage-Antwort-Spielchen, wenn der Fragesteller eigentlich nur wissen will, wie viele arbeitslose Zugewanderte einer bestimmten Gruppe an Sprachkursen teilnehmen würden und die Bundesregierung den Fragesteller dahingehend belehrt, dass diejenigen, die an Sprachkursen teilnehmen würden, eben NICHT mehr als arbeitslos geführt werden:

„Die Teilnahme an einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme, einem berufsbezogenen Sprachkurs oder einem Integrationskurs beendet die Arbeitslosigkeit. Maßnahmeteilnehmende sind also keine Teilmenge der Arbeitslosen.“

Was für eine wundersame Vermehrung. Na klar, so schafft man das natürlich spielend, wenn man es schaffen will. Aber was ist, wenn der beschäftigte deutsche Bürger sich einmal die Zeit nimmt, hinzuschauen, wenn ihm ein A für ein U vorgemacht wird, wenn Leute wie der Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer mit frechdreister Schönfärberei durch die ihn eifrig nacherzählenden Leitmedien geistert und erst eine kleine Anfrage der AfD die Bundesregierung dazu zwingt, wenigstens in Teilmenge das ganze Desaster abzubilden? Dann, wenn einmal klar wird, wer nach wie vor die Stütze der deutschen Wirtschaft bleiben muss: der Arbeiter und Angestellte, der schon länger hier lebt und arbeitet.

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Kommentare ( 98 )

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Joachim
5 Jahre her

Auch hier beginnen die Relotius-News bereits mit den Zahlen, die die Regierung nennt. Man versucht möglichst zu vertuschen. Hier beispielsweise dadurch, indem man die, die als „Flüchtling“ kamen mit denen, die auf legalem Weg hierhin kamen, vermischt. Gerne gespielt wird bei finanziellen Dingen auch das Spielchen mit den verschiedenen Töpfen. Der Asylbewerber bekommt aus einem anderen Topf (nach „Asylbewerberleistungsgesetz“) das Geld, als der, der „durch ist“ (Hartz-IV). Ich habe mir mal die Mühe gemacht, und die Zahlen für „Syrer in Deutschland“ von 2013 und Ende 2017 verglichen. Und dann von den Zahlen Ende 2017 die von Ende 2013 abzuziehen. Die… Mehr

Schwabenwilli
5 Jahre her

Das diese Lügen herauskommen müssen ist auch den Erfindern klar gewesen. Nur, wie viele Leute erfahren das? Die Massenmedien welche diese Unwahrheiten übernommen und publiziert haben werden das sicher nicht korrigieren. Das ist der eigentliche Skandal und die BK weiß das nur zu gut. Bestes Beispiel ihre Falschaussagen zu dem Video in Chemnitz, wo war eine Entschuldigung seitens der BK, der Medien?
Gut nur das die Glaubwürdigkeit der Politik und Medien kontinuierlich schwindet aber das Lügenspiel kann man noch lange Jahre hinziehen, wenn es gelingt die Bevölkerung ruhig und dumm zu halte, wer wüsste das nicht besser als Frau BK.

H. Heinz
5 Jahre her

ein gut recherchierter Artikel, der die Aussagen des Herrn Kramer entsprechend seziert und dabei gleichzeitig die Ahnungslosigkeit der Politik demonstriert.
Was Herr Kramer aber eigentlich immer so raucht würde ich schon gerne wissen. Dies war ja nicht seine erste krude Aussage die er hinter seiner Nebelwand von sich gab.

Frank B.
5 Jahre her

Wo liegt bei Kramer die mögliche Motivation für einen solch kruden Wortschwall? Will da einer Kalif werden, anstelle des Kalifen, in diesem Sinne Arbeitsminister? Empfiehlt er sich hiemit schonmal mit eine kleien Kür im ‚Merkelsprech für Fortgeschrittene‘? Ich persönlich sehe das als eine Möglichkeit. So dumpf kann der Mann in seiner jetzigen Funktion nicht ernsthaft daherreden. Als Minister wäre ihm da aber etwas für’s Revers aus Schloss Bellevue sicher. Nebst den anderen Annehmlichkeiten, die ein quasi-Rentner sich dann noch draufschaffen kann. Der schafft das. Sicher.

Queensland
5 Jahre her

Wenn von 662.000 SGB II -Leistungsbeziehern aus Nicht-EU-Ländern 96.000 einer Beschäftigung nachgehen (wir erinnern uns, beschäftigt ist man ab 1 Stunde pro Woche), dann sind das grade mal 14, 5%. Rechnete man diejenigen noch ein, die derzeit an einem Sprach- oder Integrationskurs teilnehmen und nicht als arbeitslos zählen (leider liegen hier keine Zahlen vor), würde sich die Beschäftigungsquote nochmal verschlechtern. Ich denke, man liegt nicht falsch, wenn man davon ausgeht, dass höchstens jeder Zehnte Nicht-EU-Ausländer irgendwie „beschäftigt“ ist. Zu den 662.000 erwerbsfähigen Nicht -EU-Ausländern kommen noch deren Kinder und die nicht erwerbsfähigen (z. B. Kranke) hinzu, die auch versorgt werden… Mehr

Joachim
5 Jahre her
Antworten an  Queensland

„Wenn von 662.000 SGB II -Leistungsbeziehern aus Nicht-EU-Ländern“ Hier sind sie auch der Regierungsschönfärberei zum Opfer gefallen. Es steht dort „662.000 Menschen aus den nichteuropäischen Asylherkunftsländern erwerbsfähig und Leistungsempfänger gewesen.“. Wichtig ist hier das „erwerbsfähig“. Man muss also nur ausreichend Leute als „nicht erwerbsfähig“ deklarieren, schon nimmt die Zahl solcher Hartz-IVler ab und die Beschäftigungsquote automatisch zu. Auch bekommen ja noch lange nicht alle das Geld via SGB-II. Die Zahlen in absolut von September 2018: SGB II -Leistungsbeziehern aus: – Nichteuropäische Asylhauptherkunftsländer: 983.967 – Sonstige Ausländer: 460.854 (Anmerkung: EU, Osteuropa und der Balkan sind hierin nicht enthalten) Und dann gibt… Mehr

Kassandra
5 Jahre her

Ergänzend zu meinem Kommentar wird in Baselbiet gerade beraten und abgestimmt, ob die Kosten besonders belasteter Gemeinden „ausgeglichen“ werden können:
https://bazonline.ch/basel/land/Wie-verteilt-man-Sozialhilfekosten-gerechter/story/11563541

Kassandra
5 Jahre her

In der Schweiz ist das anders. Da wird das Sozialbudget für zugeteilte „Flüchtlinge“ aus dem jeweiligen kommunalen Etat gezahlt und ist öffentlich einsehbar. Ein jeder Einwohner weiß, was die Unterbringung und Alimentierung für Neuzugänge kostet und ist daran interessiert, diese schnell in Arbeit und Lohn zu bringen, weil er ja erkennt, dass er es ist, dessen Steuern für Zugereiste und nicht zum Wohle seiner Kinder und Enkel und deren Zukunft ausgegeben werden. Aber auch dort gerät das oftmals und für alle offensichtlich nur all zu sperrig. „Gekommen, um zu profitieren“ – Wie drei minderjährige Asylsuchende aus Somalia und Eritrea im… Mehr

giesemann
5 Jahre her

Scheint ein gigantisches Verlustgeschäft zu sein, wer hätte das gedacht. Und ich war immer der Meinung, Arbeitgeber/Industrielle würden mit „spitzem Bleistift“ rechnen und kalkulieren, bin eben naiv und blödsichtig. Da steckt doch was Anderes hinter, oder? Vielleicht sollen auch nur jede Menge Konsumenten ins Land geholt werden, weil die nächste Krise wird eine Absatzkrise sein – wie alle anderen Krisen vorher auch schon. Mit den Konsumenten kann man die Kanallje zwingen, die zu finanzieren via Abgaben und Steuern, das Geld geht rund, der Umsatz bleibt, die Umsatzsteuer etc. auch. Da treffen sich Industrie und Fiskus einträchtig beim Abzocken derjenigen, die… Mehr

Kassandra
5 Jahre her
Antworten an  giesemann

Spitz wird allerorten anscheinend nur noch bis zum Ende des eigenen Arbeitsvertrages gerechnet und bis zum dem Zeitpunkt, an dem das letzte Vorstandsgehalt fließt. Da wird dann kalkuliert und reduziert und gestrichen und an der Struktur wie an Abläufen Finanzen sparend und kurzfristigen Gewinn erhöhend gefeilt.
Danach dann die Sintflut. Aber das ist dann auch schon egal, der Nächste macht so weiter.
Bin neugierig, wie das bei der Bahn endet. Die meisten Ausweichgleise sind schon weg. Wie auch sonst viel, was den Bahnverkehr Jahrzehnte pünktlich und sicher machte.

imapact
5 Jahre her

Symptomatisch, daß es allein die AfD ist, welche diese von Kramer verbreitete – ja wie soll/darf man das nennen? Lügenpropaganda? – hinterfrägt. Ebenso, daß man dann fast ausschließlich auf unabhängigen Plattformen wie TE davon erfährt. Man sieht, das polit-mediale Kartell funktioniert… die Propaganda selbst wurde weitflächig gestreut, die Analyse und Aufdeckung derselben nicht. Der Befund selbst kann kaum verwundern. Welche halbwegs anspruchsvolle Tätigkeit auch soll jemand verrichten, mit schlechten Sprachkenntnissen, häufig fehlender Ausbildung, noch häufiger geringer oder gar keiner schulischen Bildung/Sozialisation? Wobei „anspruchsvolle Tätigkeit“ hier keine Toppositionen oder akademische Berufe meint, sondern ganz normale Tätigkeiten, mit denen auch der Einheimische… Mehr

Wolff-Simon
5 Jahre her

Dem Autor gebührt Dank für die faktenreiche Erwiderung zu den offensichtlichen Fake News von Herrn Kramer! Wenn ich mich mit Handwerkern austausche erfahre ich „gefühlt“ nichts anderes: Geringe Bereitschaft der eingestellten Auszubildenden zum Lernen der deutschen Sprache, „liberale“ Auffassung zur Genauigkeit und Pünktlichkeit und geringes Durchhaltevermögen bei auftretenden Schwierigkeiten. Meine Frau, die sich nach wie vor für eine Flüchtlingsfamilie engagiert, reibt sich ebenfalls verwundert die Augen, da sich viele Familienmitglieder ausnahmslos mit Hilfsjobs über Wasser halten und wenig Neigung verspüren, einer qualifizierten Beschäftigung nachzugehen. In den Medien wird diese Thematik bewußt totgeschwiegen, da das Problem der „Wirtschaftsmigranten“ laut unserer BK… Mehr