In Europa wächst der Ärger über Deutschlands Energiemangel

Die aktuelle Dunkelflaute wirkt sich auch negativ auf andere europäische Länder wie Schweden und Norwegen aus. Die Kritik an der deutschen Energiepolitik nimmt zu. Schwedens Energieministerin Ebba Busch ist „wütend auf Deutschland“, weil das Land seine Atomkraftwerke stilllege und dadurch die Energiepreise in Schweden in die Höhe schießen.

IMAGO / TT
Schwedens Energieministerin Ebba Busch, Stockholm, Schweden, 12.12.2024

Gestern standen 31.000 Habecksche Windräder nahezu still im Land. Von den Photovoltaikanlagen kam ebenfalls praktisch nichts. Die nächste Dunkelflaute hatte Deutschland im Griff: kein Wind, keine Sonne – kein Strom. Es kam nichts von den Anlagen, die bekanntlich nach Habecks Wünschen das Land mit Strom versorgen sollen.

Die konventionellen Kraftwerke liefen auf vollen Touren. Aus dem Ausland konnten noch 21 GW importiert werden. Mehr passt nicht über die Verbindungsstellen, die sogenannten Interkonnektoren. Die Ingenieure in den Leitwarten hatten hervorragende Arbeit geleistet und mit viel Können und Geschick die Knappheit geregelt und ein Versorgungsdesaster verhindert.

Aus dem Habeck-Ministerium für Klimaschutz hieß das folgendermaßen: „Aufgrund einer unüblichen Windflaute ist die durchschnittliche Produktionsleistung von Windstrom am 12.12.24 mit 3,1 GW fast 85 Prozent niedriger als der sonst in dieser Jahreszeit übliche Durchschnitt von 19,2 GW.“

Dunkelflaute in Deutschland
Dramatischer Strommangel treibt Preise in die Höhe
Eine Dunkelflaute wie derzeit wieder ist eine völlig übliche Wetterlage, die häufig im Herbst und Winter auftritt. Immer deutlicher wird: Strommangel wird eine Begleiterscheinung des energiegewendeten Deutschlands. Und eine höhere Volatilität. Sichtbarer Ausdruck: Die Redispatch-Maßnahmen – also die sogenannten Rettungsmaßnahmen für die Stabilität des Stromnetzes – sind im vergangenen Jahr auf knapp 20.000 angestiegen. 2015 lagen sie noch bei 4722, 2000 bei 6. Das bedeutet: Das Stromnetz ist wackliger und vor allem teurer.

936 Euro hat gestern eine MWh zwischen 17 und 18 Uhr gekostet. Im Intradayhandel, der immer teurer ist, stieg der Preis sogar auf 1157 Euro. Immer bedrohlicher werden die Konsequenzen für Großverbraucher aus der Industrie, die ihren Strom teilweise am tagesaktuellen Markt einkaufen. Ein Elektrostahlwerk in Riesa hat wegen der hohen Strompreise bereits am Mittwoch seine Produktion angehalten, wie der Werksdirektor gegenüber dem Handelsblatt sagte. Damit wollte sich das Stahlwerk vor noch größeren Verlusten schützen. Ärgerlich sei es, dass Deutschland diese Situation bei den Strompreisen selbst geschaffen habe, führte der Werksdirektor erstaunlich ruhig weiter aus, ohne die Folgen für die energieintensive Industrie zu beachten.

Mittlerweile regt sich massiver Widerstand auch in Europa gegen das, was Habeck und seine Energiewender in Europa anrichten. Die extreme Stromsituation in Deutschland wirkt sich negativ auch auf die Netze der Nachbarn aus. Schwedens stellvertretende Ministerpräsidentin und Energieministerin Ebba Busch erklärte gestern, sie sei „wütend auf Deutschland“, weil das Land seine Atomkraftwerke stilllege und dadurch die Energiepreise in Schweden in die Höhe schießen. In Südschweden sind die Energiepreise derzeit auf einem Rekordhoch, da Strom über Unterseekabel nach Deutschland geliefert werden muss. EU-Vorschriften zwingen Schweden, so Busch, den Strom nach Deutschland zu liefern, was die Preise in Südschweden heute fast 200 Mal höher treibt als in Nordschweden. Eine 10-minütige Dusche kostete in Südschweden während des Preisanstiegs etwa 5 USD.

Ebba Busch fügte hinzu, dass die Entscheidung Deutschlands, seine Atomkraftwerke abzubauen, auch andere nachteilige Auswirkungen auf Europa habe: „Ich bin wütend auf die Deutschen. Sie haben eine Entscheidung für ihr Land getroffen, und sie haben das Recht dazu. Aber dies hatte sehr ernste Folgen, auch für die Wettbewerbsfähigkeit der EU, denn wir sehen, dass die deutsche Wettbewerbsfähigkeit deutlich gesunken ist.“

Auch in Norwegen steigt der Ärger über die Folgen des Strommangels im deutschen Netz. Es sei eine absolut bescheuerte Situation, so Norwegens Energieminister Terje Aasland. Die Preise für Strom steigen exorbitant und sorgen für Panik selbst im reichen Norwegen. Eine politische Folge: Die norwegische Arbeiterpartei will bei den Parlamentswahlen im September des kommenden Jahres dafür werben, die Stromverbundnetze nach Dänemark abzuschalten. Die Zentrumspartei will auch die bestehenden Verbundnetze mit Großbritannien und Deutschland neu verhandeln. Norwegen deckelt zwar den Strompreis ein wenig, doch sorgt der Strommangel dennoch dafür, dass auch dort die Preise steigen, weil Deutschland Energiewende hat.

Es dürfte absehbar sein, wann die gut gemeinte Idee eines Stromverbundes von den ersten Ländern ad acta gelegt wird. Der Verbund ist nicht dafür ausgelegt, ständig hohe Energieflüsse quer durch Europa nach Deutschland zu leiten – oder umgekehrt, wenn zufällig viel Windstrom in Deutschland anfällt, dafür zu sorgen, dass der irgendwo verknappt werden kann. Extreme Lastflüsse drücken in die Netze der Nachbarländer und bedrohen dort die Stabilität und zerstören die Preise und damit auch die Wirtschaftlichkeit der Anlagen.

Deutschland als kritischer Störenfried im europäischen Höchstspannungsnetz. Kein Wunder, dass die Nachbarländer mit teuren Phasenschiebern ihre Stromleitungen sperren und ihre Netze schützen. Sie schotten ihre Grenzen ab.


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Kommentare ( 153 )

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153 Comments
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Haedenkamp
1 Monat her

#Es kam nichts von den Anlagen, die bekanntlich nach Habecks Wünschen das Land mit Strom versorgen sollen.# Aber das ist doch genial: Wieder sind die anderen schuld; diesmal das Wetter, die vermaledeite Wirklichkeit. Wenn das Denken nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmt, um so schlimmer für die Wirklichkeit. Was wir seit über zwei Jahrzehnten in diesem Land erleben, verdient wahrlich die Bezeichnung #Revolution#.(Verharmlosend <Wende> genannt). Es ist eine in Permanenz. Und ihre Kombattanden sind überall und werden sich niemals ergeben.

lube
1 Monat her

Wir müssen laut Habeck die installierte Windleistung einfach erhöhen. Denn es gilt ja 10×0=0 und 100X0=0

Da war er gerade Kreide holen als das in Mathe dran war.

Ggf kommen irgendwann unsere europäischen Partner mit dem Militär um dem Irrsinn ein Ende zu machen , bevor auch sie untergehen.

H.D.
1 Monat her

Talentbefreite Politiker richten unser Land zu Grunde. Was, wenn die Nachbarn keinen Strom mehr liefern, Herr Habeck?

kommissar hunter
1 Monat her

Es ist deutsche Mentalität, auch was falsches 100% auszuführen: Die „Deutsche Gründlichkeit“ wurde in den letzten 100 Jahren schon mehrfach bewiesen.
Und – wie immer – ist weder die Bevölkerung in der Lage und Willens den Kurs durch entsprechende Wahlen zu ändern. Änderung wird uns wieder von außerhalb aufgezwungen.

elly
1 Monat her

und Habecks Ministerium antwortet auf die typisch deutsche, vor allem Grüne Art: weit ausholen und belehren, belehren, belehren. „Was bedeuten die gestern außergewöhnlich hohen Strompreise in Deutschland für z.B. Schweden? Deutschland und Schweden sind durch einen relativ kleinen Interkonnektor ‚Baltic Connector‘ (600 MW) verbunden. Die Strompreise in Schweden werden hauptsächlich durch Faktoren innerhalb Schwedens bestimmt: z.B. lokale Produktion, Nachfrage & Infrastruktur, aber auch übergeordnete Faktoren wie Preise für Gas & CO2-Emissionszertifikate. Schweden hat vier Gebotszonen. In der südlichsten, mit der wir über den relativ kleinen Interkonnektor verbunden sind, gibt es nur wenige eigene Kraftwerkskapazitäten. In manchen Zeiten des Jahres profitiert… Mehr

Sonny
1 Monat her

Politisch verantwortliche Täter sind bekannt.
Seit mindestens drei Jahren wird vorsätzlich und zum Nachteil aller Bürger die Versorgungssicherheit zerstört und das tägliche Leben zum existenzbedrohenden Hindernislauf gemacht.
Steuern werden milliardenfach veruntreut und die Justiz ist nicht gewillt, diesem Treiben ein Ende zu machen, weil sie weisungsgebunden an ebendiese Verbrecher gebunden ist.
Wenn das Duschen zum „Luxusartikel“ wird, während sich Abgeordnete die Taschen hunderttausendfach mit den abgepressten Steuergeldern vollstopfen, fragt man sich wirklich, wo der Verstand der Wähler geblieben ist.

Endlich Frei
1 Monat her

Steht hier einer „unüblichen Windflaute“ eine bei den Grünen offenbar übliche Geistesflaute gegenüber? Die Wetterplanung der Grünen geht offenbar auch davon aus, dass sich in der Eifel die nächsten Olympischen Winterspiele veranstalten lassen, wenn es die Ideologieabteilung so verkündet. Doch Unternehmer sind keine leicht beeinflussbaren Habeck-Jünger, denen man jederzeit … aufs Brot schmieren kann. Ein hochtechnisiertes Industrieland auf Basis von „Zufallsenergie“ – das ist keinem normal tickenden Geist erklärbar und entsprechend tabu unter rational handelnden Unternehmern: Wer mit Unternehmern über diese Themen diskutiert, der bekommt schnell mit, dass für die hohen Investitionen in vielen Branchen „absolute Energiesicherheit“ notwendig ist und… Mehr

Last edited 1 Monat her by Endlich Frei
Werner Geiselhart
1 Monat her

Die Dänen sind ja genauso bescheuert wie die Deutschen, die sind noch abhängiger von Windkraft.
Dank des Liefervertrags mit Norwegen konnten die sich das leisten, wenn die Norweger den Hahn aber zudrehen, dann müssen die Dänen kräftig in die Pedale treten, um die Dynamos zu bewegen.
Und bei den Deutschen hilft dann nicht mal mehr das Fahrradfahren.
Aber vielleicht kapieren die tumben ÖRR-Gläubigen endlich, dass sie von der Politik und ihren zwangsbezahlten Unterstützern dauerverarscht werden.

Mermaid
1 Monat her

Das war doch alles absehbar! Warum beschweren sich die Schweden erst jetzt? Die Frage muß man doch stellen! Das europäische Stromnetz ist eine unfaßbare Leistung wirklich findiger Ingenieure; Sie schreiben selbst, im Jahr 2000 waren nur 6 (manuelle) Eingriffe nötig. Das Stromnetz war(!!) damals in der Lage, fast automatisiert zu laufen. Aber wir hatten auch allein in Deutschland eine Reserve von 25%. Heute rein rechnerisch ein Minus von 3%. Wir sind also auf Dauer nicht in der Lage unseren Strombedarf allein zu decken. Das war bekannt! Wenn unser „Wirtschafts“-minister kürzlich in Paris war und um Atomstromlieferungen gebettelt hat, dann sicher… Mehr

Dieter
1 Monat her

die aktuellen Strompreise in Europa:
https://x.com/JomauxJulien/status/1866819656847429951
und ja, in N/S sind es ursprünglich wirklich 10€ .. bis wir denen den Strom „abgesaugt“ haben und unsere 936€ da die Preise gesprengt haben.
Zusammen mit der massiven Erhöhung der staatlichen Abgaben im Januar (+25% z.B. bei gas durch Co²/Netzentgelder), werden wir zusammen mit den Lebensmittelpreissteigerungen wohl bei real 10% Inflationsschub landen.
(Spar-)Guthaben werden entwertet, die Staatsschulden eigentlich auch – wenn man nicht ständig massiv neu verschulden würde.
Eine Umverteilung von unten nach oben wie im (Plan-)Lehrbuch