Ein Bericht von der Quarantäne-Front

Einer der Söhne von TE-Autor und Redaktionsmitglied Alexander Wallasch steht unter Quarantäne. Er wurde zwar negativ getestet, aber die 14 Tage müssten vorsorglich eingehalten werden. Ein Bericht aus der Quarantäne, über ein Zuständigkeitsgerangel und seitenlange Post aus dem Gesundheitsamt.

imago Images/Steinach

Es begann mit einem Gerücht unseres Jüngsten, in seiner Schule sei „Corona ausgebrochen“. Mindestens zwei Fälle, sagte er. Dann dauerte es noch einmal mehr als 24 Stunden, bis per E-Mail Post aus der Schule die Eltern erreichte, die in etwa besagte, dass damit verbunden eine Art Verdachts-Quarantäne sofort beginnen würde, bis geklärt sei, ob der Sohn K1 oder K2 oder sonst was sei; also eine Kontaktperson ersten oder zweiten Grades oder irgendwas.

Die beiden vom Sohn erzählten Fälle an der Schule werden in dieser Mail bestätigt und der Landesschulbehörde gemeldet, teilt uns die Schule mit. Das Gesundheitsamt hätte daraufhin verfügt, dass der Unterricht zunächst mindestens für den Folgeschultag ausfällt. Ab sofort ständen alle Schüler zweier Jahrgänge unter Quarantäne, also nach außen Kontaktverbot und Hausarrest, der Unterricht wird allenfalls über das „Aufgabenmodul“ online fortgesetzt.

Der Sohn hat leichtes Fieber und eine Reihe von Erkältungssymptomen. Also Anruf beim Gesundheitsamt, aber da gibt es keine Hotline am Sonntag, das Amt macht Dienst von Mo-Fr. nach Vorschrift. Mittlerweile haben alle anderen Familienmitglieder unterschiedliche Erkältungsanzeichen oder bilden sich ein, welche zu haben. Nur unser Hund nicht. Der muss aber mindestens zwei Mal am Tag für eine Stunde nach draußen.

Also ist das Gesundheitsamt nicht erreichbar, der Hausarzt eh nicht am Sonntag, bleibt der kassenärztliche Notdienst unter der bundeseinheitlichen Kurzwahl 116117. Nach ein paar Extrarunden in falsch ausgewählten Warteschleifen ein netter Herr, der aufklärt, wie es weitergehen könnte. Der vermeintlich auch ins Telefon grinsen muss, als ich frage, was das denn für ein Unsinn sei, dass alle anderen im Haushalt weiter ihren Tätigkeiten auch außer Haus nachgehen könnten.

Wieder zu den Symptomen des Sohnes: Wir sollen zum Hausarzt, die Hausarztpraxen wären zuständig. Und, das sagt er wirklich: Wir sollen uns da bitte nicht abwimmeln oder gar zum Notdienst zurückschicken lassen oder zum Gesundheitsamt. Notfalls sollten wir darauf bestehen, dass der Hausarzt einen Kollegen nennt, der Tests macht.

Aber unser Hausarzt ist kompetent und macht auch kein großes Gewese. Der Sohn ist nach dreißig Minuten wieder zu Hause. Der Arzt hatte ihm wohl empfohlen, die Corona-App zu laden, dann wäre das Ergebnis schneller da. Der Sohn lädt also runter, eine Zustimmung der Eltern ist offensichtlich beim 16-Jährigen auch hierzu nicht erforderlich. Ungefähr 36 Stunden später ist das Ergebnis tatsächlich auf der App. Der Sohn ist negativ getestet worden. Später, gegen 21:30 Uhr, kommt ein Anruf vom Arzt, der ebenfalls das gleiche Resultat bekommen hat. Der Hausarzt macht also Spätdienst, Amt und Notdienst gar nicht oder nur bedingt. Und er bittet uns nun darum, die Quarantäne trotzdem aufrechtzuerhalten.

Noch vor Testergebnis kam ein Anruf vom Gesundheitsamt, die Nummer müssen sie von der Schule bekommen haben. Sie wollen den Sohn sprechen. Der Sohn telefoniert fünf Minuten mit der Mitarbeiterin. Die Dame hätte ihn u.a. gefragt, ob zuvor schon jemand anderes vom Amt angerufen hätte. Leider muss man einem 16-Jährigen alles aus der Nase ziehen. Das Amt weiß schon, dass der Sohn mit einem positiv getesteten Schüler in einem Kurs gesessen ist, also gilt er zunächst und jetzt offiziell als K1-Person. Anschließend sendet der Sohn das negative Ergebnis per Email an das Gesundheitsamt, das im Telefonat darum gebeten hatte.

Zwischenzeitlich berichten auch die Zeitungen: Ein Vereinstrainer hat sich wohl im Urlaub angesteckt und ein paar Jungs seiner Fußballmannschaft infiziert. Die allerdings verteilen sich auf mehrere Schulen. Und nach und nach wird dann bei Schülern auf vier Schulen das Virus nachgewiesen. Und weil sich eine Grundschullehrerin bei ihrem Fußball spielenden Sohn angesteckt hat und gleich an zwei Grundschulen unterrichtet, treten auch dort Fälle auf. Hier wäre der Sohn der Lehrerin, so es bekannt geworden wäre, also in Quarantäne geschickt worden, die Mutter aber nicht? Oder ist sie trotzdem hingegangen, obwohl sie sich auch eigeninitiativ hätte in eine Art Selbstquarantäne schicken müssen?

Mittlerweile sind noch weitere Schüler der Schule meines Sohnes positiv getestet worden. Aber die E-Mails dazu kommen via Schul-Email-System, sind also für die Eltern nicht automatisch einsehbar und dem Sohn überlassen, was er zeigen mag. Da er nun aber negativ ist, meint er auch, wieder zu Freunden gehen zu können.

Das allerdings müssen wir schon von Amts wegen untersagen. Er weiß noch nicht einmal, ob der Mitschüler, den er besuchen wollte, bereits getestet worden ist. Wir erinnern ihn daran, dass er sich an den Hausarrest halten muss und daran, dass er es war, der eine Corona-App heruntergeladen hatte. Dass also, so er das Haus verlässt, die Fußfesselfunktion greifen wird und „dann die schwarzen Autos kommen“. Tatsächlich erschrickt er für den Moment und wir müssen die Haustür bzw. seine Zimmertür nicht verrammeln.

Noch einen Tag später erreicht uns ein vierseitiger offizieller Brief vom Gesundheitsamt gemäß „Quarantäne nach §30 Abs. 1 Satz 2 Infektionsschutzgesetzes (IfSG)“

Es ist die schriftliche Bestätigung der „mündlichen Anordnung über die häusliche Absonderung ihres minderjährigen Kindes“ für 14 Tage. Wir als Eltern erfahren also schriftlich, was zuvor nur der Sohn (16) am Telefon erfahren hatte, so ihm das auch alles mitgeteilt wurde.

Die „Absonderung genannten Maßnahmen“ bedeuten, heißt es da weiter unter anderem, der Sohn müsse „räumlich getrennt werden (…) von allen im Haushalt lebenden Personen“. Er muss „zeitlich von allem im Haushalt lebenden Personen getrennt werden“, daher so weiter: „keine gemeinsamen Mahlzeiten, etc.“

Und an uns gerichtet werden Aufgaben aufgegeben: Wir müssen zweimal täglich Fieber messen am Sohn. Und wir sollen ein Tagebuch führen bezüglich Symptome, Temperatur und den allgemeinen Aktivitäten und Kontakten des Sohnes zu weiteren Personen. Aktivitäten sind nun allerdings kaum möglich und Kontakt zu anderen Personen verboten. Eine merkwürdige Aufforderung zur Selbstanzeige an Personen, die sich nicht an die Aufgaben halten?

Zunächst irritierend ist auch die persönliche Ansprache einer Person an uns. Nicht das Amt spricht, nicht die Stadt, das Land oder sonst wer, sondern eine konkret genannte Mitarbeiterin, die weiter schreibt: „Zudem gebe ich Ihnen auf (…) auf die Einhaltung von Husten- und Nies-Etikette und auf gute Handhygiene zu achten.“

Bis dahin ist das alles ja noch mäßig verstörend und bisweilen verständlich, mal davon abgesehen, dass weitere sich im Haus aufhaltende Personen einfach weiter ihren außerhäusigen Tätigkeiten nachgehen dürfen, was wiederum an die Lehrerin denken lässt, die ja auf diesem Wege vom Sohn ausgehend das Virus in zwei Grundschulen getragen hat.

„Ihr Kind ist ansteckungsverdächtig gem. § 2 Nr.7 lfSG“.

Ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.03.2012 wird zitiert, das all das alle genannten Maßnahmen rechtfertigen soll, wegen der „besondere Gefahr, die von dem neuartigen Erreger aufgrund seiner recht hohen Übertragbarkeit und der häufig schweren bis hin zu tödlichen Krankheitsverläufe für die öffentliche Gesundheit in Deutschland und weltweit ausgeht“. Ein Übertragungsrisiko sei daher schon aufgrund der Nähe zu infizierten Personen gegeben.

Unser Sohn wird per Schreiben als Fall der Kategorie 1 eingeordnet. Es muss also auf eine mögliche Ansteckung geschlossen werden. Der Test allerdings war negativ.

Dann wird der Ton im Schreiben rauer: „Nach § 30 Abs. 1 Satz 2 ifSG kann die zuständige Behörde anordnen, dass sonstige Ansteckungsverdächtige in einem geeigneten Krankenhaus oder in sonstiger Weise abgesondert werden.“ Das ist zunächst ein Hinweis auf die häusliche Quarantäne. „Eine häusliche Absonderung ist entgegen einer Isolierung in einem Krankenhaus die mildere Form der Absonderung, da sie weniger einschränkend ist für den Betroffenen und das häusliche Umfeld mehr Komfort und Privatsphäre bietet.“

Ein Komfort und eine Privatsphäre, die allerdings an eine Reihe von genannten Verhaltensregeln gebunden ist, droht die Frau vom Amt, ansonsten ist Schicht im Schacht mit lustig im Zimmer zu Hause:

„Eine Absonderung in ein geeignetes Krankenhaus, insbesondere bei nicht befolgen der Absonderungsanordnung, kann nachträglich angeordnet werden. (§30 Abs. 2 lfSG).“

Wir sind also in Quarantäne. Also wir haben Quarantäne. Aber nur der Sohn ist zu isolieren. Wir haben vier Kinder und leben in einer Haushälfte von 103 Quadratmetern zur Miete. Nach Umbau eines Kellerraums zum elterlichen Schlafzimmer konnte auch dem jüngsten Kind vor Jahren ein eigenes geräumiges Zimmer ermöglicht werden, was sich jetzt als Vorteil erweist. Und weil der Sohn vor Jahren schon einen eigenen Fernseher erspart hatte, ist er hier nicht auf Gemeinschaftsräume angewiesen, wollte er nicht nur am Handy schauen. Zudem sorgt ein WLAN-Verstärker von Aldi dafür, dass überall leidlich empfangen werden kann.

Mein Bruder und meine 84-Jährige Mutter haben Krebs bzw. befinden sich gerade in einer Chemotherapie. Trotzdem nur der Jüngste sein Zimmer nicht verlassen darf, während alle anderen sogar das Haus verlassen dürften, verzichten wir vorsorglich auf Besuche bei Bruder und Mutter.

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 101 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

101 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
Sabine Schoenfelder
3 Jahre her

Bereits das zweite Kind mit Maske und ohne Vorerkrankungen verstarb. Manche Medien sprechen bereits von 4 Kindern. Informationen, die der Mainstream bewußt cancelt und die entsprechende Ursachenforschung als „unanständig“ bezeichnet, weil sie angeblich den Coronagegnern in die Hände spielt, (sie die offizielle Coronarestriktionspolitik unterlaufen), sollte man genau überprüfen. Sonst verwandelt der Regierungsvertreter alle verstorbenen Kinder und Kritiker der Maskenpflicht ruckzuck in Verschwörungstheoretiker und Nazis. Momentan läuft ein gesellschaftlich angeordneter ´Großversuchˋ an Kindern. Wieviel CO2 verträgt der kindliche Organismus? CO2, (sonst von HÖCHSTEM politischen Interesse), daß sich im Körper ansammelt, weil Masken ein freies Abatmen behindern können, verursacht Hyperkapnie. Schwindel, Kopfschmerzen… Mehr

friedrich - wilhelm
3 Jahre her

…..die grundrechteinschränkungen angesichts der datenlage sind eigentlich nicht mehr hinzunehmen!!!

Micha.hoff
3 Jahre her

Eine Infektion ist das Eindringen von Viren in Zellen und darüber geben die Tests keine Auskunft. Darauf weisen die Hersteller der Tests auch explizit hin. Ohne Zellen sind die Viren völlig ungefährlich. Eine Krankheit entsteht erst dann, wenn eine Infektion erfolgreich ist, d.h. wenn Symptome feststellbar sind. In der Regel wird aber eine Krankheit trotz Infektion durch das Immunsystem verhindert.

Oneiroi
3 Jahre her

Ich warte ja nur darauf, dass man bei Falschangabe von Personendaten in Restaurants, die 50 Euro Strafe direkt vom Restaurantpersonal, welches dann natürlich Person, Handy usw. umfangreich durchsuchen kann, eingezogen werden dürfen.

Micha.hoff
3 Jahre her

Neulich waren die beiden kleinen Kinder einer Bekannten aus unserem Dorf krank mit Husten, Schnupfen, Heiserkeit wie das halt so oft bei kleinen Kindern ist. Der ortsansässige Landarzt hat Hausmittel verordnet, keine Testung. Hier kennt man sich und will sich und andere möglichst vom Würgegriff der Behörden fernhalten. Und ich meide jede Situation, die zu Quarantäne führen könnte. Glücklicherweise lebe ich (auch familiär und im Freundskreis) in einem Umfeld, das in der Ablehnung des ganzen Gedöns einig ist. Das gilt auch für die Nachbarschaft. Also nach heutigen Maßstäben paradisische Zustände.

Albert Pflueger
3 Jahre her

Man sollte, angesichts dieses galoppierenden Wahnsinns, strikt auf Datensparsamkeit achten, also z.B. keine Corona-App benutzen, Bargeld beim Einkauf verwenden, und man sollte unbedingt die einschlägigen Demonstrationen unterstützen, sonst werden wir auf alle Zukunft am Nasenring durch die Manege geführt. Man bedenke: Der Viren gibt es viele, und wie im Fußball gilt auch hier, „nach dem Spiel ist vor dem Spiel!“

Fulbert
3 Jahre her

„Hauefig schwere bis tödliche Krankheitsverlaeufe“ – eine Lüge dient also zur Begründung des Theaters.

GNaB
3 Jahre her

Rechtswidrig, rechtswidrig, rechtswidrig…

GP
3 Jahre her

Kein Amt kann doch überprüfen wo sich meine Kinder im Haus bewegen. Und ein Tagebuch so zu führen wie das Amt es lesen soll, ist doch auch kein Problem. Das Amt bekäme von mir genau die Corona-Show geboten die es sehen will….

KorneliaJuliaKoehler
3 Jahre her

Das bei solch chaotischen Zuständen, die jetzt schon so viele Wochen andauern, die Nerven
von vielen Eltern blank liegen und sie allein
dadurch auch gesundheitlich Schaden nehmen,
ist nur logisch. Wie gehen aber die Kinder
mit der Angst um, evtl. durch einen bösen
unsichtbaren Virus sterben zu müssen.
Da sind doch vielfach schwere Angststörungen vorprogrammiert. Es würde mich mal interessieren, ob es Ihnen lieber Herr Wallasch, oder ob
es anderen Eltern nach so langer Zeiten noch gelingt, ihren Kindern Mut zu machen und zu überzeugen, dass alles wieder gut wird.