Alarmstimmung im Netz: Es werden wieder massenhaft Corona-Tester gesucht

X-User wittern eine neue „Test-Orgie“ und spekulieren über heimliche Pandemie-Pläne, da Stellenanzeigen für Corona-Tester und Corona-Hilfen auftauchen. Doch viele Angebote sind veraltet, doppelt oder missverstanden. Während Tests in Apotheken und Pflegeheimen weiterlaufen und das RKI moderat steigende Fallzahlen meldet, relativiert sich die Panik. Dennoch bleibt die Schwarmintelligenz wachsam – berechtigt oder überreizt?

picture alliance / SVEN SIMON | Frank Hoermann / SVEN SIMON
Symbolbild

Aktuell lohnt es sich, den Blick auf die positiven Seiten der viel gescholtenen sozialen Medien zu lenken: auf die feinen Sensoren für Veränderungen in sensiblen Bereichen. Nicht jede Alarmmeldung ist eine Ente. Und unter den Enten verstecken sich immer auch die echten Dramen, man muss nur den passenden Filter haben.

So bemerkt etwa ein X-User, dass wieder Corona-Tester gesucht werden (verkürzt): 
„Plötzlich schießen wieder dutzende Stellenanzeigen für ‚Corona-Tester‘ aus dem Boden. Zufall? Wohl kaum. Wollen sie diesen Fake-Bullshit tatsächlich noch einmal durchziehen oder hoffen sie einfach, dass die Leute vergessen haben, wie das Spiel läuft? Letztes Jahr war davon kaum noch die Rede, jetzt flammt es wieder auf. Ein gut bezahlter Job fürs Stäbchen-Schieben, während die wirkliche Aufarbeitung der Plandemie bis heute fehlt. Frage bleibt: Bereitet man hier schon die nächste Test-Orgie vor?“

Corona-Tester gesucht – Déjà-vu im Jobportal

Plötzlich schießen wieder dutzende Stellenanzeigen für „Corona-Tester“ aus dem Boden. Zufall? Wohl kaum. Man fragt sich: Wollen die diesen Fake-Bullshit tatsächlich noch einmal durchziehen… pic.twitter.com/C6Q177lzMs

— 🛡Prof. Dr. Schweinhardt von Mobbingen© 🇳🇱🐀 (@svmoffiziell) October 3, 2025

Dieser und weitere Nutzer berufen sich dabei auch auf eine Meldung der Biologin Dr. Sabine Stebel via Substack. Dr. Stebel listet dort unter „DrBines Newsletter“ gleich eine ganze Batterie von Stellenangeboten auf, die sie über die Google-Jobsuche ermittelt haben will. Eine X-Userin greift das ebenfalls alarmiert auf und findet beim Stellenportal Stepstone gleich 6592 Stellenangebote dazu. Sie schreibt: „Fast 6.600 Stellen als Coronatester sind zu besetzen. Und ja, das ist aktuell…“ 

Was hier allerdings übersehen wurde, ist die noch wenig präzise Suchfeldeingabe „Corona Test Jobs“. Hier werden dann offenbar auch jene Jobs ausgewählt, für die man einen Corona-Test benötigt. Das ist skurril genug, aber noch lange kein Job-Angebotsschwall in einem Corona-Test-Center. Hier hätte ein kurzer Blick in die aufgelisteten Jobs ausgereicht, den Fehler zu erkennen. Aber schnell wurde die Meldung aufgenommen und weiterverbreitet.

Dennoch bleibt ein scheinbares Überangebot an solchen Stellen entlang der Google-Suche der Biologin bestehen. Hier muss man sich zunächst von einem weitverbreiteten Irrtum trennen: Es ist mitnichten so, dass 2023 die letzten Corona-Teststationen abgebaut oder die Teststrecke in Apotheken geschlossen wurde. Waren es zur Hochzeit der Corona-Jahre zehntausende Center, sind es jetzt nur noch wenige Anbieter. Aber es gibt sie noch.

Eine exakte bundesweite Zählung wird nicht mehr zentral vom Robert Koch-Institut (RKI) oder dem Bundesgesundheitsministerium geführt, da die Pandemie-Maßnahmen weitgehend eingestellt sind. Aber die bekannten Corona-Tests werden neben 100 bis 200 privat geführten Centern weiterhin in Apotheken, Arztpraxen und Kliniken sowie an Flughäfen und Bahnhöfen (ca. 20 bis 30 spezialisierte Stationen für Reisende, zum Beispiel in Frankfurt, München oder Berlin) angeboten bzw. durchgeführt. Hier allerdings nicht mehr flächendeckend, sondern primär für symptomatische Patienten.

Wer sich die Jobangebote bei Google der Reihe nach anschaut, findet auch hier eine ganze Reihe von Doppelungen und inaktive Angebote. So sind in besagter Auswahl schon Angebot zwei und drei nicht mehr aktiv, bei Nummer 3 heißt es etwa: „Die Corona-Teststation der City Apotheke hat seit Montag, dem 23.01.2023 geschlossen. Wir bedanken uns bei allen, die verantwortungsbewusst die Tests in Anspruch …“ 

Fehlplanung bei Corona: Eine Milliarde Masken mehr verbrannt als genutzt
Eine Reihe der tatsächlich aktuellen Jobangebote kommen aus dem Pflegebereich. Dort wird nach wie vor häufig mit Covid-Schnelltests getestet, allerdings meist nicht mehr flächendeckend, sondern nach Symptomen. Das bedeutet, dass die häufigen Erkältungen oder Grippen in Altenheimen auch 2025 meistens noch mit einem Covid-Test verbunden sind. Schlimm für die Alten.

Zusammengefasst kann man feststellen, dass es in Deutschland nach wie vor eine nicht unerhebliche Zahl von Mitarbeitern in Apotheken, bei Ärzten, Kliniken, Pflegeeinrichtungen und Unternehmen gibt, die Covid-Tests durchführen. Unabhängig von Corona-Infektionen kehren Infekte nach den Sommerferien häufig zurück, das war auch schon vor 2020 so.

Das Robert Koch-Institut meldete zuletzt eine leichte Zunahme der Aktivität von SARS-CoV-2, getrieben vom Corona-Typ „XFG Stratus“. Diese Variante soll weltweit dominant sein, was zu mehr Neuinfektionen führt. Experten schätzen, dass die Fallzahlen im Herbst 2025 ansteigen, ähnlich wie in Vorjahren. Der „Infektionsradar“ des Bundes meldet entsprechende moderate Anstiege. Hinzu kommen weitere Meldungen einer Zunahme von Infektionen etwa aus dem Abwassermonitoring.

Die entlang der Auffälligkeiten steigender Jobanfragen von X-Usern aufgestellte Behauptung, die Regierung bereite hier heimlich die nächsten Pandemie-Maßnahmen vor, muss weiter relativiert werden. Jedenfalls dann, wenn man bedenkt, welche gigantischen Umsätze solche Test-Center in den Corona-Jahren gemacht haben.

Wer 2020 auf einem Lager voller Masken saß, der wohnt, wenn er es schlau angefangen hat, heute in einem Haus am Meer, sofern er so etwas mag. Entsprechend akribisch werden Center-Betreiber in Wartestellung die Corona-Meldungen etwa aus dem RKI beobachten. Mutmaßlich werden hier Richtung Winter ansteigende Kurven auch mit prophylaktischen Anfragen und Bereitstellungen von Personal beantwortet. Das gilt auch für die genannten Apotheken, Kliniken, Altenheime usw.

Das Schwarmverhalten – die sogenannte Schwarmintelligenz – in den sozialen Medien reagiert in dem Zusammenhang auf noch eine weitere Auffälligkeit: So sind Jobangebote aufgetaucht, die nach Sachbearbeitern für Corona-Hilfen suchen. Das ist deshalb noch einmal alarmierender als die Nachfrage nach Testern, weil solche Corona-Hilfen notwendigerweise in Lockdowns relevant sind.

Was wissen die suchenden Arbeitgeber von mutmaßlichen Plänen der Regierung, was Otto Normalverbraucher noch nicht weiß? So schaltete etwa ein Karriere-Portal für Juristen eine Stellenanzeige mit folgendem Wortlaut, die in den sozialen Medien den einen oder anderen in Alarmstimmung versetzte: „Wissenschaftlicher Mitarbeiter (m/w/d) Corona-Hilfsprogramme im Homeoffice“.

Anbieter ist hier eine Großkanzlei mit 420 Rechtsanwälten, Steuerberatern und Notaren an zehn Standorten in ganz Deutschland. Gesucht wird ein Jurist, der ab 1. Dezember in die Corona-Hilfsprogramme einsteigen soll. Und der Job soll im Homeoffice erledigt werden. Ist das schon ein Hinweis auf den nächsten Lockdown? Und woher soll die Kanzlei das wissen? Ist die öffentliche Hand ein Auftraggeber? Kann man diese Anzeige mit noch anhängigen Prozessen um die Corona-Hilfen aus dem ersten Lockdown erklären?

„Internationale Gesundheitsvorschriften“
Wie Friedrich Merz unsere Grundrechte an die WHO verschenkt
Fakt ist, dass bis Ende 2025 immer noch viele Bescheide versendet werden. Bescheide, die wiederum Klagen auf den Plan rufen, wenn es um überraschende Rückzahlungsforderungen oder Ähnliches geht. Und viele Unternehmen haben Hilfen (zum Beispiel Überbrückungshilfen, KfW-Kredite) bekommen, die jetzt geprüft, abgerechnet oder zurückgefordert werden.

Das Bundeswirtschaftsministerium meldete im März 2025 für Ungeduldige, dass die Schlussabrechnungen der Corona-Hilfen vorangehen. Und das Ministerium nannte Zahlen. So seien von den Bewilligungsstellen der Länder inzwischen „gut die Hälfte“ der Schlussabrechnungen überprüft worden. Das weist darauf hin, dass noch ordentlich Arbeit liegengeblieben ist. Die Einstellung eines zusätzlichen Juristen in einer großen Wirtschaftskanzlei mit knapp 500 Mitarbeitern bei einer Zahl zu erwartender Widersprüche ist demnach kaum Anlass für eine Alarmstimmung oder Hinweis auf schon heimlich geplante und so organisierte kommende Lockdowns.

Dennoch besteht kein Anlass dafür, die sozialen Medien in der Sache zu verdammen. Die Sensoren funktionieren nach den Verwerfungen der Corona-Jahre so gut wie nie zuvor. Die kritischen zwanzig Prozent der Deutschen sitzen auf ihren Wachtürmen und melden jede Staubwolke. Der Angriff auf die Grundrechte soll kein zweites Mal passieren. Und wenn diese Staubwolke sich dann doch nur als harmlose Windböe entpuppt, ist das zunächst mal ein beruhigender Moment.

Mit Blick auf die neuesten wirtschaftlichen Entwicklungen und den Ukrainekrieg darf man aber dankbar sein, dass es diese hochsensiblen und mitunter auch überreizten Wachtürme überhaupt gibt.


Unterstützung
oder