Der EU-Gipfel wollte Stärke demonstrieren: Sieg für die Ukraine, Einsatzfähigkeit für Europa bis 2030. Nur die Basis fehlt: die Wirtschaft. Während Brüssel über Strategien redet, wächst vor allem eines zuverlässig: der Beamtenapparat.
picture alliance / Anadolu | Dursun Aydemir
Als Bundeskanzler Friedrich Merz am Donnerstag nach Brüssel zum EU-Gipfel reiste, folgten ihm seine markigen Worte über die EU-Bürokratisierung auf dem Fuße: „Ich will es mal etwas plastisch und bildlich sagen: Wir müssen dieser Maschine in Brüssel jetzt mal das Stöckchen in die Räder halten, damit das mal aufhört“, erklärte Merz auf einem Kongress der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) im September und schlüpfte vorübergehend in die Rolle des Mittelstandsverstehers.
Substanzlose Medienspiele
Merz wird angesichts der kafkaesken Bürokratisierung unserer Zeit in den kommenden Monaten wohl noch häufiger in diesen Mittelstandsslang verfallen, nämlich immer dann, wenn die Klagen aus der Wirtschaft überhandnehmen und die Forderungen nach Abbau sinnloser Gängelung durch den Beamtenapparat ins öffentliche Bewusstsein drängen.
Dort sollte indes niemand mit ernsthaften Reformen rechnen. Das Beispiel der Umetikettierung des Bürgergeldes in eine Grundsicherung ohne jede Strukturänderung zeigt, dass die Politik der Bundesregierung nichts anderes ist als ein Medienspiel, um Zeit zu gewinnen und den ökosozialistischen Kurs Brüssels um jeden Preis zu verteidigen.
Das zeigte auch der EU-Gipfel: Einige Reförmchen, um Druck vom Kessel zu lassen, lässt man sich in Brüssel gefallen, aber an der Grundlinie hat niemand zu rütteln: Bis 2040 soll die EU klimaneutral produzieren, ganz gleich, ob durch radikales De-Growth, wie im Falle der Bundesrepublik oder über den CO2-Ablasshandel mit anderen Weltregionen – Hauptsache, die Klimabilanz stimmt.
Treuer Klima-Jünger
Merz ist und bleibt trotz seiner scharfen Rhetorik treuer Apologet der Brüsseler Regulierungs- und Klimapolitik. Gemeinsam mit 19 weiteren europäischen Staats- und Regierungschefs präsentierte er einen umfassenden Reformvorschlag zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der EU. In einem Brief an EU-Ratspräsident António Costa fordern sie die EU-Kommission auf, das bestehende Regelwerk bis Jahresende systematisch zu überprüfen, veraltete und überbordende Vorschriften zu streichen und neue Gesetzgebung auf das „absolute Minimum“ zu reduzieren.
Das ist rhetorisches Schattenboxen, markige Kritik am Brüsseler Regulierungswahn, der keine Konsequenzen folgen. Bestenfalls werden die Kritiker mit Subventionen ruhiggestellt. Es ist die alte EU-Masche: Die kreditfinanzierte Subvention von heute stellt den Kritiker ruhig und verschiebt die Kosten, die sich über Inflation und höhere Abgaben ergeben, auf die Zukunft.
Weltmeister der Verschleierung
Brüssel ist Weltmeister in der Disziplin der Kausalitätsverschleierung.
In der Brüsseler EU-Zentrale bereitet man sich in diesen Wochen auf den Zwei-Billionen-Schwergewichtshaushalt vor, der ab 2028 über die gesamte Europäische Union ausgeschüttet werden soll. https://www.cnbc.com/2025/07/16/eu-proposes-2-trillion-euro-seven-year-budget-hiking-defense-spending.html
Grüne Förderung, neue Kriegstechnik – alles staatlich zentral geplant, eingebunden in die nationalen Bürokratien. Im Falle Deutschlands wird die Brüsseler Schuldenflut um weitere 50 Milliarden Eure pro Jahr aus dem Sondervermögen ergänzt – Tausende neue Verwaltungsjobs werden nötig sein, um die Distributionsarbeit dieses Kreditschocks zu leisten.
Dass dies in der Konsequenz zu massiver Inflation und weiteren Steuererhöhungen führen wird, verschweigt der Bundeskanzler lieber, auch er ist ein Meister der Camouflage. Die Stimmung im Land ist ohnehin, um es vorsichtig zu sagen, merklich kritisch. Da ist es ratsam, nicht noch Öl ins Feuer zu gießen und die plumpe Wahrheit zur Diskussion zu stellen.
Kriegswirtschaft erzwingt weitere Bürokratie
Auch der Aufbau der europäischen Kriegswirtschaft, bei der vor allen Dingen Deutschland als treibende Kraft gefragt ist, wird die öffentliche Verwaltung weiter aufblähen. Zusammengenommen bilden die beiden Günstlingssektoren – Kriegswirtschaft und Klimaökonomie – ein gigantisches Verarmungsprogramm für die europäische Mittelschicht, die immer unverhohlener zur Kasse gebeten wird.
Steigende Abgaben für den CO2-Verbrauch, die Einführung einer EU-weiten Plastikabgabe, höhere Gewerbesteuerhebesätze im ganzen Land, dazu die explodierenden Lohnnebenkosten – der Aufbau des europäischen Suprastaates und die Finanzierung seiner klimapolitischen Ambitionen sind ein teures Vergnügen.
Auf der deutschen Wirtschaft lastet ein wachsender Berg an Bürokratie. Die Vorschriften – zu einem großen Teil noch jungen Datums – sind Ausdruck der zunehmend invasiven Steuerungsattitüde der Europäischen Union, die von ihren Filialhauptstädten, allen voran Berlin und Paris, massiven Rückenwind erhält. Etwa 70 Milliarden Euro direkte Bürokratiekosten drücken allein auf die deutschen Firmen, so eine Analyse der Deutschen Bundesbank.
Bürokratielasten steigen weiter
Wenn Bundeskanzler Friedrich Merz nun einen Plan zur Senkung der Bürokratielasten vorlegt, acht Prozent des Personals im öffentlichen Dienst einsparen will – nachdem in den letzten zwölf Monaten 50.000 neue Staatsangestellte kontraktiert wurden – und zugleich ein Viertel der Bürokratielast senken möchte, dann bedeutet das im Kern eines: Die grün-sozialistische Ideologie müsste deutlich beschnitten werden.
Der EU-Gipfel am Donnerstag hat allerdings gezeigt: Zwar wächst in den ökonomisch schwer getroffenen Kernregionen Deutschland, Italien und Frankreich das Problembewusstsein für die überregulierte Eurozonen-Ökonomie, die unter den gegebenen Bedingungen niemals aus dem Rezessionsmodus herausfinden kann. Doch letzten Endes herrscht Konsens: Am Klimakurs wird nicht gerüttelt, das Null-Emissionsziel, ob nun mit der Ziellinie des Jahres 2040 oder 2045 versehen, bleibt unangetastet.
Hier und da sollen kleine Zugeständnisse „verteilt“ werden – Hütchenspielertricks, um Lasten umzuschichten, ohne den Kern der Politik anzutasten. Der Zusammenhang zwischen Überbürokratisierung und Brüsseler Regulierungspolitik wird entweder nicht erkannt oder in autosuggestiver Selbsttäuschung vollständig verdrängt.
Privatisierung der Staatsbürokratie
Wie weit sich die ideologische Steuerung von der ökonomischen Realität entfernt hat, zeigt eine Auswertung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). In der Studie wurden rund 10.000 Unternehmen mittlerer Größe mit mindestens 50 Beschäftigten analysiert. Das Ergebnis: Die Regulierung des Staates hat in den letzten drei Jahren 325.000 neue Jobs, sagen wir: „geschaffen“. Die Presse feiert dies als arbeitsmarktpolitischen Erfolg. Verkehrte Welt.
Dabei sind diese Jobs nichts anderes als ausgelagerte Staatsbürokratie, finanziert von den Unternehmen und damit den Kunden. Diese Jobs tragen nicht zur Produktivität bei, stellen keine Güter oder Dienstleistungen her, verbessern weder den betrieblichen Ablauf noch bedienen sie irgendeine spezifische Produktnachfrage der Bürger. Sie sind neue Barrieren, neue Kostenstellen einer Wucherbürokratie, die den Privatsektor per Gesetzesbefehl in die Pflicht nimmt.
Im Zentrum dieser Pseudo-Jobs stehen Berichtspflichten für das Lieferketten-Sorgfaltspflichtengesetz, die Datenschutz-Grundverordnung, EU-Verordnungen zur IT-Sicherheit und andere invasive Regulierungsinitiativen, die ihr Wachstum aus sich selbst heraus generieren, indem sie, gemeinsam mit der Politik als Schützenhilfe, immer neue Betätigungsfelder erschließen.
Abwanderung beschleunigt sich
Die Folgen sind sichtbar, sie springen nahezu ins Auge. Eine Umfrage von Simon-Kucher im September unter 240 Managern führender europäischer und amerikanischer Unternehmen energieintensiver Branchen wie der Chemie-, Stahl- und Zementwirtschaft, exklusiv vom Handelsblatt veröffentlicht, zeigt: Rund 31 Prozent der in Deutschland ansässigen Großbetriebe verlagern Produktion auf andere Kontinente oder weiten sie dort aus.
42 Prozent weichen auf andere europäische Standorte aus oder verzögern Investitionen am Heimatstandort. Immer wieder werden die gleichen Probleme genannt: hohe Energiekosten, Überregulierung und wachsender Zolldruck aus den USA – Faktoren, die die Deindustrialisierung Deutschlands beschleunigen und die durch den ungenierten Aufbau immer weiterer Bürokratie verstärkt werden.
Und wieder zeigt sich: Weder die Firmenchefs noch deren Gewerkschaften werden auch nur ein Jota an der grotesken Klimapolitik der EU ändern. Der europäische Klimabund tritt auf wie eine sektiererische Verschwörung gegen Ratio und ökonomische Vernunft. Der EU-Gipfel hat bestätigt: In Europa wird sich zunächst nichts ändern.
Die Lösung liegt auf der Hand – und entspricht dem Plan, den der ehemalige EZB-Chef Mario Draghi zu Jahresbeginn kommunizierte: Neue Schulden, ein gigantisches 800-Milliarden-Euro-Paket, sollen die Eurozonenwirtschaft produktiver machen und aus der Wachstumskrise führen. Mehr staatliche Steuerung, mehr Zentralisierung in Brüssel – unter dem schlechten Vorzeichen des CO₂-Kults, der Klimaagenda, ergänzt um den Aufbau einer europäischen Kriegswirtschaft.
Schutzwall Klimabürokratie
Für Ursula von der Leyen und ihre EU-Kommission besitzt der Klimakampf eine ganz besondere Bedeutung. Über die Jahre ist aus diesem politischen Schlagwort heraus eine von Brüssel gesteuerte, mit Subventionen und der Notenpresse der Europäischen Zentralbank finanzierte Krakenbürokratie gewachsen, die sich über die gesamte Europäische Union ausbreitet. Anders gesagt: Brüssels Einflusssphäre wächst mit dem verordneten Regulierungsgrad von Wirtschaft und Gesellschaft proportional.
Überall dort, wo ein Klimabeauftragter oder ein Mitarbeiter in einem Unternehmen mit der Berichterstattung für die EU-Entwaldungsverordnung befasst ist, da ist Brüssel nicht weit. „Ubi Brüssel, ibi Imperium“.
Auch die Amerikaner machen derzeit die Erfahrung mit dieser letzten großen Schutzmauer der EU-Bürokratie. Sie stoßen auf die Brüsseler Zensurpolitik, die sich gegen US-Digitalplattformen wie X, Google und andere richtet. Dahinter steckt nichts anderes als die mediale Absicherung des öffentlichen Diskurses – und das Abschneiden jeder Kritik am wachsenden Einfluss Brüssels auf nationale Souveränität und an der sichtbar gescheiterten Transformationsagenda.
Ein offener Diskurs über die längst gescheiterte grüne Regulierungspolitik? Unerwünscht. Denn an diesem Projekt hängt das gesamte Machtkonstrukt der Bürokratenkaste in Brüssel. Fällt die CO₂-Panik der ökonomischen Realität zum Opfer, fällt Brüssel mit ihr. Das ist Ursula von der Leyen und ihren Kommissaren nur allzu bewusst.

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Es ist nichts dagegen zu machen! Nur das Klima selbst kann unter erbitterten Rückzugskämpfen den CO2-Quatsch entlarven. Es wird langsam und in Schwankungen kühler werden, dafür sorgen etliche natürliche Agenzien in ihrem Zusammenspiel. Aber es wird nicht einmal nach einem Beweis für die CO2-Wirksamkeit gefragt – es gibt auch keinen. Es sind Berechnungen, wobei die eine Zunahme der Temperatur um 0,6-1 °C ANNEHMEN bei Verdoppelung des CO2-Gehalts, also auf 840 ppm, was bei gleichbleibender Zunahme (unsinnige Annahme) etwa 140 Jahre dauern würde. Solange in der heutigen Zeit die Europäer der EU und UK nicht danach fragen und die Wirklichkeit sehen… Mehr
Der angebliche Treibhauseffekt des CO2 ist nirgends auch nur annähernd wissenschaftlich untermauert.
Und solange das so ist erlaube ich mir diese angebliche Tatsache als glatte Lüge zu bezeichnen
Der „Klimawandel“ ist das neue Gewand des Sozialismus.
Womit Sie natürlich absolut recht haben.
Hans Magnus Enzensberger „Sanftes Monster Brüssel oder die Entmündigung Europas“ von 2011 sei hier empfohlen. Auf seine alten Tage noch ein bißchen aufgewacht, der alte Sack
Warum denke ich immer an „hybride Kriegsführung“ bei den Aktionen dieser nicht legitimierten EU-Administration? Oder anders gefragt: Sind diese Aktionen dazu geeignet unsere Gesellschaften/Staaten zu destabilisieren ? Habe ich etwas falsch verstanden? Ist das Absaugen einzelstaatlicher Souveränität in Richtung Brüssel (Beschaffung, Schulden, Währung, Kriegsführung, Außenpolitik) im Sinne europäischer Völker? Ist die Zerstörung der wirtschaftlichen Basis (sinnlose Bürokratie; ökonomisch und physikalisch unsinnige Verfahren zur Energieerzeugung, gegründet auf hysterischem Voodoo-Kult = „Green Deal“; Verunmöglichen effektiver Produktionsprozesse durch immer neuen „Sand“ in den „Getrieben“ der Unternehmen) von der Mehrheit europäischer Völker gewollt? Ist die damit verbundene Verarmung der Bevölkerung gewollt? Ist das Unterwandern… Mehr
Sie haben ja so recht! Aber bis die Mehrheit das einsieht, bis dahin haben wir den „Großen Bruder“ sogar unter die Haut implantiert.