Sozialverbände: Alarm als Geschäftsmodell

Deutschland gibt jeden dritten erwirtschafteten Euro für Soziales aus. Trotzdem warnen die Verbände vor dem Ende des Sozialstaats. In Wahrheit erzeugt die Hilfe mit der Gießkanne mehr Schaden als Nutzen. Am Ende profitieren nur die Verbände und ihre Funktionäre.

IMAGO / Eibner

Nirgendwo wird so viel gelogen wie auf Beerdigungen und Geburtstagen. Zum Lügen im Sinne dieser gesellschaftlichen Gepflogenheit gehört auch das systematische Weglassen unangenehmer Wahrheiten.

Vor ein paar Tagen hat Deutschlands größter Sozialverband, der VdK, sein 75-jähriges Bestehen gefeiert. Für den sozialdemokratischen Bundeskanzler Olaf Scholz war der Festakt in Berlin ein Pflichttermin – es ist ja Wahlkampf. Auch der grüne Parteivorsitzende Felix Banaszak saß in der ersten Reihe. Union und FDP dagegen schickten nur B- und C-Personal. Aus gutem Grund:

Für sie ist beim VdK nichts zu gewinnen.

Man tut dem Verband sicher kein allzu großes Unrecht, wenn man ihn im weiteren Sinne als SPD-Vorfeldorganisation bezeichnet. Jedenfalls stellt er Forderungen, die aus dem roten Parteiprogramm abgeschrieben sein könnten:

Dabei hat der VdK eine anerkennenswerte Geschichte: Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg gründeten sich Selbsthilfegruppen, um die vielen Kriegsversehrten, Witwen und Waisen gegenüber den Behörden zu vertreten. Daraus entstand der VdK: der Verband der Kriegsbeschädigten, Kriegshinterbliebenen und Sozialrentner Deutschlands.

Die ursprüngliche Zielgruppe (außer den Sozialrentnern) wurde naturgemäß mit der Zeit immer kleiner. Doch der Verband wurde immer größer. Er tat, was alle Organisationen tun: Er erweiterte sein Betätigungsfeld – und wuchs.

In jüngerer Zeit hat diese Entwicklung auch einen Namen: Verena Bentele.

Die 42-Jährige ist seit 2018 Präsidentin des VdK. In ihrer Amtszeit hat sie den Verband konsequent politisiert und sich selbst als Gesicht eigentlich aller deutschen Sozialverbände profiliert. Benteles Pressefotos ähneln Wahlplakaten. In dieser Rolle als Klassensprecherin der deutschen Sozialindustrie hat sie Ulrich Schneider abgelöst, den früheren Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbands.

Bentele ist ein aktiver, selbstständiger und eigenverantwortlicher Mensch. Von Geburt an blind, erkämpfte sie sich große Erfolge im Behindertensport: Als Biathletin und Skilangläuferin gewann sie vier Weltmeistertitel und zwölf paralympische Goldmedaillen.

Doch mit ihrem Verband macht sie aus anderen Menschen reine Objekte der staatlichen Fürsorge.

„Fang einen Fisch, und du hilfst einem Menschen für einen Tag. Lehre ihn fischen, und du hilfst ihm fürs Leben.“ Die Idee der Hilfe zur Selbsthilfe sucht man beim VdK vergeblich. Stattdessen geht es um Hilfe – und danach um noch mehr Hilfe. Dabei gilt der Grundsatz: Viel hilft viel. Jeder Euro, der für vermeintlich „soziale“ Zwecke ausgegeben wird, ist demnach gut – inzwischen natürlich auch fürs unvermeidliche Klima:

Das kann man mit guten Gründen auch komplett anders sehen. In den vergangenen 30 Jahren haben sich die Sozialausgaben in Deutschland verdreifacht. Inzwischen fließt jeder dritte erwirtschaftete Euro in soziale Zwecke – allein im Jahr 2024 waren das 1,2 Billionen Euro.

Trotzdem beklagen Bentele & Co. permanent, dass der Sozialstaat angeblich kaputtgespart werde und dass es immer mehr Arme gebe. Die Botschaft lautet: Der Sozialstaat muss weiter ausgebaut werden. Im modischen Sound des Antifaschismus sagt Bentele: „Der Sozialstaat ist die beste Brandmauer.“

Die Marktwirtschaft ist das bevorzugte Feindbild und wird ständig unterschwellig kritisiert. Dabei vergisst man geflissentlich zu erwähnen, dass es genau diese Marktwirtschaft ist, die das viele Geld erwirtschaftet, das der VdK für immer neue soziale Wohltaten verlangt. Zum Beispiel so:

Das würde übrigens bedeuten, dass jede kleine Kneipe rollstuhlgerecht umgebaut werden müsste. Nur ein Bruchteil der Wirte könnte auch nur ansatzweise die dafür nötigen Investitionen aufbringen. Die allermeisten würden pleitegehen. Man fragt sich, was die Rollstuhlfahrer davon hätten.

Dabei verfolgt der VdK selbst ein durchaus kapitalistisches Konzept. Er ist vertriebs- und wachstumsorientiert: Man versucht, immer mehr Menschen als sozial Bedürftige zu definieren. Dadurch vergrößert man den eigenen Kundenkreis, das eigene Betätigungsfeld – und die eigene Bedeutung.

Die bayerische Landesgruppe des VdK macht für sich als „wichtige Säule in der Unterstützung von Selbsthilfegruppen“ Eigenwerbung. Sogenannte inklusive VdK-Veranstaltungen erhalten großzügige staatliche Förderungen. Und: „Wir nehmen Förderanträge entgegen und bearbeiten diese für die bayerische Staatsregierung.“

Andere Sozialverbände funktionieren ganz ähnlich. Der Marktführer Caritas ist mit 690.000 Mitarbeitern Deutschlands größter Arbeitgeber. Daimler beschäftigt nur 170.000 Menschen. Das bringt zwangsläufig auch enormen politischen Einfluss mit sich. Auf diesen weist der VdK ab und zu mehr oder weniger dezent hin:

Bei aller Anerkennung für die Hilfsangebote der Sozialverbände kann man nicht die Augen davor verschließen, dass sie gar kein Interesse daran haben, dass es weniger hilfsbedürftige Menschen gibt.

Das Problem der ganzen Branche ist: Im Prinzip müsste sie daran arbeiten, sich selbst überflüssig zu machen. Das funktioniert aber genauso wenig wie bei Beamten, die Bürokratie abbauen sollen.

Der VdK gilt als gemeinnützig. Dafür genießt er erhebliche Steuervorteile. Auch zum 75. Geburtstag muss der Hinweis erlaubt sein, dass der Verband inzwischen recht eigennützige Ziele verfolgt.

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 19 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

19 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
DDRforever
2 Tage her

Ganz nett geschrieben, nur, ist das tatsächlich der entscheidene Punkt? Die Mutter aller Probleme der BRD ist nicht das Asylrecht, es ist die Sozialgesetzgebung. Ohne die komplett wahnsinnigen Sozialzahlungen an alles und jeden gäbe es diese irrsinnige Einwanderung überhaupt nicht. Qualifizierte Menschen würde kommen die Arbeit suchen und nicht die Millionen Ungebildeten aus den schlimmsten Problemzonen der Welt um sich in die soziale Hängematte zu werfen. Übrigens sind auch nicht diese Menschen das wirkliche Problem sondern die BRD Politchargen die durch ihre Gesetzgebung erst den Zustrom hervorgerufen haben.

rainer erich
2 Tage her

Der Artikel erwähnt es, die enorme Macht dieser Einrichtungen bereits aufgrund der Zahl ihrer Beschäftigten, nicht nur auf der Straße, sondern auch als, geschlossene, sichere Stimmen, Tendenz steigend. Von den Kosten ganz zu schweigen. Auch das, das Verhaeltnis dieser inzwischen in die Mio gehenden Beschäftigten ( plus ÖD) zu denen in der Wertschoepfung ist ein sicheres Indiz fuer das Finale.

zefix sog i
2 Tage her

Ich war ein paar Jahre Mitglied beim VdK, insbesondere falls es Probleme mit dem Rentenantrag  geben sollte. Neulich bekam ich eine Einladung zu einer SPD-Veranstaltung. Daraufhin fragte ich an, ob das mit ihrer Neutralität und Unabhängigkeit vereinbar ist und ich das nicht gut finde. Antwort: Wir sind Neutral und Unabhängig, reden mit Allen… außer AfD und Linken. Ich bin sofort ausgetreten. Denn Neutralität und Unabhängigkeit, kennen keine Ausnahmen. Oder behandele ich im Rettungsdienst Patienten nicht, wenn sie eine andere Meinung als ich haben? Dieses Verhalten scheint mir sogar abmahnfähig weil es dem Kunden etwas vorgauckelt, was gar nicht ist. Bin… Mehr

Unglaeubiger
2 Tage her

Die Gießkanne, das liebste Werkzeug aller Sozialbauer! Den Spritzaufsatz vorne drauf und schon erreichst du viel mehr Pflänzchen und regst das Wachstum in breiter Fläche an. Nebenbei fällt nicht auf, dass mindesten 20% des Inhaltes für den eignen Garten abgezwackt werden. Je öfter man die Allgemeinheit gießt, dest mehr bleibt für den eigenen begrenzten Garten über. Hier kann man dann auch das Unkraut nähren, das wuchert und wuchert. Im Laufe der Zeit nimmt halt der Wildwuchs überhand. Um wieder einen halbwegs gepflegten Garten zu bekommen, hilft nur, die ganze Fläche radikal zu roden, die Erde austauschen und neu ansähen, sonst… Mehr

Delegro
2 Tage her

Natürlich ist der VdK gegen einen Migrationsstopp. Man lebt davon. Und das sehr gut. Also muss das weiterlaufen, in erster Linie im absoluten Eigeninteresse. Und wo die Kohle hingeht, konnte man bei der AWO doch schon sehr gut beobachten. Und das war ganz sicher nur die Spitze des Eisberges. Dazu noch die politische Unterstützung von Seenotrettern (war da nicht mal was mit dem Ehemann von Göring-Eckardt). Ein riesiger, gärender Sauhaufen ist der gesamte Bereich.

Karl Schmidt
2 Tage her

Die bewusste ideologisch begründete Grenzüberschreitung und die fehlende Repräsentation der Bürger in politischen Entscheidungsprozessen sind Eckpfeiler des radikalen linken Denkens, welches in seiner aktuellen Erscheinungsform unter Wokeness firmiert. Massenorganisationen stellen dabei ein zentrales Element der Demokratiesimulation dar und sind schon deshalb immer das Ziel linker Einflussnahme bis hin zur – wie es die braunen Sozialisten nannten – Gleichschaltung. Die Sozialverbände sind also interessant. Auffällig ist dabei die personellen Querverbindungen z. B. zu Gewerkschaften, die ihrerseits die Interessen der Arbeitnehmer ganz offensichtlich nicht mehr vertreten, wenn sie z. B. die Deindustrialisierung und damit den Arbeitsplatzverlust fördern, das Nassauern rechtfertigen (was Arbeitnehmer… Mehr

Fieselschweif
2 Tage her

„…und dass es immer mehr Arme gebe…“ Stimmt doch! Wenn man ständig mehr Abgaben bezahlen muss und direkte, aber vor allem indirekte Steuern (CO2…) löhnt, wenn man bewusst massenweise Wohnungslose anlockt, die dann gesetzlichen Anspruch auf Wohnungen haben, die auf Steuerkosten durchfüttert und kostenlose Gesundheitsversorgung anbietet, dann verschiebt sich die Grenze der „Armen“ immer weiter. Denn es gilt der Satz der Schwäb’schen Hausfrau: man kann den Euro nur einmal ausgeben. Für’s Essen, Kleidung, Wohnung oder für Steuern und Abgaben, damit alle was von dem haben, was ich verdiene – bis auf mich selbst. Dafür kann ich dann aber auch eine… Mehr

Klaus D
2 Tage her

Deutschland gibt jeden dritten erwirtschafteten Euro für Soziales aus…..hier muss man aber auch sagen das das meiste geld davon nicht beim armen ankommt oder er selber ja auch in das system einbezahlt hat zb steuern, rente. Es wird immer der anschein erweckt das diese armen nichts beitragen und ja nur faul sind. So artikel empfinde ich für viele herabwürdigend denn viele gehen arbeiten aber bekommen nur einen hungerlohn und müssen noch hohe mieten wegen der massenzuwanderung zahlen. Diese bekommen dann wohngeld was ja direkt zum vermieter fließt. Oder die ganzen zuschüsse an unternehmen wenn diese leute via jobcenter einstellen sprich… Mehr

Paprikakartoffel
1 Tag her
Antworten an  Klaus D

Man sollte bei dieser alarmistischen Zahl mal auseinanderziehen, wieviel davon real die Bedürftigen bekommen und wieviel von jedem „dritten Euro“ in die Vorfeldsubvention fließt.

Z B Pflegeberatung. Macht die Gesetze nicht so nickelig kompliziert, dann braucht auch keiner dafür extra Beratung!!!

Last edited 1 Tag her by Paprikakartoffel
WGreuer
2 Tage her

Diese Erkenntnis ist zumindest für mich nicht neu. Der Großteil (nicht alle!) dieser (Sozial-)Verbände, Hilfsorganisationen, Hungerhilfen, etc. sind nichts anderes als Versorgungsinstitutionen für linksgrüne Kostgänger. Hier wird untergebracht, was andernorts in der Wirtschaft zum einen als Personal fehlt („Fachkräftemangel“), zum anden aber durch die falsche Ausbildung (häufig Geistes-„Wissenschaftler) nirgendwo unterzubringen wäre. Wenn man Personal braucht, hier wäre ein riesiges Reservoir, das man „nur“ umschulen muss. Ob das dann taugt, ist eine andere Frage. Da springt für die Offiziellen, Geschäftsführer, die zugehörigen Anwälte, Wirtschaftsprüfer, Marketingleute etc. immer ein sehr ordentliches Gehalt raus, welches die zur Verfügung stehenden Mittel (entweder aus der… Mehr

Edwin
2 Tage her
Antworten an  WGreuer

So sehe ich das auch. Bis vor ca. 10 Jahren habe ich noch Geld als abzugsfähige Spende an Organisationen wie UNESCO, DRK etc. gespendet. Da dieses Geld bei den eigentlichen Hilfsbedürftigen nur zu einem Teil ankommt und es überwiegend der Finanzierung des stetig steigenden Wasserkopfs dieser Hilfsorganisationen beiträgt, habe ich die Zahlungen komplett eingestellt. Jetzt spende ich nur noch, wenn auch nicht abzugsfähig ,an alternative Medien wie Tichy ’s Einblick, Achse des Guten oder Publico.

Aegnor
2 Tage her

Hilfe zur Selbsthilfe macht der VdK schon. Man hilft sich selbst anstatt den wirklich Bedürftigen. Da ist man auch in guter Gesellschaft mit vielen Staatsangestellten…
Und der Sozialstaat in heutiger Ausführung ist in der Tat eine Brandmauer. Aber nicht vor der AfD, sondern vor der Realität.