Im Saarland hält man wenig von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts: Obwohl dieses die Zahlung von Zulagen an Parlamentsmitglieder für besondere Funktionen in den meisten Fällen für rechtswidrig erklärte, genehmigen sich die Abgeordneten des Landtags weiterhin großzügig solche Zuschläge.
Am 8. Dezember 2024 berichtete TE, dass sich die Abgeordneten im Berliner Landesparlament einen satten monatlichen Zuschlag von 435 Euro (von 7.249 auf 7.684 Euro) an Aufwands-„Entschädigung“ gönnen. Nur die AfD-Abgeordneten (16 von insgesamt 159) waren dagegen.
Bislang bundesweit nicht bekannt, erfährt man nun, dass sich die Abgeordneten des saarländischen Landtags Zulagen in Millionenhöhe genehmigen. Und das schon seit zwei Jahrzehnten. Denn: Seit vielen Jahren zahlen die Landtagsfraktionen von SPD und CDU einigen Mitgliedern Extra-Geld für „besondere Funktionen“. Es geht um etwa vier Millionen Euro in den letzten zwanzig Jahren.
Mehr als die Hälfte der Landtagsabgeordneten haben Sonderaufgaben in ihrer Fraktion. Sie sind Fraktionsvorsitzende, stellvertretende Fraktionsvorsitzende, Parlamentarische Geschäftsführer (jede Fraktion einer), leiten Ausschüsse, fungieren als Obleute und fachpolitische Sprecher. Dafür beziehen sie Extra-Geld aus dem Landtagshaushalt und aus der „Fraktionskasse“ (die natürlich mit Steuergeldern genährt wird). Im Einzelfall bis zu 40.000 Euro im Jahr. Das hat das Online-Magazin „saarlandinside.de“ recherchiert.
Praxis gegen „Karlsruhe“-Urteile
Dass das Bundesverfassungsgericht diese Praxis für verfassungswidrig erklärt hat, kümmert in Saarbrücken keinen. Denn eigentlich (!) sind solche Funktionszulagen verfassungswidrig, sagt das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in Urteilen aus den Jahren 2000 und 2007 mit Blick auf die damalige Praxis im Thüringer Landtag.
Zulagen, so „Karlsruhe“ im Jahr 2000, verstoßen „gegen die Freiheit des Mandats und den Grundsatz der Gleichbehandlung der Abgeordneten“. Das höchste Gericht legte fest: Alle Aufgaben und Funktionen in einer Fraktion sind mit den normalen Abgeordnetenbezügen abgegolten.
Zusatzzahlungen sind also nicht erlaubt. Denn, so das Bundesverfassungsgericht: Der einzelne Abgeordnete steht ohnehin in einem Spannungsverhältnis, wenn er sich bei Abstimmungen der Fraktionsdisziplin unterordnen muss. Diese Abhängigkeit von Fraktionsbeschlüssen ist hinzunehmen. Werden aber Funktionen im Parlament mit Extra-Zahlungen verbunden, so entstehen zusätzliche Abhängigkeiten, sagen die Karlsruher Richter. Dies dürfe nicht sein.
Am 4. Juli 2007 wiederholten die Karlsruher Richter ihre Argumente: „Funktionszulagen [bergen] die Gefahr, dass Abgeordnete wirtschaftlich auf eine innerparlamentarische Ämterhierarchie angewiesen sind, die sie in verstärkte Abhängigkeit von ihrer Fraktions- und Parteiführung bringt, weil eine unabhängige und ohne Rücksicht auf eigene wirtschaftliche Vorteile getroffene Willensentscheidung mit dem Verlust besonders honorierter parlamentarischer Funktionen sanktioniert werden kann.“
Mit anderen Worten: Wer nicht auf Partei- bzw. Fraktionslinie ist, riskiert seine Bonus-Zahlung. Er ist nicht mehr allein seinem Gewissen verantwortlich.
Eine Ausnahme gilt für Fraktionsvorsitzende: Für diese sei die doppelte Aufwandsentschädigung wegen ihrer herausgehobenen Bedeutung in Ordnung. Im gleichen Urteil hatte die höchstrichterliche Instanz klargestellt, dass mit dem Thüringen-Urteil „allgemeine Maßstäbe“ aufgestellt seien und diese für alle Parlamente auf allen Ebenen gelten.
Saarlands Landesrechnungshof kritisiert wie mehrere Landesverfassungsgerichte und andere Landesrechnungshöfe die Sonderzahlungen schon lange. Die Prüfer: Funktionszulagen [dürfen] nur an den Landtagspräsidenten, an die stellvertretenden Landtagspräsidenten und an die Fraktionsvorsitzenden gezahlt werden.
Landtagspräsidentin Heike Winzent (SPD) findet gegenüber „saarlandinside“ an der Bonus-Praxis nichts Unredliches. Schließlich habe dies der Landtag „ausdrücklich im Fraktionsrechtstellungsgesetz geregelt“. Will sagen: Landesrecht steht für sie über der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Die Landtagspräsidentin weiter: „Eine abweichende verfassungsgerichtliche Entscheidung gibt es im Saarland nicht.“ Ihr Kalkül: Kein Bürger kann gegen den Missstand nach Karlsruhe gehen. Das können nur die Landtagsabgeordneten selbst. Tun sie aber nicht, sie sind ja selbst die Begünstigten.
Der Vollständigkeit halber: Die AfD-Fraktion mit ihren 3 von insgesamt 51 Sitzen hält sich raus. Sie weist keine Funktionszulagen aus.
Kleiner Trost für den Steuerzahler: Das Saarland mit seinen 0,994 Millionen Einwohner hat mit 51 Sitzen immerhin das kleinste Parlament aller 16 Bundesländer.
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Saarland genehmigt sich! Schlimm genug was da abgeht. Für <1Mio. Bürger gibt es ein eigenes Fürstentum, würden Satiriker sagen. Eine Krake die seinesgleichen sucht. Ein Parlament mit 51Abgeordnete, Ministerien mit Staatssekretären, eine eigene Staatskanzlei! Irre! Und dazu kommen noch 52 selbstständige Gemeinden mit Rathäusern und Bediensteten sowie Bürgermeister und Oberbürgermeister! Weiter im Text, extra Landräte, Stadtverbandsabgeordnete, Ortsräte, Regionalräte, zwei SaarToto Direktoren, einer von der SPD einer von der CDU, Salär je 200.000€! Der eine ist Elektriker der andere gelernter Kaufmann! Aus unserem Expertenpool meinten die Parteien wohl? Es gibt seit 2005 das Hesse Gutachten in der hintersten Schublade, das Einsparungen… Mehr
Nicht zu vergessen, die Landtagspräsidentin mit einer reinen Verwaltungskarriere. Nie wertschöpfend gearbeitet und lediglich das Geld anderer Leute ausgeben …
Basst scho! Die Industrie geht pleite, tausende verlieren ihren Arbeitsplatz. Aber unsere Staatsbediensteten kassieren weiter ab. Dekadenz im Endstadium!
Nachdem der Rechnungshof ein zahnloser Tiger ist und ignoriert wird, könnte man den doch gleich einsparen, dann können die Abgeordneten sich noch einen zusätzliche Schluck aus der Pulle Volksvermögen gönnen!
Da kann man nur sagen die Menschen die eine derartige Praxis unwidersprochen mitmache oder unterstützen gehören nicht in ein demokratisches Parlament. Aber so ist es wenn Abgeordnete über Ihr Gehalt selbst bestimmen können. Diese Praxis muss als erstes aufhören.
Hatte mich schon immer gefragt, warum sich Abgeordnete zusätzlich noch um Posten wie Fraktionsvorsitzende, Leiter von Ausschüssen, Obmann usw. bemühen. Jetzt weiß ich es: Es wurde üppig vergütet – aus der Staatskasse.
Als jemand, der im Saarland geboren und aufgewachsen ist und Wurzeln bis zu den Urgroßeltern dort hat, der allerdings mit Ende 20 das Weite suchte und auch fand, behaupte ich, dass das Klüngeln der Nationalsport der Saarländer ist. Angefangen bei den kleinen Leuten, die sich gern auf inoffiziellem Weg einen Vorteil verschaffen „Ei, ich kenne do Ähner…“ bis hinauf in die Parteien, wo man sich sowieso kennt.
Wie im alten Mölln, brauchten wir wieder einen TillEulenspiegel, der den Wahnsinn der Politiker ins Lächerliche zieht. Aber, verspotten ginge heut nicht mehr, da müsste sich der Till warm anziehen. Er würde eh von den linken MSM als rechter Tölpel weggeschrieben werden. Anderes Thema, wenn erlaubt: Unsere Außendienstministerin wird momentan ziemlich aus der öffentlichen Schußlinie genommen, schon aufgefallen ?
Die Raffkes kriegen halt nicht genug. Alle samt und sonders nicht mehr wählbar. Mit der Vorabbesteuerung wird eine Besteuierungsgrundlage vermutet die der Steuerbürger nach Monaten bei Abgabe der Steuererklärung widerlegen kann oder darf. Er bekommt dann großzügig den Steuerraub wieder zurück. Ohne Verzinsung versteht sich. Die wissen doch gar nicht mehr wie oder auf welche perfide Art und Weise sie den Untertanen in die Tasche greifen. Wenn es um deren Diäten, Alimentationen oder andere Vergünstigungen geht sind die sich alle einig. Schlicht nicht wählbar.
Kleiner Trost für den Steuerzahler:…….nein nein nein denn das alles sumiert sich am ende zu mrd von euros. Hier ein paar millionen und dort ein paar millionen und schwubs sind es ganz mrd von euros. Und wen dem nicht einhalt geboten wird werden die das weiter und noch mehr machen. Denn jeder von denen denkt ja auch DAS ist ja jetzt aufs ganze bezogen nicht SO viel. Dazu vermittelt es uns bürgern = was interessieren micht recht und ordnung wenn sich nicht mal die politiker dran halten.
An Korruption und Gier sind schon immer ganze Gesellschaften zerbrochen. Irgend wann nimmt das Ganze überhand.
Tja, die AFD erweist sich erneut als die am wenigsten korrumpierte Partei in den Parlamenten.