Die Woche nach dem Showdown im Bundestag: Die CDU möchte sich auf ihrem Parteitag von der AfD distanzieren, aber trotzdem deren Wähler gewinnen. Entsprechend weichgespült kommen die Christdemokraten daher.

Ein Gespür für Dramaturgie hat Carsten Linnemann nicht gerade. Die Höhepunkte des Parteitags sollen die Reden der Vorsitzenden sein – so der Plan des Generalsekretärs. Zuerst Markus Söder (CSU) und dann Friedrich Merz. In einer guten Dramaturgie beginnt alles etwas gemächlich. Auf dem Weg zum Höhepunkt nimmt das Tempo dann zu. Linnemann baut erst einen massiv zähen „Talk“ mit „Promis“ wie dem Sohn von Iris Berben ein, dann eine Debatte über die Satzung der CDU.
Dann tritt endlich Söder auf. Der alte Mikro-Rocker. Linnemann lässt dazu im Hintergrund Smooth Jazz laufen. Das könnte „Something Happened on the Way to Heaven“ von Phil Collins sein. Schwer zu sagen, so weichgespült, wie das Stück ist. Aber der Überleitung halber wollen wir mal stehen lassen, dass es der Schlager des Hit-Monsters aus Großbritannien sei: weichgespült, schwer zu erkennen – und „etwas ist auf dem Weg zum Himmel passiert“ – das sind die Stichworte, um die es auf dem CDU-Bundesparteitag geht.
Etwas ist auf dem Weg zum Himmel passiert. Friedrich Merz schien schon wie der unvermeidbare zehnte Bundeskanzler, dem das Land in den Schoß fällt. Doch das ist seit vergangener Woche aufgeputscht. Bisher steuerte der Anteil der potenziellen Nichtwähler auf ein Rekordhoch zu. Nach der vergangenen Woche ist das Land emotionalisiert. Merz hatte mehrere Anträge in den Bundestag eingebracht, die gegen illegale Einwanderung und ihre Folgen wirken sollten. Ein Show-Antrag erhielt dank der Stimmen der AfD eine Mehrheit, eine reale Gesetzesinitiative jedoch nicht. Denn rund ein Zehntel der CDU-Abgeordneten drückte sich vor der Abstimmung – in der FDP waren es sogar über ein Viertel.
Wie auf Bestellung sorgte die staatlich finanzierte „Zivilgesellschaft“ unmittelbar für organisierte Volkswut gegen die Union. All die wissenschaftlichen Mitarbeiter, Parteibeamten, Aktivisten von „NGOs“ und politischen Vorhofgesellschaften kündigten an, „unsere Demokratie“™ gegen Merz verteidigen zu wollen – wobei es oft genug um ihre Dienstwagen-Privilegien ging. Wie sich der Protest und die Reaktivierung der Nichtwähler auf die Wahl auswirken, ist noch unklar. Auch weil Meinungsforscher allzu oft mit ihren Zahlen eher Politik als Wissenschaft betreiben.
Eins hat die vergangene Woche jedenfalls bewirkt: Der vermeintliche Protest hat die Union nach innen geeint. Merz hatte die Chance, sich nach drei Jahren endlich gegen die Merkelianer in seiner Partei zu stellen. Auch weil „Mutti“ der teils gewalttätige Protest gegen „ihre Partei“ egal war – während sie Gesetze gegen illegale Einwanderung im Duktus einer Grünen verurteilte und ihrer Partei den Dolch in den Rücken stieß. Zum wievielten Mal eigentlich?
Es ist etwas passiert auf dem Weg zum Himmel. Merz hat es jetzt in der Hand. Oder vielmehr: Er hätte. Der Smooth Jazz ist nur ein metaphorischer Vorgeschmack. Doch die Reden der Vorsitzenden sind genauso weichgespült. „Wir dürfen unser Land nicht der AfD überlassen“, sagt Söder. Und: Die deutsche Linke sei „kein Schutzwall“ gegen die AfD. Hört, hört. Im Übrigen sage er „Nein, nein, nein“ zu jeder Form der Zusammenarbeit mit dieser AfD. Das klingt nicht nach Rock ’n’ Roll. Das ist übelster Smooth Jazz.
Der organisierte Volkszorn gegen die CDU wird folgenlos bleiben. Im Lager um Merz sprechen einige Anhänger zwar von einer Minderheitsregierung, weil eine Mehrheit mit SPD und Grünen nicht mehr denkbar sei – nachdem Rote und Grüne die teils gewalttätigen Proteste gegen die Union organisiert haben. Bisher wirkte die Union wie eine Arbeitsgruppe der Einheitspartei SPD-Grüne-Linke-BSW-FDP-CDU-CSU. Jetzt will sie sich unterscheiden. Das ist nicht so einfach. Die Union werde sich nie wieder von den Grünen in einen Unsinn wie den Atomausstieg treiben lassen. Schönes Versprechen. Nur halt falsch. Das waren zuallererst nicht die Grünen, sondern Angela Merkel. Eine Christdemokratin. Nominell. Aber ist okay, da kann man schon mal durcheinanderkommen.
Ihr Kandidat wird die Hoffnungen seiner Anhänger enttäuschen. Wie schon so oft. Wachsweich wie Smooth Jazz. Und schwer zu identifizieren, wie das, was auch immer die Band vom Parteitag da gespielt hat. Das gemeinsame Kuscheln mit den Grünen auf der Partei des gescheiterten CDU-Kanzlerkandidaten Armin Laschet gibt einen Vorgeschmack darauf, wie empört die Christdemokraten wirklich wegen der gewalttätigen „Proteste“ sind. Halt gar nicht. Theaterdonner.
In seiner Rede sagt Merz: Die Union werde die Bundestagswahl gewinnen. Er steigt mit einer langatmigen historischen Erzählung ein und sagt dann in seiner ersten wirklichen Festlegung: „Wir werden mit der Partei, die sich Alternative für Deutschland nennt, nicht zusammenarbeiten.“ Das kommt nach minutenlangem Eingelulle. Nichts ist passiert. Merz rudert zurück, ohne dass es wie Zurückrudern aussieht – was es aber einfach ist.
Merz sagt, die Verteidigung der Freiheit sei eine der größten Aufgaben der nächsten Jahre. Wer sie denn angreife? Das sagt er lieber nicht. Es könnten die Russen sein. Die Nazis. Gott bewahre, Islamisten oder die Erfinder des Selbstbestimmungsgesetzes, also seine künftigen Koalitionspartner. Da legt sich der Herr Kandidat lieber nicht fest. Es gibt Fahrstuhlmusik und Anrufbeantworter, die mehr Ecken und Kanten haben als Friedrich Merz.
Den organisierten Volkszorn in Geschlossenheit und Stimmen zu münzen, aber sich gleichzeitig von der AfD zu distanzieren – das wird die Doppelstrategie der nächsten 20 Tage sein. Man mache jetzt „einen Unterschied“, sagt etwa Schattenminister Jens Spahn. Das hört sich gut an, wird aber letztlich so verwechselbar sein wie die Musik auf dem Parteitag. Auch so wachsweich. In Wirklichkeit zeigt der Parteitag: Merz und die CDU wollen nach der vergangenen Woche wieder in der Einheitspartei aufgenommen werden. Am Ende ist auf dem Weg zum Himmel nicht viel passiert – es hat sich nur die Strategie geändert, nicht aber die Inhalte.
Nachtrag: Söders Song soll „I’m Sorry“ gewesen sein. Der zweitwichtigste Politiker marschiert 20 Tage vor der Wahl mit einer Entschuldigung im Hintergrund auf die Bühne. Tatsächlich. Kein Witz. Das ist zu viel der Metaphern. Zu einfach. Das sollen morgen, übermorgen und am Donnerstag weniger begabte Autoren abräumen. Es ist etwas passiert auf dem Weg zum Himmel. Das muss reichen.
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Die hier in den letzten Wochen und Monaten auffällig häufig zelebrierten AfD-Bekenntnisse als absolute Alternativlosigkeit vieler Kommentatoren ist mit Blick auf die nicht unerhebliche Einflussnahme des Wählers auf die sehr nahen Geschicke oder Ungeschicke unseres Landes emotionsfrei und wirklichkeitsnah betrachtet ganz schwere Kost. Man ist beinahe geneigt, eine besonders perfide Spielart von Zynismus dahinter zu vermuten. Sind sie schlauest getarnte U-Boote, von SPD und Grüne eingeschleust in die Foren liberal-konservativer, alternativer Medien? Denn wie realitätsfern wären diese durchaus Politik-Verständigen dann eigentlich? Wollen diese jetzt sofort Rehabilitierung-und-Rückabwicklung-erreichen-Wollende mit dem Kopf durch die Wand und mindestens die Fraktionsgröße für eine Sperrminorität erreichen,… Mehr
Wie ist denn die Faktenlage? 16 Jahre CDU-geführte Regierung haben Deutschland genau da hin gebracht, wo wir heute stehen. Rot-Grün-Gelb gab noch das Sahnehäubchen dazu. Merkel zieht noch immer an den Strippen. Der Atomausstieg, das Heizungsgesetz, die offenen Grenzen, die Migrationspolitik: Alles das Werk der CDU unter Merkel. Meistens mit Hilfe der SPD, einmal mit der FDP. — Nun liegen fast 20 Jahre verkorkste Politik hinter uns, für die massgeblich die CDU die Schuld trägt. Warum sollte sich ausgerechnet jetzt daran etwas ändern, wenn die Wähler wieder CDU wählen? Allein kann die Partei nicht regieren, das steht fest. Auch wenn… Mehr
„die Gefahr, dass die FDP den Einzug verpasst“. Das als Gefahr zu begreifen, ist schon mal eine sehr steile These!
Ihre Sichtweise folgt einem sehr traditionellen Schema, das leider (wohl ungewollt) mit der bundesdeutschen Wahl-Zeremonie korrespondiert. Wir dürfen hier regelmäßig einem Crescendo eskalierender Polit-Dramatik beiwohnen, bei dem vermeintlich „die zwei großen weltanschaulichen Lager“ der üblichen Politk aufeinandertreffen. Dafür wird jeder Wähler von seinem etablierten Milieu „zur Fahne“ gerufen. Allerdings haben sich die Zeiten geändert. Der Wohlstand erodiert, und das Publikum überprüft inzwischen, von Abstieg bedroht, sehr kritisch, ob die Wahlversprechen zur Umsetzung kommen, oder man lediglich warme Worte hört. Leider musst man (vermutlich in beiden Hälften der politischen Weltanschauung) feststellen, dass es über die Jahrzehnte zu einer gewissen Verwilderung bei… Mehr
„Merz sucht den Weg zurück in die Einheitspartei“
„CDU, die entschiedende Opposition“, so heißt das Theaterstück, das noch bis zum 23.2. aufgeführt wird.
Danach wird die Union mit Rot, Grün oder ggf. mit beiden koalieren.
Fazit: Wer die Union wählt, wählt rotgrüne Politik.
Merz übernimmt das Programm einer Partei, mit der allein er es verwirklichen könnte, schließt aber eine entsprechende Zusammenarbeit aus.
Was ist davon zu halten?
Es könnte eine CDU-SPD/Grüne- Koalition geben – die nicht lange halten würde.
Danach wg nationalem Notstand doch Schwarz/Blau bzw. Minderheitsregierung. Allerdings ohne Merz.
Die Einheitspartei ist eine Erfindung aller Kommunisten und Sozialisten und ihre Unterabteilung in Form vorgestellter Einzelparteien sollen nur vom Diktat, dem sie gemeinsam unterliegen, ablenken um darüber die Demokratie auszuhebeln die vom Pluralismus lebt und nicht vom verordnete Einheitsbrei weniger über eine ganze Nation und ohne Opposition, was so niemals vorgesehen war und heute Fakt ist in übelster Form, was die Holde aus dem Osten mitgebracht hat, weil sie nichts anderes kannte und demzufolge auch nicht fähig war, sich unseren Prinzipien anzunähern. Das darüber vormals intelligente Leute auch noch gestolpert sind ist der wahre Skandal und hinzu kommen noch die… Mehr
Eigentlich müsste diese Inszenierung gut für die AfD sein. Diejenigen die jetzt schon AfD wählen werden wohl kaum zurück zur CDU wechseln, denn sie haben sich ja schon ins „unangenehme“ Lager geschlagen, weil sie Veränderung wollen. Den wankelmütigen Noch CDUlern mit Tendenz zur AfD müsste klar sein was für ein Spiel die CDU hier treibt. Folglich müsste dieses Schauspiel auf das AfD Konto einzahlen. Aber das ist wahrscheinlich zu viel Logik in einem ideologisch geführten Wahlkampf.
Ich fürchte, dass es keine Rolle spielt. Dann werden die Wahlen halt „rückgängig gemacht“. Diesmal halt nicht von der ehemaligen FDJ- Sekretärin, aber Tierry Breton hat das ja schon angekündigt. Was in Rumänien geht, ist für Deutschland halt auch möglich. Eigentlich kann man sich das Papier dann auch sparen. Das war ja die große Sorge der Bundeswahlleiterin.
Wenn es so kommt wie sie beschreiben, ist es dennoch ein weiterer Schritt um der Bevölkerung die Augen zu öffnen. Es dient dann auch für die Aufarbeitung der gescheiterten Woke Links Politik um dann die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen zu können. Auch deshalb kämpfen die Altparteien so hartnäckig gegen die AfD.
Was hätten wir auch anderes von Söder und Merz erwartet. In einem normalen Land würden nur wenige diese beiden Kandidaten wählen, Rot, Grün Gelb schon gar nicht. In einem normalen Land würden Schwarz und Blau das Land wieder in das richtige Fahrwasser zum Wohle der Menschen bringen. In einem normalen Land eben!
Was für ein unglaubwürdiger, völlig der Logik entkoppelter Haufen. Wenn die CDU HÄTTE lernen wollen, wie Wahlkampf geht, HÄTTE sie nur einen Blick in die USA riskieren müssen. Das Rezept ist eigentlich super einfach: Volk aufs Maul schauen, Dinge versprechen, die gut für Land und Leute sind, das knallhart artikulieren und nachher ruckzuck auch umsetzen. Wenn man natürlich wie die Lakoon-Gruppe in unzähligen Schlingen gefangen ist, ist das unmöglich. Die AfD ist die Partei, mit der das Unmögliche möglich wäre, allein, die Leute sind dazu (noch) nicht bereit. Aber DASS es irgendwann geschieht, ist angesichts der geballten Unfähigkeit der Kartellparteien… Mehr
„Aber DASS es irgendwann geschieht, ist angesichts der geballten Unfähigkeit der Kartellparteien unausweichlich.“
Das ist nicht Unfähigkeit, sondern UNWILLEN. Die WOLLEN keine substantielle Veränderung der Zuwanderungs- und Migrationspolitik, weil es bei diesen Parteien zu viele Profiteure dieser Politik gibt; materiell, ideologisch, politisch.
Schon lustig so ein Land, in dem die CDU den Sohn von XYZ bereits als „Promi“ (auch in Anfuehrungszeichen) bewirbt.
Haben diese „Promis“ denn irgendeinen Stellenwert erreicht ?
Sucht doch mal einen Ururenkel von ABC. Vielleicht gibt es da zumindest einen C-Promi.
Es ist nicht die CDU: Es sind deren Wähler. Einstein nannte das die größte Dummheit überhaupt: „Immer wieder das Gleiche zu tun aber dennoch jedes Mal ein anderes Ergebnis zu erwarten.“ So einfach ist das.
Ich musste gestern wieder einer Diskussion an einem Nachbartisch in einer Kneipe lauschen: Zwei Personen, die sich ausschließlich auf die Verlautbarungen der Propagandaministerien 2.0, ÖRR, Spiegel. Alpenprawda et al. „verlassen“, haben ohne jede Ahnung über die AFD und Trump den Stab gebrochen. Beide sangen das hohe Lied der unbegrenzten Mörder Immigration aus muslimischen Problemländern. Dass sie gerade damit die wirklich bereichernden Migranten dabei in die Gefahr einer gruppenassoziierten Bewertung aussetzen, haben sie nicht einmal im Ansatz „gewusst“. Beide sind der festen Überzeugung, dass Schwarzkopf nur noch mal vier Jahre mindestens Wirtschaftsminister bleiben muss, damit der Strompreis dann endlich doch noch… Mehr