China degradiert Deutschland

Deutschland wird von China offen gedemütigt. Von moralischen Belehrungen hat man offensichtlich genug. Während die USA ihre Wirtschaft entfesseln und China um Absatzmärkte kämpft, taumelt Europa zwischen Klimaideologie und Realitätsverweigerung. Die Welt ordnet sich neu. Berlin und Brüssel aber wollen unbedingt im Wolkenkuckucksheim bleiben.

picture alliance/dpa | Bernd von Jutrczenka

Der dramatische wirtschaftliche Absturz der Bundesrepublik zieht auch ihre geopolitische Bedeutung in die Tiefe. Außenminister Johann Wadephul musste nun die Erfahrung machen, was es heißt, als Diplomat der zweiten Liga von China die rote Karte gezeigt zu bekommen. Eine Demütigung und Zurechtweisung für Deutschland.

Die Schule des Lebens kann hart sein. Der Schritt zum Erwachsensein bedeutet in der Regel auch schöngeistige Ideale, abseitige Ideologien und die träumerische Grundhaltung des noch unbedarften Daseins an die beinharte Realität zu verlieren. Sie funktioniert nach ihren eigenen Regeln, unbeeindruckt von etwaiger Selbstüberschätzung.

Dieser Moment der Reife, dieser Austritt aus der Scheinwelt der hermetisch abgeschlossenen Parteienideologie, wurde nun zur Realität für den deutschen Außenminister.

Fabulierender Minister

Johann Wadephul, der gerade noch traumwandlerisch die türkischen Einwanderer zu den Hauptverantwortlichen des deutschen Wirtschaftswunders erklärte, musste seinen ersten Staatsbesuch in China kurzfristig wieder abblasen, da Peking keinen Gesprächsbedarf mit einer deutschen Delegation sah.

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Der Christdemokrat lernt in diesen Tagen, ähnlich wie sein BlackRock-gestählter Parteigenosse Friedrich Merz, dass dem dramatischen Niedergang der deutschen Wirtschaft der geopolitische Bedeutungsverlust auf dem Fuße folgt.

Dabei war Wadephuls erster China-Besuch eigentlich als Neuanfang im diplomatischen Konflikt mit Peking geplant. Eine hochrangige Wirtschaftsdelegation sollte den Außenminister begleiten und im erbitterten Streit um seltene Erden für Entspannung sorgen.

China droht seit Wochen mit einem vollständigen Exportstopp – eine Maßnahme, die in Deutschland unmittelbar zum Stillstand zentraler Industriezweige führen würde.

Auf einmal ist die Wirtschaft gefragt

Zur Delegation gehörten unter anderem die Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie, Vertreter von Siemens Healthineers, des Deutschen Robotikverbands sowie ein führender Importeur seltener Erden. Gemeinsam sollten sie in Peking den Druck aus dem Kessel nehmen und den Zugang zu den für die deutsche Industrie unverzichtbaren Rohstoffen sichern.

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Als klar wurde, dass Peking neben dem Pflichttermin zwischen den Außenministern weitere Gesprächsrunden auf wirtschaftlicher Ebene ablehnte, war Wadephul gezwungen, den Termin kurzfristig am Freitag abzusagen, um wenigstens das Gesicht zu wahren und Schadenbegrenzung zu betreiben.

Wadephul hätte dem Beispiel seiner Vorgängerin Annalena Baerbock folgen sollen und auf moral-philosophisch aufgeladene Aussteigerthemen wie die feministische Außenpolitik setzen sollen.

Das ist unverfänglich, passt zum deutschen Zeitgeist und hätte ihm sicherlich einige Pluspunkte beim Koalitionspartner und den politischen Freunden auf der linken Seite des Parlaments eingebracht.

Die Achillesferse des Giganten

Genau jetzt wäre allerdings eine EU-Delegation gefragt, die sich besser in den Windschatten der Amerikaner legen sollte.

Denn jeder Gigant besitzt eine Achillesferse. Chinas Wirtschaft steckt in einer sich selbst verstärkenden deflationären Spirale – ausgelöst durch die drakonischen US-Zölle und die tiefe, über Jahre verschleppte Immobilienkrise, der eine enorme, staatliche betriebene Fehlallokation von Kapital vorausging.

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Deflation ist fatal vor allem deshalb, weil auch Chinas Wachstumsmodell auf dem Fiat-Kreditsystem beruht. Steigen die Insolvenzraten zu stark an, schrumpfen die Kreditbestände in den Bankbilanzen. Der Kreditturbo stottert, Sicherheiten – allen voran Immobilien – verlieren durch Zwangsverkäufe und Angebotsüberhänge rapide an Wert. Dann muss erneut der Staat eingreifen, pumpt neuen Staatskredit ins System – und schwächt damit die eigene Währung.

Ein Teufelskreis, in dem sich heute nahezu alle Volkswirtschaften bewegen.
Die chinesische Antwort darauf war bisher stets dieselbe: eine gigantische Export-Subventionsmaschine, ein Merkantilmodell, betrieben auf Kosten der Handelspartner, die ihre Produktionskapazitäten an die chinesische Wirtschaft verloren.

Rund ein Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung – also etwa eine Billion US-Dollar – beträgt der chinesische Handelsüberschuss, befeuert durch massive Exporthilfen.

Dazu kommen geopolitische Trojaner wie die Belt and Road-Initiative, die mit Infrastrukturinvestitionen überall dort Märkte eröffnet, wo China dringend Rohstoffe braucht.

China sucht Ersatzmärkte

Besonders der europäische Binnenmarkt ist nun für Peking essenziell, um diese Exportüberschüsse sprichwörtlich abzuladen. Denn der Zugang zum US-Markt wird seit Donald Trumps Zolloffensive zunehmend versperrt: Der chinesische Export in die Vereinigten Staaten ist inzwischen um sagenhafte 27 Prozent eingebrochen.

Gleichzeitig wuchs der Export Chinas nach Deutschland in der ersten Jahreshälfte um10,7 Prozent.

Peking flutet nun andere Märkte mit Überkapazitäten, um einen Zusammenbruch des heimischen Arbeitsmarkts zu verhindern. Hier findet sich der soziale Sprengstoff für die Kommunistische Partei in Peking, die bereits mit einer Jugendarbeitslosigkeit von wahrscheinlich bis zu 20 Prozent zu kämpfen hat.

Genau an dieser Bruchstelle fände ein politischer Hebel für Europa – und gerade für Berlin: Im eskalierenden Streit um den Zugang zu Seltenen Erden, auf die Deutschlands Industrie und besonders der Automobilsektor existenziell angewiesen sind, ließe sich kombinierte Verhandlungsmacht, gemeinsam mit den USA, effektiv nutzen.

Unverantwortlich und verbohrt

Es ist unverantwortlich mit Blick auf die Verhandlungsposition Chinas, das über globale Raffinerie-Kapazitäten von 90 Prozent bei den Seltenen Erden verfügt, nicht die Seite der Amerikaner zu stärken und auf diese Weise selber der eigenen Industrie einen Vorteil zu verschaffen.

Ideologisch verbohrt, machtpolitisch unbedarft und in ihrer Position seit dem Handelsdebakel mit den USA massiv geschwächt, taumelt EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wie eine entthronte Brüsseler Königin von einem Scheingipfel zum nächsten.

Man hat den Eindruck, dass der gesamte Klimafirlefanz die pathetischen Solidaritätsbekundungen im Ukraine-Krieg sowie die weltfremde Klimaattitüde zu einer Art psychologischer Überkompensation des sichtbaren Scheiterns des Projektes Brüssel geworden sind.

Allianz mit den USA suchen

Von Beginn an wäre es klüger gewesen, hätten sich Brüssel, Berlin, Paris und auch London auf eine geopolitische Arbeitsteilung mit Washington eingelassen. Zumal die USA unter einem außenpolitisch höchst aktiven Präsidenten die Führungsrolle offensiv für sich beanspruchen. Trump verweist zu Recht auf den Brüsseler Protektionismus, die allgegenwärtigen Klimaregeln und eine Politik, die zunehmend marktfeindliche Züge trägt.

Washington geht in die Offensive: Die USA stärken ihren Standort durch Deregulierung, Steuersenkungen und den Abschied vom quasi-religiösen Klimakult. Das zeigt Wirkung: Die US-Wirtschaft wächst mit 3,8 Prozent, die Neuverschuldung sank von 6,7 auf 5,8 Prozent. Trump justiert das System neu – während Europa in die entgegengesetzte Richtung taumelt: höhere Staatsschulden, tiefere Rezession.

Gerade die Chefdiplomaten rund um Außenminister Johann Wadephul müssten das endlich anerkennen und die Eskalation im Streit über europäische Zensurgesetze beenden, den Digital Services Act, den Digital Markets Act und die Chatkontrolle komplett beerdigen. Man sollte sich stattdessen auf faire Handelsbedingungen mit den USA einlassen, ohne versteckten Klima-Protektionismus.

Europa ist rohstoffarm, energieabhängig, importiert bis zu 60 Prozent seiner Energie von anderen Kontinenten. Eine geostrategisch vernünftige Lösung im deutschen Interesse führte zwangsläufig auch zu einer Wiederannäherung an Russland – wie unpopulär dies derzeit auch sein mag. Ohne russische Energie und Rohstoffe steht das europäische Wohlstandsmodell vor dem Aus.

Der Angriff auf eine eurasische Annäherung zwischen Kontinentaleuropa und dem ressourcenmächtigen Russland kam nicht aus Washington – auch wenn das in den Medien gebetsmühlenartig behauptet wird. Er kam aus dem Herzen der Europäischen Union.

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Kommentare ( 59 )

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Janosik
4 Tage her

Unsere Politik ist ignorant, weil sie in EU Schlamm suhlt. Hätte man vlt mit den Chinesen erst gesprochen und Termine verabredet, würde das bestimmt anders aussehen. Nur die deutschen „Diplomaten“ wissen wohl nicht mehr wie man es macht. Wenn Herr W. über die Effekte der Masseneinwanderung der türkischen (und italienischen) Arbeiter spricht, hat er auch Recht. Das gleiche sieht man jetzt in Polen – da haben 2m Ukrainer Arbeit – das ist einer der Gründe, warum Polen sich dermaßen entwickelt. Wer es nicht glauben will, sollte über die Oder schauen. Das bringt auch massiven politische Probleme natürlich und ob es… Mehr

Or
11 Tage her

Man fragt sich mittlerweile, wem diese Bundesregierung, diese EU überhaupt noch dient. Dem eigenen Land definitiv nicht.

Kassandra
12 Tage her

Trump trifft Xi am Donnerstag in Südkorea – und ist schon unterwegs nach Asien.

Kassandra
12 Tage her

Über Botschaften/r lesen Sie Joseph von Westphalen: „Im Diplomatischen Dienst“. 1. Band genügt und Sie wissen Bescheid. Ich kenne welche, die da gespiegelt werden – und die fühlen sich sehr getroffen.

Der Person
12 Tage her

„Eine Demütigung und Zurechtweisung für Deutschland.“ Eine gerechtfertigte Zurechtweisung durch China, eine Demütigung Deutschlands durch Wadephul. „Wadephul hätte dem Beispiel seiner Vorgängerin Annalena Baerbock folgen sollen…“ Das tut er doch: er brüskiert wichtige Handelspartner und zerstört so die Außenhandelsbeziehungen und das Ansehen Deutschlands. Warum wohl hat Merz ihn zum Außenminister ernannt, obwohl er sich mit seinem Interview bzw. dem darin geäußerten Russenhass komplett desavouiert hat? „Genau jetzt wäre allerdings eine EU-Delegation gefragt, die sich besser in den Windschatten der Amerikaner legen sollte.“ Es gibt keinen Windschatten, es gibt nur ein europäisches Vasallentum (wie es Brzeziński deskriptiv beschrieben hat). Siehe dazu… Mehr

Janosik
4 Tage her
Antworten an  Der Person

AFD wird genauso durch den Hegemon kontrolliert wie der Rest. Ich sehe da wenig Chancen auf Frieden und selbständiges agieren in Berlin.
Der Rest haben Sie aber perfekt getroffen.

Deutscher
12 Tage her

Also, wenn der an meiner Tür klingeln würde, würde ich auch nicht aufmachen…😁
Würde nur durch einen Schlitz sagen, dass ich grade Kuchen backe und keine Zeit habe.

maps
12 Tage her

Die Chinesen wissen längst, dass DE keine Rolle mehr spielt! Wenn 80 Millionen nur noch auf Schulden konsumieren und keine Technologien und Produktion mehr haben, dann spielt man keine Rolle mehr in der Welt. Das grosse BIP sagt rein gar nichts aus. Heute wird dann das nächste Kernkraftwerk gesprengt, die Chinesen lachen sich nur noch kaputt.

Deutscher
12 Tage her

Genau genommen haben die deutschen Wähler Deutschland degradiert. Sie haben mehrheitlich dem „Deutschland verrecke“-Block zugestimmt. Was haben sie dabei erwartet, wenn nicht, dass Deutschland verreckt?

Last edited 12 Tage her by Deutscher
Ich bin RECHTS
12 Tage her

Helmut Schmidt hatte recht:

„Wenn wir uns überall einmischen wollen, wo himmelschreiendes Unrecht geschieht, dann riskieren wir den Dritten Weltkrieg.“

Kassandra
12 Tage her
Antworten an  Ich bin RECHTS

Ja. Und dann kam auch noch so eine wie Baerbock nach Maas mit solchem Ansinnen, oder eine Schulz. Wenn nicht noch übler. Grausam.

Peter Gramm
12 Tage her

Deutschland sollte seine Politgrößen zurück holen die da wären….Habeck, Bärbock, Roth, KGE, Lang, Nouripour, Fischer der Benkoberater und sein Parteifreund Kretschmann, dann noch den Kugeleis-Trittin. Diese ganze Politprominenz u. a. und deren nachgewiesene Kompetenz in Sachen Ideologie bringt das Land zu Ende. Man sollte sie nur machen lassen. Nicht zu vergessen, die Alimentation müßte man erhöhen (vervierfachen z. B.). Fachexpertise ohne Beruf oder Studium und Einbildung hat eben seinen Preis..Ironie aus.