Noch zeichnen sich erst die Umrisse eines Skandals ab, mit menschlichen und politischen Abgründen bis in die Führungsspitze der Grünen-Partei hinein. Ist jemand kanzlertauglich, dessen engster Mitarbeiter Nutznießer einer der vielleicht schmutzigsten Wahlkampfintrigen in der Geschichte der Bundesrepublik ist?

Die großen Skandale beginnen leise, geradezu unauffällig und gewinnen scheinbar aus dem Nichts ihre Kraft. Noch zeichnen sich erst die Umrisse des Skandals ab, der menschliche und auch politische Abgründe der menschlichsten aller Parteien aufzeigt – und das bis in die Führungsspitze hinein, bis hin zum „Kandidaten für die Menschen“ Robert Habeck, aber auch bis tief in die grüne Verortung des RBB.
Die krude Geschichte scheint damit zu beginnen, dass die beiden Politiker der Grünen Stefan Gelbhaar, bis jetzt noch Bundestagsabgeordneter der Grünen, und Andreas Audretsch, ebenfalls Bundestagsabgeordneter der Grünen, sich um den sicheren Listenplatz 2 für die Wahl zum Bundestag, der erste um den man kämpfen kann, bewarben. Auf dem Listenplatz 1 steht die „Demokratie leben“ Ministerin Lisa Paus und auf dem Listenplatz 3 die Landesvorsitzende der Grünen Nina Stahr. In der mehr als auskömmlichen Versorgung der eigenen Funktionäre durch Steuergelder macht niemand den Grünen etwas vor. Nur dumm, wenn dennoch ein Kampf um die Futterplätze entbrennt.
Plötzlich und wie aus dem Nichts tauchten Anfang Dezember Vorwürfe wegen sexueller Belästigung gegen Stefan Gelbhaar auf. Etwa zeitgleich soll Gelbhaar laut Berliner Zeitung in der Bundesgeschäftsstelle der Grünen nahegelegt worden sein, auf seine Kandidatur für den Listenplatz 2 zu verzichten. Der Tagesspiegel berichtete: „Aus Grünen-Kreisen heißt es, die Vorwürfe innerhalb der Partei seien seit Montag bekannt. In den vergangenen Tagen sei dann um einen Umgang damit gerungen worden. Wohl auch deshalb, weil Gelbhaar zunächst nicht auf die Kandidatur habe verzichten wollen, heißt es.“
Nutznießer des Verzichtes wäre Habecks Wahlkampfmanager Audretsch gewesen. Möglich, dass man Gelbhaar den Deal vorgeschlagen hatte, auf den Listenplatz zu verzichten, dafür die Direktkandidatur zu behalten. Doch das bleibt vorerst noch Spekulation, wie es auch Spekulation bleiben muss, ob die Bundesgeschäftsstelle zu diesem Schritt von Andreas Audretsch, von den Parteivorsitzenden Banaszak und Brantner, Habecks rechter Hand, oder gar von Habeck selbst dazu ermuntert wurde.
Keine Spekulation ist es hingegen, dass sich Audretschs Chef, Robert Habeck, seit gestern nicht mehr nur auf der Flucht vor Alice Weidel befindet, sondern auch auf der Flucht vor der Presse, die er doch so sehr liebt und von der er doch so sehr geliebt wird. Habeck absolvierte gestern einen Wahlkampfauftritt in München. Nach dem Auftritt wollte Habeck ursprünglich Fragen von Journalisten beantworten. Doch die Journalisten warteten vergeblich. Habeck entschwand durch die Hintertür, während ein Sprecher der Grünen den Journalisten mitteilte, dass der Pressetermin ausfalle. Laut Bild „verweigerte Habeck“ schon zuvor „jedes Statement zum Gelbhaar-Skandal: Als BILD ihn zweimal danach fragte, ging Habeck einfach wortlos weiter“. Möglich, dass ihm die Fragen, die ihm zuvor gestellt worden waren, dazu bewogen, nicht zum Pressetermin zu erscheinen, sondern das Weite zu suchen. Denn die Angelegenheit ist brisant. Habecks Schweigen befeuert Mutmaßungen und auch Spekulationen. Wenn der um Worte nicht verlegene Mann nicht weiß, was er sagen soll, dann hat er etwas zu sagen, von dem er nicht weiß, wie er es äußern kann.
Bereits einen Tag zuvor konnte man im Tagesspiegel lesen: „Der Berliner Grünen-Bundestagsabgeordnete Stefan Gelbhaar hat überraschend seine Kandidatur für die Landesliste der Partei für die Bundestagswahl zurückgezogen. Mehrere Parteimitglieder sollen Vorwürfe der sexuellen Belästigung gegen ihn erhoben haben, berichteten Parteimitglieder dem Tagesspiegel übereinstimmend.“
Gelbhaar reagierte prompt: „In den letzten Tagen sind Vorwürfe gegen mich erhoben worden. Das muss parteiintern geklärt werden und das will ich jetzt erst klären.“ Sein Problem bestand aber darin, dass die Ombudsstelle der Partei weder die „Ankläger“, diejenigen also, die die Vorwürfe erhoben hatten, genannt, noch die konkreten Vorwürfe benannt hatte. Gelbhaar befand ich also in der Situation, in der sich die Angeklagten der Inquisition im Mittelalter und der frühen Neuzeit sahen, denen zwar mitgeteilt wurde, dass sie angeklagt worden sind, aber nicht wegen welcher konkreten Vorwürfe und von wem, so dass eine wirksame Verteidigung nahezu ausgeschlossen blieb.
Zwar wollten sich die Landesparteivorsitzenden Nina Stahr und Philmon Ghirmai nicht zu den Vorwürfen gegen den Bundestagsabgeordneten äußern, kündigten jedoch ein geordnetes Verfahren durch die Ombudsstelle bei der Bundesgeschäftsstelle an, taten aber schon mal kund: „Stefan Gelbhaar hat aufgrund von Beschwerden gegen seine Person beschlossen, dass er sich nicht um einen Listenplatz für die nächste Bundestagswahl bewerben wird.“ Bis zu dieser Stunde lagen nur anonyme Vorwürfe vor.
Dass Gelbhaar das Opfer eines Verfahrens im Stile grüner Inquisition wurde, die nicht nach Recht, sondern nach Ideologie und Gesinnung fragt, wurde spätestens dann deutlich, als Stahr und Girmani, die sich doch nicht äußeren wollten, nachlegten: „Wir unterstützen aktiv dabei, dass dieses Verfahren so gut und schnell wie möglich abgeschlossen werden kann und Personen, die sich gemeldet haben, Beratung in einem geschützten Raum erfahren.“ Damit wurden die anonymen Ankläger zu Opfern erklärt, bevor überhaupt feststand, ob sie Opfer waren, weil nicht klar war, ob es überhaupt eine Tat und mithin einen Täter gab. Gilt im Rechtsstaat die Unschuldsvermutung, so gilt im grünen Staat die Schuldgewissheit, denn in Berlin ist ein Opfer dann ein Opfer, nicht erst, wenn es tatsächlich ein Opfer ist, sondern bereits, wenn es sich als Opfer fühlt, weil auch derjenige diskriminiert ist, der sich als diskriminiert fühlt. Der trockene Sarkasmus des Schicksals lautet, dass Gelbhaar Opfer eines Systems wurde, das er mit erschaffen hatte. Das Thema der Kampfkandidatur, das Audretch möglicherweise fürchtete, war jedenfalls vom Tisch. „Unsere Demokratie“ funktionierte.
Ging es bei den Vorwürfen darum, Stefan Gelbhaar zu erpressen, den Platz für Audretsch freizuräumen. Wie viel wusste der Berliner Grüne aus dem linken Flügel davon? Was wusste Habeck? Übrigens ging der Listenplatz 3 an die Landesvorsitzende Nina Stahr.
Noch war Stefan Gelbhaar Direktkandidat von Berlin Pankow. Doch jetzt engagierte sich in auffallender Weise der RBB in der, man muss schon sagen, Vorverurteilung von Gelbhaar. Hierzu muss man wissen, dass der RBB bereits in den Wahlkampf für das Berliner Abgeordnetenhaus und in die Sondierungsgespräche 2021 eingriff – und zwar auf Seiten der Grünen. Man sollte dazu auch wissen, dass Andreas Audretsch früher für den RBB gearbeitet hatte, und der Mann der Berliner Fraktionsvorsitzenden der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus Bettina Jarasch Abteilungsleiter im RBB ist.
Kern der Berichterstattung des RBB, oder muss man schon sagen der Kampagne?, war eine anonyme Aussage einer Frau, die sich Anna K. nannte, dass sie von Stefan Gelbhaar sexuell belästigt worden war. Gelbhaars Direktkandidatur kam wieder auf die Tagesordnung und er unterlag in einer Wiederholung der Wahl Anfang Januar zum Direktkandidaten Julia Schneider. Obwohl kein Verfahren abgeschlossen und nichts bewiesen war, verlor Gelbhaar seine Kandidatur. Eine nicht unwichtige Rolle spielte hierbei der grüne RBB. Der frühere Tagesschau-Redakteur Alexander Teske schätzte gegenüber der NZZ im Interview ein: „Viele Journalisten wachsen in ähnlichen Kreisen auf, ihre Freunde denken gleich wie sie. Sie haben einen hohen Bildungsabschluss, erzielen ein hohes Einkommen, gehören zu städtischen Milieus – die klassische Stammwählerschaft der Grünen.“
Mittlerweile stellt sich heraus, dass jene ominöse Anna K. nicht existiert und ihre Existenz erfunden wurde, nebst deren eidesstaatlichen Erklärung. Der RBB flüchtet in eine Verteidigungshaltung für seine freundlich formuliert schlampige Arbeit, stürzt sich in die Löschung der Beiträge, die Gelbhaar belastet hatten, und stellt sich als Betrogener, selbst als Opfer, als verfolgte Unschuld dar: „Mittlerweile steht fest: Anne K. war nicht diejenige, für die sie sich ausgab. Mit hoher Wahrscheinlichkeit existiert diese Frau gar nicht.“ Bleibt nicht nur die Frage offen, weshalb niemand im RBB, nicht einmal der Justitiar erkannt hatten, dass die Eidesstaatliche Erklärung nicht rechtsgültig war. Der RBB stellte Strafanzeige.
Inzwischen verdichteten sich die Hinweise, dass die falsche Erklärung von der Vorsitzenden der Fraktion der Grünen in der BVV von Berlin Mitte, Shirin Kreße an den RBB weitergegeben worden sind, mehr noch, dass Kreße die falsche Identität erfunden haben könnte. Inzwischen legte Kreße alle Ämter nieder und trat aus der Partei der Grünen aus, vermutlich um einen Ausschluss zuvorzukommen. Kreße gehörte wie Audretsch dem linken Flügel der Partei in Berlin an, war Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft Feminismus, Fraktionssprecherin in der BVV für Gesundheit und Queerpolitik und Mitarbeiterin eines grünen Abgeordneten im Abgeordnetenhaus von Berlin. Laut Tagesspiegel hatte kurz vor dem Parteitag der Grünen Mitte Dezember 2024, in dem es um die Listenplätze ging, „Kreße bei einer Runde der Parteilinken laut Teilnehmern die Belästigungsvorwürfe erhoben“.
Ihre Machtbasis hatte sie bei der Grünen Jugend, die über Kreße schrieb: „Besonders wichtig ist ihr hierbei ihre intersektionale, feministische Perspektive, um mehr Repräsentativität für die Büger*innen zu schaffen und sich für Menschen jeglicher Diskriminierungserfahrungen stark zu machen.“ Apropos Grüne Jugend. Die „Berichterstattung“ des RBB feuerte die Co-Sprecherin der Grünen Jugend Leonie Wingerath mit den Worten an: „Es hat jetzt oberste Priorität, sich um die Betroffenen zu kümmern und diese Fälle aufzuarbeiten. Und das wird unsere Partei jetzt auch tun.“ Den Betroffenen müsse Glauben geschenkt werden. Ohne dass überhaupt ein Verfahren begonnen hatte, solle sich Gelbhaar als Spitzenkandidat zurückziehen und einer Frau Platz machen.
Doch weshalb engagierte sich Kreße gegen Gelbhaar – und ausgerechnet zugunsten ihres Parteifreundes Audretsch? Der behauptet erstmal: „Ich weiß nicht, welche Frauen Vorwürfe erhoben haben und habe mit dem gesamten Vorgang nichts zu tun.“ Wirklich nicht? Cui bono. Hätte Audretsch, der grüne Saubermann, nicht darauf dringen müssen, dass die Vorwürfe gegen seinen Konkurrenten geprüft werden, anstatt von der Vorverurteilung zu profitieren? Was wusste er von der Einbestellung Gelbhaars in die Bundesgeschäftsstelle? Kennen sich die Fraktionskollegen nicht, sehen sie sich nicht häufig im Bundestag? Hätte sich Audretsch gegen die Schmutzkampagne schlammigster Art, als sie auf Hochtouren lief, nicht aussprechen müssen?
Wenn Audretsch sich nun als das eigentliche Opfer geriert und jammert: „Jeder Versuch, mich in eine solche Verbindung zu bringen ist unzulässig und unredlich“, so erinnert die Schnelligkeit und die Art des Statements an Schillers „Kraniche des Ibykus“. Es ist nun an ihm, rückhaltlos offenzulegen, was er tatsächlich weiß – und was Robert Habeck davon wusste. Denn die Frage steht nun im Raum, ob jemand kanzlertauglich ist, dessen engster Mitarbeiter im Wahlkampf Nutznießer einer, vielleicht der schmutzigsten Wahlkampfintrige in der Geschichte der Bundesrepublik ist.
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Wirklich, es wird so langsam lächerlich hier. Diese Nummer ist alles andere als spezifisch grün, das gibt es in allen BRD Parteien gleichermaßen. Nun ist es gerade bei den Grünen mal aufgeflogen. Da sollte man nun aber nicht auf die Grünen prügeln, obwohl deren permanentes Moralgedöns wahrlich nervig ist, prügeln muß man das unsägliche Parteinsystem der BRD. Es ist längst zur Oligarchie verkommen und sollte durch ein ausschließliches Direktwahlsystem ersetzt werden.
Die Grünen sind genau der korrupte Haufen, den sie immer gerne an den Pranger stellen. Gut ist in diesem Fall nur, dass es die hier selbst trifft. Sie lügen und betrügen das Volk dem sie an Eides statt geschworen haben zu dienen. Ich habe kein Mitleid, egal wen es intern trifft. Ich hoffe nur, dass dies ein gerichtliches Nachspiel hat, die Richtigen aber voll trifft. Bei diesem selbstverliebten Pack, bade ich geradezu in Schadenfreude.
Herr Habeck ist auch ohne diesen Skandal absolut untauglich für jegliches Regierungsamt.
Die sogenannte „Affäre Gelbhaar“ verdeutlicht lediglich (abermals), wie verkommen, wie verlogen die bunt-feministisch-tolerante Welt der Bundesrepublik Deutschland ist: Geriert sich alltäglich als Hüter der Ethik, während sie zugleich Andersdenkenden, sprich die sogenannten „Rechten“, blasiert abspricht, ethisch handeln zu können (siehe auch die sogenannte „Klimaretterin“ Neubauer https://taz.de/Luisa-Neubauer-uebers-Waehlen-und-Kaempfen/!6059862/), wenngleich das jeweilige Gegenteil in Wahrheit zutrifft, das nunmehr täglich stärker seitens des indigenen Deutschen Volkes wahrgenommen wird, das wiederum, aufgrund des daraus speisenden Legitimitätsverlustes, den zeitnahen Untergang der bunt-feministisch-toleranten Welt der Bundesrepublik Deutschland bereithält!
Wer einmal unter und mit Linken als Linker lebte, sprich: ein Linker war, hat erfahren, welche charakterlichen Abgründe sich hinter der Fassade der selbsgefälligen moralischen Hybris auftun. Für mich war es ein schmerzhafter Prozess, diese Erkenntnis zu verdauen.
Ich vermisse übrigens ein Photo von Frau Kreße. Dies würde helfen zu verstehen, welche Skrupellosigkeit Linke dabei an den Tag legen, andere für sich Feuer im Keller zu legen.
Die „Sauberfrauen“ im linken Flügel der Grünen, sowie des RBB, bei der Arbeit! Wer glaubt denn, dass diese Operation auf dem Mist der Shirin Kreße gewachsen ist?
Man darf/muss sich aber auch fragen, warum es gerade Herr Gelbhaar ist, der zum Opfer wurde.
Zumindest aber machen die Grünen „Herolde“ neuerlich kaum noch einen Hehl daraus, die Avokado der Politik zu sein.
Aussen grün und innen……
Für die SZ wird die Sache bloß immerzu absurder – nicht jedoch unerträglich skandalös, wiewohl jemandem sein Ruf/Karriere/Leben durch großangelegte Verleumdung ( bei der sogar das Fernsehen mitmachte) ruiniert werden sollte.
Zum einem ist es gut zu sehen, das die Grünen damit rechnen weit weniger Stimmen als das letzte mal zu bekommen und nun der engere Kreis zusammen rutscht.
Zum anderen zeigt sich der elendigste undemokratische Zustand dieser Partei. Ein initiierter „Skandal“ zur Posten-Schieberei.
Auch ganz ohne Wahl kann schon jetzt, anhand der Partei-Listen die bestimmenden Köpfe des nächsten Bundestages ersehen werden.
Vielleicht sollten bei den nächsten Hochrechnungen gleich die voraussichtlichen Zweitstimmen-Abgeordneten eingeblendet werden.
Hier zeigt sich nur eines: Der geistig-moralische Niedergang. Meldestellen, Denunzianten, Spitzel, Verdachtsgemurmel, nichts Konkretes, kein rechtliches Gehör, Beweislastumkehr, Vorverurteilung…insb. bei Männern….Wählt ruhig Grüne. Am Ende steht vielleicht noch das Umerziehungslager…..
In jeder Ampelpartei + CDU – Partei gilt: Feind, Erzfeind, Parteifreund. Wie soll denn Jemand dieser ungelernten Nichtskönner-Truppe auch überleben ohne Partei“karriere“?