Wann ist ein Mann ein Mann?

Männer: toxisch, überflüssig, obsolet? Mitnichten! Wohin eine Gesellschaftsordnung führt, die von Tatkraft, Risikobereitschaft, Verantwortungsübernahme nichts mehr wissen will, sehen wir an allen Ecken und Enden – es ist Zeit für eine Rückkehr des Mannes.

picture alliance / Andrea Renault/STAR MAX/IPx | Andrea Renault/STAR MAX/IPx

Was für ein Pamphlet! Ach was: Es ist ein Liebesbrief. Der Dramatiker und Drehbuchautor David Mamet hat in höchsten Tönen nach dem Mann gerufen. Nach diesem anachronistischen Exemplar, das Dinge repariert, einen Fisch ausnehmen und Feuer machen kann. Nach diesem: „Er kannte die Welt, weil er sie angefasst hatte.“

Die Schweizer Weltwoche hat Mamets sehnsüchtige Beschwörung übersetzt und gedruckt – und dieses Gebet sei allen ans Herz gelegt, die Männer nicht als überflüssig oder gar toxisch empfinden. Oder jungen Männern, die nicht wissen, was ein Mann ist, weil es schon ihr Vater nicht wusste.

Alle haben sie daran mitgearbeitet, den Jungen das Mannsein auszutreiben, das fing an mit den Kita-Tanten, ging weiter in der Schule, wo sie sich ein Beispiel an den braven Mädchen nehmen sollten statt zu raufen und laute Jungsspiele zu spielen.

Und dann mussten sie üben, über ihre Gefühle zu sprechen. Welcher Junge kann das heute nicht? Und wenn es nur simuliert wäre? Doch die Welt rückte ihm so immer ferner, die Welt mit ihren Schwierigkeiten, die es zu überwinden gilt. „Einst, da gab es Schwellen, Momente in denen ein Junge mit Angst, Erschöpfung und Scheitern konfrontiert wurde (…), damit er sich beweisen konnte.“
Und das Gefühl genießen durfte, obsiegt zu haben – auch gegen die eigene Schwäche. Und was ist das für ein großes Gefühl! „Freiheit ist nicht das Fehlen von Begrenzungen, sondern deren Überwindung.“

Doch nein – eine solche Herausforderung birgt doch ein Risiko! Und die heutige Gesellschaft möchte jegliches Risiko abschaffen. Wettbewerb? Womöglich gar noch mit Siegern? „Und so können Spiele, die nach dem Schema eines Wettbewerbs stattfinden, durchaus einen negativen Effekt haben, wenn sich der eine oder andere Teilnehmer dem Spielziel einfach nicht gewachsen fühlt“, tönt es von „Praktikern der „Jugendarbeit“.

Dieses kränkende Erlebnis soll der Jugend erspart bleiben, alle sind Sieger, denn Mitmachen ist die Hauptsache! Alles, was kränken könnte, muss weg, laute Worte, falsche Ansichten, die jemandem weh tun könnten.

„Das Ergebnis einer Diskussion ist weniger relevant als die Tatsache, dass sie überhaupt stattgefunden hat und alle teilnehmen durften“, zitiert Birgit Kelle die Beschreibung der weiblichen Art der Debatte bei Helen Andrews. So schön. Aber so bekommt man nicht gerade viel erledigt.

Der neue Mann hat längst gelernt, dass man Frauen auch in helfender Absicht nicht zu nahe kommen darf. Anmaßend!, heißt es dann. Übergriffig! Und so hat er sich zurückgezogen in seine ganz eigene Welt: als Technerd, der zehn Browsertabs auf einmal überblicken kann. „In der modernen Vorstellung ist der Held ein Denker, kein Maurer; ein Aktivist, kein Handwerker.“

Fragt man sich da nicht langsam, ob Männer überhaupt noch von Nutzen sein können? Ob sie nicht besser auf den Müllhaufen gehören, also zu „ihresgleichen“, wie die irgendwie nichtbinäre und nichtschlanke Hengameh Yagoobifarah einst meinte in Bezug auf Polizisten? Männer sind toxisch, sagen gewisse Feministinnen gern. Das sollte als Einschüchterung genügen. Also sind die Frauen schuld am erbärmlichen Bild, das der moderne Lauch abgibt?

Ja und nein, meint Birgit Kelle. Ja, Männer sind kampfloser, bequemer, verweichlichter, risikoärmer und wettbewerbsscheuer geworden. „Doch wer hat diese Männer in diesem Geist großgezogen? In der Regel ihre Mütter, aber auch Väter, die sich aus ihrer Verantwortung stahlen, aus den Jungs ganze Kerle zu machen und in einer neuen Zeit der Gleichberechtigung der Geschlechter eine Balance zwischen gesunder Männlichkeit und präsenter Weiblichkeit zu finden.“

Was wäre das schön! „Der Wert eines Mannes wird nicht danach bemessen, was er sagt, sondern danach, was er zu reparieren vermag“, meint David Mamet. Und wenn er darüber hinaus auch etwas zu sagen hat – umso besser.

Ich habe das Glück, einen Magister in Soziologie zu kennen, der jedes Gewerk beherrscht. Wer alte Häuser liebt, weiß, dass nur ein Künstler als Handwerker die Seele eines Hauses zu erfühlen vermag. Sicher hat Mamet recht: Die Tugend des kompetenten Mannes besteht darin, „das zu tun, was getan werden musste, unabhängig von Gefühlen“. Gefühle werden überbewertet.

Aber der Mann, der „die Heiligkeit von Arbeit“ wiederentdeckt, hat irgendwie das richtige Gefühl.


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Kommentare ( 56 )

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56 Comments
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WandererX
15 Tage her

Diese Jahr ist ein Jubiläum, 50 Jahre politischer Feminismus auf massenmedialer Ebene in Deutschland. Die ersten 15 Jahre waren nur an linken Uni- Städten wie Kassel reichlich schräg, dann wurde es aber auf breiter ebene schwierig. Verdorben wurde es in D. insbesondere über die Kopie des puritanischen US- Feminismus – damit wurde der ganze angelsächsische Wahn hier etabliert! (eine echte Kolonialisiierung – über Frauen wie Petra Kelley ff !) Die Männer ertragen dies nun schon bis zu fünfzig Jahre lang. Geschadet hat es eher den unter 50 Jährigen, wie leider verwirrt wurden. Die kulturelle Power der 20- 50 Jährigen hält… Mehr

Kassandra
18 Tage her

Er hier vergleicht die Kunst im Abendland mit der in Afrika hinsichtlich der Darstellung von Männlichkeit. Sehen Sie selbst: https://x.com/RadioGenoa/status/1861651631856644214

Judith Panther
17 Tage her
Antworten an  Kassandra

Der alte Holzmichel – er lebt! Nur ist sein drittes Bein etwas zu kurz geraten.

GermanMichel
18 Tage her

Die Eliten fahren zweigleisig:

– Softies im Land, damit es keine Revolution gibt.

– Archaisch brutale Kriegsführung gegen äußere Feinde

Die Frage ist daher, brauchen sie Männer oder Kanonenfutter welches sich, der Männlichkeit wegen, freiwillig meldet?

Schwermetaller
19 Tage her

„…Birgit Kelle.“
Schön, daß Sie die Dame erwähnen. An die mußte ich nämlich sofort denken, als ich die Überschrift las. Was der Autorin versuchtes Aufspringen auf diesen Zug betrifft: Ich denke, sollte Madame jemals mit der Welt jenseits von Bullerbü konfrontiert werden, würde sie töten und wenn es sein müsste auch die ganze Welt in Brand setzen, um nach Bullerbü zurückzugelangen. Das Gegenteil möchte ich bewiesen sehen, bevor ich meine Meinung ändere.

Anglesachse
19 Tage her

Danke für die Zeilen! Ich habe Männer erlebt, die den Schneid hatten, als Witwer 3 Kinder in Liebe grosszuziehen und ich habe Männer kennengelernt, die um Ihre toten Kinder weinten! Ein Mann ist ein Widerspruch in sich. Nur „nach der Nudel“ zu beurteilen, ist ein Ergebnis des Sexismusses. Mein Käpt,n hat mir mal gesagt: „Im Innern sind wir ALLE rosa…“ Gilt für alle Menschen dieser Welt, ob blau, grün o. m/w/d. Und nie vergessen: Es waren Frauen, die uns Männer geschaffen und gebettet hatten. In Jedem Mann steckt darum auch eine Frau und unsere Brustwarzen zeugen von unserer Herkunft. Wann… Mehr

Kassandra
18 Tage her
Antworten an  Anglesachse

Das kommt doch ganz auf uns und auf die jeweils individuelle Begebenheit an, wann und wo wir uns finden.
Zumal es welche gibt, die bei dem allen von Anbeginn an gar nicht mitmachen!

rainer erich
19 Tage her

Richtig, wobei hier zutreffend nicht nur der Mann als solches gemeint ist, sondern das, was ihn , auch im Unterschied zu den Damen, ausmacht. Es ist, wie immer, wichtig , Begriffe zu definueren, in diesem Fall die Effeminisierung. Er beschreibt nicht allein das durchaus gravierende Problem der Tätigkeit der Damen in bestimmten Berufen und das, was sie daraus “ machen „, sondern die Ablösung nahezu aller Mechanismen, Denk -, Sicht – und Vorgehensweisen an Aufgaben und Probleme. Eine Transformation , deren gravierende Folgen in einer immer noch evolutionär funktionierenden, zudem komplexen Welt für die Entitäten immer noch nicht begriffen werden.… Mehr

eschenbach
19 Tage her

Sind Männer überflüssig? Ich wohne mitten in der Stadt. Wenn ich aus dem Fenster schaue, entdecke ich in denen anderer Häuser ein paar Blumen – Arrangements, von denen ich annehme, dass sie von den Frauen gestaltet wurden. Der komplette Rest des Panoramas kommt von uns.

Kassandra
18 Tage her
Antworten an  eschenbach

Ja. Ich glaube, es war Klonovsky der erdachte oder zitierte, dass nicht viel bliebe, würde man all die Erfindungen oder Errichtungen des weißen Mannes wieder aus der Welt eliminieren.
Hat jemand den kompletten Text?

joly
17 Tage her
Antworten an  Kassandra

Braucht man nicht. Ohne unsere Medizin, ohne unsere Chemie, ohne unsere Technik ohne unsere Lebensmittel und ohne unser Geld, hätten wir keine Überbevölkerung und könnten uns als Pascha von 20 Bimbos verwöhnen lassen. Ein Leben wie in der Zeit der Brien in Indien oder der Südstaatler auf ihren Plantagen.

libelle
19 Tage her

Ein Mann ist der, für den der Gott das Eisen wachsen ließ. Dem er den kühnen Mut und den Zorn der freien Rede gab, daß er bestände bis aufs Blut bis in den Tod die Fehde. Wobei das Eisen heute nicht physisch zu verstehen ist sondern als das Schwert der Wahrheit und der Erkenntnis dessen, was das Richtige und Gute und was das Falsche und Böse. Den stolzen Mut des Einstehens für das als richtig und gut erkannte, gegen das Falsche und Böse. des Einstehens für seine Liebsten und für seine Nächsten, für ihr Eigentum, Leben und Unversehrtheit seiner Liebsten.… Mehr

Hueckfried69
19 Tage her

Wäre nicht der überwiegende Teil der Lehrerschaft, besonders in den Grundschulen, weiblich, sähen die Dinge anders aus. Es braucht Maßnahmen, um den Job für Männer interessant zu machen. Und eine entsprechende Vorauswahl.

H. Priess
19 Tage her

Immer mehr Männer entscheiden sich dafür Single zu bleiben, warum wohl? Immer mehr Frauen sind Alleinerziehende, warum wohl? Immer mehr Frauen sitzen mit 40 in ihrer Wohnung und leben mit ihren Katzen zusammen, warum wohl? Im Internet werden Männer von Weibern zusammengeschrien die ich nicht mal mit der Kneifzange anfangen würde, die bestimmen was Frauen gefälligt von Männern zu denken haben. Wenn ein Mann es wagt, sich diesen Umgang, diesen Ton zu verbitten wird er in den social Medien hingerichtet und alle aber auch alle machen mit sogar die Verräter der Männlichkeit die Stolz ihren Dutt durch die Gegend tragen.… Mehr