USA, China und Russland – die neuen „großen Drei“

Am Ende kann eine scheinbar tripolare Welt stehen, in der die USA und China gemeinsam den Ton angeben, während Russland akzeptieren und mitspielen kann oder am Katzentisch sitzen: An dem die Europäer beim globalen Poker nicht einmal Kartengeber sind.

© Dusty Howell/U.S. Navy via Getty Images
Flugzeugträger USS Carl Vinson

„Trump bekämpft Assad – Droht jetzt ein globaler Konflikt?“ So titelte die ARD mit der bei der Will Media GmbH eingekauften Gesprächs-Schau am vergangenen Sonntag. Weltkrieg? Quote ist alles für die Dauertalker, die zwangsentrichtete Gebühren in ihre privaten Produktionstaschen umlenken. Also zeichnete die Überschrift mal eben kurz den Weltuntergang an die Wand. Dazu eine mehr oder weniger erlauchte Runde – Stephan Paetow hatte das Trauerspiel hier bei TE beschrieben – beschränken wir uns also auf die Feststellung, dass Will Media dem Anti-Amerikaner und Kenner des ägyptischen Kinos, Michael Lüders, dabei half, den Buch-Verkauf seiner „Verschwörungstheorien“ (so John Kornblum) anzuheizen.

Hintergrund der sachlich in doppelter Hinsicht falschen Überschrift: Die Amerikaner unter ihrem neuen Präsidenten Donald Trump hatten einen rund 40 Millionen Dollar teuren Tomahawk-Angriff auf eine syrische Flugbasis durchgeführt. Und schon sahen die ständig Ängstlichen den Weltfrieden gefährdet. Dabei richtete sich der Angriff nur scheinbar gegen den „Löwen“ Assad, und der Weltfriede ist derzeit weniger bedroht denn je zuvor.

Die Fehler der USA

Doch blicken wir zuerst auf die USA. Es ist unstrittig: Die US-amerikanische Politik im Nahen und Mittleren Osten zeichnete sich in der Vergangenheit nur selten durch Sachkenntnis, Konsequenz und strategisches Denken aus. Die Intervention in Afghanistan als Reaktion auf die Attacke auf die New Yorker Twintowers war halbherzig, produzierte Kosmetik, ohne das Übel an der Wurzel packen zu können. Der sogenannte Dritte Golfkrieg gegen den Irak beseitigte zwar den ungeliebten Diktator Saddam Hussein, veranlasste jedoch den Aufstieg der islamischen Fundamentalisten des Da’ish beziehungsweise Islamischen Staats. Die Unterstützung der Rebellen gegen Muamar Qadafi in Libyen hinterließ einen failed state, zerrissen durch traditionelle Stammeskonflikte und islamische Radikale. In beiden Fällen wären die USA gut beraten gewesen, mit den säkularen, in westlicher Tradition denkenden Despoten einen direkten Kontakt zu suchen: Zuckerbrot und Peitsche hätten beide dazu bewegen können, einen behutsamen Weg der Demokratisierung zu gehen.

Hussein befand sich in traditioneller Kampfstellung gegen den Iran. Allein schon damit hätten sich gemeinsame Interessen finden lassen können.

Qadafis Sohn Saif hatte in einem Interview lange vor der Rebellion deutlich gemacht, dass er einen kooperativen Weg in der Nachfolge seines Vaters gehen wollte. Mit ihm an der Spitze hätte Libyen vermutlich für Europa und den Westen zum Partner einer behutsamen Demokratisierung werden können.

Vertane Chancen also auch deshalb, weil die amerikanischen NeoKons um Paul Wolfowitz davon träumten, die US-Demokratie Eins zu Eins in den islamisch geprägten Ländern zwischen Atlantik und Indischem Ozean implantieren zu können – das klassische US-Problem, nicht zu begreifen, dass tatsächlich nur US-Amerikaner wie US-Amerikaner denken und funktionieren.

Ähnlich stellte sich die Situation in Syrien dar. Die Unterstützung der gemäßigten Rebellen gegen Assad konnte zwar den Krieg befeuern – zur Entscheidung allerdings reichte der Einsatz nie. Und Seite an Seite mit den islamischen Fundamentalisten aus Saudi-Arabien und der Türkei zu kämpfen, ersetzt im Zweifel nur die Pest durch die Cholera. Statt entweder konsequent die Finger aus Syrien herauszuhalten oder nicht den Fehler einer halbherzigen Pseudo-Intervention wie in Libyen zu wiederholen, tröpfelten die USA zwar Öl auf das syrische Feuer – doch sie schufen gleichzeitig das Machtvakuum, in das Russland und der Iran hineinstoßen konnten.

Die beschwiegene Bilanz
Das verheerende Vermächtnis des Barack Obama
Barack Obama war so sehr mit seiner Innenpolitik beschäftigt, dass ihn die außenpolitischen Verstrickungen der USA offensichtlich nur peripher interessierten. Die mehr als zurückhaltende Reaktion auf die Annektion der Krim und die Besetzung der Ostukraine machten den Leningrader Geheimdienstler mit KGB-Ausbildung mutig. Hatte Putin nach Beginn des innersyrischen Krieges noch erwartet, dass die USA massiv eingreifen und Assad schnell abräumen werden, gaben ihm Obamas „rote Linien“, die ohne Konsequenzen überschritten werden konnten, den Mut, selbst aktiv als Kriegspartei in Syrien zu intervenieren und seinen dortigen Stützpunkt zu sichern. Putins Politik schuf Fakten, während die USA beständig zurückwichen und zunehmend mehr als internationaler Papiertiger wahrgenommen wurden.

Der globale Konflikt, den Will-Media am Wochenende beschwor, schien so tatsächlich Stück um Stück näher zu rücken. Denn vor allem Putin glaubte, nachdem seine Atomkriegsdrohung angesichts der Ostukraine-Okkupation 2014 eine völlig desorientierte NATO traf, die USA und den Westen vor sich hertreiben zu können. Sein Erfolg schien im Recht zu geben. Ein globaler Konflikt schien tatsächlich wieder möglich zu sein und die russischen Provokationen von Nordmeer über Ostsee bis Mittelmeer gerieten mehrfach an die Grenze eines heißen Konflikts. Putin testete aus, wie weit er gehen konnte – und er bekam das Gefühl einer NATO als wehrloser Spielball seiner Interessen.

Als bei den US-Wahlen für viele überraschend Donald Trump das Rennen machte, knallten in Moskau die Champagnerkorken. Trumps Wahlkampfsignale schienen darauf hinzudeuten, nun endlich mit Putin auf Augenhöhe umgehen zu wollen. Zar Putin wähnte sich am Ziel seines Anspruchs – sein ständig am wirtschaftlichen Zusammenbruch vorbeischrammendes Land sollte wieder nicht nur als Großmacht, sondern Weltmacht auftreten können. Er sollte Recht behalten – und doch einem fundamentalen Irrtum unterliegen.

Die Kavallerie-Attacke in Syrien

Der unerwartet wie eine Kavallerie-Attacke durchgeführte Angriff auf die Airbase Sheirat war exzellent geplant – und wurde so durchgeführt, dass wenig menschliche Opfer zu beklagen sind. Putins deutsches Propagandaorgan „Sputnik“ freute sich zwar darüber, dass angeblich nur 23 Raketen ihr Ziel erreicht hätten und führte dieses auf ominöse „elektronische Kampfführungsmittel“ Russlands zurück – es verkannte dabei jedoch, dass die hochmodernen Nachfolger der V1-Marschflugkörper eine Präzisionsgenauigkeit von einem Meter haben und tatsächlich alle 59 dort trafen, wo sie treffen sollten. Die US-Marine hatte den rund 15 Minuten dauernden Angriff als Ringfeuer gestartet: Die Soldaten auf dem Stützpunkt sollten die Gefahr rechtzeitig erkennen und die Chance haben, zu verschwinden. Ihre Jets allerdings sollten sie verlieren, die Basis für längere Zeit funktionsunfähig werden.

Schon während der Attacke hielt sich Russland ungewohnt zurück. Kein einziges ihrer Raketenabwehrsysteme der S-Klasse und jener BUK, mit der über der Ukraine das niederländische Zivilflugzeug abgeschossen worden war, kam zum Einsatz. Unfähigkeit oder Kalkül? Mit Sicherheit letzteres. Denn wenn auch die Tomahawk darauf ausgelegt sind, gegnerische Flugabwehrmöglichkeiten zu unterfliegen, so hätten die Russen doch, wären sie von dem Einsatz unvorbereitet überrascht worden, zumindest den Versuch unternehmen können, wenn auch nicht alle, so doch zumindest einige der 59 Marschflugkörper vom Himmel zu holen. Aber es geschah – nichts.

Russland war informiert

Die Russen waren informiert. Sie wussten: Der Angriff richtete sich nicht gegen ihre in Syrien stationierten Truppen, sondern ausschließlich gegen die des Assad. Und das schien ihnen durchaus nicht unangenehm zu sein, denn es führte dem Alawiten in Damaskus seine eigene Hilflosigkeit vor Augen. Gleichzeitig aber war die Attacke auch ein Signal an den Kreml. Es lautete: Wir haben an einem bewaffneten Konflikt mit euch kein Interesse. Assad aber ist euer Problem – und wenn ihr es nicht beseitigt, dann sind wir mit tödlicher Präzision in der Lage, es auf unsere Weise aus der Welt zu räumen, indem wir seinen Palast in Damaskus ebenso dem Erdboden gleich machen, wie wir es mit der Airbase getan haben.

Ohne Russland ist Assad nichts – die Moskauer haben nichts dagegen, dass dem Syrer dieses auf diese drastische Weise vor Augen geführt wurde. Also beließ man es bei den üblichen Protest- und Schimpftiraden – und erklärte gleichzeitig die Bereitschaft, mit US-Außenminister Rex Tillerson die Weltlage vertraulich zu erörtern. Ist das nun die Augenhöhe, die Putin anstrebt? So will es scheinen – und doch hat sich genau diese Weltlage grundlegend verändert. Wurde Obama als Papierflieger ohne Mumm wahrgenommen, so hat die Trump-Administration nun gezeigt, dass sie nicht nur fähig ist, massive Luftschläge durchzuführen – sie ist auch bereit, das ohne jegliche Rücksprache mit anderen zu tun. Trumps „America First“ hat plötzlich wieder eine Bedeutung – und eine deutlich andere als von zahlreichen Kritikern und Beobachtern nach wie vor angenommen.

Zurück auf der globalen Bühne

Die USA sind zurück auf der globalen Bühne. Sie definieren ihre Rolle entsprechend dem Anspruch der Republicans als Weltführungsmacht Nummer Eins – und sie sind bereit, aus dieser Position der Weltführungsmacht heraus auf Augenhöhe den Konkurrenten darzulegen, was sie von ihnen erwarten. Gepaart mit der methodischen Unberechenbarkeit Trumps entsteht gerade eine Neustrukturierung diplomatischer Gepflogenheiten, die die klassische Behutsamkeit – von den Deutschen nach 1945 erst mühsam erlernt – durch das Modell Rumpelstilzchen ersetzt. Damit nachvollziehen die USA nun, was Putin ihnen erfolgreich vorgemacht hat. Sich nicht in die Karten schauen lassen, jeden Vorteil rücksichtslos nutzen – und vor allem den Gegner niemals ahnen lassen, was man tatsächlich vor hat und tun wird.

Insofern zielte der Angriff auf die Flugbasis tatsächlich auch nicht gegen Assad – das eigentliche Ziel hieß Moskau. Die Russen sollten begreifen, dass sie ihre globalen Spielchen einzustellen haben. Putin sollte verstehen, dass die USA ihm nichts mehr widerstandslos würden durchgehen lassen. Trump tat das, was ich in der Dezemberausgabe von TE-Print geschrieben hatte: Er reichte den Russen die Hand zur Zusammenarbeit, um in der anderen den Beidhänder zum Schlag bereit zu halten.

Der richtige Zeitpunkt

Der Zeitpunkt, wieder eigene, amerikanische Akzente zu setzen, ist gut gewählt. Der Syrien-Einsatz Russlands hat Putins strategisches Ziel längst erreicht. Er hat seine Präsenz im Mittelmeer gesichert und darf wieder auf scheinbarer Augenhöhe mit dem ganz Großen am Tisch sitzen. Darum ging es ihm – Assad war immer nur Schachfigur und das Schicksal der Menschen in Syrien interessiert einen Putin ohnehin nicht. Gleichzeitig aber quälen den Leningrader zunehmend mehr innenpolitische Sorgen. Der allein seinen maroden Haushalt rettende Ölpreis verharrt nach wie vor auf einem Niveau, das das Finanzloch in Moskaus Taschen von Tag zu Tag größer werden lässt. Die Sa‘udi, selbst von Geldsorgen geplagt, werden kaum bereit sein, ihre Produktion tatsächlich maßgeblich zu drosseln. Auch der wieder aktiv im Ölgeschäft tätige Iran braucht dringend Geld. Und mit seinen bisherigen Entscheidungen zur Energiepolitik hat Trump zum Leidwesen der Öko-Fraktion den Weg freigemacht, die USA abschließend von Energie-Importen unabhängig zu machen. Insofern spricht nichts dafür, dass der Ölpreis sich auf ein für Russland gewinnträchtiges Niveau bewegen wird.

In einer solchen Situation wird der Syrienkrieg nun langsam lästig – und wenn es dann noch einem unbedeutenden Oppositionspolitiker wie Alexej Nawalny gelingt, angesichts der Korruption des Dmitri Medwedew zehntausende Russen auf die Straße zu bringen, dann begreift gerade Putin, dem der von ihm miterlebte Zerfall der DDR auf immerdar tief in den Knochen steckt, dass es Zeit ist, sich auf die Innenpolitik zu konzentrieren. Eine Wiederholung des für die Sowjetunion tödlichen Wettrüstens in den Achtzigern des vergangenen Jahrhunderts darf sich nicht wiederholen, will Putin nicht am Ende aus dem Amt gefegt werden. Putin hat daher ein großes Interesse daran, das Kräftemessen mit den USA nicht eskalieren zu lassen.

USA-China – eine neue Partnerschaft?

Bemerkenswert ist neben dem US-Verhältnis zu Russland auch die Beziehung zu China, dem von manchem Beobachter ebenfalls eine bedeutsame, dabei aber überbewertete Rolle im Syrien-Konflikt zugewiesen wird. Es mag auf den ersten Blick erstaunen, dass Trump mit Familie Xi freundschaftlich in Florida diniert, während gleichzeitig ein Luftschlag gegen Assad erfolgt und die USA einen Flugzeugträgerverband Richtung Nordkorea, vor die Haustür des Gastes, auf den Weg schickten. An sich völlig unnötig, denn die USA haben längst hochwirksame U-Boote der Ohio-Klasse vor den Küsten der Halbinsel stationiert. Sollte ein Schlag gegen Kim als notwendig erachtet werden, so könnten diese Kampfschiffe diesen problemlos durchführen. Wozu also noch den Verband dorthin schicken? Provokation? Nein, einfach nur ein über Wasser deutlich erkennbares Zeichen der Entschlossenheit.

Anders als bei dem Antrittsbesuch des deutschen Bundeskanzlers schien das Verhältnis der beiden scheinbar ungleichen Partner aus dem kapitalistischen Amerika und dem kommunistischen China sehr harmonisch abgelaufen zu sein. Der Grund dafür liegt auf der Hand.

Einerseits ist Chinas Wirtschaft von der amerikanischen ebenso abhängig wie von der europäischen. Ohne diese Märkte bricht Chinas Wirtschaft mit unabsehbaren Folgen für die Pekinger Führung zusammen. Russland, dessen Putin immer noch davon träumt, eine gegen USA und EU gerichtete Achse Moskau-Peking aufzubauen, ist für die Chinesen als Wirtschaftspartner unbedeutend. Russland ist Rohstofflieferant und Verpächter von Agrarflächen. Mehr nicht. Die zahllosen chinesischen Arbeiter, die von der Belieferung des kapitalistischen Weltmarkts abhängig sind, könnten auf diese Zulieferungen jedoch schnell verzichten müssen, sollten ihre Produkte keine Abnehmer mehr finden. Also hängt China untrennbar am Westen – und spielt mit Russland.

Andererseits ist China für die USA ebenfalls ein unverzichtbarer Wirtschafts- und Finanzpartner – auch wenn Trump offiziell in ein anderes Horn gestoßen hat. Die beiden Länder sind aufeinander angewiesen. Und dazu gehört auch, dass Südkorea und Japan als kapitalistische Vorposten den Chinesen die Tür zum Weltmarkt und zu wichtigen Innovationen offen halten.

Die unselige Erbschaft Maos

Nordkorea hingegen ist für Xi mittlerweile nichts anderes als eine lästige Erbschaft aus den Tagen des revolutionären Mao. So ist das Land, dessen psychopathischer Chef ständig mit Atomwaffen hantiert und sich nicht im geringsten um UN-Resolutionen kümmert, ein Problem, dass die beiden Großmächte eint. Kims Atomwaffen sind im Ernstfall schneller in Peking als in Los Angeles. Insofern hat China nicht das geringste Interesse daran, einen unkontrollierbaren Bombenwerfer vor der eigenen Haustür zu haben.

Mit seiner Syrien-Attacke ebenso wie mit der Verlegung des Flugzeugträgers hat Trump auch an China ein unmissverständliches Signal gesandt: So wie Assad ein russisches Problem ist, das wir notfalls im Alleingang lösen können, so ist Kim ein chinesisches Problem. Bekommt China das nicht in den Griff, sind die USA auch zum Alleingang bereit. Das wiederum würde China nicht gefallen – und zwar nicht deshalb, weil es sich dem Diktator ideologisch verbunden fühlt, sondern weil es Nordkoreas Bodenschätze gern selbst ausbeuten möchte und die südmandschurischen Gebiete als sein eigenes Anspruchsgebiet betrachtet. An einem bewaffneten Konflikt auf der koreanischen Halbinsel haben die Pekinger nicht das geringste Interesse – so wie sie auch kein Interesse daran haben, mit den Amerikanern in ein bewaffnetes Kräftemessen einzutreten.

Abgestimmtes Vorgehen gegen Kim?

Wie also könnte hier die Lösung aussehen? Was würde beide Großmächte in ihren Zielen einen und dabei die Gesichtswahrung vor allem der Chinesen sichern? Ein chinesischer Einmarsch in Nordkorea mit der Ablösung des Psychopathen und der Installation eines in jeder Hinsicht Peking-hörigen Vasallensystems scheint hier die einfachste Lösung zu sein. Doch es würde die Chinesen zu viel Gesicht kosten. Weshalb auch andere Varianten möglich erscheinen.

Sollte es Peking nicht gelingen, Kim beispielsweise durch eine vom nordkoreanischen Militär erfolgreich durchgeführte Palastrevolte zu beseitigen, wäre ein geschicktes Zusammenspiel von Amerikanern und Chinesen durchaus denkbar. Die USA müssten angesichts einer erneuten Provokation ähnlich Syrien zu einem gezielten Militärschlag ausholen. Der allerdings müsste, um einen Racheakt gegen Südkorea zu verhindern, so präzise geführt werden, dass damit die Vernichtung der nordkoreanischen Gegenschlagskapazität nachhaltig zerstört wird. Also wird es mit 59 Tomahawks nicht getan sein.

Scheinbar müsste ein derartiger Erstschlag unmittelbar China auf den Plan rufen – doch denken wir das Planspiel einmal weiter. Chinas Militär verfügt nach wie vor über enge Verbindungen zu den nordkoreanischen Kollegen. Deren Loyalität zu Kim basiert nicht auf Liebe, sondern auf Furcht vor dessen Unberechenbarkeit. Könnte es also den Chinesen gelingen, in Erwartung eines US-Schlags diese Miltärs zum Stillhalten zu bewegen? Könnte China – nach dem üblichen mündlichen Protest – in dem US-Angriff den offiziellen Anlass sehen, umgehend in Nordkorea einzumarschieren, um das befreundete Land gegen eine vorgebliche Invasion zu beschützen? Und damit das Land faktisch übernehmen?

Sollte es so kommen, wäre Chinas Gesicht gewahrt und Peking wie Washington wären das Problem Kim los. Wenn die USA derzeit verlauten lassen, ein Regime-Wechsel in Pjöngjang sei nicht ihr Ziel, dann bedeutet dieses nicht eine Überlebensgarantie für Kim. Es bedeutet lediglich: Wir akzeptieren, dass der Norden der Halbinsel chinesisch ist. Und es könnte bedeuten: Wir akzeptieren, dass China dieses Gebiet übernimmt. Ob als chinesische Provinz oder als Vasallenstaat, spielt für die USA keine Rolle, solange deren Einflusszonen in Südkorea, Japan und Taiwan nicht tangiert werden.

Wird der Planet gerade neu ausgerichtet?

Nicht auszuschließen, dass die beiden Chefs der derzeit einzigen Weltmächte genau diesen Weg ausgewürfelt haben. Er würde nach einer kurzen Phase offizieller Verstimmung die Tür dafür öffnen, die spärliche Wirtschaftskooperation zwischen dem Norden und dem Süden Koreas auf neue Beine zu stellen und damit den Chinesen mittelfristig auch die Tür nach Seoul öffnen. Die beiden Großen hingegen könnten sich auf das konzentrieren, an dem sie deutlich mehr Interesse haben als daran, sich gegenseitig mit ihren Militärpotentialen selbst zu vernichten. Und so hat Trumps scheinbare Unberechenbarkeit nach der Obama-Agonie jetzt schon die Welt erheblich sicherer gemacht.

Weder die USA noch China – und auch nicht Russland – werden derzeit ernsthaft erwägen, sich gegenseitig ihre Pfründe streitig zu machen. Jeder von ihnen weiß, dass sie in einem bewaffneten Konflikt nur verlieren könnten. Und so deutet vieles darauf hin, dass Trumps neue, ungewöhnliche Diplomatie, die manchen an die sogenannte Kanonenbootpolitik des Deutschen Reichs erinnern mag, nichts anderes ist als genau der richtige Weg, um einerseits den begnadeten Pokerspieler im Kreml und andererseits die Konfuzianer in der Verbotenen Stadt in ein System gegenseitiger Interessenabgrenzung bei gleichzeitiger Sicherung des globalen Friedens zu führen. Es reicht die Erkenntnis, dass sie in der Konfrontation diesen Planeten in den Zustand des finalen Impact, bei gemeinsamen Vorgehen aber auch das genaue Gegenteil bewirken und ihre Kräfte auf die sie alle bedrohenden Gefahren terroristischer und religiös verwirrter Splittergruppen konzentrieren können. Am Ende könnte dann eine scheinbar tripolare Welt stehen, in der die USA und China gemeinsam den Ton angeben, während für Russland das Angebot steht, dieses zu akzeptieren und mitzuspielen oder am Katzentisch zu sitzen.

An dem allerdings sitzen schon jetzt die Europäer, die bei diesen globalen Poker nicht einmal mehr Kartengeber sind. Sie spielen keine Rolle, solange sie nicht einheitlich und geschlossen ihre Wirtschaftsmacht in die neuen Regeln der Diplomatie einbringen. Das allerdings steht kaum zu erwarten – und das auch deshalb, weil sie außerstande sein werden, die neuen Regeln zu begreifen und statt dessen ihren Illusionen ewiger Friedfertigkeit als Fehlinterpretation des humanistischen Ideals nachhängen.

Vieles spricht dafür, dass die zweieinhalb „großen Drei“ gerade beginnen, den Planeten neu auszurichten. Und dass Donald Trump in der Kombination mit den von ihm gewählten Mitstreitern Rex Tillerson, James Mattis und Raymond MacMaster genau der richtige ist, dieses zu tun. Die Zeiten bleiben spannend – und der an die Wand gemalte „globale Krieg“ bleibt ein Schreckgespenst für jene Kleingeister, die die Zeichen nicht erkennen mögen.

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Kommentare ( 113 )

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Zapatak
7 Jahre her

Lieber Herr Spann, das Blöde an solchen Geopolitischen Artikeln ist immer die Dominanz des Konjunktiv. Vieles wissen wir schlichtweg nicht, und auch wenn ich davon ausgehe, daß Sie mehr Quellen studieren als ich es kann: was Sie schreiben, kann zutreffen oder auch nicht. Deshalb ist man nach der Lektüre doch wieder ratlos. Es wäre schön, wenn Sie in der Tendenz richtig lägen. Ich teile Ihre Einschätzung, daß die Administration Trump äußerst zielgerichtet und angenehm pragmatisch verfährt. Oder es versucht. M.E. hatte zwar der Angriff in Syrien gar nichts mit Außenpolitik zu tun. Macht aber nichts, es bleibt der Eindruck, daß… Mehr

Daniel Oehler
7 Jahre her

Indien vergessen?
Indien ist das bevölkerungsreichste Land der Welt.
Die Inder sind derart tüchtig, dass sie in Kenia wohlhabender waren als die englischen Kolonialherren.
Die EU und vor allem die USA müssen aufpassen, dass sie nicht durch ihre imperialistische Interventionspolitik am Ende einer Welt von Feinden gegenüberstehen.
Indien, China, Russland, Iran, Lateinamerika, Afrika und die Arabische Welt sind es leid, von den USA und ihren EU-Vasallen Deutschland, England und Frankreich gedemütigt zu werden.

Seneca
7 Jahre her

In den letzten Tagen nach dem Strike auf Assad haben die USA „versehentlich“ Stellungen der SDF bombardiert und 18 Kämpfer getötet und gestern ein ISIS-Chemiedepot bei Deirzor bombardiert mit Hunderten Toten. Widerspricht komplett der aktuellen US-Strategie. Unfähigkeit oder Zufall wie das Verschwinden von 36 Tomahawks oder sendet da jemand gar bewusst falsche Stellungsdaten in das US-System? Auffällig, dass man in westlichen Medien hierüber so gut wie nichts erfährt.

Ivan De Grisogono
7 Jahre her

Es liegt an voelkerrechtswiedrigen Krim-Annexion und Vertragsbruechen durch Kreml die Sanktionen erforderlich machten! Ganz einfach.

hasenfurz
7 Jahre her

„Dass keine Geschäfte mit Russland möglich sind“ Da hätten wir es wieder, das gute alte Intermarum / Intermarium, von „The Grand Chessboard“-Brzezinski (und schon davor) zum Erhalt der amerikanischen Welt-Suprematie: einen Sperr-Kordon vom Baltikum bis zum Balkan, um den technologischen und wirtschaftlichen Austausch der Mittelmächte Deutschland und Frankreich mit der Rohstoffnation Russland zu verhindern. Das wird dann den Leuten mit solchen Narrativen wie: „Das Intermarium: Eine Polnische Sicherheitsstrategie für Osteuropa“ (openeuropeberlin de) verkauft…. https://uploads.disquscdn.com/images/7a7467d300b07e6d009335e60df99de2536b4081c2d88b83e018043d8f80d722.png Die Idee ist schon älter und basiert auf Mackinder (Bild 2). Siehe auch: „The Intermarium and Poland’s integration into the US war alliance against Russia“ (wsws… Mehr

wladimir
7 Jahre her

Herr Spahn RU ist nicht die UdSSR es gibt keinen Kommunismus als Ideologie wo man die Kohle rausgeworfen hatte in diverse Länder in Afrika u Asien die Zeiten sind vorbei leider haben sie da wenige Ahnung. Ich meine Putin hat die Migrationswaffe aus ZEntralasien, was passiert wenn dort ein Gerücht gestreut wird über das schöne System in Skadinavien, BRD, Holland wo es Geld fürs nichts tun gibt zb. Hartz4, dann kommen mal auch schwangere hierher hier geboren d.h. DE Pass u schon ist dieses Land mehr im A..

Ivan De Grisogono
7 Jahre her
Antworten an  wladimir

Russland ist nicht UdSSR, es stimmt. Namen nach!
Vladimir Putin zeigt Nostalgie nach Stalins Zeiten, Aparatschiks dieser Regierung stammen von KGB oder aehnlichen Organisationen! Es ist durchaus moeglich, dass die Regierenden offizielen Idealismus der Kommunisten verraten haben, sie verfolgen die gleichen Ziele, Karriere und jetzt kommen dazu Milliarden Rubel Volksvermoegen auf Konten in Panama oder in Koffer und Taschen.

wladimir
7 Jahre her

Ich finde es immer wieder amüsant wie Herr Spahn mein sich in die GEdanken von XI hineinzuversetzen zu wollen. Also ich kann noch keine Gedanken lesen Sie Herr Spahn schon krazz Schei… muss ich sagen weder China noch RU werden es sich gefallen lassen das die Amis vor ihrer Küste rumschippern aber wehe es ist anders rum was ist dann für ein Aufstand los ich hasse diese doppelten Standards

wladimir
7 Jahre her

Herr Spahn Leningrad gibt’s es nicht es heißt St. Petersburg aber an sowas merkt man doch das sie das Ru- Volk zum Feind zählen

Ivan De Grisogono
7 Jahre her
Antworten an  wladimir

Es ist eine typische propagandistische Troll-Luege, wahrscheinlich aus St. Petersburg! Kritik an Kleptokraten in Kreml, die Europa destabilisieren und versuchen zu spalten, ist nie eine Kritik an leidendem russischem Volk gewesen. Russisches Volk leidet unter Putins aggressiver und kurzsuchtiger selbsterhaltungs Politik und Voelkerrechtsverletzungen. Zivilgesellschat wird unterdrueckt und durch politische Morde terrorisiert. Wissen Sie wie viel weniger Lebensmittel die Buerger jetzt nach Putins Kriegen noch kaufen koennen? Kaufkraft ist gewaltig gesunken. Wissen Sie wie viel kuerzer Lebenserwartung der russ. Buerger ist im Vergleich mit Buergern in Europa oder USA? Durch Luegen, Kriege und Annexionen wird es den Russen nicht besser sondern… Mehr

wladimir
7 Jahre her

Ach Herr Spahn hören sie auf irgendwelche Märchen über die Ukraine hier zu erzählen oder mögliche Provokationen seitens Russland in der Ostsee Ru ist in der Ostsee zu Hause und wenn bei Kaliningrad Schiffe der Amis auftauchen will soll da ein ru Präsident handelt oder was glauben sie wie soll das RU-Volk dann denken ach ne die kommen und wollten nur Demokratie uns beibringen mit Militatisierung der Ostsee. Zur Ukraine folgendes wenn Kinder weggeballert werden soll ich ihnen noch einige Videos zusenden von Beerdigungen. Wie ein Kämpfer in der Ost-Ukr. sagte während wir hier schuften in den Bergwerken und in… Mehr

hasenfurz
7 Jahre her

“ Interessant an dem Vorfall ist deshalb militärisch allein, was eigentlich mit den 36 verlorenen Missiles durch EW genau passiert ist.“ Die sind an ihrem eigentlichen Bestimmungsort angekommen, die eigentliche Mission wurde damit erfüllt. Der Flugplatz, Giftgas usw. sind nur die Cover-Story, die der Öffentlichkeit erzählt wird, um den Feuerzauber nach außen hin zu rechtfertigen. Deshalb ist es auch alles nur Theater für die Massen, was da an diplomatischem Schaum geschlagen wird… Es wurde nach meinen Informationen ein Ziel 35 Meilen NÖ von Shayrat getroffen. Das ist auf der Karte ziemlich exakt rundabout „Abou Hakfeh Aljunoubey“, wenn ich mich nicht… Mehr