Klimanotstand: Die Stunde der Exekutive?

Die Begriffswahl „Klimanotstand“ ist beängstigend. Was wollen die Befürworter? Wollen Sie für höhere Ziele, hier den Klimaschutz, die Freiheit des Einzelnen einschränken? Soll das Parlament entmachtet werden, damit die Exekutive besser „durchregieren“ kann?

imago Images/Uwe Steinert

Im parlamentarischen Alltag passieren auch Pannen. In der letzten Sitzungswoche habe ich versehentlich einem Antrag der Linksfraktion in namentlicher Abstimmung zugestimmt. Anders als ich vermutet hatte, wurde nicht über die Beschlussempfehlung des Parlamentsausschusses abgestimmt, was eine Zustimmung bedeutet hätte, sondern über den Antrag der Linksfraktion selbst. Meine Ja-Karte bei der namentlichen Abstimmung war daher nicht eine Ablehnung des Antrages, sondern dadurch eine Zustimmung. So ging es auch anderen Kollegen meiner Fraktion, die das Abstimmungsverfahren ebenfalls falsch beurteilt haben. Das ist ärgerlich, aber nicht mehr zu ändern.

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Doch unabhängig davon, beschäftigt mich der Inhalt des Antrages seit geraumer Zeit. Denn der Antrag der Linksfraktion will den „Klimanotstand anerkennen“. Das Ausrufen des Klimanotstandes wird von den Grünen und Linken inzwischen in vielen Stadt- und Gemeinderäten beantragt. Von Kiel über Münster bis nach Konstanz haben ihn Stadträte schon ausgerufen. Viele Nachahmer springen jetzt auf diesen Zug.

Man kann über die Dramatik der Klimaveränderung und ihrer Konsequenzen unterschiedlicher Meinung sein, doch die Begrifflichkeit „Notstand“ weckt, vielleicht nicht nur bei mir, innerlich einen Widerstand. Denn ruft der Staat den Notstand aus, dann geht dies einher mit der Einschränkung der Demokratie und der individuellen Grundrechte. Die Freiheit wird in Notstandszeiten beschränkt, weil es äußere oder innere Gefahren gibt, die dies rechtfertigen sollen.

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In Deutschland sind die Grundlagen dafür eng mit der ersten großen Koalition von 1966 bis 1969 unter Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger verbunden. Allgemein gilt die Abstimmung über die Notstandsgesetze am 30. Mai 1968 auch als Geburtsstunde der Studentenproteste der 68-Bewegung. Zwar hat die FDP seinerzeit geschlossen gegen die Notstandsgesetze von Union und SPD gestimmt, die außerparlamentarische Protestbewegung war aber bekanntlich eine linke Bewegung. Beim „Sternmarsch auf Bonn“ demonstrierten am 11. Mai 1968 Zehntausende gegen die Notstandsgesetze. Dennoch beschlossen Bundestag und Bundesrat mit Zwei-Drittel-Mehrheit das Gesetz und die Grundgesetzänderungen. Der damalige Bundesinnenminister Gerhard Schröder sprach zur Notwendigkeit des Gesetzes von der „Stunde der Exekutive“. Seitdem lässt das Grundgesetz bei einem „inneren Notstand“, der als die Abwehr drohender Gefahren für die freiheitlich demokratische Grundordnung definiert wird, die Einschränkung der Freizügigkeit (Art. 11 GG) oder des Post- und Fernmeldegeheimnisses (Art. 10 GG) zu. Um den „inneren Notstand“ abzuwehren, kann der Bund im Krisenfall sogar die Bundeswehr im Inneren einsetzen (Art. 91 GG).

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Aus dieser historischen Betrachtung ist die Begriffswahl „Klimanotstand“ eigentlich beängstigend. Was wollen die Befürworter? Wollen Sie für höhere Ziele, hier den Klimaschutz, die Freiheit des Einzelnen einschränken? Soll das Parlament entmachtet werden, damit die Exekutive besser „durchregieren“ kann? Soll die Freizügigkeit nur noch auf drei Flugreisen im Jahr beschränkt werden? Soll dies im Zweifel die Bundeswehr im Inneren durchsetzen? Was unterscheidet eigentlich die damalige Regierung Kiesinger von Linken und Grünen? Eigentlich nur das Ziel, denn die Sprache und die zur Verfügung stehenden Mittel sind dann wohl die gleichen.

Denn, wie soll man das verstehen, wenn es im Antrag der Linken heißt, „der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, den Klimanotstand anzuerkennen und damit den Klimaschutz bei politischen Entscheidungen prioritär zu behandeln“? Um welchen Preis? Auch um den Preis der Freiheit? Der Deutsch-Brite Ralf Dahrendorf hat dazu einmal gesagt: „Wer die Freiheit einzuschränken beginnt, hat sie aufgegeben und verloren.“ Wehret den Anfängen.

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Kommentare ( 42 )

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42 Comments
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U.M.
4 Jahre her

Wehret den Anfängen. Genau! Ich habe mich immer gefragt was bedeutet eigentlich ein ausgerufener Klimanotstand für den einzelnen Bürger? Müssen wir dann Schutzräume aufsuchen oder das Autofahren einstellen? Das ist alles so nebulös!
Und alles basiert auf Nichtsbewiesenes!!

Bummi
4 Jahre her

Das sind Spinner. Gerade liefen hier wieder ca. 30 kreischende Klimakids in Leipzig über den zenralen Ring. Dahinter staute sich der Verkehr weil alle Spuren dicht waren. Die Autos standen mehrspurig komplett und pusteten die Abgase raus. So geht Klimaschutz.

Hegauhenne
4 Jahre her

Nun, beim Klimahype macht fast der ganze Rest der Welt ja nicht mit. Indien China verfeuern Kohle, so lange sie haben. Trump lacht sich kaputt über die Doofheit der Deutschen, aber gut, ein Wirtschaftskonkurrent weniger! In der Schweiz ist teils Grün-Rot in den Großstädten ausgebrochen. Keine Parkplätze in Innenstädten mehr, es lebe die grüne Energie. Aber auf dem Land? Der Thurgau will den Seerücken mit Windrädern bepflastern, direkt gegenüber der deutschen Halbinsel Höri im Untersee, die vom Tourismus lebt, und nur vom Tourismus, und von reichen Schweizern, die dort auf riesigen Grundstücken mit schicken Landhäusern ihre unzähligen Oldteimer in unauffällig… Mehr

bkkopp
4 Jahre her

Ein anerkannter Klimanotstand erlaubt wirtschaftliche Eingriffe, die weit über das hinausgehen was die sogenannte Energiepolitik bereits beschädigt. Daraus wird ein wirtschaftlicher Notstand erwachsen, der weitere Eingriffe erforderlich macht, die über Notstands. und/oder Ermächtigungsgesetze beherrscht werden müssen – das Endziel einer neostalinistischen Klima- und Ökodiktatur wird erreichbar.

Contra Merkl
4 Jahre her

Mit Klimanotstand wird der Blackout legitim. Fällt der Strom aus ist Klimanotstand. Wind und Sonne hat nicht gereicht. So einfach ist das. Wenn die Politik es ** hat, so haben wir alle beim Klimaschutz versagt. Das rechtfertigt höhere Co2 Steuern. Wer wenig hat, soll wenig bezahlen, wer mehr hat, blecht mehr. Mit Klima wird das letzte aus dem kleinen Bürger rausgepresst. Die Notwedigkeit wird medial überall verbreitet. Man muss nur der Rasen kurz mähen, dann verbrennt er ohne Bewässerung. Schon in den 80zigern gab es heisse Sommer, man hatte nur noch 1 Meter Wasser im Brunnen. Das gibt sich auch… Mehr

prague
4 Jahre her

Der Fanatismus in D. ist angsterregend.Klimafanatismus, Willkommenskultur Fanatismus, Enteignung fanatismus und nicht zu letzt Hassfanatismus gegen alle die sich nicht an dem Fanatismus der „Gutmenschen beteiligen“. Ich habe das Gefühl, dass die Gefahr für Europa wieder aus Deutschland kommt.

Sharkeen
4 Jahre her

Danke für den Hinweis, was Notstand rechtlich bedeuten kann.
Wie lange wurde in Frankreich nach Bataclan der Notstand ausgerufen? Wie gross war der Aufschrei? Wie lange hat Erdogan den Notstand ausgerufen? Yücel, Journalist, wurde doch genau aus diesem Grund inhaftiert. Gigantischer Aufschrei. Teils zurecht.
Die Sahelzone wurde (nachweislich, Satellitenbilder) grüner, die Eisbärpopulation steigt. Natürlich müssen Notstandsgesetze her. Das widerspricht dem gängigen Katastrophenszenario. Darf nicht veröffentlicht werden, Informationssperre.

derAlte
4 Jahre her

„Wehret den Anfängen“ ist der Witz des Wochenendes.

Donald G
4 Jahre her

So wie es aussieht wird dem ganzen Spuk schon bald ein jähes Ende bereitet. Laut Handelsblatt und Wirtschaftswoche geht es in Deutschland grade schnurstracks in die Rezession. Immer mehr Betriebe – und nicht nur aus der Großindustrie – haben den Rotstift angesetzt und bereiten massiven Stellenabbau, einige sogar Massenentlassungen vor. Laut Wirtschaftsnachrichten haben immer mehr Betriebe schon jetzt Kurzarbeit angemeldet. Das Ergebnis dürfte unangenehm werden. Vor allem aber für die Rot Rot Grüne Sippschaft. Da wird es immer schwieriger die ganze Kohle für deren Utopien und aufgezwungener Solidarität vom dummgehaltenen Steuerzahler herauszuquetschen, weil es bei immer mehr von denen nichts… Mehr

permanent error
4 Jahre her
Antworten an  Donald G

Sie glauben doch nicht allen Ernstes, dass sich Fanatiker von ein paar Wirtschaftsdaten abschrecken lassen.

horrex
4 Jahre her
Antworten an  permanent error

So ist es.
Täten sie das gäbe es die Däderä
– womöglich – noch heute.

bayerth
4 Jahre her

Meiner Meinung nach wird versucht, durch regelmäßige Erwähnung und Ausrufung von „Klimanotstand“, der noch keine rechtlichen Konsequenzen hat, die Akzeptanz einer echten Notstandssituation vorzubereiten, in der Bürgerrechte deutlich eingeschränkt sind. Wenn man den Aktivisten genau zuhört, kommt man schnell zu den Schluss, dass die Demokratie nicht zur Lösung der „Klimakrise“ taugt.
Neben „Ende Gelände“ bspws. auch Luisa Neubauer („Historisch gesehen hätten demokratische Prozesse am besten funktioniert“, „Manchmal dauern sie aber zu lange. Wir müssen Demokratie neu denken“)

horrex
4 Jahre her
Antworten an  bayerth

D A S ist das wirkliche Ziel!
„Klima usw“ ist nur die „Verpackung“ die Tarnung!!!
Leider haben das – selbst an dieser Stelle – längst noch nicht Alle begriffen. –