Wie man Länder entmachtet: DDR 1952 – Bundesrepublik 2021

1952 wurden aus fünf Ländern der DDR 14 Bezirke. Die Landtage wurden aufgelöst, Ministerpräsidenten der Länder gab es ab da nicht mehr.

imago images / Sven Simon
7. Oktober 1989: Die Staats- und Parteiführung feiert den 40. Jahrestag der Gründung der DDR

In flapsig-boshaftem Tonfall ist oft die Rede davon, dass sich die Bundesrepublik zu einer DDR 2.0 entwickelt habe. Gar dass am 3. Oktober 1990 nicht die DDR der Bundesrepublik, sondern die Bundesrepublik der DDR beigetreten sei. Es ist etwas dran an dieser Einschätzung. Dabei sehen wir einmal davon ab, dass so manch „West“-Linker bereits vor 1989/90 von der DDR träumte: vom besseren, nicht kapitalistischen, nicht revisionistischen, vom antifaschistischen Teil Deutschlands.

„Go-East“-Übersiedler gab es zwar wenige, denn das weiche Sofa der „BRD“ wollte man sich doch nicht gegen ein planwirtschaftliches Desaster und gegen permanente Bespitzelung selbst Regimetreuer einhandeln. Aber es gab diese Übersiedler, auch unter evangelischen Pfarrern, wie das Beispiel eines gewissen Horst Kasner zeigt, der 1954 in die DDR ging. Wäre er mal besser in Hamburg geblieben, seine Tochter Angela wäre bestimmt nicht Helmut Kohls „Mädel“ geworden!

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Weil die vereinte Linke freilich wissend um den Weltgeist denkt, hat sie sich aufgemacht, ab 1990 das nachzuholen, was ihr vor 1990 nicht gelungen war: Alles zu tun, damit der „de-jure“-Beitritt der DDR vom 3. Oktober 1990 zum Grundgesetz zu einem prolongierten „de-facto“-Beitritt der „BRD“ zu einer „commoden Diktatur“ (Günter Grass) á la DDR 2.0 wurde. Die „neue“ Bundesrepublik, in der wir „gut und gerne leben“ (CDU-Slogan) weist nämlich – wirtschaftlich noch (!) nicht – mental und ideologisch so ziemlich alle Insignien einer solchen „commoden“ DDR-Diktatur auf: anti-faschistisch ist sie, internationalistisch, obrigkeitsgläubig, gouvernantenhaft. Und den Kapitalismus kriegen wir auch noch klein: Klimadiktatorisch de-industrialisieren wir dieses Land, auf dass es im „Great Reset“ verschwinde.

Das mit der „vierten Gewalt“ haben wir ohnehin schon geschafft. Die arrivierte bundesdeutsche Presse einschließlich ihrer Aktivisten von ARD und ZDF ist regierungstreu wie vormals in der DDR der Deutsche Fernsehfunk (DFF), das Neue Deutschland (ND) oder der Allgemeine Deutsche Nachrichtendienst (ADN). Halt: Diese drei zentral dirigierten DDR-Einrichtungen bekamen von der SED-Zentrale gesagt, was sie wie und was sie nicht zu berichten hätten. Im wiedervereinigten Deutschland bedarf es solcher Vorgaben nicht: Hier machen die treuen Medien von sich aus das „Richtige“. „Wessis“ haben dafür kaum eine Antenne, kritische „Ossis“ schon, denn letztere hatten ein feines Gespür dafür entwickelt, wenn man medial manipuliert wird beziehungsweise wenn sich das System und die Medien gar so gut verstehen.

Ungern erinnern sich „Ossis“ auch, was in der DDR zu haben bzw. nicht zu haben war. Wer kann es ihnen verdenken, wenn sie sich darauf gerade in „Corona“-Zeiten besinnen. Es läuft ja alles wie in einer Planwirtschaft verdammt zäh: etwa die Bevorratung mit Hygienematerialien, die Organisation von Test- und Impfmaterial usw. Genug des Vorspanns zum Thema „DDR 2.0“!

Entmachtung der Bundesländer wie in der DDR anno 1952

Nun zeigt der Bund (das heißt: das Kanzleramt von seinem flachen Feldherrnhügel aus), wo es in Sachen Corona hinzugehen hat. Innerhalb weniger Tage peitscht man ein neues „Infektionsschutzgesetz“ durch, das dem Bund den direkten Zugriff auf die Länder bzw. deren Kommunen erlaubt. Ein Markus Söder (CSU), „Freistaatler“ und selbsternannten Strauß-Enkel, mittlerweile in der Rolle einer Merkel 2.0 aufgehend, ist voll dabei. Der Bundesrat als Kammer der Länder soll allenfalls ein Widerspruchsrecht, aber kein Zustimmungsrecht bekommen. Das heißt: Der Bundesrat muss nicht zustimmen. Es ist dies auf kaltem Weg eine Aushebelung des Föderalismus, damit der vertikalen Säule der Gewaltenteilung und schließlich des Grundgesetzes. Der fiese Trick dabei: Außerdem wird der Rechtsschutz praktisch beseitigt, denn gegen Gesetze und Rechtsverordnungen des Bundes kann man nicht vor den Verwaltungsgerichten klagen. Es bleibe nur die Verfassungsbeschwerde.

Alle Macht zu Merkel – der Einstieg in den Einheitsstaat droht
Erinnerungen werden wach. 1949 stand in der Verfassung der DDR in Artikel 1: „Deutschland ist eine unteilbare demokratische Republik; sie baut sich auf den deutschen Ländern auf. Die Republik entscheidet alle Angelegenheiten, die für den Bestand und die Entwicklung des deutschen Volkes in seiner Gesamtheit wesentlich sind; alle übrigen Angelegenheiten werden von den Ländern selbständig entschieden. Die Entscheidungen der Republik werden grundsätzlich von den Ländern ausgeführt.“

Dann gab es in der DDR 1952 „per Gesetz“ vom 25. Juli 1952 eine „Verwaltungsreform“, wohlgemerkt keine Verfassungsänderung. Durch das „Gesetz über die weitere Demokratisierung des Aufbaus und der Arbeitsweise der staatlichen Organe in den Ländern in der Deutschen Demokratischen Republik“ wurden die fünf Länder Mark Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen gezwungen, in ihrem Gebiet Bezirke zu bilden. Zum Zwecke der „Demokratisierung“(!). Wie hatte Kommunistenbonze Walter Ulbricht schon 1945 gemeint: „Es muß demokratisch aussehen, aber wir müssen alles in der Hand haben.“

In der Folge wurden 1952 aus fünf Ländern 14 Bezirke. Die Landtage wurden aufgelöst, Ministerpräsidenten der Länder gab es ab da nicht mehr. Die qua DDR-Verfassung von 1949 etablierte „Länderkammer‘“ als zweite, an der Gesetzgebung angeblich beteiligte Kammer, bestand auf dem Papier noch bis 1958 fort, hatte aber keine Bedeutung mehr. Die SED-Zentrale hatte ab sofort vor allem über die regionalen SED-Bonzen den direkten Zugriff bis hinein vor Ort. Verfassungsrechtlich wurde all dies erst mit einer neuen DDR-Verfassung 1968 nachvollzogen. Dort heißt es in Artikel: „Die Deutsche Demokratische Republik ist ein sozialistischer Staat der Arbeiter und Bauern. Sie ist die politische Organisation der Werktätigen in Stadt und Land unter der Führung der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch-leninistischen Partei.“ „Länder“ kommen nicht mehr vor.

Geschichte wiederholt sich nicht? Oder doch? Für was „Corona“ nicht alles herhalten muss! Jedenfalls ist es wieder ein Schritt in Richtung zentralstaatlicher Totalität.

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Kommentare ( 66 )

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Berlindiesel
2 Jahre her

Die Länder in der DDR entstanden nicht, weil das Volk sie wollte (das wurde nicht gefragt, insbesondere nicht, als sie 1946 eingeführt wurden) sondern nur, weil Churchill dem Wahn oblag, Preußen unbedingt zerschlagen zu müssen, was auch die Ländergrenzen im Westen zeichnete, neben den Besatzungszonen. denen Hessen, Rheinland-Pfalz, das Saarland und Bremen ihre Existenz zu verdanken haben, sonst nichts. Mag sein, dass das für jüngere Generationen keine große Rolle mehr spielt, sie glauben ja auch, dass Schlesien schon immer Teil Polens war oder Danzig eine polnische Stadt. 1952 war das aber anders. Es gab kein landsmannschaftliches Bewusstsein, „Sachsen-Anhalter“ oder „Vorpommerer“… Mehr

rolf finger
2 Jahre her
Antworten an  Berlindiesel

Leider haben die wenigsten davon noch Ahnung was Sie sehr genau aufzeichnen…..leider…und danke für die Zusammenhänge….

over stag
2 Jahre her

Btw. Vorige Woche hatte ich unter ein Youtube-Video als Kommentar einen Ausspruch von Michael Klonovsky zitiert:
„Was die Mehrheit der Journalisten haßt,
kann nicht ganz übel sein.“

Und als Kennung von Herrn Klonovsky hatte ich geschrieben:
„ehem. DDR-Dissident, heutiger DDR-2.0-Dissident“

Das war offenbar für das Youtube-correctiv des Guten zu viel:
Der Gegenwartsbezug: „DDR-2.0-Dissident“ wurde gelöscht.

reiner
2 Jahre her

wie wäre es denn damit…lockdowns bis 2025 ,immer mehr firmempleiten,aufstände von denen du ja anscheinend nicht betroffen bist und der blöde vergleich mit den angeblichen flüchtlingen hingt gewaltig,weil es gar nicht alle flüchtlinge im klassischen sinne waren oder sind und uns ne stange geld kosten ,ist ja nicht deines ,gelle ,wird gedruckt und gut ist..

Last edited 2 Jahre her by reiner
Deutscher
2 Jahre her
teujur52
2 Jahre her

Was Merkel will, ist sonnenklar. Erst Ruinen, dann Auferstehung. „Auferstanden aus Ruinen …“. Der Rest ist bekannt. Nicht mit mir. Ich habe vor 52 Jahren als Polizeibeamter einen Eid auf den Schutz unserer freiheitlichen Verfassung abgelegt. Diesen Eid werde ich erfüllen. So wahr mir Gott helfe.

Peter Mueller
2 Jahre her

Da hat jemand nicht begriffen, daß die ostdeutschen Chefetagen aller gesellschaftlichen Bereiche DURCHGÄNGIG von westdeutschen Kolonialbeamten beherrscht werden. (Studie: „Wer beherrscht den Osten?“) Vergleichbares kann man vom Westen wohl kaum behaupten.

Im übrigen ist hier die Abschaffung des Forderalismus von 1932 in Vorbereitung der NS-Diktatur vergessen worden (Preußenschlag). Bestimmt nur Zufall.

Last edited 2 Jahre her by Peter Mueller
beccon
2 Jahre her

… uns ist damit nicht wirklich schlecht gefahren. Das hatte zu eher schwachen Staaten und dann auf der Gegenseite eher einem starken und innovativen Bürgertum geführt. Die Möglichkeit bei Konflikten im eigenen Sprachraum ausweichen zu können, ermöglichte es all zu autoritären Systemen zu entkommen was auch dazu geführt hatte, daß wir – solange wir keine starke Zentralgewalt wie z.B. Frankreich hatten auch recht frei leben konnten.

horrex
2 Jahre her

Wohlgemerkt, „der klassische Sozialismus“!
Nicht derjenige praktizierte Sozialismuns in dem man sich „ganz gemütlich eingerichtet“ hatte!
Ein wichtiger Unterschied.

Vision-ost
2 Jahre her

Darf man unserer Heimat, auch Vaterland nenen? Laut grünem Wortschatz sollen diese Worte nicht mehr in unserem Sprachgebrauch verwendet werden. Für ALLE gilt aber der geheiligte Text unserer Nationalhymne. Ich beginne schon im ersten Satz: „Einigkeit und Recht und Freiheit“. für das deutsche Vaterland! Danach lasst uns alle streben, brüderlich mit Herz und Hand! Einigkeit und Recht und Freiheit. sind des Glückes Unterpfand: Blüh´ im Glanze dieses Glückes, blühe, deutsches Vaterland! Ja, Frau Bundeskanzlerin versucht mit dem neuen Infektionsschutzgesetz Deutschland in Wort und Tat zu vereinigen. Das Streben reicht nicht mehr, macht sowieso keiner ernsthaft. Deshalb ja gesetzlich. Brüderlich? oftmals… Mehr

Vision-ost
2 Jahre her

Es lohnt sich in der jungen Geschichte Deutschland´s zu blättern. Am 24.10.1950 wurde die Freiheitsglocke und mit dem unten stehenden Text feierlich untermalt im Radio „Rias Berlin“ gesendet. Letztmalig ertönt am „Tag der Einheit am 03.10.1990“ im öffentlichen Fernsehen. Ich glaube an die Unantastbarkeit und an die Würde jedes einzelnen Menschen. Ich glaube, dass allen Menschen von Gott das gleiche Recht auf Freiheit gegeben wurde. Ich verspreche, jedem Angriff auf die Freiheit und der Tyrannei Widerstand zu leisten, wo auch immer sie auftreten mögen.“ Was ist eine nahezu unglaubliche Geschichte aus unserer Geschichte geworden. Es betrifft im Prinzip ALLE in… Mehr