Auch Schulen können sich der KI nicht entziehen. Aber es ist eine Frage des richtigen Einsatzes und Zeitpunktes. Eine Umfrage unter Lehrern zeigt: Während 2024 Unsicherheit und Skepsis dominierten, sind 2025 mehr Offenheit und Praxiserfahrung erkennbar. Statt reiner Aversion oder naiver Euphorie setzt sich zunehmend Realismus durch.
picture alliance / dpa | Matthias Balk
In immer kürzeren Abständen wurden in den vergangenen Jahrzehnten neue Nürnberger Trichter für schulisches Lernen erfunden: programmiertes Lernen, schülerzentriertes Lernen, Sprachlabor, fächerübergreifendes Lernen, Projektmethode, Freiarbeit, Materialtheke, Stationenlernen, Gruppen-/Partnerarbeit, Wochenplanarbeit usw. Zur Erinnerung: Im Jahr 1647 schrieb Georg Philipp Harsdörfer ein Lehrbuch mit dem Titel „Poetischer Trichter. Die Teutsche Dicht- und Reimkunst, ohne Behuf der lateinischen Sprache, in VI Stunden einzugießen“. Daraus ist – auf Kupferstichen sichtbar – der Nürnberger Trichter geworden. Die Suche nach einem solchen war damals und scheint heute erneut ein visionäres Anliegen.
Seit gut zwei Jahrzehnten nun hält die Digitalisierung des Unterrichts bzw. des Lernens als Quasi-Trichter Einzug in den Schulen: mit didaktischen Hyperlinks, Edutainment, interaktiver Lernumgebung, just-in-time-knowledge, download-learning, knowledge-machines, instant-learning, learn-line, Multimedia-Learning, Online-learning, Telelearning, Teleteaching, virtuellem Klassenzimmer. Kurz: „Laptop statt Schulranzen!“ Hat all dies etwas gebracht? Wenn man sich die Erfahrungen von Berufsbildern und Hochschullehrern sowie die Ergebnisse von Schulleistungsuntersuchungen wie PISA, IGLU, VERA, IQB-Studie anschaut, muss man feststellen: Nein, Schulleistung in Deutschland befindet sich weiter im freien Fall. Es gibt auch weltweit keine namhaften Belege durch Studien, die dem digitalisierten Lernen eine Überlegenheit gegenüber klassischem Lernen und klassischem Unterricht attestierten.
Ist der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) nun die Lösung für alle Lernprobleme? Wird Lernen damit leichter, unterhaltsamer, einfacher, attraktiver oder gar anspruchsvoller? Klar, Schule kann nicht an dieser revolutionären Entwicklung vorbeirauschen. Aber es ist eine Frage des richtigen Einsatzes und des richtigen Zeitpunkts, also des Alters von Schülern. Mit Maschinenstürmerei und Technikfeindlichkeit hat solche Skepsis nichts zu tun. Denn es hat sich in der Technikgeschichte immer bewährt, dass Innovationen erst einmal mit Skepsis, mit kritischer Distanz und ohne überschießende Euphorie angewendet wurden. Den Innovationen hat das stets gutgetan – und sei es nur, dass man sie modifiziert oder auch verworfen hat. Gerade in der Pädagogik ist kritische Reflexion um Innovationen angebracht, denn junge Menschen dürfen nicht als Versuchskaninchen herhalten. Schließlich haben sie nur eine einzige Bildungsbiographie. Wird hier gemurkst, so ist das nicht oder kaum reparabel.
Nun also geht es um die Frage: Wie geht Schule, wie gehen Lehrer mit KI und ChatGPT um? Nach erster – erfahrungsgenährter – Skepsis scheint sich derzeit das Blatt etwas zugunsten von KI zu wenden. Dazu hat der Philologenverband NRW, Verband von rund 16.000 Lehrern an Gymnasien und Gesamtschulen, eine interessante Umfrage zum Einsatz und zu den Erfahrungen mit KI in der Schule durchgeführt. Gut 1.500 Lehrer haben sich vom 1. bis 31. Oktober daran beteiligt.
Hier die wichtigsten Ergebnisse der Umfrage
Innerhalb eines Jahres hat sich die Haltung vieler Lehrer gegenüber KI spürbar verändert. Während 2024 noch eher Unsicherheit und Skepsis dominierten, sind 2025 größere Offenheit und mehr Praxiserfahrung erkennbar. 2024 gaben viele Lehrkräfte an, ChatGPT & Co. zu kennen, sich jedoch unsicher im Umgang zu fühlen. Die Bedeutung von KI und ihr Nutzen für den Unterricht war häufig unklar. Laut der aktuellen Umfrage bezeichnen sich insgesamt 82 Prozent der Lehrkräfte als mit dem Thema vertraut (etwas vertraut: 56 Prozent; sehr vertraut: 26 Prozent).
Meist setzen Lehrer KI-Systeme bei der Unterrichtsvorbereitung als Recherchewerkzeug (43 Prozent) oder als Chatpartner (42 Prozent) ein, seltener als Übersetzungshilfe (24 Prozent) oder als adaptive Lernsoftware (11 Prozent). Lediglich sechs Prozent der Befragten nutzen KI für Korrekturen. Am häufigsten verwenden Lehrer ChatGPT (90 Prozent) oder die KI-Tools von Fobizz (53 Prozent). Nur knapp 5 Prozent gaben an, eigene Chatbots für schulische Aufgaben zu verwenden.
Mutig vorangehen sollten Schulen in Sachen KI nur für jede(n) Dritte(n) der Befragten, 62 Prozent sind hingegen der Ansicht, Schulen sollten KI kritisch hinterfragen und vorsichtig einsetzen. Die Bedenken gegenüber KI im Unterricht sind indes differenzierter geworden, jedoch keineswegs verschwunden. Als größte Herausforderung sehen die Befragten intransparente Eigenleistung von Schülern (93 Prozent), also mit anderen Worten die Frage: Wer hat’s gemacht, der Chatbot oder der Schüler? Ein Problem, das auch bei der Umfrage aus dem Jahr 2024 so gesehen worden ist. Unzuverlässige Ergebnisse (73 Prozent) machen den Befragten ebenso Sorgen wie Fragen nach Datenschutz (55 Prozent). Mehr als jede dritte Lehrkraft (36 Prozent) hadert mit der technischen Ausstattung ihrer Schule.
Die Umfrage zeigt zudem, dass die Verwendung von ChatGPT & Co. zwar längst Alltag ist, dass sie aber sehr wohl Auswirkungen auf das Leistungsverhalten, Eigenleistungen und geistige Fähigkeiten der Schüler hat. Folgende kritische Beobachtungen stechen dabei heraus:
- Die Eigenleistung der Schüler bei Hausaufgaben, Projekten usw. ist rückläufig.
- Die Nutzung eigener kognitiver Fähigkeiten liegt brach.
- Es fehlt an Skepsis gegenüber KI-Inhalten/-Ergebnissen.
- Die Leistungsbereitschaft sinkt rapide ab.
- Leistungsstarke Schüler profitieren, leistungsschwache sinken weiter ab.
Alles in allem: In der Frage des schulischen Einsatzes von KI und ChatGPT & Co. ist technisch und mental einiges im Fluss. Vieles aber ist noch offen, etwa die Frage, wie häuslich erbrachte Prüfungsleistungen von den Prüfern zukünftig als eigene Leistung erkannt, also nicht als KI-Produkt erbracht, und bewertet werden sollen.
Völlig offen ist noch die Frage, wie verhindert werden kann, dass KI und ChatGPT & Co. zumal bei Heranwachsenden zu einer Enteignung bzw. Auslagerung von Neugier, Wissen als Basis von Verstehen, Denken und Urteilen führen. Hier bedarf es einer Menge an pädagogisch-didaktischem Hirnschmalz, auf dass sich nicht Immanuel Kants Warnung bewahrheitet: Es ist so bequem, unmündig zu sein.





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Natürlich hat Herr Kraus recht. Die Bildungsprozesse verändern sich. Die „Schüler“ werden immer dümmer, unfähiger und sind oft nicht für eine Ausbildung zu gebrauchen. TikTok & Co sei Dank…
So wie es Aldous Huxleyin seinem Roman „Schöne neue Welt“ beschreibt….
Das ist für ein Land wie Deutschland-das nur von Können lebt- eine Katastrophe…
Und es wird noch schlimmer werden….
Ein komplettes Heraushalten dieser Technologie aus der Schule ist unabdingbar. Wie man das schaffen kann, das wäre zu klären. Es ist nicht Aufgabe der Schule den Schülern diese Technologie beizubringen. Auch der Einsatz von Laptops, Handies, Tablets etc. ist kontraproduktiv und sollte aus dem Unterricht verbannt werden. Keine Alternative ist: In die Offensive gehen und KI in den Unterricht zu integrieren und schelmisch darüber hinwegzusehen, dass die Schüler es benutzen. Die Verwendung bei Hausaufgaben lässt sich nicht kontrollieren.Aber es lassen sich unangemeldete Tests zur Überprüfung des Kenntnisstandes im jeweiligen Themenbereich unter Beobachtung organisieren. Leider fehlt für diese Ansätze nicht nur… Mehr
Die Frage führt immer wieder auf das Grundsätzliche zurück und lautet ganz einfach, was ist jemand bereit für ein erweitertes Wissen zu bezahlen oder tut es auch eine Nummer kleiner? Schon heute werden für Wissen, welches nicht unbedingt zur Allgemeinbildung gehört , erhebliche Steuerleistungen des (Normal) Bürgers gefordert.
Ich rate zur Vorsicht im Umgang mit KI. Mehrere meiner Fragen an KI wurden in einer Weise beantwortet, dass eine ideologisch gefärbte grünlinke Handschrift zum Vorschein kam. Zum Beispiel die überproportionale Beteiligung migrantischer Straftäter. Die Zahlen der polizeilichen Kriminalstatistik wurden zwar gerade noch bestätigt aber dann wurde eine ganze Litanei von relativierenden Gründen aufgezählt, die man bei der Beurteiligung der Straftaten zu berücksichtigen habe, wie sozioökonomische Benacheiligung, Gewalterfahrungen im Herkunftsland, unsichere Aufenthaltsperspektiven etc, etc. Fehlt nur noch der Hinweis ,dass die aufnehmende Gesellschaft sich nicht genügend um die Ankömmlinge gekümmert hat und am Ende sich mitschuldig gemacht hat. Es wird höchste… Mehr
KI wird die Kinder nur noch dümmer machen und das ist ja auch das Ziel der neuen Linken. Um mit den Antifanten zu marschieren und zu brügeln ist ein leeres Luft- Hirn Grundvoraussetzung….
Den menschen werdenvon der Natur eigentlich gegebene Fähigkeiten und qauch gesundheitliche Abwehrkräfte immer mehr abtrainiert. Gegebene Fähigkeiten werden nicht genutzt also entwickeln sie sich nicht weriter, sondern verkümmern total. Ohne Hilfsmittel geht nach und nach gar nichts mehr und wenn diese Ausfallen, hilflos Chaos
Es ist wie mit den natürlichen Abwehrkräften gegen Krankheioten
Der alte Spruch “ Kinder dioe in Dreck undf Speck aufwaschesen entwickeln sich zu wiederstandsfähigen und gesunden Menschen“
Digitalisierung in Deutschland klappt einfach nicht. Da braucht man gar nicht mit anfangen.
Die Mehrzahl der Leute hat massive Probleme, ihre Gedanken überhaupt in ordentliche Sätze zu packen. So lange das nicht klappt ist die KI nutzlos.
KI kann im besten Fall helfen, Fragen zu beantworten.
Um Fragen stellen zu können, braucht man Bildung.
„Wer nicht fragt, bleibt dumm.“ wusste schon das Kinderfernsehen.
KI wird bewirken,daß staatliche Narrative unhinterfragt bleiben.
Das (aus Regierungssicht) Problem der Oppositon wird so im Ansatz verhindert.
KI hat in der Schule nichts zu suchen, abgesehen von der gelegentlichen Nutzung zur Informationsbeschaffung. In der Schule soll die natürliche Intelligenz entwickelt und gefördert werden; die persönlichen Fähigkeiten, das Gehirn und nicht die Tastaturbedienung.
auch zu Wissen woher man Informationen bezieht gehört zur Bildung. Und dazu gehört auch Informationsbeschaffung und Einsortierung ob man diesen Informationen vertrauen kann. Bei naturwissenschaftlichen Dingen oder Mathematik ist das relativ unkritisch, auch Wikipedia. Bei politischen Dingen nicht mehr, da es hier sowohl von links als auch rechts massive Einfärbungen gibt wer genau die Quellen füttert.
Wo man notwendiges Wissen beziehen kann, scheint mir auch ebenso wichtig zu sein wie ein ordentlicher Grundstock an Wissen.
Das mit dem Showmaster haben Sie treffend erkannt. Dazu noch Psychologe, Künstler, Schauspieler, Friedensrichter und Nanny.
Zu unserer Schulzeit war die Prämisse Begeisterung zu wecken. Das hängt auch sehr vom Unterrichtsfach ab. Mittlerweile ist der Knackpunkt jedoch ständige Ablenkung und Reizüberflutung zu übertönen.
Hat aber mit KI nix zu tun. Themenverfehlung, sorry 🙂
Sich einem Doktor Allwissend gegenüber zu sehen mag demotivierend sein, es erweckt den Anschein einer dem Menschen überlegenen „Künstlichen Intelligenz“. Man sollte den Schülern aber auch die Unzulänglichkeiten dieser KI vermitteln, sowohl um im eigenen Umgang mit den derzeitigen LLMs nicht fehlgeleitet zu werden, zum anderen um den Schülern klar zu machen, dass Menschen und menschliche Entscheidungen weiterhin eine Rolle spielen. Zudem ist wichtig, dass die KI ja mit Wissen gefüttert wurde welches Menschen zuvor gefunden, erdacht und kuratiert haben. Bisher zeigt sich, dass KIs die nur mit KI-output gefüttert werden degenerieren, d.h. noch kann sich KI nicht selbständig verbessern.… Mehr