Bildungsverlierer sind männlich – die Bundesregierung interessiert das nicht

Der Bundesregierung reagiert auf die Frage der "möglichen Benachteiligung" von Jungen im Bildungssystem mit Ablenkungsmanövern. Man müsste schließlich eigentlich über die Folgen der fatalen Diabolisierung des Männlichen reden.

IMAGO / C3 Pictures

Jungen sind überrepräsentiert unter den Bildungsverlierern: Sie erreichen seltener das Abitur. Sie besuchen häufiger eine Hauptschule. Sie haben die schlechteren Noten als Mädchen. Sie verlassen die Schule häufiger ohne Abschluss. Sie werden später und Mädchen häufiger vorzeitig eingeschult. Sie weisen fast doppelt so häufig schulischen Förderbedarf aus als Mädchen.

Wir wissen das alles. Dennoch war es durchaus lohnend, dass der AfD-Bildungsexperte Götz Fömming unter dem Titel „Mögliche Benachteiligung von Jungen im deutschen Bildungssystem“ einmal eine Anfrage an die Bundesregierung gerichtet hat (Bundestagsdrucksache 19/31951). Die Antworten darauf (datiert vom 24. August 2021) liegen TE vor.

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Zehn Fragen haben die Fragesteller präsentiert. Unter anderem, wie die Bundesregierung das Bildungsgefälle zwischen den Geschlechtern beurteile und welche Konsequenzen sie daraus ziehe. Die Antworten der Bundesregierung, namentlich des Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesministerium für Bildung und Forschung, Thomas Rachel (CDU), freilich bleiben nichtssagend. Mal besteht die Antwort aus einem Ablenkungsmanöver: Die Bildungshoheit hätten die Länder. Mal verweist man als Antwort auf die Fragen Nr. 9 und 10 und auf die Vorbemerkung der Bundesregierung. Letztere wiederum bezieht sich auf einen Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 6. Oktober 2016 zu „Leitlinien zur Sicherung der Chancengleichheit durch geschlechtersensible schulische Bildung und Erziehung“ und einen entsprechenden Beschluss der Konferenz der Gleichstellungs- und Frauenministerinnen und -minister, -senatorinnen und -senatoren der Länder vom 15./16. Juni 2016. Monsterbegriffe, die einem fast schon das Weiterlesen vergällen!

Ferner wird verwiesen auf die gemeinsam vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) geförderte Initiative „Klischeefrei“, mit der eine Berufs- und Studienwahl frei von Geschlechterklischees unterstützt werden soll. Ansonsten besteht die Antwort der Bundesregierung außer den hier schon genannten Namensmonstern vor allem aus lauwarmer Luft. Aber – ein Schelm wer Böses dabei denkt! – vielleicht hat die AfD die Bundesregierung hier nur vorführen wollen. Denn es war ja zu erwarten, was herauskommt.

Bildungsverlierer ist nur eine Folge

Indes, das Problem ist grundsätzlicher, und es ist nicht mit Girls Days oder Boys Days aus der Welt zu schaffen. Denn alle diese gestelzten Aktionen haben nichts anderes als eine Egalisierung des Männlichen und des Weiblichen im Sinn. Männer sollen „Frauenberufe“ und Frauen sollen „Männerberufe“ ergreifen.

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Das Problem liegt indes tiefer. Aber es ist nicht opportun es anzusprechen. Tun wir es dennoch in aller Kürze und thesenartig: Als schier staatstragende Doktrin greift im Zuge von „Gender Mainstreaming“ nämlich eine Misandrie um sich. Das Männliche wird diabolisiert. Von „toxic masculinity“ ist „wissenschaftlich“ die Rede. Testosteron bedeute Terror, Tyrannei, Tod und Teufel. Also: Testosteron ist pfui, Östrogen hui. Nach dem Prinzip der „self-fulfilling prophecy“ verhalten sich die Jungen danach. Sie sehen sich selbst als defizitär und überflüssig. 

Es kommt hinzu, dass viele Jungen vaterlos aufwachsen, also kein männliches Vorbild und keine entsprechende Orientierung haben. Und: Die Berufe im Erziehungs- und Bildungssektor sind weitgehend feminisiert. Ein Lehrer (männlich) in einer Grundschule ist heutzutage ein schier museales Unikat. Oder anders ausgedrückt: Immer mehr Heranwachsende haben es mindestens ihr ganzes erstes Lebensjahrzehnt mit keinem Mann zu tun. Alleinerziehende Mutter, Erzieherin in Kita und Kindergarten, Grundschullehrerin. Da kann vom Manne nicht viel übrigbleiben.

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Kommentare ( 78 )

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Der Ketzer
2 Jahre her

Ein(ig)e Frage(n) noch: Könnte die Entwicklung evtl. auch mit dem kulturellen Hintergrund der Schüler und der unterschiedlichen Erziehungsweisen von Jungen und Mädchen zusammenhängen? Inwieweit spielt darüber hinaus die Sozialisation der Jungen eine Rolle, wenn diese in Umgebungen aufwachsen, die von kulturfremden, ggfs. auch bildungsfernen Bevölkerungsschichten dominiert werden. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass der ’südländische‘ Machismo bzw. die Dominanz der männlichen Familienmitglieder in Migrantenfamilien eine gewisse Faszination auf deutsche Jungen ausübt. Wer regelmäßig im ÖPNV unterwegs ist, dem ist sicherlich aufgefallen, dass deutsche Jungen häufig im gleichen ‚Slang‘ miteinander kommunizieren, wie er in ‚multikulturellen‘ Stadtquartieren vorherrscht. Mädchen sind dort ’naturgemäß‘… Mehr

Last edited 2 Jahre her by Der Ketzer
thinkSelf
2 Jahre her

Was soll das Gejammere. Die Jungs suchen sich einfach die richtigen Freunde (die aus tribalen Milieus mit klassischen Mänlichkeitsvorstellungen) und legen erst mal die Füße hoch. Wenn in wenigen Jahren dann die Phase robuster Güterverteilung einsetzt, sind die wieder oben auf. Nach relativ kurzer Zeit haben sich die Verhältnisse dann wieder normalisiert. Die Evolution regelt das von ganz alleine.

Boris G
2 Jahre her

„Männer sollen „Frauenberufe“ und Frauen sollen „Männerberufe“ ergreifen.“
Das Beste, was ich zu diesem Thema in letzter Zeit lesen konnte, stammt von Ulrich Schulze („Was soll mein Kind werden?“). Man kann den halben Text kostenlos bei Amazon studieren. Der Autor nimmt den ganzen Egalitätswahn linker Behavioristen gekonnt aufs Korn.
Quelle:
https://www.amazon.de/soll-mein-Kind-werden-Elternratgeber/dp/3752660074/ref=sr_1_1?__mk_de_DE=%C3%85M%C3%85%C5%BD%C3%95%C3%91&dchild=1&keywords=ulrich+schulze+was+soll+mein+kind+werden&qid=1631105249&sr=8-1

boesser
2 Jahre her

Jüngst im Radio heute morgen einen kurzen Bericht über eine Kindergeschichte gehört, bei der der Protagonist, wie sollte es anders sein, ein 9 jähriges Mädchen war. Ich weiß nicht, wann ich in solchen Auszügen zuletzt mal von einem Jungen gehört habe, als Protagonist. Wie sieht das denn auch aus, wenn ein Junge die Welt retten will. Das passt nich mehr zum Weltbild der links grünen Idiologie.

Der Ketzer
2 Jahre her

„Aber – ein Schelm wer Böses dabei denkt! – vielleicht hat die AfD die Bundesregierung hier nur vorführen wollen. Denn es war ja zu erwarten, was herauskommt.“
Natürlich war zu erwarten, was dabei herauskommt, aber es ist niemals verkehrt, wenn solches aktenkundig wird. Worte sind Schall und Rauch und bei dem schlechten Erinnerungsvermögen mancher Politiker könnte so einiges allzu leicht in Vergessenheit geraten, wie etwa bei Olaf Scholz im Untersuchungsausschuss zu Cum Ex: hier

Juergen P. Schneider
2 Jahre her

Was für ein Mann aus einem Jungen wird, entscheidet natürlich nicht nur das schulische Umfeld mit seiner Bevorzugung von Mädchen. Da spielt auch die Erziehung im Elternhaus eine Rolle. Allein erziehende Mütter werden da einen anderen Einfluss haben, als ein familiäres Umfeld, in dem eine Vaterfigur existiert. Die Zustände an unseren Schulen haben unionsgeführte Länderregierungen über Jahrzehnte hinweg selbst verschuldet, in dem sie den Sozialdemokraten und Grünen die Kultusministerien überließen. Kurzsichtig, wie man mittlerweile in der Union überall ist, hat man die Jugend den links-grünen Spinnern überlassen. Die fahren heute die Ernte ein und werden von den zielgerichtet links-grün indoktrinierten… Mehr

paulrabe
2 Jahre her

Das Grundproblem ist die Erfindung der Atombombe.
In früheren Zeiten brauchten Gesellschaften einen hohen maskulin und männlichen Anteil, weil kriege normal waren und auch gewonnen werden konnten.
Na Gesellschaften in denen es Krieger, also Männer, gab waren überlebensfähig.

Mit der Erfindung der Atombombe gibt es im Grunde keine echten Kriege mehr, denn niemand kann einen Krieg gewinnen, wenn der andere direkt oder indirekt Zugang zu einer Atombombe hat.

Deutschland hat über die Bündnispartner USA und Frankreich diesen Zugang, also braucht Deutschland keine echten Krieger mehr, also braucht man in Deutschland auch keine Männer mehr….

RandolfderZweite
2 Jahre her

Man könnte die Sache auch anders betrachten, schließlich treffen „Bildungsverlierer“ auf „Bildungsgewinner“ und die Letzteren müssen die Ersteren versorgen, ergo, im Endeffekt ist die Gesellschaft der Verlierer (das haben die Linksgrünen leider noch nicht verstanden!).
Jedem jungen Mann, der eine handwerkliche Ausbildung macht, wünsche ich Durchhaltevermögen! Seine „Stunde“ kommt bestimmt, nämlich dann, wenn er vor der studierten Elite mit zwei linken Händen steht! ??

Yuminae
2 Jahre her

Männer denken anders als Frauen.
Jungen anders als Mädchen.

Das Schulsystem begünstigt die evolutionären Vorteile von Frauen: Gut zuhören, aufmerksam sein, ruhig, nett.
Jungs sind schnell ablenkbar, etwas aufmüpfiger und all das wird ihnen im Schulsystem aberzogen und negativ ausgelegt.
(Ja, ich weiß: aber Ausnahmen bestätigen die Regel).

Im Prinzip ist das Schulsystem eben nicht auf Männer gegendert. Daher ist es diskriminierend für Jungen.

raiglo
2 Jahre her

Was noch verschärfend hinzu kommt ist die Tatsache, dass Männer sich auch dann mit einer Frau verbinden, wenn sie weit unter ihrem eigenen sozialen Niveau rangiert. Wenn sie nur liebevoll ist und die Optik passt. Das machen erfolgreiche Frauen nicht. Sie wollen mindestens einen gleichwertigen Partner. Mindestens! Die Verwerfungen unsrer Gesellschaft werden sich noch sehr verstärken. Am Ende werden sich nur noch emotionale Krüppel gegenseitig das Leben schwer machen.