Opfer der eigenen Hyper-Toleranz

Fingerzeigen und Kritisieren, doch selbst nicht handeln, sondern Schuldige und Ablenkungen suchen, um die fatalen Verfehlungen der eigenen Toleranz zu kaschieren. Was bleibt ist eine zynische Doppelgesichtigkeit auf der einen, eine bedrohliche Kurzsichtigkeit auf der anderen Seite.

IMAGO / photothek

Die Weltmeisterschaft in Katar ist plötzlich in aller Munde: Frenetisch wird das Vorpreschen europäischer Fußballnationen beklatscht, trotz Sanktionen mit „One Love“-Kapitänsbinde auflaufen zu wollen, enttäuscht und verärgert werden die Offiziellen beschimpft, die wegen angedrohter FIFA-Sanktionen einen Rückzieher machen.

Großen Respekt zollen viele Bürgerinnen und Bürger dem Mut der iranischen Nationalmannschaft, die bei der eigenen Nationalhymne konsequent schweigt und somit ein stilles und deutliches Zeichen des Protests gegen die Mullahs in Teheran setzt – und sich dabei in Lebensgefahr begibt.

Solch einen Mut wünschen sich viele auch von Deutschland: Endlich Flagge zeigen für die eigenen Werte. Endlich einstehen für Freiheit, Demokratie, Menschenwürde – und die Feinde dieser Werte benennen und bekämpfen. Doch dafür hat die Bundesregierung derzeit nur wenig übrig.

Nicht ganz unberechtigt erfolgt der Vorwurf einer Doppelmoral: Vom Elfenbeinturm herab wird über Katar geurteilt – und das in vielerlei Hinsicht auch völlig zu recht – und zugleich werden im eigenen Land die Augen verschlossen gegenüber den wahren Bedrohungen für Freiheit und Demokratie.

Natürlich ist es leicht, mit dem Finger auf andere zu zeigen. Und es ist auch richtig, eklatante Missstände beispielsweise in Hinblick auf die Rechte der Frauen, auf die unbedingte Achtung der Menschenwürde und auf den respektvollen, menschenwürdigen Umgang mit Gastarbeitern anzuprangern. Und dennoch gilt: Der Ton macht die Musik.
Die Bundesregierung täte gut daran, sich auch einmal an die eigene Nase zu packen und sich konsequent die Frage zu stellen: Tun wir genug, um die Feinde der Demokratie in unserem Land zu bekämpfen und unsere Werte zu schützen? Dafür muss natürlich zunächst die Frage beantwortet werden, wer die wahren Feinde der Demokratie sind.

Abseits aller Polemik müssen wir feststellen: Die Demokratie wird von vielen Seiten angegriffen: Von links- wie rechtsextrem, aus politischer oder religiöser Intension. Weder antisemitische, rassistisch motivierte Übergriffe fördern die Demokratie, noch Straßenblockaden oder die Beschädigung bedeutender Kunstwerke.

Die Formel, dass der Zweck nicht jedes Mittel heiligt, muss vorbehaltlos gelten. Wer mit zweierlei Maß misst, wer sich – auch aus vermeintlich hehren Motive – mit einer Sache gemein macht und dabei die Mehrheit der Bürger aus dem Blick verliert, der stellt selbst eine Gefahr der Demokratie dar.

Besonders deutlich wird das an der Äußerung von Bundesinnenministerin Nancy Faser, die den Rechtsextremismus als die größte Gefährdung unserer Demokratie identifiziert hat. Ein derart engstirniger Blick ist ein großes Risiko: Wer sich auf einen Gegner versteift und stramm in eine Richtung marschiert, der läuft Gefahr, dass ihm entgeht, was sich hinter seinem Rücken zusammenbraut.

Nur so kann ich mir beispielsweise die Kontroverse um das Islamische Zentrum Hamburg (IHZ) mit seiner Blauen Moschee erklären: Jahrelang hat die rot-grüne Senatsregierung Fördermittel an das IHZ ausgeschüttet und weggesehen, wie sich das Zentrum zunehmend radikalisierte und zu einem verlängerten Arm des Regimes in Teheran entwickelte.

Schon 2017 war klar, dass das IHZ direkt dem Büro der iranischen Revolutionsführer unterstellt ist. Die Bundesregierung erklärte, dass der Leiter des Zentrums direkt vom Revolutionsführer entsandt werde. Seitdem haben sich die „extremistischen Bezüge der Einrichtung“ verstärkt und das Zentrum um die Blaue Moschee sei „neben der Botschaft die wichtigste Vertretung der Islamischen Republik Iran in Deutschland und eines ihrer wichtigsten Propagandazentren in Europa“.

Der damalige Bürgermeister – und heutige Bundeskanzler – ignoriert die Warnungen. Sein Senat unterstützt die Arbeit des Zentrums weiter mit Finanzmitteln – Jahr für Jahr. Erst jetzt ist das IHZ freiwillig aus der Förderung der Hansestadt ausgetreten und ziehen sich aus dem Rat der Islamischen Gemeinschaften in Hamburg, der sogenannten Schura, zurück. Allerding bleibe man mit der Gemeinschaft „geschwisterlich verbunden“.

Langsam beginnt die rotgrüne Regierung der Hafenstadt ihre zweigesichtige Kurzsichtigkeit zu realisieren: Auf der einen Seite schreibt man sich die Förderung der LSBTI*-Rechte auf die Fahne, will für Vielfalt und Toleranz stehen und wird auf der anderen Seite zugleich zum Opfer der eigenen Hyper-Toleranz: Im Namen ebendieser falsch-verstandenen Toleranz hat man zu lange zugesehen, wie islamistische Propaganda mit deutschen Steuermitteln finanziert wurde.

Jetzt ist klar: Die Hyper-Toleranz der Multi-Kulti-Romantiker macht sie blind – und befördert letztendlich Intoleranz, Spaltung und Hass. Auch in Sachen Corona-Hilfen gab es diese Woche neue Entwicklungen: Knapp 60 Liegenschaften bekannter Islamisten wurden durchsucht. Der Vorwurf: Massenweiser Missbrauch von Corona-Hilfen.

Über eine Millionen Euro soll allein der bekannte YouTuber Fayez Kanfash über verschiedene Mittelsmänner an Corona-Hilfen eingesammelt haben. Von dem Geld fehlt jede Spur.

Hier zeigt sich wieder deutlich: Wir sind im Umgang mit ‚Islamisten, Salafisten und Dschihadisten zu lasch – die Verantwortungsträger in der Politik nehmen die Bedrohung für unsere freiheitlich-demokratisch entweder überhaupt nicht wahr, in jedem Fall aber keineswegs ernst.

Dabei gefällt sich die Bundesregierung in der Rolle der Moral-Apostel: Fingerzeigen und Kritisieren, doch selbst nicht handeln, sondern Schuldige und Ablenkungen suchen, um die fatalen Verfehlungen der eigenen Toleranz zu kaschieren. Was bleibt ist eine zynische Doppelgesichtigkeit auf der einen, eine bedrohliche Kurzsichtigkeit auf der anderen Seite.

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Kommentare ( 12 )

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flo
1 Jahr her

Es gibt eine Krisentheorie, derzufolge außenpolitische Bemühungen/Erfolge der Ablenkung von innenpolitischen Problemen dienen. Distanzieren wir uns doch fleißig mit Binde von Katar (der Westen ist einfach moralischer und humaner) und vergessen/verdrängen, dass es auch im eigenen Land und beim eigenen Handeln im Inland genügend gesellschaftliche Defizite und Fehler gibt. So richtig es natürlich ist, von Katar Toleranz einzufordern, klar: Ist die Bundesregierung/Frau Faeser im eigenen Land ein Muster an Toleranz und praktizierter Meinungsfreiheit, wenn sie sehr pauschal Feinde und Freunde definiert? In Afghanistan finden wir es schlimm, dass Frauen ihr Gesicht verhüllen sollen, in Europa finden wir, dass islamische Kleidervorschriften,… Mehr

thinkSelf
1 Jahr her

Ich finde es hat schon was Rührendes wie Herr Tipi immer noch daran festhält es wären noch Reste von Zurechnungsfähigkeit in diesem Land vorhanden. Womit ich übrigens nicht nur die „Eliten“ meine, sondern das auf die Gesamtbevölkerung beziehe. Ist das jetzt noch kognitive Dissonanz oder schon das Stockholmsyndrom? Ich weiß da immer nicht ob ich lachen oder weinen sollte. Beides gleichzeitig wäre wahrscheinlich angemessen.

alter weisser Mann
1 Jahr her

Gute Position der Roth auf dem Bild, beim nächsten Mal bitte noch in die Knie gehen..

Giovanni
1 Jahr her

Auf den meisten Fotos sehe ich unseren Bundeskanzler mit einem grinsenden Gesicht. Ich weiß nicht was er uns sagen will. Ist es Arroganz? Macht er sich über uns lustig? Oder ist es Verlegenheit?
Wir können uns noch so sehr über ihn und die „Ampel“ beschweren. Sie sind für 4 Jahre gewählt. Ihnen kann eigentlich bis zur nächsten Wahl nichts geschehen. Deshalb geht ihnen jede Kritik am „A…“ vorbei. Sie sind gegen Kritik vollkommen immun.

Teiresias
1 Jahr her

Linksextremismus braut sich nicht „hinter Nancy Faesers Rücken zusammen“, Nancy Farser selbst ist linksextrem!

Und sie diffamiert alles und jeden rechts des Linksextremismus als rechtsextremistisch.

Die Politik der Ampel ist in allen relevanten Bereichen – Energie, Migration, „Klimapolitik“ et c. – geradezu fanatisch. Die Frage ist doch, wie man Maß und Mitte auf Basis von praktischer Vernunft und gesundem Menschenverstand wieder erreicht.

Wir brauchen eine neue Regierung! Das aktuelle Personal hat sich jeden Weg zur Vernunft verbaut.

Krauti
1 Jahr her

Ganz zu schweigen von der Diskriminierung von Ungeimpften in Deutschland. Die Leute, die da mitgemacht und weggesehen haben, das sind die wahren Feinde der Demokratie.

Ralf Poehling
1 Jahr her

Herr Tipi, Sie haben es begriffen. Jede Gesellschaft bzw. Nation hat ihre eigenen Baustellen. Nicht nur die deutsche Gesellschaft, wie man in deutsch-linken Kreisen so häufig falsch meint. Wer einfach die deutsche Staatsbürgerschaft an jeden großzügig verteilt, verteilt sie eben nicht nur an die guten Zuwanderer, sondern auch an die Baustellen anderer Gesellschaften, aus denen in unsere Gesellschaft dann erst recht zugewandert wird. Da wird im Gesetz ja nicht unterschieden. Was im Falle von SPD Faesers Einbürgerungsgesetz dann bedeutet, dass die organisierte Kriminalität der islamischen Welt (Stichworte: Mocro Mafia, libanesische Clans), die fundamental-radikalen IS Terroristen, Al Shabaab & co., sowie… Mehr

andreas donath
1 Jahr her
Antworten an  Ralf Poehling

Entweder ist die Frau total unfähig, ist eine vom Ausland bezahlte und infiltrierte Agentin oder sie wird erpresst. Eine Bundesinnenministerin, die durch ihre Gesetze die Innere Sicherheit dieses Landes vollends ruiniert, ist keine.“

Nein, sie ist eine lupenreine Linksextremistin mit einem total verklärten, ideologischen Weltbild, in dem der gesunde Menschenverstand keinen Platz hat. Normalerweise würde ich sagen: Ihr Privatvergnügen. Wenn eine solche Person jedoch zu einem solch wichtigen Amt kommt, kann ich nur sagen: Rette sich wer kann! Die Frau ist in ihrer ideologischen Verbohrtheit hochgefährlich. Ansonsten unterschreibe ich Ihre Ausführungen.

Ralf Poehling
1 Jahr her
Antworten an  andreas donath

Ich verstehe einfach nicht, wie Faeser hart links tickt und dabei gleichzeitig allen ernstes genau denjenigen Tür öffnet, die sie andauernd politisch verdammt. Und das nur, weil es keine deutschen Nazis, Frauenunterdrücker und Menschenrechte-mit-Füßen-Treter sind, sondern welche aus dem Ausland. Da ist Faeser anscheinend der Meinung, dass derartige Auswüchse nur dann kritisch zu sehen sind, wenn sie von Weißen begangen werden und nicht von Dunkelhäutigen. Und damit wird sie dann selbst zu genau der Rassistin, wie sie es der deutschen Rechten immer fälschlich vorwirft. Das ist alles völlig unlogisch. Faeser muss nur mal ihre ihr selbst unterstellten Dienste und Polizei… Mehr

Steve Acker
1 Jahr her
Antworten an  Ralf Poehling

der Widerspruch den Sie richtigerweise aufzeigen, lässt sich nur erklären dass das eigentliche Ziel der ganzen Linken die Zerstörung unserer Gesellschaft ist. Es geht nicht darum benachteiligten Personen oder Gruppen zu helfen. Das ist nur der Vorwand. Beispiel: Feminismus: Der hatte durchaus seine Berechtigung und vieles wurde erreicht. Nur, was passiert jetzt ? Das Trans-Wesen wird gefördert. Männer können sich einfach zu Frauen erklären, und somit in schutzbereiche für Frauen gelangen. Und Frauen die dagegen aufbegehren, wie Joanne K Rowlings werden niedergemacht. Analog mit dem Islam. Die linken haben erkannt dass,wenn hier der Islam sich breit macht, dies eine ungeheuere… Mehr

Ralf Poehling
1 Jahr her
Antworten an  Steve Acker

Das passt nicht. Ich habe Kontakte von ganz rechts bis ganz links. Und ganz links will keine Flutung dieses Landes mit Islamfaschisten.

Roland Mueller
1 Jahr her

Die Wähler in Deutschland handeln strikt nach dem Motto, verlasse dich immer auf deine Prinzipien, es ist nur eine Frage der Zeit bis der Gessler-Hut gewinnt. Aber nur dann, wenn er nicht schon im Voraus gewonnen hat.