Frankreich taumelt, Deutschland ertrinkt im Zwang zum Kompromiss. Während Macron nur noch auf Zeit spielt, kapituliert Merz vor jedem kleinen Koalitionspartner. Zwei Demokratien, zwei Kulturen – vereint im Niedergang und im Vertrauensverlust ihrer Bürger.
Die beiden größten Demokratien der Europäischen Union stecken in einer fundamentalen Krise. Überschuldung und Reformstau, die Unfähigkeit, den überzüchteten Sozialstaat nachhaltig zu reparieren: darin ähneln Frankreich und Deutschland einander. Mehr noch: Das zunehmende Misstrauen der Bürger gilt der politischen Klasse und dem politischen System beider Länder. Und dennoch sind die nicht vergleichbar, weil sich ihre politischen Kulturen voneinander unterscheiden.
I.
Das demokratische Frankreich ist stolz auf seinen revolutionären Ursprung. Dreh- und Angelpunkt seiner bürgerlichen Geschichte ist trotz Terreur nach wie vor 1789. Die Deutschen dagegen halten Staatstreue bis zur Selbstaufgabe für eine bürgerliche Tugend. Das Schlüsseljahr 1848 markiert in Deutschland das Scheitern der bürgerlichen Revolution. Die Deutschen ließen sich ein X für ein U vormachen: Nationale Einheit statt Freiheit. Einheit verstanden sie nicht nur im Sinne der Vereinigung der Nation, sondern auch im Sinne von Gleichschritt. Statt Gedankenfreiheit stand Gehorsam gegenüber dem Staat an erster Stelle. Im Franzosen steckt der Barrikadenstürmer, im Deutschen der ewige Untertan.
II.
Das führte zu ganz verschiedenen Vorstellungen von parlamentarischer Demokratie. In Frankreich beansprucht die jeweils stärkste Partei die Macht. Dazu kommen merkwürdige Relikte von Monarchie: Der Präsident wählt den Regierungschef aus. In Deutschland wählt das Parlament den Kanzler. Das wiederum führt dazu, dass es in Deutschland ausnahmslos Koalitionsregierungen gibt. Frankreich fehlt das Verständnis für Kompromiss als demokratische Tugend. Die Deutschen gehen in faulen Kompromissen unter.
III.
Die Nachteile beider Systeme sind derzeit stärker als die Vorteile. Friedrich Merzens Amtsverständnis setzt allein auf Machterhalt. Undenkbar, dass er wie ein französischer Premier den Abschied nehmen würde, weil er seine Politik nicht durchsetzen kann. Er verzichtet vollkommen auf seine Richtlinienkompetenz, macht nur noch Vorschläge, entwickelt allenfalls „Vorstellungen“ und stellt Vermutungen darüber an, was er morgen entscheiden könnte oder auch nicht. Er lässt sich von seinem weniger als halb so großen Koalitionspartner ein ums andere Mal vorführen. Aber das tut ihm nicht weh. Wo kein Rückgrat ist, kann auch keines brechen.
IV.
Frankreich dagegen leidet an der Unfähigkeit zum Kompromiss. Die Schwäche der Parteien der Mitte führen zu einer Radikalisierung, mehr noch am linken Rand als am rechten. Weder die Linke noch die Rechte besitzen die Mehrheit, und beide sind zur Mitte hin nicht anschlussfähig. Darüber die protestantische, mit einer von Moralsucht durchlöcherten Nasenscheidewand versehene Nase zu rümpfen, ist so sinnlos wie falsch.
V.
Die am eigenen Versagen scheiternde bürgerliche Mitte beider Länder vereint auch die Unfähigkeit, mit „rechts“ zu koalieren. In Deutschland glaubt sie, sich damit helfen zu können, die radikalen, auf Gesellschaftsveränderung programmierten Grünen in die Mitte einzugemeinden. Selbst mit den das Eigentum verachtenden (also verfassungsfeindlichen) Linken wird hinter den Kulissen kooperiert. Nur bloß nicht mit der Rechten! Die „Mitte“ hat der Wohlstandsvernichtung nicht nur nichts entgegen zu setzen, sie nimmt sie bewusst in Kauf. Lieber Volksfront als Volkswohl. Die deutsche Demokratie blockiert sich selbst damit nicht weniger dramatisch als die französische. Sie ist nur noch etwas verlogener.
VI.
Der grundsätzlich nicht unsympathische, sondern notwendige Zwang zum Kompromiss wird damit pervertiert. Daraus ergibt sich ein verheerender Widerspruch: Die Regierung regiert nicht – aber genau damit regiert sie durch – gegen den Willen und die Interessen der Mehrheit. Regierungsunfähigkeit ist Programm – also Absicht. Die absurde Logik dahinter: Wer nichts tut, oder nur so tut als ob, könne nicht stürzen. Ein kardinaler Irrtum. Aus Verdrossenheit wird schnell Verachtung. Die Demokraten verlieren das Vertrauen in die Demokratie.
VII.
Der haltlose Zwang zum Kompromiss kann ebenso zur Unregierbarkeit führen wie der Geist der Revolution. Dem Absturz folgt im einen Land vielleicht ein Umsturz, im anderen wohl eher die Selbstaufgabe. In beiden Ländern helfen wahrscheinlich nur Neuwahlen – falls sie helfen. In der Politik gibt es keine Gelinggarantie. Präsident Macron spielt nur noch auf Zeit. Auch Kanzler Merz hat angesichts der Umfragewerte Angst vor Wahlen. Er glaubt, mit Scheinreformen durchzukommen. Die Mentalität der Wahlbürger ändert sich nur langsam. Die meisten Deutschen träumen von eiserner Stabilität, die Franzosen von friedlicher Revolution. Ja, ja, die gab’s zuletzt in D.

Sie müssenangemeldet sein um einen Kommentar oder eine Antwort schreiben zu können
Bitte loggen Sie sich ein
Weil die alten Parteien weit in den Linksextremismus abgerutscht sind, haben sie jegliche Bezug und Verbindung zur politischen Mitte verloren. In Deutschland sitzt nun die AfD als einzige demokratische Partei in der politischen Mitte.
Frankreich und Deutschland kann man schon länger nicht mehr als Demokratien bezeichnen. Das sind kleine Diktatoren, Partei-Diktaturen und bankrott gewirtschaftete Unrechtsstaaten. In Frankreich versucht ein Präsident mit aller Macht und vielerlei Tricks als Präsident verzweifelt an der Macht zu bleiben. Und in Deutschland regiert ein regierungsunfähiger Bundeskanzler, der nichts zu melden hat, der sich aber den Linksextremisten aus dem Kartell unterwerfen muss, sonst wird er von denen gestürzt. Mit Demokratie hat das nichts zu tun. Es ist pure Schwäche.
Französische Demokratie hin, deutsche Demokratie her; die Neubürger werden´s schon richten. Alles ein Frage der Demographie. Dann bekommt auch der letzte Schlapphut bzw. der karrieregeilste Staatsanwalt die Erleuchtung in die Birne, wenn seine Tochter mit dem Niquab aus der Schule kommt.
Wer Grüne und Linke zur „Mitte“ zählt hat ein gravierendes Wahrnehmungsproblem.
Und die SPD arbeitet kräftig daran, die beiden Parteien links zu überholen.
Fehlt nur mehr die orientierungslose Union.
Mit einem Verbund dieser Parteien ist kein Staat zu machen.
„Eine Demokratie ist von Natur aus etwas zeitlich Befristetes. Sie kann einfach nicht als dauerhafte Regierungsform existieren. Die Demokratie wird so lange existieren, bis die Stimmbürger feststellen, daß sie sich großzügige Geschenke aus dem öffentlichen Eigentum machen können. Ab diesem Zeitpunkt stimmt die Mehrheit des Volkes für jene Kandidaten, die ihr den größten Vorteil aus dem öffentlichen Eigentum verschaffen. Das hat zur Folge, daß jede Demokratie schließlich aufgrund einer liederlichen Fiskalpolitik zusammenbrechen wird. Ihr folgt immer die Diktatur.“
(Alexander Fraser Tytler, Lord Woodhouselee)
Ob man das als Sarkasmus sieht oder nüchterne Prognose:
Sobald die massenhaft Eingewanderten in ausreichender Zahl wählen dürfen, wird die Wahlmentalität anders aussehen wie auch das Rückgrat. Der Staat bedeutet ihnen jedenfalls herzlich wenig.
Die naiven Linken und Grünen werden noch große Augen machen, wen sie sich da reingeholt haben.
Friedrich Merz ist die Schnittmenge der politischen Vorstellungen der CDU. Diese Schnittmenge ist leer. und deshalb besetzt Merz eine Leerstelle. Die CDU ist damit handlungsunfähig. Um das aufzulösen, bleibt nur die Spaltung der Partei. Das aber wird nicht geschehen, solange noch genügend Posten besetzt werden können. Erst wenn die CDU so schwach geworden ist, werden die Dinge in Bewegung geraten. CSU-Söder ist das egal – in Bayern wird die CSU immer genügend Stimmen holen, sodass der Posten des bay. Ministerpräsidenten auch dann besetzt werden kann, wenn die Bundes-CDU kollabiert.
„Lieber Volksfront als Volkswohl.“ Das ist dem deutschen Untertanengeist geschuldet, der Freiheit und selbstverantwortetes Leben fürchtet und lieber in der dumpfen Masse hingärt, egal ob braun, rot oder grün. Das ist dem Merz auch egal, hier gleicht er Merkel. Mit ihr begann die Verachtung für Unseredemokratie.
Neuwahlen werden überhaupt nichts ändern. Einerseits liegt es am Parteiensystem der brd, andereseits am verfügbaren Personal. Und die AfD ist längst schon vom System eingehegt. Neuwahlen brächten allenfalls die Brandmauer zum Einsturz. Und danach eine Koalition aus CDU-AfD? Das wäre der Super-GAU für die brd.
Die/eine „dumpfe Masse“, von der Sie hier schreiben ist eigentlich gar nicht so schlecht, bzw. besser als ihr Ruf.
Es gelingt und gelang nur immer wieder den Falschen, diese Masse für ihre Interessen ein zu hegen.
Momentan versucht man mit einem nicht ganz so neuen Trick, die Deutschen in einer fremden „Masse“ untergehen zu lassen. Was so manchen Volksverrätern natürlich vollkommen egal ist und auch schon immer egal war, denn sie selber haben ja -gut von der Masse alimentiert- nichts zu verlieren.
Soweit, so richtig, was die Aspekte Kultur und Mentalitaet betrifft. Allerdings wirft diese Diagnose mehrere Fragen auf, von denen eine die Demokratie als solches elementar tangiert, genauer die Frage, wie es , neben dem System, um eine Mentalitaet im weitesten Sinne bestellt sein muss, damit eine Demokratie überhaupt funktioniert und Bestand hat. Man könnte sogar ganz allgemein die Kompabilitaet der conditio humana mit dem, was man Demokratie nennt in Frage stellen. Erst recht natürlich in den beiden behandelten Gesellschaften. Jedenfalls scheinen die Bedürfnisse und Interessen nur aeusserst weniger Individuen mit demokratischen Regeln zu tun zu haben. Die Prioritaeten gehen mehr… Mehr
Die Lösung: Minderheitsregierung bilden und damit konsequent AfD-Politik machen. Ist zwar irgendwie unfair (gegenüber der AfD) aber genauso hat Frau Merkel gehandelt, nur halt mit links-grün-wokem Drall.