Die Produktivitätskrise

Die Skaleneffekte eines globalen Marktes versprechen höhere Erträge. Aber der Raum für ein Realwachstum der Weltwirtschaft wird in unserer Zeit enger. (Die Neuverhandlung der Weltwirtschaft, Teil III)

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In den ersten beiden Folgen wurde dargestellt, wie bestimmte Mechanismen dazu führen, dass produktive Kräfte in vielen Teilen der Welt außer Wert gesetzt werden. Dabei wirken grenzenlos „offene“ Märkte als Hebel. Allerdings ist die Frage, wie weit man diese Feststellung generalisieren kann. Man darf ein Urteil über den Freihandel nicht fällen, ohne die guten Argumente zu prüfen, die für ihn sprechen. Werden die bisher beschriebenen Zerstörungen nicht mehr als aufgewogen durch eine gesteigerte Effizienz und neue Wachstumsimpulse? Ist es nicht doch eine „produktive Zerstörung“ (ein Wort des Ökonomen Schumpeter), die da stattfindet? So jedenfalls argumentieren diejenigen, die den Weg, der sich mit „Trump“ und „Brexit“ andeutet, für einen historischen Irrweg halten. In diesem Sinn schreibt Klaus-Dieter Frankenberger, dass „die Bevölkerung in Ländern, die sich von der weltwirtschaftlichen Arbeitsteilung fernhalten, alles andere als frei, sicher und wohlhabend sind“ (in der FAZ vom 8.2.2017).

In der Tat haben große Märkte ein gutes Argument auf ihrer Seite. Adam Smith (und andere klassische Ökonomen) haben gezeigt, dass große Märkte große Serien und eine erweiterte Arbeitsteilung ermöglichen (Spezialisierung und Skaleneffekte). Diese Gewinne gleichen die erhöhten Transportkosten eines weiträumigen Handels aus. Das gilt übrigens auch für die Umweltkosten: Denn ökologische Kosten gibt es nicht nur beim Transport, sondern auch beim Herstellungsprozess, und eine Volkswirtschaft, die wegen der kürzeren Wege alle Produkte im eigenen Land (oder gar „regional“) herstellen will, ist ineffizient und verbraucht unnötig viel Stoffe und Energie.

Helds Ausblick 6-2017
Freihandel ist nicht alles
Allerdings zeigt die heute in vielen Ländern zu beobachtende De-Industrialisierung, dass es auch einen „zusammenziehenden“ Effekt großer Märkte geben kann. Neben hochbeschäftigten Ländern und Standorten bleiben viele produktive Anlagen und Fähigkeiten ungenutzt und verfallen schließlich ganz. Landstriche veröden, Menschen werden zu Almosen-Empfängern. Der Begriff der „globalen Arbeitsteilung“ ist dann trügerisch. Denn es handelt sich nicht um eine Aufteilung der Arbeit auf alle im Weltmaßstab vorhandenen produktiven Kräfte, sondern um eine Teilung zwischen Beschäftigung und Nicht-Beschäftigung. Um eine schlechte, zerstörerische Teilung. Die Bezeichnung Chinas als „Werkbank der Welt“ mag faszinierend klingen, aber sie bedeutet auch eine extreme Beschäftigungs-Konzentration. Das gilt auch für die internationalen „Wertschöpfungsketten“, von denen heute viel die Rede ist. Sie sind durchaus Mehr-Nationen-Veranstaltungen, denn sie sind keine Konzentrationen („Punkte“) in einem Land, sondern transnationale „Linien“. Aber auch diese Linien nehmen keineswegs flächendeckend alle Fähigkeiten und Ressourcen auf, sondern setzen Vieles „rechts und links am Wegesrand“ außer Funktion.

Doch gegen dies Verengungs-Bild des Weltmarkts gibt es wiederum ein wichtiges Argument: Die Gewinne der Marktvergrößerung können in neue produktive Aktivitäten investiert werden. Dadurch würden unentdeckte Güter, Branchen und Länder aktiviert. Der verengende und verdrängende Effekt wäre damit aufgehoben. In diesem Sinn argumentiert Adam Smith und begründet, in sich durchaus logisch, dass der Wohlstand der Nationen parallel zu einer Vergrößerung der Märkte geht. Seine größeren Märkte entstehen also in einem Erweiterungs-Szenario des Weltmarkts („expansives Szenario“), in dem sozusagen immer „produktives Neuland“ zur Verfügung steht. Die Möglichkeit eines solchen Szenarios besteht tatsächlich und es wäre töricht, es prinzipiell auszuschließen. Es wäre aber auch töricht, es von vornherein als gegeben anzunehmen.

Ein Blick in die Wirtschaftsgeschichte zeigt, dass es unterschiedliche Phasen von erheblicher Dauer gibt: expansive Phasen, stagnierende oder sogar rückläufige Phasen. Es geht ja nicht nur um natürliche Gegebenheiten und unentdeckte geographische Räume, sondern auch um technologische, wissenschaftliche, kulturelle Entwicklungen, die nicht einfach linear wachsen und auch nicht vom Willen der Menschen abhängen. Der Fortschritt kann nicht einfach frei gewählt werden. Gelegenheiten zum Fortschritt tauchen in ihrem eigenen Rhythmus auf. Sie haben ihre historischen Trägheiten und Sprünge. Die Zone der Realität, die wir hier berühren, hat also ihre eigenen Gesetze und Restriktionen. Die Konsequenz ist: Es muss empirisch geschaut werden, in welchem Szenario wir uns in einem gegebenen geschichtlichen Moment befinden. Leben wir heute in einer expansiven oder in einer sich zusammenziehenden („kontraktiven“) realwirtschaftlichen Welt?

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Erweiterungs-Szenario oder Verengungs-Szenario? – Wenn man so argumentiert, verabschiedet man sich von all den Patentlösungen, die in Umlauf sind: Dass man nur den richtigen produktiven Weg einschlagen müsse. Dass man sich nur „neu erfinden“ müsse. Wie auch immer die Formeln des ökonomischen Konstruktivismus lauten mögen, sie laufen alle darauf hinaus, dass man sich die Welt machen kann, wie sie einem gefällt. Dieser Kurzschluss nimmt schnell eine polemische Wendung. Es heißt dann, dass diese oder jene Nation, die in Schwierigkeiten ist, „etwas falsch macht“. In diesem Sinn liegt bei den Deutschen gegenwärtig ein antiamerikanischer Reflex nahe: Eigentlich könnten die USA leicht (und bei offenen Märkten) ihre De-Industrialisierung überwinden, wenn sie sich nur ordentlich „um ihre Konkurrenzfähigkeit kümmern“. Und zum Beispiel „in Bildung investieren“, wie eine geläufige Idee lautet.

Helds Ausblick, 7-2017
Weltwirtschaft II - „Dumping“ und „Raising“
So wohlfeil soll hier nicht diskutiert werden. Diejenigen, die behaupten, dass alle Nationen im Rahmen einer weiteren Globalisierung der Märkte ihre Probleme lösen können, müssen zeigen, welche innovativen Anlagemöglichkeiten denn tatsächlich zur Verfügung stehen. Und ob sie tatsächlich Ersatz für das verlorene industrielle Terrain bieten. Vor allem müssten sie zeigen, dass diese Anlagemöglichkeiten nicht nur „neu“, sondern auch produktiv (im Sinn von Wertschöpfung) sind. Wo gibt es die schlafenden produktiven Kräfte, die darauf warten, geweckt zu werden?

Hier hört man gegenwärtig, nach meinem Eindruck, wenig Konkretes. Gewiss gibt es immer einzelne Innovationen, die auch produktiv sind. Aber insgesamt gibt es deutliche Anzeichen einer Stagnation. Produktive Neuanlagen scheinen nicht in großem Maßstab zur Verfügung zu stehen. Die in Aussicht gestellten „großen Innovationen“ (zum Beispiel im Automobil-Sektor) überzeugen die Märkte nicht. Wir müssen uns also mit dem Gedanken anfreunden, dass die Entwicklung der Weltwirtschaft gegenwärtig (und seit einiger Zeit) in einem restriktiven Szenario stattfindet. Ein Indiz dafür kann benannt werden: die Produktivitätskrise.

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Die Produktivitätskrise (I) – Seit den 1970er Jahren gibt es einen Langzeit-Trend, nach dem die Zuwächse bei der Wertschöpfung je Arbeitsstunde immer geringer werden. Sie wachsen noch, aber dies Wachstum hat sich signifikant abgeschwächt. Das gilt für alle hochentwickelten Wirtschaftsregionen (die USA, Japan, EU). Die folgende Graphik lässt den Trend deutlich erkennen:

Quelle: Groningen Growth and Development Centre (www.ggdc.net)

„Produktivität“ wird hier als Verhältnis zwischen den Gesamtarbeitsstunden und dem Bruttoinlandsprodukt eines Landes gemessen. Damit wird, soweit ich das erkennen kann, eine Gesamtproduktivität ermittelt, die nicht einfach die Outputs der Einzelbetriebe und Branchen addiert. Vielmehr schlägt sich hier auch die Tatsache nieder, dass nicht alle Erträge eine Weiterverwendung finden (produktiv genutzt werden), sondern verzehrt werden (konsumtiv genutzt werden). Wenn Dienstleistungen in großen Sektoren wie dem Bildungswesen und Gesundheitswesen nicht zu einer Erhöhung der Wertschöpfung in anderen Bereichen beitragen, so bremst das die Entwicklung der volkswirtschaftlichen Gesamtproduktivität. Wenn Beschäftigung aufgrund von Umweltauflagen geschaffen wird, die aus der Wertschöpfung des produzierenden Gewerbes bezahlt werden muss, so drückt das ebenso die Gesamtproduktivität einer Volkswirtschaft. Insofern ist die Relation zwischen Gesamtarbeitsstunden und Bruttoinlandsprodukt eine kritische Größe. Sie sagt etwas über die produktiven Anlagemöglichkeiten und damit über das Szenario, in dem sich die Wirtschaft bewegt.

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Das Beispiel der USA – Ende 2014 und Anfang 2015 ist die Arbeitsproduktivität in den USA, trotz der führenden Stellung bei der Digitalisierung, in zwei aufeinander folgenden Quartalen sogar gesunken. In den drei Jahrzehnten nach dem Krieg stieg die Produktivität in den USA noch um durchschnittlich 2,8 Prozent im Jahr, Nach 1973 halbierte sich die Rate. In den 1990er Jahren und bis 2005 stieg die Produktivität wieder um jährlich 2,5 Prozent. Aber seitdem beobachtet man nur noch geringere Produktivitätssteigerungen und teilweise sogar Rückgänge. Das ist vor allem auch deshalb bedeutsam, weil die sehr hoch gehandelte „digitale Revolution“ offenbar keinen nachhaltigen produktiven Schub entfaltet hat. Jedenfalls keinen Schub, der mit früheren industriellen Revolutionen vergleichbar wäre.

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Die Produktivitätskrise (II) – Die „Produktivitätskrise“ ist inzwischen zu einem vieldiskutierten Phänomen geworden, ohne schon den ersten Rang in der medialen Aufmerksamkeit erlangt zu haben. Eine Studie von G. Erber, U. Fritsche und P. Harms aus dem Jahr 2016 gibt einen Überblick (siehe http://oekonomenstimme.org/artikel/2016/10). Die Autoren schreiben:

„Ein zentrales Ergebnis besteht darin, dass …sich eine starke Parallelität zwischen dem Verlauf der Arbeitsstundenproduktivität und des Wirtschaftswachstums… konstatieren lässt. Der Rückgang der Arbeitsproduktivität begann auch bereits sehr frühzeitig Mitte der 1970er Jahre und hat sich, wie auch die Wachstumsschwäche, relativ stetig bis in die jüngste Zeit entwickelt. Bemerkenswert ist, dass die `Große Wirtschafts- und Finanzkrise´ hier keinen wesentlichen positiven oder negativen Einfluss auf diesen Landfristtrend erkennen lässt.“

Diese Ausführungen sind sicher noch kein definitiver Beweis dafür, dass die Weltwirtschaft wirklich in einem Verengungs-Szenario ist. Vielleicht wäre es angemessener zunächst einmal von einer Stagnation zu sprechen. Auch diese hat schon erhebliche Auswirkungen auf die Möglichkeit der Defizit-Länder, sich im Rahmen eines unbegrenzten, weltweiten Freihandels zu regenerieren. Diese Möglichkeit (Ausgleich von Produktiv-Verlusten durch neue Produktiv-Investitionen) ist sehr eingeschränkt. Das bedeutet, dass niemand die produktiven Faktoren, die er im Lande hat, leichtfertig aufgeben sollte, sondern sich um ihre Pflege und Verteidigung kümmern sollte. Gewiss gibt es bei der hier dargestellten Produktivitätskrise noch manches Fragezeichen. Aber der Fakten-Trend ist auffällig und hartnäckig genug, um eine andere Diskussionsrichtung einzuschlagen als sich mit der pauschalen Gleichung „offene Märkte = Wohlstand“ zufrieden zu geben.

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Der tiefere Grund des Schuldenwachstums – Die Produktivitätskrise könnte der tiefere Grund dafür sein, dass die Verschuldung zu einem ständig wachsenden Begleiter der Weltwirtschaft geworden ist. Wenn die Verschuldung im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt unaufhörlich wächst, dann fehlt es offenbar an produktiven Anlagemöglichkeiten. Die vorherrschende, keynsianisch inspirierte Wirtschaftspolitik findet keinen Anschluss an einen neuen Wertschöpfungs-Schub. Die keynsianische Sicht der Wirtschaft interessiert sich auch nicht für die Produktivitätsfrage. Sie hat das Weiter-So zum System erhoben.

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Drei Haltungen in der Produktivitätskrise – Eine erste Haltung zur schleppenden Produktivitätsentwicklung könnte sein, dass man diese Entwicklung gar nicht mit dem Freihandelsproblem in Verbindung bringt. Man betreibt einfach die globale Vereinheitlichung der Märkte weiter. Das würde bedeuten, dass man eine verschärfte Verdrängungs-Konkurrenz in Kauf nimmt. Bei einer schmaleren Produktivitätsbasis wird die Schieflage zwischen Gewinnern und Verlierern größer werden.
Eine zweite Haltung könnte darin bestehen, aus der Produktivitätskrise die Schlussfolgerung zu ziehen, dass damit „Produktivität“ und „Wachstum“ unwichtiger würden. Manche Wachstumskritiker sehen jetzt ihre Stunde gekommen, um zu fordern, dass das ganze leidige und stressige Thema nun ganz von der Tagesordnung verschwinden sollte. Wir haben Ökologie und Soziales – schmeiß weg die Produktivität. Das ist, gelinde gesagt, nicht logisch. Um nicht zu sagen: Es ist die typische Schlussfolgerung von Scharlatanen. Denn das Leben eines Landes muss ja nach wie vor durch Arbeit und Investition errungen werden. Wer in einer Produktivitätskrise vom Produzieren nichts mehr wissen will, verschärft diese Krise und treibt diejenigen, die die Arbeit tun müssen, in eine größere Mühsal und Plackerei.

Eine dritte Haltung könnte die Krise ernstnehmen und, da größere Produktivitätsgewinne nicht zu machen sind, sich darauf konzentrieren, die gegebenen Kräfte, Ressourcen und Anlagen zu stabilisieren. Dazu gehört auch die Fähigkeit, sich durch die Krise nicht in eine Resignation hineintreiben zulassen, die gar keine reale Wertschöpfung mehr sieht. Es sind ja weiterhin viele Produktivkräfte am Werk – sie sind sogar in vielen Ländern mehr geworden, wenn man an die großen und kleinen Schwellenländer denkt. Auch die hochentwickelten Länder sind nicht nur mit Einkaufen beschäftigt. Auch wenn unsere Zeit sich in einem Verengungs-Szenario befindet, muss das doch keine Abwärtsspirale bedeuten. Deshalb wird eine solche Haltung auf kalkulierbare Anteile, Grenzen und Kontingente achten.

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Das ist die Ausgangslage, in der die Neuverhandlung der Weltwirtschaft beginnt. Sie findet nicht in einem Szenario der großen Zugewinne statt. Es wird seltener möglich sein, Vereinbarungen auf Basis von Win-Win-Situationen zu schließen. Trotzdem sind Verhandlungen möglich und sinnvoll. Auch unter Knappheitsbedingungen kann es faire Vereinbarungen geben. Das ist eine wirkliche Bewährungsprobe für den Pluralismus in der Weltwirtschaft.

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Kommentare ( 18 )

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18 Comments
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Matthias Losert
7 Jahre her

„Diese Ausführungen sind sicher noch kein definitiver Beweis dafür, dass die Weltwirtschaft wirklich in einem Verengungs-Szenario ist.“ – Hr. G. Held So würde ich für ein Verengungsszeanrio argumentieren: Für das Universum gilt E=m*c² und E konstant. Das Universum wächst von (1/1) nach ((n+1)/(n+1)) mit n Element der natürlichen Zahlen. Unsere irdische Oberfläche ist ein abgegrenzter Raum, wo sich die biologische Evoltution entfaltete. Innerhalb der biologischen Evolution kann eine Art, bspw. Mensch, über die Grenzen seines Habitats wachsen, wobei u. U. evolutionäre Rückkoppelungen ausgelöst werden können. Innerhalb unseres irdischen Habitats könnten wir den kulturellen Güterkreislauf so organisieren, dass sein Fließgleichgewicht keine… Mehr

Michael Sander
7 Jahre her

Vielen Dank für diese auffallend unideologische Analyse des Problems. Das Thema Freihandel wird bei uns sonst leider wie ein Religionsstreit behandelt: Nur Gläubige bei den Befürwortern, wie auch bei den Gegnern. Argumente? Fehlanzeige. Tatsächlich ist es so, dass die neu entstehenden Produktivkräfte zwar eine Reihe hochgezahlter Jobs für Spezialisten, jedoch immer weniger Beschäftigung für die Massen generieren. Die Produktivitätsmaschine stottert ganz gewaltig. Und wenn der Motor stottert, sollte man mal einen Gang zurückschalten. China hat den Freihandel auch immer nur zu seinem eigenen Vorteil eingesetzt und die eigene Wirtschaft, so gut es ging geschützt. In den letzten Jahrzehnten gab es… Mehr

Arthur Dent
7 Jahre her

Sehr mutig Herr Held. Sie sprechen das aus, was niemand in der Regierung hören will. Allerdings glaube ich nicht, dass diejenigen das nicht wissen oder zumindest ahnen, sondern dass es einfach nicht in ihr Konzept passt, denn wer bringt schon gerne unbequeme Wahrheiten unters Volk? Der Büger könnte sich bei diesen Informationen ja ängstigen und jemanden anderen wählen. Also macht man eine Politik, die nur bis zum nächsten Wahltermin reicht (siehe z.B. „Griechenlandrettung“). Und genau da liegt das Problem: Die einen Politiker sind ideologisch verblendet und die anderen nur am Machterhalt und ihren Posten interessiert. Es gibt nur ganz wenige,… Mehr

Harry James mit Armbrust
7 Jahre her

Es mag in der Weltwirtschaft noch einen kleinen Zugewinn geben, aber die „Industrieländer“ verlieren zugunsten der neuen „Industrieländer“. Wenn die Fertigung woanders stattfindet, dann fehlen diese Arbeitsplätze dort wo sie vorher waren. Das mag dauerhaft dazu führen, dass es allen auf der Welt gleich schlecht geht. Die Schere zwischen Arm und Reich driftet ja genau deshalb immer weiter auseinander. Die Armen der Welt gleichen sich an. Den einen geht es etwas besser, den anderen geht es schlechter. Das wird so lange weiter gehen, bis es allen gleich schlecht geht. Wenn man das für die eigene Volkswirtschaft nicht will, dann muss… Mehr

Sören Hader
7 Jahre her

„Wenn man das für die eigene Volkswirtschaft nicht will, dann muss man das stoppen und die Arbeitsplätze wieder ins Land zurück holen.“
Aber wie macht man das? Seit Trump das in seinem Wahlkampf angekündigt hat, frage ich mich, mit welchen Mitteln man diese Arbeitsplätze zurückschaffen will. Arbeitsplätze schaffen will jede Partei, deshalb würde ich vor jeder Wahl fragen „wie wollt ihr das schaffen?“.

Harry James mit Armbrust
7 Jahre her
Antworten an  Sören Hader

er holt doch schon massiv Arbeitsplätze wieder zurück, oder sorgt zumindest dafür, dass keine weiteren ausgelagert werden. Allein das Damokles-Schwert von Einfuhrzöllen, die evtl. eingeführt werden hat dafür gesorgt.

Sören Hader
7 Jahre her

Wer weiß denn, dass die Firmen durch Trump auf die Auslagerung verzichtet haben? Oft reicht es schon, wenn die unternehmenseigenen Betriebswirte das Ganze durchrechnen und sagen, nee, der Standort in Mexiko lohnt sich nicht. Was da vor ein paar Monaten passiert ist, halte ich mehr für Show. Die wirklichen Effekte werden sich erst in 1-2 Jahren zeigen.

Andreas Bartholomäus
7 Jahre her

Sehr geehrter Herr Gerd Held, offensichtlich steht die „Produktivitätskrise“ ab Mitte der 1970er, im engen Zusammenhang mit der „Monetaristischen Gegenrevolution“ zur keynsianisch inspirierte Wirtschaftspolitik den 1970er Jahren. http://www.keynes-gesellschaft.de/wp/monetaristische-gegenrevolution/monetaristische-gegenrevolution/ Immerhin wurde der Monetarismus als Wirtschaftstheoretische Konzeption bzw. die Restriktive Geldmengensteuerung Weltweit zu erst 1974 von der Deutschen Bundesbank eingeführt, obwohl Irving Fischer (Quantitätstheorie) und Milton Friedmann (Monetarismus) als wichtigste Vertreter der „Neoklassik der USA“, schon immer eine Sonderrolle innerhalb der Neoklassischen Nationalökonomie gespielt haben, weil diese ihre Wirtschaftstheoretischen Konzeptionen unter der Prämisse, einer Supernationalen Währungspolitik der USA im bezug zum Reinen Papiergeldsystem des USD entwickelt hatten. Vielleicht stecken die EU und… Mehr

Pherrmann
7 Jahre her

Ökologie und Soziales bremsen vielleicht die Produktivität, aber von Produktivität allein wird man nicht glücklich. Eigentlich sollte die Zielgröße Lebensqualität heißen, darin spielen saubere Flüsse und Familienfreizeit sicherlich auch eine Rolle. Nur schlecht messbar. Das produzierende Gewerbe wird sich weltweit konzentrieren und Regionen ohne Produktion entstehen lassen, allerdings war das schon immer so, nur im kleineren Maßstab. Vor 200 Jahren ist die Produktion vielleicht nur um 100 Kilometer verlagert wurden, für die Menschen waren das dennoch Tagesreisen, die Migration nötig machten. Dann zog man vom Land in die Stadt oder vom Moor an die Küste. Die Menschen folgten immer der… Mehr

Sören Hader
7 Jahre her
Antworten an  Pherrmann

„Eigentlich sollte die Zielgröße Lebensqualität heißen, darin spielen saubere Flüsse und Familienfreizeit sicherlich auch eine Rolle. Nur schlecht messbar.“

Zumindest schlechter messbar als Geld. Aber wie sagte Galileo Galilei, man muss versuchen, Dinge messbar zu machen, die messbar sind. Und Lebenszufriedenheit und Lebensqualität sind durchaus mit Befragungen ermittelbar.

Ergo
7 Jahre her

Ich bin komplett damit einverstanden, dass es eine Produktivitätskrise gibt. Es gibt genauso eine Innovationskrise und eine Wissenschaftskrise. Die Produktivität konnte nämlich dadurch erheblich gesteigert werden, dass wissenschaftliche Erkenntnisse aus dem Ende des 19. und Anfang des 20, Jahrhunderts in Massenproduktion umgesetzt wurden. Die meisten dieser Konsumgüter waren schon vor dem 1. Weltkrieg vorhanden, wurden aber nicht gekauft, da man Bedienstete hatte. Erst mit dem Verschwinden der Diener wurden Haushaltsgegenstände wie z.B. die Waschmaschine gebraucht und durch die Massenproduktion waren sie so billig, dass man sie sich leisten konnte. Zwar versucht man die Produktivkräfte wieder anzufeuern, es gibt heute mehr… Mehr

Eloman
7 Jahre her

Hätte man in den europäischen Industrieländern nicht in den 50er und 60er Jahren in großem Stil geringqualifizierte Gastarbeiter angeworben, sondern wie Japan in Automatisierung investiert, wäre die europäische Industrie heute in punkto Wettbewerbsfähigkeit auch durch Länder mit viel niedrigerem Lohnniveau wie z.B. China nicht zu schlagen und die niedrige Geburtenrate könnte uns egal sein.

Micha
7 Jahre her

Produktivitätssteigerungen hat es immer dann gegeben, wenn sich die Menschheit neue wesentlich günstigere Energiequellen erschlossen hat, noch leben wir auf einem sehr geringen Energielevel im Vergleich zur im Universum vorhandenen Energie

Peter Gramm
7 Jahre her

na ja. es führt kein Weg daran vorbei dass trotz enormer Produktivität die Nachfrage nach diesen Produkten nur durch entsprechende Nachfragekapazität erfolgen kann. Dies bedingt eine faire Umverteilung. Jetzt kann wieder jeder Kommunismus plärren. Es ändert aber nichts an der Tatsache dass es eben so ist. Jeder Arbeiter braucht eben sein entsprechendes Einkommen um seine Ausgaben finanzieren zu können. Dies weiss jeder Bänker, jeder Investor, nur unsere Politiker wissen dies nicht. Ein abgebrochenes Studium reicht (lediglich zum Pöstchenerwerb) dazu scheinbar nicht aus.

Illusionslos
7 Jahre her
Antworten an  Peter Gramm

Die Nachfragekapazität wird gerade durch illegale Masseneinwanderung herbeigeführt. Da diese Massen aber ihren Bedarf zu 90 % nicht selbst erwirtschaften, sondern in Form von Sozialtransfer erhalten, wird der Steuerzahler die Zukunft zu finanzieren haben. Gewinner ist die Wirtschaft wie immer durch Billiglöhner und erhöhte Nachfrage ihrer Produkte.
Soziale Marktwirtschaft ist das nicht.

Peter Gramm
7 Jahre her
Antworten an  Illusionslos

dass diese Masseneinwanderung das Nachfrageproblem nicht löst sondern verstärkt ist unstrittig. Die fehlenden Einkommen durch befristete Zeitarbeit, Leiharbeit und andere perverse Arbeitsverhältnisse muß immer der Arbeitnehmer sprich Steuerzahler ausgleichen oder die Verschuldung wird dadurch in die Höhe getrieben. Die wenig nachvollziehbare Umverteilung ist die Ursache für viele in der Zukunft virulent werdenden Probleme. Momentan werden diese Probleme durch die Verschuldung in vielen Ländern kaschiert. Auf Dauer werden diese Länder dies nicht mehr wuppen und der ökonomisch Stärkste wird dafür zur Kasse gebeten. Wer ist dies momentan wohl? Griechenland, Spanien, Portugal, Italien, Frankreich? England macht sich gerade vom Acker. Die sehen… Mehr

Andreas Bartholomäus
7 Jahre her
Antworten an  Peter Gramm
Rapsack
7 Jahre her
Antworten an  Peter Gramm

Die Aussage „Dies bedingt eine faire Umverteilung.“ ISt so sicherlich nicht haltbar. Das es Nachfrage braucht wird wohl nicht strittig sein. ABER das muss NICHTdurch Umverteilung erfolgen. Die (Geld-)Mittel zur Erhöhung der Nachfrage können durchaus auch erwirtschaftet werden. Denn Umverteilung erhöht ja gerade nicht die Gesammtnachfragemöglichkeiten. Sondern verteilt diese nur anders mit der Hoffnung, das mehr Möglichkleiten genutzt werden. Dies erfolgt aber durch Veringerung der Sparmöglichkeiten und veringert damit auch die Möglichkeiten für Großinvestitionen. Diese sind aber regelmäßig notwendig für ein nachhaltiges Wachstum der Gesammtnachfrage.