Die Berufspolitiker des Parteienstaates ruinieren Verwaltung und Infrastruktur

Von der berühmt-berüchtigten Organisationskraft Deutschlands ist bald nichts mehr übrig. Was in Deutschland noch funktioniert, tut es trotz Politik. Weil immer noch viele ihre Arbeit tun – unbeeindruckt von menschenferner Politik und der Propaganda von Medienschaffenden, die noch viel re-gieriger sind als alle Re-gierenden.

IMAGO / Emmanuele Contini
Olaf Scholz (C), Norbert-Walter Borjans und Saskia Esken und Lars Klingbeil (SPD), Robert Habeck und Annalena Baerbock und Michael Keller (Grüne) und Christian Lindner und Volker Wissing auf dem Weg zur Vorstellung des Koalitionsvertrags in Berlin am 24. November 2021

Immer mal wieder wundern sich Autoren und Leser, weshalb die Ampel-Regierung (wie schon ihre Vorgänger-Regierungen) in der Sache nichts zustande kriegt. Der strukturelle Grund ist sehr einfach. Die Sache interessiert sie nicht, braucht sie nicht zu kümmern. Der Berufspolitiker hat nie etwas anderes gelernt als das, was notwendig ist, um Berufspolitiker zu werden, zu bleiben und in der Hierarchie des Parteienstaates möglichst weit aufzusteigen. Das tut der Berufspolitiker am wirksamsten, wenn die Medien sein Tun gutheißen. Wer die Medien hinter sich hat, muss sich weder um Parteimitglieder noch Wähler kümmern. Lauterbach ist der Prototyp, den jeder nahezu täglich studieren kann.

Sobald die Berufspolitik ein Gesetz oder irgendeine Maßnahme angekündigt hat oder gar beschlossen kriegt, ist ihr Interesse daran erloschen, denn für die Medien braucht es nun neue Ankündigungen, Maßnahmenbeschlüsse und so weiter.

Als ich 1966 in die Bundesrepublik kam, hatte diese eine funktionierende Verwaltung und Infrastruktur. Unübersehbar wurden die Folgen ihrer Vernachlässigung in den 1980ern, die Abnahme des Könnens der Verwaltung geht einher mit der Zunahme der politischen Einmischung in die Verwaltung und der Durchsetzung des öffentlichen Dienstes mit fachlich unkundigen Parteileuten. Früher war es der Karriere nützlich, wenn sachkundige Beamte und öffentliche Angestellte in eine Partei eintraten, heute ersetzt Parteimitgliedschaft fachliches Können. Daher gehen Verwaltung und Infrastruktur heute immer noch schneller den Bach runter.

Wer erinnert sich noch?

Von der berühmt-berüchtigten Organisationskraft Deutschlands ist bald nichts mehr übrig. Was in Deutschland noch funktioniert, tut es trotz Politik. Es gibt einfach immer noch die vielen Einzelnen, die ihrer Arbeit wie eh und je nach den ungeschriebenen – und deshalb wirksamen – bürgerlichen Regeln von Anstand, Fleiß und Verantwortung nachgehen, unbeeindruckt von falschen und menschenfernen Vorschriften der Politik und der Propaganda der in den Zeitgeistmedien Schaffenden, die noch viel re-gieriger sind als alle Re-gierenden.

In der Kaste der Berufspolitiker stellen die Grünen den Prototyp im Politland der Ahnungslosen. In kindischer Weltsicht gehen sie, ohne nachzudenken, davon aus, dass alles, was läuft, auch dann weiterläuft, an welchen Stellschrauben sie auch immer täglich drehen. Egal wie viele Einwanderer in die Sozialsysteme unkrontrolliert gelockt werden, ohne Beiträge einzahlen zu wollen oder einzahlen zu können, Berufspolitiker gehen davon aus, dass in den Sozialkassen immer Geld ist. Dieser grüne Zeitgeist hat sich von der Wirklichkeit des Lebens im eigenen Land, erst recht aber von dem in allen anderen Teilen der Welt so weit entfernt wie noch keine Politikergeneration vor ihr.

Der Typus Berufspolitiker, den der Parteienstaat hervorbringen muss, wenn sich die Parteien alles zur Beute gemacht haben, runiniert systemisch ein einst nicht perfektes, aber weitestgehend gut verwaltetes und organisiertes Land. Die Parteien haben das Land so flächendeckend in ihren Griff genommen, die Regeln des Parlamentarismus, der repräsentativen Demokratie in der Praxis so weitgehend außer Kraft gesetzt, dass eine grundlegende Politikänderung durch Wahlen nicht mehr möglich erscheint. Völlig verstellen diesen Weg Zeitgeist-Medien-Schaffende, die die Berufspolitiker und Parteien nicht kritisch begleiten, sondern nur noch anfeuern, ihre politische Einheitsrichtung der Entmündigung der Bürger verschärft und beschleunigt fortzusetzen.

Wolfgang Herles schreibt, wer weiß, wozu Lindners Fest gut ist. Putins Krieg gegen die Ukraine und die Sanktionen des Westens gegen ihn haben vorher schon existierende Probleme in Deutschland nicht nur bei der Energiepolitik, aber bei ihr besonders unübersehbar zu Tage gebracht und verschärft. Die Lockdownpolitik bei Corona legte die lange vorher hausgemachten Schwächen des Gesundheitssystems bloß. Jeder politisch halbwegs Informierte kann die Liste verlängern, sie umfasst alle Bereiche des öffentlichen Lebens. In dieser Berliner Republik ist nichts mehr in Ordnung, läuft nichts mehr rund.

Zum deutschen Parteienstaat fällt mir unweigerlich der alte Satz ein, ich habe vergessen, von wem ich ihn seit langem habe: Die natürliche Entwicklung eines baufälligen Gebäudes ist sein Einsturz. Dass sie diesen Einsturz nicht täglich fördert, ist der einzige Vorwurf, den ich der zeitgeistgrünen deutschen Einheitsfront nicht machen kann.

Es ist Zeit, sich Gedanken zu machen, was zu tun ist, wenn die Trümmer zur Seite geräumt sind.

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Kommentare ( 91 )

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Naivling
6 Monate her

„Die Parteien haben das Land so flächendeckend in ihren Griff genommen, die Regeln des Parlamentarismus, der repräsentativen Demokratie in der Praxis so weitgehend außer Kraft gesetzt, dass eine grundlegende Politikänderung durch Wahlen nicht mehr möglich erscheint.“ Wie kommen Sie darauf? Die Bürger brauchen das Parteienkartell nur abzuwählen.

Die drei staatsgemachten Preistreiber – Klaus Peter Krause
2 Jahre her

[…] Unter der Überschrift „Das grüne Puppenhaus in Trümmern – und Deutschland mit ihm“  schrieb Roland Tichy am 9. Juli: „Deutschland ist verfangen in einer Koalition, die ihre Ideologie hemmungslos auslebt. Das Scheitern einzugestehen ist im Koalitionsvertrag mit der FDP nicht vorgesehen. Also wird fortgesetzt, was erkennbar zum Ruin führt.” (hier). Und am 13. Juli unter der Überschrift „Warum Deutschland abstürzt“: „Eine seltsame Stimmung liegt über Deutschland: Man wartet auf den Zusammenbruch im Winter. Und schon heute funktioniert nicht mehr, was bislang selbstverständlich war.“ (hier). Der FDP-Politiker, Publizist und promovierte Historiker Fritz Goergen konstatiert: „Von der berühmt-berüchtigten Organisationskraft Deutschlands ist… Mehr

Flaneur
2 Jahre her

Die „Verwaltung“ wird ruiniert durch 1) Sparmaßnahmen 2) Quoten 3) keine Fehlerkultur Erst gibt es zu wenig Personal, dann wird auch noch durch Quoten dafür gesorgt, dass nicht Fähigkeit, sondern Geschlecht oder Migrationshintergrund zur Beförderung verhilft und wenns dann schief geht, bzw die Arbeit nicht geschafft werden kann mit dem Personal, dann wird nur nach oben gebuckelt und nach unten getreten, vom Abteilungsleiter angefangen, über die Behördenleitung bis zum Innenminister. Schuld sind immer die Sachbearbeiter, der Innenminister hat ALLES richtig gemacht. Die Führung hat keinen Funken Ehre im Leib, bzw der Fisch stinkt vom Kopfe her. Nie war dieses Sprichwort… Mehr

Okko tom Brok
2 Jahre her

Danach? Ich fürchte leider, die Beseitigung der Trümmer wird die einzige verbleibende Aufgabe der heute Erwachsenen sein. Ein „Was kommt danach?“ ist vielleicht für unsere Enkel wieder eine relevante Frage.

GMNW
2 Jahre her

Zur Realität in Deutschlands Verwaltungen und Behörden gehört auch dazu, dass diese von Grün*innen vom mittleren Dienst zum besonders bis zum höheren Dienstnachhaltig durchsetzt sind und weniger im Interesse der Bürger und Innen, sondern überwiegend aus ideologischen und dogmatischen Gründen heraus fungieren!!

elly
2 Jahre her

Das geht auf EU Ebene doch auch so „EU-ParlamentPosten-Posse auf Steuerzahlers KostenDas EU-Parlament will mehr als hundert neue Mitarbeiter einstellen – und eine neue Abteilung gründen, um einen politischen Deal mit Pöstchen zu belohnen. “
https://www.spiegel.de/politik/streit-zwischen-eu-parlament-und-mitgliedslaendern-posten-posse-auf-steuerzahlers-kosten-a-9e2a9b4f-9ec6-4d71-b314-5fcb4350c316
Bleibt zu hoffen, dass die wenigen EU Länder, die noch nicht so dekadent sind, dies verhindern.

H. Hoffmeister
2 Jahre her

Herr Goergen,
Von der Lawine bis zum Einsturz: Ihre Metaphern für die Endlichkeit des dysfunktionalen Gebildes namens Parteienstaat sind alle treffend und dennoch scheint sich das unvermeidliche noch zu zieren. Es ist wie beim Mikado: beim vorletzten Stäbchen scheint noch alles stabil.

Gisela Fimiani
2 Jahre her

Oh, Herr Goergen, es wird ein langer Weg werden. Denn all die Trümmer sind durch einen Zeitgeist verschuldet, der es einer derzeitigen politischen Klasse erst ermöglichte, den Beruf des Politikers zu ergreifen. Ein Zeitgeist, der die Schwächsten, die Unfähigsten, die Rückgratlosesten beförderte, denen nur die Politik die Gelegenheit verschafft, ihr ausgeprägtes Geltungsbedürfnis, ihre Eitelkeit und ihre dümmliche Überheblichkeit zur Schau zu tragen und gut davon zu leben. Wie aber „zertrümmern“ wir einen Zeitgeist? Wichtiger jedoch: Zu welchen „Leistungen“ sind all jene fähig, deren Geist mit dem Zeitgeist identisch ist? Es ist die geistige Leere der Zeitgeistler, die das „sich Gedanken… Mehr

Ali Mente
2 Jahre her

Die Zerstörung der gut organisierten deutschen Verwaltungen ist aber der Verdienst von Merkel. Als Produkt des korrupten SED Staates, den sie mit zu Grunde gerichtet hat, war sie gar nicht in der Lage gute und zukunftsfähige Entscheidungen zu treffen. Sie konnte nur umsetzen, was ihr vorgegeben wurde. Die Grünen als ihre Nachfolger sind einfach nur ahnungslose Stümper, besessen von ihrer Ideologie, jedoch völlig welt- und realitätsfern. Die werden ohne es zu wissen, Merkels Werk fortsetzen.

Willi4
2 Jahre her

Wer, sehr geehter Herr Goergen, soll die Trümmer denn beiseige räumen? Die Fridaykids nicht, die last generation nicht, und die grün-woke Mehrheit auch nicht. Die Ü-70-jährigen werden hoffentlich kein Händchen für diesen Schwachmatikerhaufen rühren.

alter weisser Mann
2 Jahre her
Antworten an  Willi4

Die bösen Boomer werden es auch nicht mehr tun, deren Lebenswerk wird ja gerade abgetan und die haben den Ruhestand im Blick.