Zwei neue Kernkraftwerke für die Niederlande

Zwei neue Kernkraftwerke sollen in den Niederlanden entstehen. Das sieht das Programm der neuen Vier-Parteienkoalition vor, das jetzt vorgestellt wurde.

IMAGO / ANP
Am vergangenen Mittwoch wurden die Einzelheiten des Koalitionsvertrages im Parlament vorgestellt, der in einer der längsten Koalitionsverhandlungen seit März ausgehandelt wurde. Ein wesentliches Ergebnis: In den Niederlanden sollen zwei neue Kernkraftwerke gebaut werden. Das bisher Bestehende in Borssele soll weiter laufen. Das Programm klingt ähnlich grün wie das der neuen Berliner Koalition mit Blick auf den Geldbeutel der Bürger: »Die Niederlande sind ein wohlhabendes Land, das sich zum Ziel gesetzt hat, beim Übergang zu einer grünen Wirtschaft eine führende Rolle in Europa einzunehmen.«

Fast scheint das Land in einen Wettbewerb mit Deutschland treten zu wollen, wer erster im Kampf gegen den »Klimawandel« ist. »Die Niederlande wollen Europa im Kampf gegen die globale Erwärmung anführen«, heißt es im niederländischen Koalitionspapier. Auch die Niederlande wollen die Erde retten: »Wir wollen unser Möglichstes tun, um unser Land und unseren Planeten lebenswert und bewohnbar zu halten.«

Das »Klimaziel von maximal 1,5 Grad Celsius« solle angestrebt werden: »Um bis spätestens 2050 klimaneutral zu sein, verschärfen wir das 2030-Ziel im Klimagesetz auf mindestens 55% CO2-Reduktion.« Auch die Übererfüllung des neuen Plansolls wird Bestandteil neuer Regierungspolitik: »Um dieses Ziel zu erreichen, haben wir uns darauf geeinigt, unsere Politik auf ein höheres Ziel auszurichten, das bei etwa 60 % im Jahr 2030 liegt.« Um die »CO2-Ziele« zu erreichen, solle der Bau neuer Kernkraftwerke vorbereitet werden, heißt es im Papier weiter.

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Von ursprünglich zwei Kernkraftwerken in den Niederlanden läuft nur noch die Anlage in Borssele, ein relativ kleines 515-MW Kraftwerk, das 1973 erbaut wurde und mit drei Prozent zur Stromversorgung beiträgt. RWE ist mit beteiligt. Bis 2033 wurde die Betriebsgenehmigung verlängert. Jetzt sollen die für den Neubau notwendigen Schritte eingeleitet werden.

Die Diskussion über Kernkraft läuft in den Niederlanden schon länger. Allerdings unter dem Mantel des sogenannten Klimaschutzes. So stellte im vergangenen Jahr der damalige Wirtschaftsminister Eric Wiebes die Ergebnisse einer Studie der Beratungsgesellschaft Enco vor, die einen zügigen Aufbau neuer Nuklearkapazitäten empfiehlt. Wiebes: »Die Analyse zeigt, dass Kernenergie für die Zeit nach 2030 eine der kosteneffizientesten Optionen bei CO2-freier, regelbarer Kraftwerksleistung darstellt«. Sie zitierte auch den Weltklimarat der Vereinten Nationen und die Internationale Energieagentur (IEA), die Atomkraft als notwendig im Kampf gegen den Klimawandel betrachten.

Die Beratungsgesellschaft Enco stellte eine Übersicht über die Nutzung der Kernkraft sowohl in Europa als auch weltweit zusammen. Ergebnis: Die Lebensdauer eines Kernkraftwerkes zu verlängern sei die günstigste Methode, CO2 einzusparen. Kernkraft sei nicht teurer als Wind- und Sonnenenergie. Denn auch die Kosten eines Kernkraftwerkes spielten umgerechnet auf die Kilowattstunde über die lange Laufzeit von 60 bis 80 Jahren keine Rolle.

Ob bei den Planungen im Nachbarland auch ein Blick auf den deutschen Markt eine Rolle spielte, ist zumindest nicht öffentlich erörtert worden, liegt jedoch nahe. Deutschland schaltet seine Kraftwerke ab und schafft damit neue Absatzmärkte für Stromerzeuger in den Nachbarstaaten.

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Eine massive Anti-Atomkraft-Bewegung wie in Deutschland gibt es in den Niederlanden nicht mehr. Das niederländische Almelo spielt eine große Rolle in der Kernkraft Europas. Dort betreibt die Urenco-Gruppe eine ihrer drei Anlagen in Europa zur Urananreicherung und liefert den Brennstoff für Reaktoren.

Die neue niederländische Regierung will übrigens auch eine Senkung der Steuerlast der Bürger erreichen und stellt dafür drei Milliarden Euro bereit. Gleichzeitig sollen rund 60 Milliarden € für einen sogenannten Klimaschutz, eine Energiewende und eine sogenannte nachhaltige Landwirtschaft ausgegeben werden. Wie weit dies praktisch bedeutet, dass niederländische Landwirte ihre Ställe ausräumen und auf Viehhaltung verzichten müssen, ist noch nicht klar. Die sollen beispielsweise auf die Hälfte ihrer Kühe im Stall verzichten – zugunsten des Klimaschutzes. Kein Wunder, dass sie dagegen aggressiv protestieren.

Als wichtigstes Ziel der Regierungsarbeit sei, heißt es übrigens bei der Verkündung des Koalitionsvertrages, die Wiederherstellung des öffentlichen Vertrauens in die Regierung.

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Kommentare ( 41 )

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Peterson82
2 Jahre her

Naja „bauen wollen“ und „bauen“ sind immer noch zwei paar Schuhe. Die Engländer wollten auch ganz schnell ein AKW hochziehen. Ich prognostiziere, egal wo in Europa, die Baukosten werden explodieren, der veranschlagte Preis wird wahrscheinlich mindestens zu 60-70% übertroffen und die zeitlich abgesteckten Ziele mindestens um den Faktor 2 gerissen.
Am Ende stehen dann zwei unflexible Grundversorgungskraftwerke da um die alle anderen herum ständig anpassen müssen. Auch das ganze Thema Endlagerung dürfte in den Niederlanden genauso offen sein.

ersieesmussweg
2 Jahre her

Die Dinge wiederholen sich in Dauerschleife. Über Griechenland lacht die Sonne, über Deutschland die ganze Welt.

pcn
2 Jahre her

Dr. Fritz Vahrenholt hat mit seiner „Kalten Sonne“ höchst wahrscheinlich Recht. Es wird nicht wärmer, sondern eher kälter. Die Warmzeit hat ihr Ende gefunden. Jedenfalls geben das die Temp-Messungen in Arktis und Antarktis her.
https://kaltesonne.de/monatliche-sonnenkolumne/
und
https://auf1.tv/nachrichten-auf1/angst-und-panik-die-dreisten-luegen-der-klima-alarmisten

alter weisser Mann
2 Jahre her

„Die Lebensdauer eines Kernkraftwerkes zu verlängern sei die günstigste Methode, CO2 einzusparen.“
Gilt nicht in Ländern mit dubiosen Ängsten auf Basis einer fixen anti-Atom Ideologie.

IJ
2 Jahre her

Es ist schon absurd, was Rot-Grün mit uns Deutschen anstellt. In Japan geht ein technologisch veraltetes Kernkraftwerk hoch, weil Jahrhunderte alte Warnungen, nicht unterhalb einer Tsunami-sicheren bestimmten Küstenlinie zu bauen, missachtet wurde. Und im Erdbeben- und Tsunami-sicheren Deutschland werden daraufhin alle vorbildlich sicheren Kernkraftwerke abgeschaltet. Währenddessen stand und steht im (vernünftigen) Japan die Kernenergie als zentraler Baustein der nationalen sicheren Energieversorgung in keiner Weise zur Diskussion. Selbst jetzt, als dem Rest der Welt vollkommen klar geworden ist, dass alle CO2-Reduktionsziele ohne einen Ausbau der Kernenergie Makulatur sind, beharren die Grün-Roten und weite Teile der Union auf diesem suizidalen ideologischen Irrsinn.… Mehr

Gotthelm Fugge
2 Jahre her

““In den Niederlanden sollen zwei neue Kernkraftwerke gebaut werden. Das bisher Bestehende in Borssele soll weiter laufen. Deutschland schaltet seine Kraftwerke ab und schafft damit neue Absatzmärkte für Stromerzeuger in den Nachbarstaaten.““ EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton: ““Aber heute kommen 26 Prozent des Stroms in Europa aus Atomenergie. Auf dieser Basis die Stromproduktion bis 2050 zu verdoppeln, das geht einfach nicht ohne Atomstrom. Dass die EU ohne Atomstrom CO2-neutral werden kann, ist eine Lüge. Die Ziele des Europäischen Green Deals können wir nur mit Atomstrom erreichen.““ Eine neuzeitliche Energieversorgung wegen einer Grünen Schimäre abschalten – Diesen Irrsinn man auch nachlesen (Google-Quelle): Jetzt… Mehr

Dieter
2 Jahre her

Nun, wir versorgen uns dann erstmal mit Gas..
ach moment.. da war doch etwas:
https://www.cash.ch/news/politik/energiesektor-rwe-warnt-vor-gasknappheit-bei-kraftwerken-1874476
Der Versorger RWE hat einem Bericht zufolge seine Handelspartner an der Strombörse EEX vor Kraftwerksausfällen wegen Gasmangels gewarnt.

Mindreloaded
2 Jahre her

Da werden die Niederländer sich aber anschauen, wenn die Annalena vorbeikommt und mit Stromboykott droht.

Wilhelm Roepke
2 Jahre her

Noch nie war ich den europäischen Nachbarn so dankbar wie heute. Nach 1914 und 1939 stellen sich glücklicherweise viele Nachbarländer gegen die erneut ideologisch verbohrten Deutschen, die nach Imperialismus und Nationalsozialismus dem Ökodirigismus huldigen, natürlich wie schon bei den ersten beiden Malen faktenbefreit, aber wenigstens nicht mehr militaristisch. Wer gehen will, darf gehen, und wer friedlich widerspricht, darf noch friedlich widersprechen, wenn auch ungehört.

Eberhard
2 Jahre her

Es dauert nicht mehr lange und wir werden geschockt und mit Neid auf unsere Nachbarn sehen. Wie einfältig und dumm muss man sein, wenn man nicht erkennen will, kann oder darf, dass man mit seiner Sicht ganz alleine bleibt? Aber wenn bei uns die Politik immer mehr den Stellenwert des Anrüchigen einnimmt, dann werden sich bestimmt die Besten und Fortschrittlichsten nicht in diese begeben. Wie sonst funktioniert unsere Wirtschaft und immer auch noch Wissenschaft trotzdem noch so halbwegs, aber die Politik kommt aus ihrem Jammertal nicht mehr raus? Statt die Menschen für realistische Perspektiven mit hohem wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt… Mehr