Im UK macht Labour, am Migrationsthema gründlich gescheitert, einen neuen Anlauf zu einer Ausweispflicht. Die digitale „Brit Card“ soll zugleich freiwillig und verpflichtend sein für jene, die dort noch arbeiten wollen. Bürger zweifeln, die Opposition läuft Sturm gegen den Plan. Der erste Protest ist schon geplant.
picture alliance / ZUMAPRESS.com | Dinendra Haria
Gerade erst hat Keir Starmer zugegeben, dass seine Regierung beim Thema Migration so ziemlich versagt hat. Labour habe, so Starmer, „vor den Sorgen der Bürger zurückgescheut“, was die illegale Migration angeht. Nun gibt es schon länger Hinweise, dass das weniger „Scheu“ war als ein bewusster Labour-Plan, es dem Land einmal so richtig multikulturell zu besorgen, ihm „die Vielfalt unter die Nase zu reiben“, wie es schon vor 20 Jahren hieß.
Heute merkt Starmer, dass auch er mit dieser alten Labour-Idee am Volk vorbei regiert hat. Doch da tut er es schon wieder. Man kann ihm einfach nicht trauen, auch das Wort von der „Insel der Fremden“ hat er angeblich im Nachhinein bitter bereut, er hätte das anders sagen wollen, habe das Manuskript nicht ordentlich gelesen. Professor Verstreut in Downing Street – aber vor allem ein Regierungschef, der heftig rudern muss und bald vielleicht auch innerparteilich Geschichte ist.
Und was macht man da,wenn man als Labour-Politiker in Bedrängnis ist? Man kramt eine alte Labour-Idee heraus, die schon damals ziemlich unpopulär war, modernisiert sie angemessen, und heraus kommt: die „Brit Card“, also eine verpflichtende digitale Identität (Digital ID) für die arbeitende Bevölkerung, die Starmer bis spätestens 2029 einführen will. Das ist das Ende der aktuellen Parlamentsperiode. Und dabei stand dieser Plan nicht einmal im Labour-Wahlprogramm, mit dem sich Starmer letztes Jahr wählen ließ, wodurch er die Mehrheit gewann, mit der er die Neuerung nun einführen will.
Portal für „aufregende Reformen“ oder Nullsummenspiel?
Schon Tony Blair hatte mit der Einführung einer allgemeinen Ausweispflicht begonnen, gemäß dem Identity Cards Act von 2006, der aber 2011 widerrufen wurde. Bis heute können die Briten ihre Identität bei Bedarf mit Gasrechnungen oder auch ihrer Versicherungsnummer nachweisen, die sie ohnehin als Angestellter besitzen und bei jeder Neuanstellung vorweisen müssen. Die neue Digital-ID soll angeblich auch dabei helfen, die illegale Migration einzudämmen.
Starmers Chief Secretary Darren Jones, vergleichbar einem deutschen Kanzleramtschef, erklärte die hochfliegenden Labour-Pläne so: „Wenn wir dieses digitale Identitätssystem in Betrieb nehmen können und die Bürger auf unserer Seite sind, wird das zum Fundament des modernen Staates werden und in Zukunft wirklich aufregende Reformen ermöglichen.“
Aber das ist eben die Frage: Ob die Briten in dieser Frage bei Labour sein werden. Das erste Echo auf den neuen Plan könnte kaum negativer ausfallen – jedenfalls, wenn man dem britischen Volk aufs Maul schaut. Ein Leser des Telegraph ist sich schon heute sicher, dass die Maßnahme, einmal eingeführt, sicher ausgeweitet werden wird, während „diejenigen, die illegal arbeiten wollen, dies auch weiterhin tun werden“.
Der Grad an Verschlagenheit ist der einzige Unterschied zu uns
Ein anderer Leser bemängelt, dass die Digital-ID zwar als für die Bürger „kostenlos“ angepriesen werde, aber in der Tat Milliarden Pfund kosten werde. Ein dritter fügt hinzu: „Zwei Dinge sind sicher: Die Kosten werden sich verdoppeln, und die [selbstgesetzte] Frist wird gerissen werden.“ Der vierte Leser erhofft sich allerdings, dass dank Digital-Ausweis vielleicht auch die vielen ausländischen Kostgänger beim NHS endlich ihre Rechnungen bekommen. Ob man dafür alle 65 Millionen Briten gleich mit verdächtigen muss, steht freilich auf einem anderen Blatt.
Der Unterschied zwischen der britischen und der deutschen Politik besteht eigentlich nur im Grad der Verschlagenheit, mit der die unpopulären Projekte angegangen werden. In Deutschland sind wir mit Schopenhauer allemal ein wenig mehr „die Geuzten“. Man verulkt und belügt uns auf offener Bühne. Wo Keir Starmer ehrlich sagt, dass er die Meinungsfreiheit in zwei Punkten aufheben will, da erzählt uns Friedrich Merz, er sorge sich über „Repressionen“ in den USA. Zur gleichen Zeit gehen alle Energien der regierenden Kreise – eingeschlossen die Union – in eine Richtung: Wie lässt sich die AfD von der Macht fernhalten und also der Wählerwille unterdrücken?
Und wo der britische Premier offen die Einführung eines verpflichtenden digitalen Ausweises ankündigt, da redet Bärbel Bas etwas von der Wirrnis der staatlichen Formulare, von der man den hilfsbedürftigen Bürger (und Nicht-Bürger) erlösen will. Auch in der BRD soll eine einheitliche digitale Identität weiterhelfen beim Sozialleistungsbezug und in der Folge beim Projekt „Gläserner Bürger“.
Warum nicht einfach eine Nummer auf der Stirn?
Von bodenloser Perfidie ist allerdings, wenn die britische Kulturministerin Lisa Nandy behauptet, es werde „ganz allein ihre Entscheidung“ sein, ob die Briten die neue Digital-Identität nutzen wollen. Schon im nächsten Satz sagt die Ministerin aber, dass jeder, der künftig im Land arbeiten will, einen digitalen Identitätsnachweis brauchen werde. Woran erinnert uns das nur? Richtig: „Die Impfpflicht führt ja nur dazu, dass man sich zum Schluss freiwillig impfen lässt“ (K. L., Januar 2022).
Aber auch der Zweck der Maßnahme, den Nandy anspricht, lässt sich leicht zerpflücken. Durch die digitale Identität solle nämlich angeblich die Schwarzarbeit vermindert werden, weil die aktuell geforderten Dokumente zu leicht zu fälschen seien. Was wäre logischer als dieser perverse Zirkelschluss einer Labour-Etatistin? Weil der Staat bisher keine fälschungssicheren Dokumente ausgeben konnte, muss er ein neues – digitales – Dokument erfinden, das sich ganz sicher nicht fälschen lassen wird. So lässt sich jeder weitere Schritt hin zu staatlicher Kontrolle begründen. Immer gibt es ein System, das irgendwie zu locker ist und noch Fehler erlaubt, vor allem weil niemand auf deren Vermeidung achtet. Kritiker schlagen vor, die Digital-ID einfach auf Arm oder Stirn zu tätowieren. Das wäre mit Sicherheit die fälschungssicherste Lösung.
Es ist dabei durchaus davon auszugehen, dass Großbritannien ein größeres Problem mit illegaler Arbeit hat, im Zweifel verrichtet durch illegale Migranten. Das Land ließ dafür in der Vergangenheit einfach viel zu viele Schlupflöcher. Derweil wächst die Bevölkerung noch immer unaufhörlich, und das nicht durch die Geburten im Land. Die zuletzt gemessene Netto-Zuwanderung betrug rund 738.000 Personen in einem Jahr. Für Nigel Farage ist klar, dass Labour die „Boris-Welle“ fortsetzt, durch die trotz Brexit ein Rekord bei der Zuwanderung ins Königreich erreicht wurde.
Opposition geeint dagegen: Von Robinson bis Lib Dems
Aber auch auf der politischen Bühne steht Starmer mit diesem Plan ziemlich einsam da. Vor allem Nigel Farage, Chef der seit langem in allen Umfragen führenden Reform-UK-Partei, hat den Plan schroff zurückgewiesen, unter anderem mit Verweis auf Deutschland, wo es seit langem eine Ausweispflicht gibt, was aber keinen Unterschied bei der illegalen Zuwanderung gemacht habe. Außerdem befürchtet Farage, dass „riesige Datenbanken“ in den Händen der Regierung nicht unbedingt eine gute Idee seien, zumal in einem Zeitalter, in dem solche Datenbanken leicht zu hacken sind, von anderen Regierungen oder auch von Kriminellen.
Farage sieht keinen einzigen Vorteil von Digital-Identitäten, außer jenem für die Regierung, die zukünftig kontrollieren könne, „was wir tun, wo wir unser Geld ausgeben und wohin wir gehen“. Und am Ende würden wohl auch „Unschuldige mit Geldstrafen belegt“. Farage erinnert an die mRNA-Zertifikate der Corona-Zeit, die bei hohen Kosten (ideell und materiell) letztlich nicht die Verbreitung eines Virus begrenzen konnten. Die Reform-Partei sei ein geschworener Gegner des Plans.
Die Vorsitzende der Konservativen Kemi Badenoch sagt, der Plan sei eine „Spielerei, die nichts dazu beitragen wird, die Boote zu stoppen“. Gemeint ist die illegale Migration über den Ärmelkanal, die freilich nur einen Teil der gewaltigen Zuwanderung ins Königreich in den letzten Jahren ausmachte. Das Hauptproblem, das eine britische Regierung angehen müsste, ist das Umkippen ganzer Regionen des Landes, die islamisiert werden und deren Aussehen und Charakter heute nichts mehr mit dem Zustand von vor 50 Jahren zu tun hat.
Aber sogar die Liberal Democrats wollen mit Zähnen und Klauen gegen den Plan kämpfen, der eine „gefährliche Überreaktion der Regierung“ sei, die „die Rechte aller Menschen im Vereinigten Königreich gefährdet“. Einmal scheint die ansonsten woke-totalitäre Partei hier ihrem Namen gerecht zu werden. Sogar die Grünen sollen gegen das Projekt sein, und an diese beiden Parteien des linken Spektrums hat Labour bisher doppelt so viele Stimmen verloren wie an Reform.
Doch auch das rechte Spektrum steht einig gegen das Vorhaben. Tommy Robinson postet eifrig dagegen und will daran mitwirken, London im Protest gegen die Digital-ID lahmzulegen. US-Influencer wie Don Keith nehmen das Thema auf und befürchten die intensivierte Verfolgung von „Gedankenverbrechen“ und ein Social-Credit-System, das so ermöglicht werden könnte. Der erste Protest soll am 6. Oktober vor dem Amtssitz Starmers in Downing Street stattfinden, organisiert auch von US-Organisationen wie „Turning Point USA“.


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Ich vermisse in dem Artikel die Information, dass die Schweizer gerade per Volksabstimmung beschlossen haben, eine eID einzuführen. Die soll erzeugt, dann auf die eigenen Smartphones und Tabletts geladen werden. Wenn man sich damit identifiziert, weiß man jedoch nicht, welche Daten die Gegenseite abfragt und speichert oder später weiterverkauft. Und falls ein Gerät gestohlen wird oder verloren geht, muss man die eID beim Amt widerrufen. Damit könnte man m.E. hervorragend Phishing betreiben. Das könnte z.B. so ablaufen: Der Bürger erhält eine Email, bei der die Absenderadresse gefälscht wurde, sodass es im Email-Programm so aussieht, als würde die Email vom zuständigen… Mehr
Wieso so ein Umstand?
Warum nicht einfach wie bei uns eine ID-Card (bei uns als Personalausweis oder als Aufenthaltstitel) mit Lichtbild und RFID-Chip.
Auf dem Chip stehen Name, Adresse, Geburtsort, Geburtsdatum. Das ist mit einem Smartphone oder RFID-Lesegerät nach Eingabe einer PIN auslesbar. Über einen eID-Account kann das dann z.B. für Bürger-Online-Dienste zur Identifikation genutzt werden.
Dass man in Deutschland für seinen Personalausweis Geld bezahlen muss, obwohl dieser als zur Identifikation vorgeschrieben ist, zeigt, wie raffgierig der Staat ist. Wir sind jetzt bei 37 Euro, bei einem Reisepass 80 Euro.
In anderen Ländern wie z.B. Ungarn ist der Perso für die Bürger kostenlos, der Reisepass kostet gerade mal 8 Euro.
Was sind die Löhne in Ungarn vs. Deutschland? Klar, die Pässe könnten billiger sein, aber die Bundesdruckerei ist ja eh immer ein Pleiteverein.
Die Bundesdruckerei produziert für die meisten europäischen Länder die Ausweise und macht jedes Jahr ca. 200 Mio. € Gewinn.
Jährlich werden allein in Deutschland ca. 10 Millionen Personalausweise hergestellt, denn er ist nur 10 Jahre gültig und viele gehen in dieser Zeit auch verloren.
Ich vermute, dass die Herstellung eines deutschen Personalausweises inkl. anteiliger Kosten für die dafür notwendige IT etwa bei 2,– bis 4,– € liegen. Denn inzwischen ist der ganze Prozess inkl. Lichtbild voll digitalisiert. Den meisten Gebühren-Überschuss kassieren sicherlich die Behörden
„Was sind die Löhne in Ungarn vs. Deutschland?“ Der Punkt war wohl nicht so der absolute Preis, sondern der Teilsatz: „… für seinen Personalausweis Geld bezahlen muss, obwohl dieser als zur Identifikation vorgeschrieben ist“.
sie brauchen in D keinen Perso,nur der Reisepass ist zur Identifikation vorgeschrieben
Es ist genau andersherum als Sie schreiben.
Zitat: „Digital-ID bis 2029 – Ministerin: Natürlich rein freiwillig“
> Höhöhö….., na klar: „freiwillig“ -was auch sonst.
Mir kommt es so vor, als wenn in GB die Stamer’schen „Demokraten“ sehr gut und viel von unseren „Wir-Demokraten“ abgeguckt und gelernt haben.
Ich denke wir sind auch auf dem guten Weg oder?
Ich frage mich ob man damit auch einfach und schneller die Grooming Gangs Problem lösen kann?
man sollte dazu wissen,das auch bei uns der „Personalausweis“ eigentlich nicht von Nöten ist bzw keine Pflicht besteht,ihn zu haben.
Verpflichtend ist nur der Besitz eines Reisepasses,und dessen Chip kann man sehr leicht „verbessern“
Soll das heißen, dass die Chips in beiden Dokumenten verschieden sicher sind? Oder unterschiedlich? Und wo bitte steht in welchem Gesetz, dass der Reisepass verpflichtend ist? Wenn ich nicht reisen will….
Da muß ich korrigieren:
PFLICHT ist es, einen Identifikationsnachweis zu BESITZEN, ob Personalausweis ODER Reisepaß.
Üblicherweise ist es der Perso, er ist der für der Alltagsnachweis der Identität und dessen Verlängerung wird auch amtlicherseits angemahnt.
sie haben Recht,ich habe mir immer den Perso gespart,da ich beruflich reise
mich hat noch nie jemand wegen dem Personalausweis angemahnt,meiner ist Baujahr 2004
das ist sachlich falsch. es ist umgekehrt. sie müssen einen – gültigen – personalausweis besitzen (und zwar ab 16 jahren), aber nicht zwingend einen reisepass. allerdings genügen sie einer vorliegenden ausweispflicht zur identitätfeststellung auch dann, wenn sie dafür einen gültigen reisepass verwenden. sie müssen den jeweiligen ausweis in der regel nicht mit sich führen – ausnahmen gibt es aber: z. b. beim tragen von waffen, als arbeitnehmer in bestimmten bereichen (wegen kontrollen gegen schwarzarbeit, insbesondere in der baubranche und im gaststättengewerbe), und natürlich – zumindest als deutscher – beim grenzübertritt in beide richtungen. in grenznahen gebieten wird empfohlen, einen ausweis… Mehr
Unsinn. Es gibt keine Passpflicht.
§ 1 PAuswG
(1) Deutsche im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sind verpflichtet, einen gültigen Ausweis zu besitzen, sobald sie 16 Jahre alt sind…
§ 2 PAuswG
(1) Ausweise im Sinne dieses Gesetzes sind der Personalausweis, der vorläufige Personalausweis und der Ersatz-Personalausweis.
Der Reisepass wird nur auf Antrag ausgestellt und kann im Gegensatz zum PA auch versagt werden. Er KANN als Ausweisdokument genutzt werden, ist aber kein Ausweis im Sinne des PAuswG.