Spanien: Die hässliche Fratze der Parteienherrschaft

Parteien haben sich die EU-Staaten zur Beute gemacht. Karriere und Pfründe gibt es gegen Gehorsam. In Spanien führen Sozialisten vor, wie schamlos sie das betreiben. Dort zeigen allerdings Richter und Staatsanwälte Politikern, Parteifunktionären und ihren Komplizen Grenzen auf. Wo sonst noch gibt es so etwas in der EU?

picture alliance / Juan Carlos Rojas | Juan Carlos Rojas
Der unter anderem wegen undurchsichtiger Maskengeschäfte angeklagte ehemalige Minister José Luis Ábalos Meco

In den Mitgliedsländern der EU wird Politik ausschließlich von Parteien bestimmt. Diese Parteien haben sich die Staaten längst zur Beute gemacht. Es gibt keinen Verband, keinen Verein, keinen Rundfunkrat, keinen Fernsehsender, nichts, so klein und unbedeutend es auch sein mag, in denen die Parteien nicht bestimmen würden, was passiert oder eben nicht passiert. Parteien brauchen Personal, das diese Arbeit des Beutemachens in ihrem Sinne zuverlässig erledigt und verwaltet.

Diese Arbeit übernehmen die Mitglieder der Partei, die durch Auswahl und Schulung das für sie richtige Personal aussiebt.  Damit zumindest ein Teil der Mitglieder das jahrzehntelange, zermürbende und aufwendige Auswahlverfahren durchhält, müssen diese Parteimitglieder natürlich motiviert werden. Und die Motivation ist die Aussicht auf Vergütung: Pfründe, gesicherte leistungsfreie Einkommen und üppige Rentenansprüche.

Das Auswahlsystem der Parteien ist dabei mehrfach advers. Ausgewählt werden Personen nach Charaktereigenschaften – damit keine Missverständnisse aufkommen, charakterlich geeignet im Sinne der Parteien –, die in ihrer Karriere, innerhalb der Partei, oft nach einem Schmetterlingsstudium, dass oft nicht abgeschlossen wird, immer wieder den Beweis erbracht haben, dass sie sich unterordnen können und alles, was die Partei von ihnen will, widerspruchslos erfüllen und nie mit eigenen Ideen auffallen. Heute das Eine zu sagen und morgen schon das Gegenteil lauthals fordern, muss für solche Personen ein Leichtes sein.

In Spanien kann man zurzeit die Folgen dieser Entwicklung beobachten. In den letzten Wochen wurden immer wieder Mitglieder der regierenden sozialistischen Partei PSOE verhaftet, die politische Ämter oder aber hohe Positionen in staatlichen Firmen oder Behörden innehatten. Auf einem Foto, das kurz nach dem letzten Wahlsieg in der Parteizentrale von Pedro Sánchez – dem mittlerweile aus den eigenen Reihen vorgeworfen wird, dass mit seiner Wahl zum Kandidaten der PSOE nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sei – und seinem engeren und engstem Zirkel aufgenommen worden war, hat die spanische Zeitung elmundo.es alle diejenigen mit einem roten x markiert, die der Korruption und/oder der Bildung einer kriminellen Vereinigung verdächtigt werden. Etliche davon saßen oder sitzen noch in Untersuchungshaft. Auf dem Foto sind aber nicht alle dabei, gegen die ermittelt wird.

Da ist beispielsweise der frühere Präsident der SEPI, der Gesellschaft der staatlichen Industrie-Beteiligungen, Vicente Fernández, engster Vertrauter der ersten spanischen Vizepräsidentin, Finanzministerin und zweiter Generalsekretärin der PSOE, María Jesús Montero. Nicht dabei ist auch der Generalbundesanwalt Álvaro Garcia Ortiz, der wegen Geheimnisverrats zu einer Geldstrafe und zwei Jahren Berufsverbot verurteilt worden war.

Nicht zu sehen, weil verdeckt, ist Koldo García Izaguirre, der ebenso wie sein Wohltäter, der frühere Minister José Luis Ábalos, zurzeit in Untersuchungshaft sitzt. Nicht dabei ist der vierte aus dem direkten Umfeld von Pedro Sánchez, der Unternehmer Víctor Cerdán. Auch er war einige Zeit in Untersuchungshaft.

Woher kommen nun diese mit hoher krimineller Energie, zum Teil bandenmäßig betriebene Korruption und die schamlose Bereicherung durch “Mitverdienen” an Aufträgen des Staates an private Firmen, die vermutlich nicht anderes als plumpe Erpressung sein wird und die Preise um mindestens den Prozentbetrag der geforderten “Provisionen” zum Schaden der Steuerzahler erhöht? Und warum hat es den Anschein, dass die sozialistische Partei an den Machenschaften ihres Führungspersonals offenbar keinen Anstoß nimmt, in der Berichterstattung darüber aber sofort einen Angriff auf die Demokratie?

Die Erklärung ist einfach. Die Partei muss Anreize schaffen. Eine Parteikarriere muss nicht nur attraktiv erscheinen, sie muss es auch sein. Der jahrzehntelange Weg durch Hinterzimmer bei Parteiveranstaltungen auf unterstem Niveau, Erniedrigung, Demütigungen – und bei Frauen, wie jetzt auch bei der PSOE öffentlich wurde, systematische sexuelle Erniedrigung – durch ranghöhere Parteifunktionäre wird nur erduldet, wenn am Ende, nach Jahrzehnten, eine üppige Belohnung zu erwarten ist.

Diese Belohnung fällt natürlich unterschiedlich aus. Unten gibt es kleine Ämter mit kleinen Pfründen, dann kommen Posten bei NGOs oder subalterne Positionen in staatlichen Firmen, die schon mehr einbringen. Ganz nach oben schaffen es aber nur wenige, denn auch im Sozialismus gelten die Gesetze des Marktes von Angebot und Nachfrage. Diejenigen, die oben angekommen sind, greifen dann aber, wie die aktuelle Korruptionsaffäre zeigt, richtig ab.

Wenn man nun denkt, Spanien wäre ganz besonders korrupt, irrt man gewaltig. Spanien ist eines der wenigen Länder in der EU – wenn nicht das Einzige –, in dem die konservativen Parteien nicht mit den Linken und extrem Linken kollaborieren. Das bedeutet, dass es eben auch noch nicht linke Richter und Staatsanwälte gibt und die Gewaltenteilung besser funktioniert.

Nur zur Verdeutlichung: Die spanische Staatsanwaltschaft für Korruptionsbekämpfung fordert 24 Jahre Haft und eine Geldstrafe von mehr als 3,9 Millionen Euro für den ehemaligen Verkehrsminister José Luis Ábalos wegen angeblicher Unregelmäßigkeiten beim Kauf von Masken während der Pandemie sowie weitere 19,5 Jahre Haft und eine Geldstrafe von 3,9 Millionen Euro für seinen ehemaligen Berater Koldo García.

In Deutschland ist so etwas undenkbar.

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Kommentare ( 3 )

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Raul Gutmann
42 Minuten her

Michael Klonovsky: »Läßt man die Linken an die Macht, endet man unausweichlich im sozialistischen Gesinnungsstaat.«

Raul Gutmann
57 Minuten her

Aus gutem Grund heißt es, Witz sei die letzte Waffe des Wehrlosen.
Doch kurz vor Ende des ersten Quartils des 21. Jahrhunderts scheinen die sich stolz demokratisch nennende Systeme des Westen ein degeneratives Niveau erreicht haben, das in der Feudalherrschaft unvorstellbar gewesen sein dürfte.
»Der moderne Mensch ist ein Gefangener, der sich frei vorkommt, weil er darauf verzichtet, die Wände seines Kerkers abzutasten.« – Nicolás Gómez Dávila

Haba Orwell
1 Stunde her

> Die spanische Staatsanwaltschaft für Korruptionsbekämpfung fordert 24 Jahre Haft und eine Geldstrafe von mehr als 3,9 Millionen Euro für den ehemaligen Verkehrsminister José Luis Ábalos wegen angeblicher Unregelmäßigkeiten beim Kauf von Masken während der Pandemie sowie weitere 19,5 Jahre Haft und eine Geldstrafe von 3,9 Millionen Euro für seinen ehemaligen Berater Koldo García.

Denken kann ich so etwas schon, nur passieren wird es vermutlich nicht. Besonders viele Jahre würde ich einer gewissen Frau in Brüssel wünschen (Piekse, Klimagedöns, Rüstung – früher im Heimatland Soldateska-Beratungsverträge).