Lukaschenko lässt Ryanair-Flieger entführen: Eine Diktatur spielt mit der Schwäche des Westens

Eine Passagiermaschine auf dem Weg von Griechenland nach Litauen wurde über weißrussischem Staatsgebiet zur Landung gezwungen. Ein Oppositioneller war an Bord, das Regime lässt ihn verhaften, ihm droht die Todesstrafe. Nun kommt es auf eine entschlossene Reaktion des Westens an.

IMAGO / ITAR-TASS

Der Ryanair-Flug war auf dem Weg von Athen in die litauische Hauptstadt Vilnius, von der Hauptstadt eines NATO-Landes zur anderen. Eigentlich gibt es da nichts zu befürchten, das dürfte sich auch der weißrussische regierungskritische Journalist Roman Protasewitsch gedacht haben, der sich an Bord der Machine befunden hat. Beim Flug über weißrussisches Territorium wurde das Flugzeug unter dem Vorwand einer angeblichen Bombendrohung vom weißrussischen Militär mithilfe eines MiG-29-Kampfjets zur Landung gezwungen. Am Boden stellte sich heraus, dass sich keine Bombe an Bord befunden hatte, stattdessen wurde Protasewitsch festgenommen. Ihm droht in Weißrussland die Todesstrafe.

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— Patrick Diekmann (@patdiekmann) May 23, 2021

Es heißt, der weißrussische Diktator Alexander Lukaschenko soll den Befehl zum Abfangen persönlich gegeben haben. Der litauische Präsident Gitanas Nausėda, in dessen Hauptstadt das Flugzeug fliegen sollte, erklärte: „Ein ziviles Passagierflugzeug, das nach Vilnius flog, wurde gewaltsam in Minsk zum Landen gezwungen. Der belarussische politische Aktivist und Gründer von NEXTA war im Flugzeug. Er wurde verhaftet. Das belarussische Regime steht hinter der abscheulichen Aktion. Ich fordere, Roman Protasewitsch umgehend freizulassen!“ Der Ministerpräsident des Nachbarstaates Polen, Mateusz Morawiecki, ging sogar so weit, die Tat einen „Akt des Staatsterrorismus“ zu nennen, dieser dürfe „nicht ungestraft bleiben“. Die EU-Transportkommissarin freute sich indes, dass der Flieger später nach Vilnius weiterfliegen durfte, dass Protasewitsch nicht an Bord war, war in dem Moment scheinbar nicht so wichtig:

Protasewitsch hat nichts zerstört, niemandem etwas angetan und nichts gestohlen. Es geht darum, dass ein Journalist, der wegen seiner Berichte über die Proteste in Weißrussland vom Regime des Landes verfolgt wird, nun auf einem Flug zwischen zwei NATO- und EU-Ländern, in beiden Ländern weit außerhalb der Reichweite des Regimes, de facto entführt wurde und sich jetzt in den Händen genau dieser Diktatur befindet, in der um sein Leben fürchten muss. Mit einem Fingerschnipp des Diktators und einer MiG am Himmel ist Schluss mit den Freiheiten, die Protasewitsch in Griechenland oder Litauen genießen kann. Lukaschenko fordert den Westen heraus. Kommt der Diktator damit durch, stellt er die freie Welt bloß. Dass er sich das überhaupt getraut hat, ist Ausdruck unserer Schwäche. Lassen wir so etwas einfach ungestraft geschehen, ist der Westen bald endgültig Spielball der Diktaturen dieser Erde.

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